Snapchat Guide für Unternehmen: Menschen mit Geschichten gewinnen

Snapchat ist so erfolgreich wie verwirrend. Vieles ist anders als in anderen Angeboten im Social Web. Selbst die Bedienung erschließt sich nicht unbedingt sofort. Philipp Steuer erklärt in seinem Artikel die wichtigsten Grundlagen für den Einstieg.

(Foto: Adam Przezdziek, flickr.com. Lizenz: CC BY-SA 2.)
(Foto: Adam Przezdziek, flickr.com. Lizenz: CC BY-SA 2.0)

Als Snapchat Mark Zuckerberg abblitzen ließ…

Obwohl Snapchat bereits 2012 das Licht der digitalen Welt entdeckte, galt das Netzwerk lange als großes Mysterium. Zunächst unter Schülern sehr beliebt, breitete sich die App mit rasanten Tempo quer über Amerika aus und schaffte so schnell den Sprung über den großen Teich in allen anderen Regionen unserer Erde.

Mittlerweile verzeichnet Snapchat mehr als 100 Millionen aktive Mitglieder. Über 65 Prozent der Nutzer starten die App täglich und verschicken dabei im Schnitt rund 9.000 Fotos. Pro Sekunde! Auch die Anzahl der abgespielten Videos erreicht mit aktuell 6 Milliarden das Niveau von Facebook.

Kein Wunder also, dass Mark Zuckerberg das Unternehmen im November 2013 für 3 Milliarden US-Dollar übernehmen wollte. Doch Snapchat-CEO Evan Spiegel lehnte ab. Die Entscheidung, die damals international für Erstaunen sorgte, hat sich als richtig herausgestellt. Mittlerweile wird Snapchat mit 16 Milliarden US-Dollar bewertet.

Es sind solche Stories und die oben genannten Nutzerzahlen, die Snapchat immer weiter in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt haben und die App auch für Unternehmen auf den Plan ruft. Doch wie geht man dieses Netzwerk an? Worauf sollten Sie achten? Genau diese und weitere Fragen möchte ich in den nachfolgenden Zeilen klären.

A N Z E I G E

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Aber was ist Snapchat überhaupt?

Ursprünglich drehte sich bei Snapchat alles um Nachrichten, die sich nach einer bestimmten Zeit wieder selbst löschten. Ob nun Textchats, Fotos oder Videos: Alles ist bei Snapchat vergänglich. Das macht den besonderen Reiz aus, ist aber zugleich einer der großen Unterschiede zu Social Networks wie Facebook oder Messengern wie WhatsApp.

Inzwischen hat Snapchat seinen Funktionsumfang erweitert. Nicht nur dass sich Fotos und Videos mit allerlei Filtern und anderen Dingen „aufpeppen“ lassen. Man kann mehrere „Snaps“ auch zu einer „Story“ zusammenfügen. Und hier wird es denn auch für Unternehmen interessant – Stichwort „Storytelling“.

Genug der Vorrede. Steigen wir direkt in die App ein.

Die Navigation innerhalb der App

(Illustration: Philipp Steuer)
(Grafik: Philipp Steuer)

Um Snapchat erfolgreich einsetzen zu können, ist es erst einmal wichtig, die einzelnen Funktionen zu verstehen. Das hilft vor allem zu Beginn, ein Gefühl für das Netzwerk zu entwickeln. Direkt vorweg: Sollten Sie am Anfang von der Funktionalität der App verwirrt sein, keine Sorge. Snapchat ist in Sachen Bedienung eher kontraintuitiv und vieles verstehen Sie nur, wenn Sie es entsprechend austesten. Dieser Prozess verläuft jedoch sehr schnell, so dass es am Ende keine wirkliche Hürde darstellen dürfte.

Bei Snapchat stehen Wischgesten im Vordergrund. Den privaten Chat-Bereich inklusive Ihrer Nachrichten finden Sie, indem sie vom Startbildschirm aus mit dem Finger nach rechts wischen. Für die Snapchat „Stories“ hingegen müssen Sie nach links wischen. Wischen Sie nochmal nach links, landen Sie im Discovery Bereich, in dem Partner-Unternehmen wie Buzzfeed ihre Inhalte für Snapchat besonders aufbereiten.

(Grafik: Philipp Steuer)
(Grafik: Philipp Steuer)

Um zu Ihrem Profil und den erweiterten Einstellungen zu gelangen, müssen Sie beim Startbildschirm (Kameramodus) einfach mit dem Finger von oben nach unten wischen. Dadurch legt sich eine neue Inhaltsebene über den Fotobereich.

