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Experiment: Welche Chancen haben neue Musiker im Internet? (1/2)

Andreas Zeitler alias Zettt hat das Experiment gewagt: Was kann man als neuer Musiker heute ohne Plattenlabel erreichen, allein mit den Mitteln des Internets? Was bringt es, seine Musik frei und kostenlos zu verbreiten? In zwei Teilen veröffentlicht er hier auf UPLOAD seine Erlebnisse. Heute: Wie kam es zu dem Experiment und was hat Zettt überhaupt alles probiert?

Zettt

Vorstellung

Mein Name ist Andreas ich bin seit geraumer Zeit musikalisch tätig, so mache ich beispielsweise seitdem ich 12 bin Musik und lege seit ich 11 bin auf. Inzwischen hab ich das 27. Lebensjahr erreicht. Mein Pseudonym ist Zettt.

Ende 2006 habe ich an einem Album gearbeitet. Es sollte das erste Album sein, welches kommerziell veröffentlicht wird.
Damals hatte ich auch ein Label an der Angel, die Versprechungen waren groß, nur ist daraus nie etwas geworden. So lag mein Album von Anfang 2007 bis Mitte 2007 erstmal brach.

Für das Studium sollte ich dann eine Arbeit anfertigen. Es sollte eine wissenschaftliche Untersuchung sein. Viel Literatur hatte ich schon über freie Musik gelesen, genauso wie über die Zukunft des Musikbusiness. Mir kam in den Sinn: Man könnte doch mal herausfinden, welche Chancen neue Musiker heutzutage überhaupt haben. Ist freie Musik wirklich der Weg den neue Musiker gehen müssen, um überhaupt Gehör zu finden?

Getriebener Aufwand

Also habe ich mir einige Dinge für den Release überlegt und mein Album eigenhändig veröffentlicht. “Ohne Plattenfirma und trara”. Ich habe ein ordentliches Cover anfertigen lassen. Habe mir ein kleines Gewinnspiel überlegt, durch welches genügend Aufmerksamkeit für mein Album erzeugt werden sollte – die Werbung war stark Internet-zentriert. Und zu guter Letzt hatte ich mir vorgenommen, viel Energie in Kommentare und das Web 2.0 zu setzen.

Am 9. Juni 2008 wurde das Album der Öffentlichkeit präsentiert: Es gab eine spezielle Unterseite auf meiner Webseite, auf welcher das Album heruntergeladen werden konnte (http://toolz.zettt.com). Eine zweite Unterseite enthielt Informationen zum Gewinnspiel (http://gewinnspiel.zettt.com).

Es gab beispielsweise zwei iPods zu gewinnen für alle, die auf ihren privaten Webseiten einen Eintrag über mein Album (Toolz) schreiben und darauf hinweisen. Solche Marketingstrategien sind weitreichend bekannt und inzwischen nicht mehr der neueste Schrei, deshalb werde ich die Erläuterungen hierzu sein lassen. Bis zum 9. September konnten die Leute Links auf Toolz setzen und an der Verlosung teilnehmen.

Außerdem habe ich von Anfang an großes Augenmerk darauf gelegt, Web-Communities mit Kommentaren und Einträgen zu versorgen. Unter anderem habe ich mir StudiVZ und MySpace vorgenommen.

Zusätzlich wurden noch E-Mails an alle Einträge in meinem Adressbuch (ca. 300 Kontakte) versendet.

Über die angesprochenen Portale wurden nochmal über 500 (Spam-)Kommentare hinterlassen. In der Zeit des Releases war niemand vor einem Kommentar meinerseits sicher. Jede noch so unscheinbare Freundschaftsanfrage wurde mit Freuden angenommen und sofort mit einem Kommentar à la “Hier geht’s zu meinem Album, lad’s dir runter und gewinne noch einen schicken iPod” beantwortet.

Ich habe in den Monaten Juni bis August also nichts anderes gemacht, als alle möglichen Personen, die ich übers Internet auch nur im Entferntesten irgendwie aktivieren kann, zu nerven. Ich bin den Leuten tierisch auf den, entschuldigt den Ausdruck, “Sack” gegangen.

Die Zahl der Downloads stieg in den ersten Tagen auch auch stark an. Und man konnte daran quasi direkt ablesen, wann ein neues Portal mit neuen Informationen versorgt wurde.

So stiegen etappenweise die Downloads immer dann, wenn beispielsweise das StudiVZ mit Kommentaren versorgt wurde, dann ein anderes Mal, als MySpace an der Reihe war… und so weiter.

