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Customer Journey: Die richtigen Inhalte zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Content Marketer und Corporate Publisher denken viel darüber nach, was und in welcher Form sie publizieren. Zukünftig werden wir uns vermehrt überlegen müssen, für wen und wann wir etwas veröffentlichen.

(Bild: © estherpoon – Fotolia.com)
(Bild: © estherpoon – Fotolia.com)

Einführung

Online-Sichtbarkeit ist ein Schlüsselfaktor, wenn es um den Erfolg von Unternehmen geht. Solche Sätze kann ich heute leichtfertig hinschreiben, ohne mit nennenswerter Gegenrede rechnen zu müssen. Vor zehn Jahren hätte eine derartige Aussage noch Diskussionen ausgelöst. Zu Beginn war es die eigene Website (häufigste Frage von Unternehmen: „Brauchen wir das?“), dann kamen Ideen wie Newsletter (kritisch beäugt mit „Brauchen wir das?“), und schließlich wurden Social Media für die Unternehmenskommunikation eingesetzt (die Reihe setzt sich fort).

Jedes Mal wurden die neuen Tools und Kanäle als Heilsbringer gefeiert – endlich eine Lösung, um online auf sich aufmerksam zu machen und durch Interaktion die Menschen stärker an die Marke oder das Unternehmen zu binden. Und jedes Mal folgte die Ernüchterung: Was schreiben wir im Newsletter? Was kommt auf die Website? Was posten wir kommende Woche auf Facebook?

Das Internet – übervoll mit Content

Die große Herausforderung, und das ist heute unbestritten, sind die Inhalte. Relevante Inhalte müssen her, damit der (potenzielle) Kunde in die Sache verwickelt wird. Und entsprechend werden Inhalte produziert – auf Teufel komm raus. Was zur Folge hat, dass dieses Internet gefüllt wird: Es gibt Tipps und Tricks allenthalben, Rezepte für dies und das, Tests und Reviews von allem möglichen. Die Blogs werden gefüllt, Magazin-Apps geschrieben, Whitepapers zusammengestellt; es wird gastgebloggt und kreuzpubliziert.

Es ist absehbar: Die Fülle beziehungsweise die Flut der „Owned Media“ wird es für die Konsumenten und Entscheiderinnen nicht einfacher machen, sich zu orientieren. Und für Unternehmen wird es immer schwieriger werden, sich von der Masse der publizierten Inhalte abzuheben – der 76. Mama-Blog eines Windelherstellers wird Mühe haben, seine Leser und Leserinnen zu finden.

Was hoffnungsvoll stimmt: Nach wie vor ist die Qualität des meisten von Unternehmen publizierten Contents nicht über alle Zweifel erhaben. Häufig geschieht das Erzählen noch zu sehr aus der eigenen (Produkt-)Perspektive und die Stories sind am Ende doch nicht so wichtig und aktuell, wie der Marketing-Manager das sieht. Grundlegende Regeln des journalistischen Schreibens und des Storytellings werden nicht beachtet. Es wird in absehbarer Zeit, und da bin ich fest davon überzeugt, genügend Chancen für Unternehmen geben, die richtig guten, nutzenstiftenden und unterhaltenden Content produzieren.

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Gute Inhalte zur richtigen Zeit für die richtige Person

Gute Inhalte, da sind wir uns einig, sind das Fundament, auf dem erfolgreiches Corporate Publishing oder Content Marketing aufbaut. Wer sich allerdings noch weiter von der Konkurrenz abheben möchte, kann sich fragen: Gelangen meine Inhalte zur richtigen Zeit zu den richtigen Leuten?

Das Corporate Publishing und das Content Marketing kommen heute nicht mehr darum herum, sich mit dieser Frage auseinander zu setzen. Inhalte zu publizieren ist wichtig, keine Frage. Die potenziellen Kunden zur richtigen Zeit mit dem richtigen Inhalt zu versorgen, wird aber immer entscheidender.

