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Deadline: Lerne, den „Teufel“ zu umarmen

Wer mag schon Deadlines? Falk Hedemann offenbar. Und warum das so ist, erklärt er in seiner neuen Kolumne. Denn über die Jahre hat er festgestellt: Wie er mit Deadlines umgeht, verrät ihm viel über die damit verbundene Aufgabe. Und geschickt eingesetzt, helfen sie ihm als Freelancer produktiver zu sein.

Freelancer kurz vor der Deadline, Symbolfoto (Foto: © Andrea Piacquadio, Pexels)

Sie ist verhasst und doch so wichtig

Sie ist nervig. Sie stresst. Sie sitzt mir immer im Nacken. Sie gehört zu den unangenehmen Dingen, die nicht besser werden, wenn sie vorüber sind. Ganz im Gegenteil, sie zieht ihren Schrecken gerade aus diesem Moment, an dem die Zeit abläuft. Wir können sie nicht aussitzen. Ihren etwas martialischen Name hat sie ausnahmsweise mal vollkommen zu Recht: die Deadline. Doch so sehr wir sie auch fürchten, verachten oder sogar missachten, wir brauchen sie heute dringender als jemals zuvor.

Die Deadline ist für mich ein ebenso treuer wie verhasster und dennoch am Ende auch akzeptierter Begleiter. Ich weiß, ich brauche sie, denn sie gibt mir Struktur, lässt mich verlässlich sein. Ich müsste sie jeden Tag willkommen heißen und sie als perfekte virtuelle Kollegin ansehen. Beim Yin und Yang ist sie das Yang, die positive weiße Seite, während die Prokrastination das dunkle Yin darstellt. So herum ist es logisch, doch gefühlt ist es genau andersherum: Wir umarmen die dunkle Ablenkung und meiden die helle Effizienz.

Und trotzdem kämpfe ich seit meiner Schulzeit mit ihr. Klausurtermine waren immer die Deadline, bis zu der man einen bestimmten „Stoff“ gelernt haben musste. Für mich bedeutete das oft genug: Okay, du hast noch Zeit. Bis ich dann irgendwann keine mehr hatte und die Nacht vor der Deadline durchpauken musste. Im Nachgang hört sich das gar nicht mehr so dramatisch und schlimm an, wie ich es damals empfunden habe. Erst viele Jahre später habe ich über meine berufliche Tätigkeit herausgefunden, was damals wirklich schlimm für mich war.

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Wenn die Deadline dein Feind ist, frage dich ernsthaft warum

Als Journalist gehört die Deadline zu mir, wie der Brotteig zum Bäcker. Es gibt eigentlich kaum einmal Arbeiten in meinem beruflichen Alltag, deren Fertigstellung ohne Termin auskommt. Und ehrlich gesagt ist mir das heute im Unterschied zu meiner Schulzeit sogar sehr willkommen. Die Deadline ist für mich kein notwendiges Übel mehr, sie ist längst zu einem Freund geworden. Selbst wenn ich bei einem Auftrag mal keine Deadline genannt bekomme, setzt ich mir selbst eine. Denn besonders als Freelancer im Home-Office benötigt man Strukturen und Regeln, die man sich notfalls selbst gibt, um den Arbeitsalltag effizient zu gestalten. Und da Verlässlichkeit für mich zu den wichtigsten Kriterien meiner Arbeit zählt, ist die Deadline ein enorm wichtiges Werkzeug für mich geworden.

Dennoch gab es auch schon Zeiten, in denen ich die Deadlines verflucht habe. Nicht, weil sie mich unter zeitlichen Druck gesetzt hat, denn damit konnte ich eigentlich immer gut umgehen. Zumal ich immer nur bei bestimmten Deadlines einen Groll entwickelte, während parallel dazu andere völlig problemlos waren. Irgendwann fiel mir dabei eine Gemeinsamkeit zu meiner Schul- und Studienzeit auf:

Es ging immer um ungeliebte Themen, wenn sich eine Deadline für mich wie ein Feind anfühlte.

Mit dieser Erkenntnis war es auch kein Wunder mehr, dass es für mich bei einigen Schulfächern schwierig war, rechtzeitig mit dem Lernen zu beginnen, während es sich der Lernstoff anderer Fächer praktisch von allein in meinem Kopf gemütlich machte. Für einige Fächer musste ich mich regelrecht zwingen, bei anderen war ich schon beim Unterricht so aufmerksam, dass ich kaum noch lernen musste. Klar, alle haben ihre Lieblingsfächer und eben auch solche, mit denen sie nicht wirklich viel anfangen können. Bei mir war es aber stets eine Kombination aus dem Fach, dem Lehrstoff und der Lehrkraft. Die Lern-Deadline war für mich immer dann der Feind, wenn der Lehrstoff für mich nicht relevant war und die Lehrkraft ihn auch nicht so verpacken konnte, dass er für mich trotzdem interessant war.