Wie Sie sehen, ist die Navigation eigentlich relativ einfach, sofern Sie einmal verstanden haben, dass man bei Snapchat oftmals sämtliche Funktionen durch das Wischen mit dem Finger in die unterschiedlichsten Richtungen erreichen kann.

So funktioniert Snapchat

Wenn Sie die App öffnen, starten Sie automatisch im Kamera-Bereich, wo Sie bequem ein Foto aufnehmen oder durch das Antippen und Halten des Auslöser-Buttons auch ein Video von bis zu 10 Sekunden aufzeichnen können.

Im Anschluss stehen die folgenden Bearbeitungsfunktionen zur Verfügung:

  • Text
  • Emojis
  • Zeichnungen
  • Filter
  • Lenses

Die ersten drei Optionen können Sie oben rechts finden, Filter lassen sich durch das Wischen mit dem Finger von rechts nach links oder auch entgegengesetzt über das Bild legen und die Lenses (Bildeffekte) funktionieren nur in der Live-Vorschau, wenn sie im Selfie-Modus mit dem Finger auf ihr Gesicht tippen.

Sind Sie mit der Bearbeitung zufrieden, können Sie unten links durch den Timer festlegen, wie lange das einzelne Snap aufrufbar sein soll. Direkt daneben lässt sich Ihr Meisterwerk speichern. Der Button rechts wiederum fügt Ihr Bild zu ihrer Snapchat Geschichte (öffentlich) hinzu, mit dem Pfeil unten rechts können Sie es privat an Freunde und Bekannte schicken.

Beispiele für „Lenses“
Beispiele für „Lenses“

Öffentliche und private Kommunikation

Womit wir direkt bei einem in Sachen Kommunikation sehr wichtigen Thema wären, denn mit Snapchat können sie sowohl privat als auch öffentlich kommunizieren. Privat bedeutet in diesem Fall direkt und die Funktionalität unterscheidet sich nicht sehr von vergleichbaren Instant-Messengern wie WhatsApp oder dem Facebook Messenger.

Die Snapchat Stories oder auch Geschichten bieten Ihnen hingegen die Möglichkeit, Ihre Inhalte öffentlich und für Jedermann zugänglich zu posten. Sobald Sie ein normales Video oder ein Bild aufgenommen haben, können Sie dieses bequem ihrer Snapchat Story hinzufügen. Jedes einzelne Element wird dabei aneinander gereiht, wodurch sich am Ende ein langer Filmstreifen ergibt, durch den sich andere User klicken können.

Das Besondere an Snapchat

Die Basics von Snapchat dürften nun klarer sein. Wie bereits erwähnt, sollten Sie sich die Zeit nehmen, um die App ausgiebig zu testen.

Je nachdem, wie wichtig soziale Netzwerke für die Darstellung ihrer Marke oder der Kommunikation mit Ihren Kunden sind, haben Sie sicherlich schon die Frage gestellt, warum Sie nicht einfach weiter Ihre Inhalte auf Facebook, Twitter oder Instagram posten sollten?

Nun, Snapchat hat gegenüber der genannten Konkurrenz einen extrem großen Vorteil. Stellen Sie sich für einen Moment den typischen Smartphone-Content-Konsumenten vor, wie er in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit sitzt und durch seinen Feed scrollt. Trotz Filter wird man mittlerweile auf jedem Netzwerk von einer immens großen Informationsdichte überflutet.

Auf Snapchat ist das im Grund nicht anders, denn aktive Nutzer veröffentlichen zahlreiche Bilder und Videos pro Tag. Diese hohe Postingfrequenz würde in jedem anderen Netzwerk als Spam empfunden werden und das – meiner Meinung nach – vollkommen zu recht. Bei Snapchat hingegen werden jedoch Videos und Bilder als langer Filmstreifen aneinander gereiht und nerven die User dadurch nicht einzeln.

Und genau an dieser Stelle zeigt sich das große Potenzial: Denn während bei Facebook oder Twitter die einzelnen Inhalte in der Informationsflut untergehen, müssen die User auf Snapchat bewusst eine Snapchat Story anklicken. Sie konsumieren aktiv und schenken dem Inhalt ihre volle Aufmerksamkeit.