IDG Enterprise, der Verlag hinter Publikationen wie Computerworld oder CIO, hat in einer Untersuchung gefragt, welche Inhalte Entscheider in ICT-Beschaffungsprozessen benötigen. Während der ganz frühen Kaufphase gaben die Befragten an, vor allem allgemeine Newsartikel, Branchenanalysen und Produktdemos konsumieren zu wollen. Wenn es danach darum geht, technische Anforderungen zu formulieren und potenzielle Kandidaten zu evaluieren, sind Produktetests und Meinungen von Experten gefragt. Bei der abschließenden Entscheidung kommen Instrumente wie ROI-Kalkulatoren und Fallstudien zum Zuge.

Die Reise hin zum Kaufentscheid

I-CIO
Das Webmagazin I-CIO von Fujitsu

Wer den Prozess kennt, den die eigenen Kunden bis zum Kauf und danach durchleben, kann besser bestimmen, wann sie welche Content-Bedürfnisse haben. Die aktuellen Buzzwords dazu sind Customer Journey beziehungsweise Content Mapping: Jeder Inhalt hat in einer bestimmten Phase des Kaufentscheidungsprozesses eine bestimmte Aufgabe (natürlich gibt es auch Inhalte, die gleichzeitig verschiedene Aufgaben bzw. Ziele unterstützen können). Wie kann das aussehen?

In einer ersten Awareness-Phase kann es darum gehen, die eigene Marke zu stärken und überhaupt in das Set von Anbietern zu kommen, das für einen allfälligen späteren Kauf hinzugezogen wird. Das Unternehmen beziehungsweise Produkte und Dienstleistungen werden in einen Kontext gestellt, der die Verbindung mit den Bedürfnissen des Käufers aufzeigt. Die Inhalte stiften Nutzen oder unterhalten, es steht nicht so sehr das Produkt oder die Dienstleistung im Vordergrund. Beispiele dafür sind etwa die Website von Schwarzkopf oder das Web-Magazin i-cio.com von Fujitsu.

In der Consideration-Phase hat der Kunde den Entschluss gefasst, etwas zu kaufen. Die Frage ist bloß, von wem? In dieser Phase kommen häufig Marken und Unternehmen zu einem Consideration Set hinzu – durch Recherchen stößt der Kunde auf neue Brands und nimmt sie auf die Liste möglicher Lösungserbringer dazu. Anders als bisher häufig angenommen, wird die Anzahl der Brands zu Beginn des Entscheidungsprozesses erhöht. Es gibt noch eine Chance, als Marke in dieses Consideration Set reinzukommen.

In dieser Phase geht es mir als Käufer darum, die richtige Kaufentscheidung zu treffen. Die Menschen suchen nach Produkte-Reviews, Vergleichen von Produkten oder nach Preisen. Sie müssen wissen, welche Eigenschaften ein Produkt hat, welche Features angeboten werden, wie man sie einsetzen kan und was der Nutzen ist. Für den Content-Strategen gibt es hier ein breites Betätigungsfeld: Es geht darum, die Fakten in Geschichten zu verpacken, das Produkt zum Leben zu erwecken und in Beziehung zu dem Kontext zu stellen, in dem der potenzielle Käufer steckt.

Außerdem interessieren hier die Eindrücke anderer Nutzer oder Experten zu dem Produkt oder der Dienstleistung. Viele Unternehmen haben angefangen, Produktbewertungen einzusammeln und neuen Kunden zur Verfügung zu stellen. Noch etwas zögerlich beginnen Unternehmen auch, Produkte-Reviews von Experten oder unabhängigen Publikationen auf ihrer Seite zu verlinken – offenbar ist hier die Angst vor negativen Kritiken noch zu groß. Andererseits: Die potenziellen Käufer werden die Tests und Reviews via Google doch finden. Wieso nicht von Beginn weg einen guten Service bieten und dem Nutzer die Arbeit abnehmen? Ein sehr guter Weg, um sich als vertrauenswürdige Marke zu positionieren.

In der eigentlichen Kaufphase kann es vor allem darum gehen, den Käufer bei der Kommunikation mit seinen internen Stakeholdern zu unterstützen – gerade in einem B2B-Umfeld. Verschiedene Beteiligte müssen an Bord geholt und überzeugt werden. Hier können Argumentarien zur Verfügung gestellt werden oder ROI-Kalkulatoren – alles, was dem Einkäufer hilft, seine interne Überzeugungsarbeit zu unterstützen. Fallstudien und Referenzen gehören hier ebenfalls dazu.