Was bedeutet das nun für meine heutige Arbeit? Was habe ich daraus gelernt?

Wenn ich heute bemerke, dass sich eine Deadline für mich unangenehm anfühlt, analysiere ich sehr genau, woran das liegen könnte. Bei der Content-Kreation sieht das dann so aus:

Ist es der Themenbereich, mit dem ich so gar nichts anfangen kann? 

Das ist tatsächlich sehr selten der Fall, da ich als Freelancer schon sehr gut selbst steuern kann, mit welchen Themen ich mich beschäftige und mit welchen nicht. Das sollte allerdings auch eine bewusste Entscheidung sein, über die man sich ausreichend Gedanken machen muss. Im Idealfall lassen sich thematische Grenzen ganz ohne wirtschaftliche Zwänge setzen. Das klappt sicher nicht immer zu 100 Prozent, aber punktuell können Gegensatzerfahrungen auch hilfreich sein, um die Grenzen noch besser benennen und für sich selbst legitimieren zu können.

Ist das spezielle Thema nichts für mich?

Es kann vorkommen, dass ich zu einem speziellen Thema aus einem  Bereich keinen richtigen Zugang finde. Erkennen kann man das häufig daran, dass ein Thema schon lange auf dem Redaktionsplan steht, aber immer wieder andere Themen den Vorzug bekommen. Entweder ich nehme bei diesem Thema eine andere Rolle ein und überlasse es einer anderen Person oder ich setze mich ganz bewusst damit auseinander. 

Stimmt vielleicht die Verpackung nicht?

Das ist der heikelste Punkt. Wenn die Kommunikation einfach nicht stimmt und mir Deadlines Kopfschmerzen bereiten, weil ich Aufgaben nicht so erledigen kann, wie es sein sollte. Das kann beispielsweise passieren, wenn sich die beauftragende Person selbst kaum Gedanken über den Auftrag gemacht hat und das Briefing aus einer Arbeitsüberschrift und zig Dokumenten besteht, die grob zum Thema passen, mir aber kaum bei der Ausgestaltung helfen. Erst mit dem Ergebnis kommt dann die Erkenntnis: „Der Inhalt liest sich zwar ganz gut, aber ich hatte mir darunter etwas anderes vorgestellt. Können wir das noch mal anders machen?“

Ganz vermeiden lassen sich diese Faktoren, die aus einem harmlosen Termin wirklich eine Art Deadline machen, in der Praxis nicht. Aber darum geht es auch gar nicht. Manchmal ist es bereits hilfreich, einfach nur zu wissen, warum sich etwas nicht gut anfühlt.

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Warum mir die Deadline heute wirklich hilft

Ich habe bereits an verschiedenen Stellen über das Parkinsonsche Gesetz geschrieben, unter anderem auch bei der Suche nach meiner Produktivität und Effizienz. In seiner Kurzform bedeutet diese Gesetzmäßigkeit, dass sich Arbeit zeitlich in dem Maße ausdehnt, wie Zeit zur Verfügung steht. Habe ich für eine Aufgabe also 3 Tage Zeit, muss ich immer damit rechnen, dass sie auch 3 Tage benötigt, selbst wenn sie auch gut an nur einem Tag erledigt sein könnte. Gefühlt arbeitet man so immer am Anschlag und hat nie genügend Zeit für andere Dinge. 

Die Deadline ist für mich mittlerweile zu einem wichtigen Werkzeug geworden, mit dem ich das Parkinsonsche Gesetz überliste. Indem ich mir selbst für alle wesentlichen Tätigkeiten Termine setze, verknappe ich die zur Verfügung stehende Zeit künstlich. Damit gewinne ich operativ Zeit, die ich dann für andere Dinge nutzen kann. Mir hilft dieses Verfahren beispielsweise bei der Umsetzung einer 4-Tage-Woche, was für Freelancer wie mich sicher nicht alltäglich ist. Damit verliert die Deadline automatisch ihren Schrecken, aber nicht ihre Wirkung. Ich weiß: wenn ich meine selbst gesteckten Termine einhalte, wartet eine Belohnung auf mich.

P.S.: Im Grunde überliste ich zwar nicht das Parkinsonsche Gesetz, sondern mich selbst, aber darüber denke ich einfach nicht weiter nach … 


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 99

„Wir haben alles unter Kontrolle. Situation normal.“ Wenn es dir wie Han Solo im ersten „Star Wars“-Film geht, dann ist diese Aussage nicht ganz konform mit der Wirklichkeit. Im Schwerpunkt dieser Ausgabe liest du, wie du die Kontrolle über deine Content-Strategie behältst und wie du den Erfolg deiner Aktivitäten messen und auswerten kannst. Außerdem erklären wir, was es mit NFTs auf sich hat und warum Deadlines viel besser sind als ihr Ruf.

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