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Shaun McBride aka Shonduras ist einer der ersten großen Snapchat Stars, die bereits für große Marketingkampagnen mit ebenso großen Unternehmen zusammengearbeitet haben. Bekannt durch seine extrem kreativen und künstlerischen Snaps kann er mittlerweile von dieser Tätigkeit Leben. In Bezug auf Snapchat für Unternehmen sagte er im Interview mit der Online-Ausgabe von Forbes:

„Ich glaube die Unternehmen haben verstanden, dass sie etwas auf Facebook oder Instagram posten könnten. Aber die Jugend ist nicht auf Facebook sondern auf Instagram, doch hier geht die Werbung beim Scrollen schnell unter.“

Im Gegensatz dazu sieht er Snapchat:

„Aber bei Snapchat hat man die ungeteilte Aufmerksamkeit, weil die Zielgruppe aktiv eine Geschichte aufrufen muss und sich dadurch bewusst für diese entscheidet.“

Das ist der entscheidende Punkt, denn Aufmerksamkeit ist in unserer schnellebigen Welt in meinen Augen das wertvollste Gut, denn nur was bewusst konsumiert wird, bleibt uns auch im Gedächtnis.

Authentisch und nah dran am Geschehen

Was eigentlich kurios ist, denn Snapchat steht wie eingangs erwähnt für Vergänglichkeit: Alle einzelnen Snaps verschwinden automatisch nach 24 Stunden wieder. Dennoch bringt genau diese Tatsache  einen großen Vorteil mit sich: Während man auf Facebook und Twitter gefühlt auch noch in Jahren alles finden kann und dadurch entsprechend im Vorfeld aufpassen sollte, was man postest, ist bei Snapchat nach einem Tag alles automatisch Geschichte.

Durch diesen Umstand herrscht ein befreiterer Umgang, denn nichts ist für die Ewigkeit. Ein lustiges, aber unvorteilhaftes Selfie? Egal, nach 24 Stunden ist es weg. Eine eigentlich perfekte Videoaufnahme, die am Ende einen kurzen Wackler hat? Auch egal, für den Moment passt sie wunderbar!

Mein Gefühl wird durch die folgende Aussage einer 15-jährigen Schülerin in diesem Mashable Artikel bestätigt: „Wenn ich sehen will, was meine Freunde gerade machen, dann checke ich Snapchat (weil wir dort Dinge machen können, die keiner sieht).“

Allgemein können Sie durch Snapchat ideal Events, Veranstaltungen oder Reisen auf eine sehr authentische Art und Weise begleiten und Ihren Followern viel tiefere Einblicke geben.

Auf sich aufmerksam machen

Snapchat-CEO Evan Spiegel auf der Bühne von TechCrunch Disrupt. (Foto: TechCrunch, flickr.com. Lizenz: CC BY 2.0)
Snapchat-CEO Evan Spiegel auf der Bühne von TechCrunch Disrupt. (Foto: TechCrunch, flickr.com. Lizenz: CC BY 2.0)

Genug von der Theorie, denn egal wie gut Sie diese nun beherrschen, so wird sie Ihnen weder große Aufmerksamkeit noch Reichweite auf Snapchat bringen. Ich bin auch kein Freund dieser „Wie ich 100.000 Follower über Nacht bekam“-Geschichten, denn so etwas gibt es für uns normale Menschen nicht. Der Aufbau einer treuen Gefolgschaft ist – egal auf welchem Netzwerk – immer zeitintensiv und mit Arbeit verbunden. Zudem sind meiner Meinung nach 500 treue Follower viel mehr wert als 20.000 User, die gelegentlich mal vorbeischauen und Sie gar nicht zu schätzen wissen.

Wie aber macht man sich bekannt? Am einfachsten geht es, wenn Sie Ihren persönlichen Snapcode unter diesem Link herunterladen oder innerhalb der App einfach einen Screenshot davon machen. Posten Sie ihn nun auf all Ihren bestehenden Social Media Kanälen mit dem Hinweis, dass Sie ab sofort auch auf Snapchat zu finden sind.

Ein gutes Beispiel ist der englische Profi-Fußballverein FC Arsenal London. Um den eigenen Snapchat Account zu pushen, posteten sie auf ihrem Instagram Profil zwei Bilder, auf denen Trainer und Spieler den ausgedruckten Snapcode in die Kamera hielten. Aufgrund der Reichweite von 4 Millionen Followern ein perfektes Beispiel für authentisches und effektives Marketing!

Alternativ können Sie den Snapcode auch als Ihr neues Profilbild verwenden, so wie es zahlreiche große amerikanische Nachrichtenseiten bereits auf Twitter machen. Oder für mobile Geräte den Link snapchat.com/add/nutzername nutzen, der Ihr Profil direkt in der Snapchat App öffnet.