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf

Beispiel Garmin
Beispiel Garmin

Nach dem Kauf hat das Corporate Publishing noch einen Brocken Arbeit vor sich. Die Nutzer müssen bei der ersten Verwendung unterstützt werden. Gerade bei zunehmend komplizierten Produkten und Dienstleistungen sind hier Anleitungen oder Erklär-Videos für den Käufer von großem Nutzen. Garmin zum Beispiel wendet einiges an Mühe auf, um die Installation und den Einsatz seiner Produkte zu erklären. Erfährt das Produkt Neuerungen (z.B. Firmware-Updates) oder werden neue Einsatzzwecke gefunden, gehören diese Inhalte natürlich kommuniziert. Ratgeber, How-To-Artikel und Tipps und Tricks stehen hier im Vordergrund. Caterpillar etwa unterhält große Blogs und Foren ausschließlich für diesen Zweck.

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf: Unternehmen wollen loyale Kunden, die wenn immer möglich wieder bei ihnen kaufen. Dieser Bereich ist eine klassische Aufgabe des Corporate Publishing – das Kundenmagazin hat in den meisten Fällen genau diese Aufgabe. Mit dem Web und Social Media sind neue Möglichkeiten dazu gekommen. Viele Unternehmen nutzen sie, um Produktempfehlungen zu generieren und Käufer dazu zu bringen, ihre (positiven) Erfahrungen mit dem Produkt oder der Dienstleistung mit ihrem Netzwerk zu teilen. Andere Firmen nutzen Social Media, um mit bestehenden Kunden in Kontakt zu bleiben. Die Facebook-Seite von Carnival Cruise Line ist im Grunde ausschließlich für Leute gedacht, die schon eine Kreuzfahrt dort gebucht haben. Entsprechend sind die Inhalte ausgerichtet: Es geht vor allem darum, die Erinnerungen an die letzte Ferienreise am Leben zu halten. Neukunden werden praktisch überhaupt nicht angesprochen – der Social-Media-Kanal hat eine sehr klare und fokussierte Ausrichtung.

Das Buzzword der „Customer Decision Journey“

Es geht darum, eine Content-Strategie zu erarbeiten, die zur richtigen Zeit die richtigen Inhalte für die richtigen Empfänger bereitstellt. Dazu braucht ein Unternehmen zwei Dinge.

Erstens das Wissen darum, wie diese Customer Journey aussieht. Viele Marketer haben damit begonnen, diese Reise als Customer Decision Journey oder als Customer Experience Map nachzuzeichnen. Wie sieht diese Reise aus, von der allerersten Idee („Wir sollten wieder mal in den Urlaub fahren“) bis hin zur Empfehlung an Freunde und Bekannte („Das war so toll, da müsst ihr mal hin“)? Auf welche Probleme und Herausforderungen stoßen sie auf diesem Weg, welche Hürden müssen sie überwinden und wo kann das Unternehmen unterstützen? In der Regel stehen in jedem Unternehmen bereits sehr viele Daten und Informationen dafür zur Verfügung: Leute aus dem Verkauf oder der Aussendienst hören viele Fragen und wissen sehr gut, was benötigt wird. Der Kundendienst, der Anfragen beantwortet und Einwände behandelt, ist ebenfalls eine Goldgrube an Informationen. Dazu kommen die ganzen Daten, die aus der Webanalyse zur Verfügung stehen – sie bieten ebenfalls Ansätze, um eine Customer Journey Map zu vervollständigen.

Als zweites benötigt der Corporate Publisher eine sehr gute Vorstellung davon, für wen er Inhalte erstellt. Der Persona-Ansatz hat sich hier durchgesetzt – ganz einfach deshalb, weil die bisher im Marketing übliche Segmentierung der Kunden nicht reicht, um ausreichend personalisierte Inhalte bereitzustellen. Eine Unterscheidung der verschiedenen Kundengruppen nach soziodemografischen Daten ist unzulänglich, selbst wenn man nicht eine höchst individualisierte Personalisierungsstrategie fahren will. Im Grunde genommen geht es dabei um einen Trick, den sich viele Schriftsteller zu Nutze gemacht haben: Sie stellen sich ein Bild der Oma auf den Schreibtisch und schreiben ihr Buch für ihre Oma. Das hat den Vorteil, dass das Buch genau auf den potenziellen Empfänger zugeschnitten ist.