Auch die Zahl der Blogpostings, also diejenigen welche an dem Gewinnspiel teilnehmen wollten, stiegen in den ersten Tagen stark. Insgesamt nahmen bis zum Ende ca. 40 Blogs an der Verlosung teil. Darunter waren einige große Blogs, die über 1.000 Leser haben. Auch ein Posting in dem damals größten deutschsprachigen Blog “Basic Thinking” war mir vergönnt. Ich kontaktierte damals ganz frech Robert Basic und bat ihn darum, doch über mich einen kurzen Eintrag zu verfassen. Dies hat er dann auch getan.

Eine andere Anlaufstellen waren Podcasts. Ich machte mich auf die Suche nach einigen Podcasts, die vielleicht mal eine Sendung über mich machen wollten. Gestoßen bin ich auf einen alten Bekannten wie Simon von iSightSeeing oder Basti von DigitalUpgrade. Auch Thomas von Musicampus hat sich bereit erklärt mit mir ein Interview zu machen. Ihm möchte ich nochmal meinen ganz besonderen Dank ausrichten. Er machte es möglich, dass dieses Interview auf Deutschlands größtem Macintosh-Blog Apfelquak veröffentlicht wurde. Die Rücklaufquote war dementsprechend hoch.

Schlussworte

Nun, dass war der Aufwand, im Großen und Ganzen, den ich getrieben habe, um mein Album bekannt zu machen. Wie gesagt war ich von Anfang an alleine und habe alles selbst in die Hand genommen. Ich wollte damals zeigen, dass wir (die Musikbranche) nicht herumjammern sollten, sondern uns den neuen Gegebenheiten des Marktes anpassen müssen und neue Wege der Distribution suchen müssen. Und wenn es eben nötig ist, das erste Album kostenfrei zu veröffentlichen, um einen Einstieg ins Musikbusiness zu bekommen, so wollte ich diesen Weg gehen.

Mit meinem Album wollte ich beweisen, dass es sehr wohl möglich ist auch mit einem kostenfreien Release Geld zu verdienen. Der Cashflow müsse sich ändern. Das war die Idee die mich antrieb, die nötigen Schritte zu tun.

Und was daraus geworden ist, lest Ihr im zweiten Teil.

A N Z E I G E

 

23 Gedanken zu „Experiment: Welche Chancen haben neue Musiker im Internet? (1/2)

  1. Danis Frage wurde ja schon beantwortet.

    @Adrian: Danke fuer das Kompliment. Ich hab versucht hartnaeckig zu sein, Ja. Wart mal noch den zweiten Teil ab. ;)

  2. Hm, wirklich interessant! Aber das kann’s doch auch nicht sein. Man stelle sich vor, ALLE Musiker würden so vorgehen wie Du, Zett, und das Internet wäre kein sicherer Ort mehr! ;-)

  3. Ich wollte es auch gerade sagen. Die Spammethode würde über kurz oder lang eher nerven und die Messages aus Social Networks werden doch auch kaum noch wahr genommen.
    Ich halte vom Netmusicprinzip viel, denke aber das man über ein Netlabel oder andere etablierte Mechanismen im Netz weitaus eleganter zum Ziel kommt. Wobei Word2Mouth eine große Sache ist, ich glaube aber das sich W2M eher verselbständigen muss, als eigeninitiiert zu sein… Ich werde es ja morgen lesen! :)

    Zettt, bist du deswegen auch nicht für Creative Weblogging am schreiben?? ;)

  4. Sehr interessant. Danke an Zettt! Ich hatte Dich ja schon in der Musiker-Twitter-Liste entdeckt. Freue mich über diesen ausführlichen Beitrag und bin schon gespannt, wie`s wohl weitergeht.

  5. @Olli Ich schreibe nicht mehr fuer Creative Weblogging, weil sie in Deutschland fast saemtliche Blogs geschlossen haben. Zumindest zahlen sie kein Geld mehr.

  6. Vielen Dank für die freundlichen Worte, Zettt!

    Wie ich damals schon beschrieben haben: ich bin von der Idee sehr angetan und meinen Teil habe ich sehr gern zum Projekt beigetragen!

  7. Wirklich ein interessanter Artikel.
    Da ich auch selbst Musiker bin ist auch mir schnell aufgefallen, dass das Internet unendlich viele Möglichkeiten bietet sich und seine Musik zu platzieren und publik zu machen.

    Auch heute frage ich mich immer wieder wieso andere Musiker & Bands neidisch sind – schließlich stehen im Netz jedem die selben Möglichkeiten offen.

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