Außerdem empfiehlt es sich, immer mal wieder gute Snapchat Stories zu speichern und diese ebenfalls über Ihre Profile auf Facebook oder Twitter zu teilen. Immer mit dem Hinweis, dass es mehr von Ihnen auf Snapchat zu sehen gibt. Vergessen Sie dabei nicht, Ihren Nutzernamen anzugeben.

Mein Hauptempfehlung lautet: Geben Sie den Leuten einen echten Anreiz, Ihnen oder Ihrem Unternehmen auf Snapchat zu folgen. Je mehr überzeugende Gründe Sie ihnen liefern, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass Sie Ihre neuen Follower werden.

Gute Inhalte

Mit genügend Aufmerksamkeit bekommen Sie die User zwar dazu, sich Ihr Profil anzusehen. Damit sie aber bleiben bzw. wiederkommen, sind gute Inhalte wichtig. Ich selbst sehe aktuell viele Unternehmen und Personenprofile, die wahllos Bilder und Videos ohne großen Zusammenhang in der Snapchat Story veröffentlichen. Das ist für den Anfang auch super, experimentieren Sie ruhig mit dem Netzwerk. Aber erwarten Sie in dieser Zeit keine allzu großen Erfolgserlebnisse.

Die erfolgreichsten Accounts auf Snapchat sind die, die es schaffen, Geschichten zu erzählen. Damit meine ich keine Märchen, sondern Inhalte, die einen Anfang und ein Ende haben und dazwischen Informationen oder Eindrücke vermitteln.

Eine Beauty-Bloggerin zeigt Ihnen vielleicht Schritt für Schritt, wie sie sich für ein Event am Abend fertig macht. Der FC Bayern München liefert Bilder und Videos vom aktuellen Spiel. Und bei der Huffington Post gibt es öfter DIY-Bastelanleitungen. Die Möglichkeiten sind grenzenlos, zumindest was den Inhalt betrifft.

Gute Geschichten haben einen großen Vorteil: Wenn sie wirklich gut sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Zuschauer Screenshots davon machen oder sie im Anschluss ihren Freunden zeigen.

Auch wenn Sie weder Beauty-Blogger, Fußballverein oder Nachrichtenwebseite sind: Das ist kein Problem. Jeder von uns hat sein eigenes Leben und Talente, die uns besonders machen. Sie können gut zeichnen? Super, dann zeigen Sie das mit künstlerischen Snaps. Sie können gut basteln? Dann snappen Sie Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Ganz egal, was Sie am Ende machen: Inhalte mit Ihrer persönlichen Note werden die User langfristig an dich binden.

In dieser Ausgabe des UPLOAD Magazins finden Sie zwei weitere Artikel, die dieses Thema vertiefen. Katharina Heder hat gute Beispiele zusammengestellt und erklärt daran, was auf Snapchat funktioniert. Gerhard Schröder und Thomas Schupp wiederum geben Tipps & Tricks rund um das noch junge Feld des Snapchat-Marketings weiter.

Das Potenzial ist groß

Snapchat ist ein aufstrebendes soziales Netzwerk und dabei ein echtes „Aufmerksamkeitsmonster“, das nicht nur für Privatpersonen sondern auch für Unternehmen immer wichtiger wird. Um den Zug nicht zu verpassen sollten Sie Snapchat definitiv eine Chance geben und sich mit den Möglichkeiten vertraut machen. Denn egal ob Events, News oder DIY: Gute Snapchat Stories können Sie zu vielen Themen erstellen.

Durch die hohe Authentizität lässt sich die Kundenbindung sehr schnell stärken und bereits vorhandene Follower sollten Sie unbedingt über bereits bestehende Kanäle auf Ihr Snapchat Profil aufmerksam machen. Sind Ihre Geschichten dann auch noch gut erzählt und mit einer persönlichen Note versehen, steht Ihrem Erfolg nichts mehr im Wege.

P.S.: Ich habe Anfang Januar 2016 mein kostenloses Buch „Snap Me If You Can“ veröffentlicht, in dem ich noch tiefer auf Snapchat eingehe, Tipps & Tricks gebe und anhand von konkreten Fallbeispielen direkte Einsatzmöglichkeiten für Unternehmen zeige. Weitere Infos zum Buch können Sie auf der offiziellen Website snapmeifyoucan.net finden.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 32

Wir nehmen uns das große Hypethema Snapchat vor. Darin: Einsteiger-Guide für Unternehmen, Tipps und Tricks fürs Marketing und jede Menge gute Beispiele. Außerdem ein Blick auf den Trend „Ephemeral Marketing“.

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