Gelingt es Unternehmen, relevante Zielgruppen anhand von Persona zu visualisieren, haben die Content Marketer und Corporate Publisher eine sehr viel bessere Ausgangslage: Echte Menschen erstellen echte Inhalte für echte Menschen. Die Erarbeitung dieser Persona kann ebenfalls auf der Grundlage bestehender Daten gemacht werden – sehr häufig hat man die entsprechenden Informationen im Unternehmen. Auch hier geht es darum, CRM-Daten oder Webanalyse-Daten so aufzubereiten, dass sie „actionable“ werden, dass sie dazu befähigen, konkrete weitere Entscheidungen zu treffen und Schritte zu unternehmen.

Das Buzzword der „Marketing Automation“

Überhaupt werden sich Corporate Publisher zukünftig wohl noch mehr mit Daten und Automatisierung auseinandersetzen. „Marketing Automation“ lautet hier das Schlagwort und entsprechende Instrumente und Plattformen haben gerade Hochkonjunktur. Im Fokus stehen zwei Aufgaben: Einerseits vermehrt Daten zu sammeln – über die Käufer, über ihr Informationsverhalten und ihre Schritte in der Customer Journey. Als zweites geht es darum, die Versorgung mit Information weiter zu individualisieren und zu automatisieren, basierend auf Daten, die zuvor gesammelt werden.

Marketing Automation bedeutet deshalb nicht, dass sich das Marketing von selbst erledigt. Vielmehr geht es darum, nicht mehr jeden Website-Besucher mit den gleichen Infos zu versorgen, sondern basierend auf der „Vorgeschichte“, bisherigen Interaktionen und Transaktionen personalisierte Informationsangebote zu machen. Entsprechend wichtig wird dann die Verknüpfung mit Tools wie dem hauseigenen Customer Relationship Marketing und anderen kundenbezogenen Informationsplattformen. Kein Wunder, wird der Ruf nach einem Chief Marketing Technology Officer immer lauter.

Die neue Bedeutung des Corporate Publishings für das Marketing

Corporate Publishing ist in den vergangenen Jahren zu einer der spannendsten Disziplinen der Unternehmenskommunikation geworden – fast schon still und heimlich. Zu dem Standard-Kundenmagazin ist eine ganze (Online-)Welt neuer Medienformate und Kanäle dazugekommen: Blogs, Social Media, App-Magazine, Podcasts und viele mehr. Wie wir heute wissen, funktionieren diese Instrumente nach publizistischen und nicht nach werberischen Prinzipien – deshalb sind sie Aufgabe des Corporate Publishings. Das bedeutet für das Corporate Publishing allerdings, dass neue Kompetenzen gefordert sind. Auf der einen Seite benötigen diese Kanäle und Formate neue Kompetenzen, wenn es um die Erstellung der Inhalte geht. Andererseits übernimmt Corporate Publishing damit aber auch neue Funktionen im Marketing eines Unternehmens: Potenzielle Kunden und Kundinnen früh abzuholen und während des ganzen „Customer Lifecycles“ zu begleiten. Mit den heute verfügbaren Informationen und Daten lässt sich das sehr viel effektiver tun – bedingt aber auch, dass sich Corporate Publishing-Verantwortliche mit den technologischen Möglichkeiten auseinandersetzen. Das macht den Job enorm vielseitig, anforderungsreich und wichtig für den Unternehmenserfolg.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 23

Hier dreht sich alles um Corporate Publishing im Netz und damit meinen wir natürlich nicht nur Blogs. Die Welt des Publizierens ist auch für Unternehmen bunter, vielfältiger und zugleich komplizierter geworden. Vier Beiträge geben in dieser Ausgabe einen Überblick zu den wichtigsten Trends, zeigen gute Beispiele und haben praktische Tipps und Tricks parat.

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