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Das YouTube-Dilemma: Einnahmen, verzweifelt gesucht

YouTube ist der Gigant im Videomarkt. Aber Besitzer Google kostet das Portal nur Geld – viel Geld. Wie diese Summen jemals wieder reinkommen sollen, ist bislang nicht abzusehen. Bisherige Versuche waren allesamt erfolglos. Dabei zeigen Konkurrenten, wie man mit einem eigenen Profil und mit Qualitätsanspruch Nutzer bindet und am Ende sogar etwas damit verdienen könnte.


Googles CEO Eric Schmidt
Wie lange wird sich Google-CEO Eric Schmidt das Geldgrab YouTube wohl noch leisten?

YouTube ist die unendlich große Videohalde des Internets. Jeder wirft sein Zeug auf diesen Haufen, milliardenfach wird es abgerufen. Pro Minute kommen zehn Stunden Video hinzu. Allein der Datenverkehr muss unvorstellbare Summen kosten. Immer wieder gibt es außerdem rechtliche Streitigkeiten wegen der diversen Urheberrechtsverletzungen. Viacom beispielsweise wollte gleich eine runde Milliarde Dollar Schadenersatz, Italiens MediaSet 800 Millionen. Im Gegenzug erwartet Google in diesem Jahr gerade einmal 200 Millionen Dollar Einnahmen aus Werbung auf YouTube. Und davon wollen die Rechte-Inhaber gern etwas abhaben – ein Modell, das offenbar Schule macht. Finanziell gesehen ist das Portal jedenfalls ein gnadenlos gefräßiges Schwarzes Loch.

Und was haben die YouTube-Macher nicht schon ausprobiert, um Geld hereinzuholen. Werbung auf der Startseite teuer verkaufen. Werbung nach den Videos. Songs aus den Videos direkt kaufen können. Und das sind nur einige Beispiele aus den vergangenen Monaten.

YouTube hat das Glück, dass sein Besitzer Google heißt, das wiederum eine enorm leistungsfähige Gelddruckmaschine namens Google AdWords im Keller stehen hat. Dennoch stellt sich die Frage: Wie lange kann die Suchmaschine noch zusehen, wie das Videoportal das Geld bündelweise verschluckt und nur gelegentlich einmal ein paar Pennys ausspuckt?

Zudem passt YouTube nur teilweise zu Googles Gesamtstrategie und gehört als unabhängige Tochtergesellschaft auch nur indirekt dazu. Was hat diese Video-Halde damit zu tun, das Wissen der Welt zu sammeln? Parallel gibt es noch immer Google Video. Eine alles übergreifende Video-Suche hingegen fehlt. Gut, es gibt mit GAUDI erste Bestrebungen, Videos durchsuchbar zu machen. Aber hier scheint Google noch sehr weit am Anfang zu stehen. Und selbst wenn das irgendwann gut funktioniert, stellt sich die Frage nach dem Geschäftsmodell noch immer. Denn eine Videosuche bringt vielleicht mehr Nutzer. Aber am fehlenden Besucherstrom kann es bereits heute nicht liegen, dass YouTube kein Geld einbringt. Schließlich ist YouTube nicht nur in Deutschland Marktführer mit erheblichem Vorsprung.

Die Visionen von YouTube-Gründer Chad Hurley halten sich derweil in überschaubaren Grenzen. Mit YouTube wolle man auf jeden Bildschirm, verkündete er. Gut. Auf dem Computer sind sie, auf diversen Handys, auf dem Apple-TV und anderen Geräten. Was Chad Hurley beschreibt ist nicht die Zukunft, das ist die Gegenwart.

Zugleich wird YouTube trotz seiner marktbeherrschenden Stellung von der Konkurrenz in einigen und möglicherweise lukrativen Bereichen überholt. Die setzt auf besondere Inhalte, spezialisierte Angebote oder schlicht auf Qualität. Hulu, Hobnox, blip.tv und andere beackern ebenfalls den Videomarkt, aber sie haben nicht den Anspruch, das größte Sammelbecken für Videos zu sein. Sie sehen sich eher als den kommenden Vertriebskanal für Filme und Serien, also als den Nachfolger des Fernsehens, zumindest aber als eine flexible und vielfältige Alternative.

Kein Wunder, dass der Blick der YouTube-Macher inzwischen vermehrt auf solche Portale wie Hulu fällt, die in den USA sehr beliebt sind, weil man hier TV-Inhalte ganz legal und in guter Qualität ansehen kann. Hulu gilt schon heute vielen Marktbeobachtern als das wirtschaftlich interessantere Modell. Auch YouTube will mitmischen und bietet zum Teil Serien als Stream an. Das neueste Gerücht: YouTube bringt Spielfilme.

Google-CEO Eric Schmidt erklärte in einem Interview im Sommer: „Die Web-2.0-Architektur bietet nicht unbedingt die Chance auf eine Einkommensquelle. Dort ist nicht das Geld.“ Zwar bezog er sich vor allem auf Social Networks wie MySpace, aber ein Blick auf die Bilanz von YouTube dürfte ihm ebenfalls die Tränen in die Augen treiben. Und wer weiß schon, was mit YouTube passiert, wenn Google künftig doch einmal mehr auf Kosten und Nutzen seiner Angebote achten muss? Wer sagt, dass die Seite auf immer so offen und kostenlos bleibt wie heute? Konkurrent Brightcove beispielsweise schaltet alle kostenlosen Services ab.

Die weitere Entwicklung von YouTube wird interessant zu beobachten sein. Eine der Fragen ist dabei: Kann man einerseits immens erfolgreich sein und dennoch kein Geld verdienen? Oder setzt sich am Ende die schiere Größe durch? Im Moment scheint es so, also sei es manchmal besser, klein und spezialisiert zu sein als ein alles verschlingender Gigant.

P.S.: Und wer jetzt alles über die Entwicklung von YouTube erfahren möchte, dem sei dieser gut eine Stunde lange Vortrag von Michael Wesch empfohlen. Eine Inhaltsangabe findet sich hier auf Podcasting News.

A N Z E I G E

 

16 Gedanken zu „Das YouTube-Dilemma: Einnahmen, verzweifelt gesucht

  1. Ich denke YouTube ist sicherlich auch eine Art Prestige-Objekt. Wie ein teurer Sportwagen, der zwar viel Geld frisst, die Nachbarschaft jedoch neidisch macht. Irgendwann wird sich schon ein Weg finden mit der Seite Einnahmen zu erzielen und bis dahin leistet man sich eben den Luxus.

  2. Der Hype um Web 2.0 als sprudelnde Geldquelle dürfte sich ja gelegt haben und es zeigt sich deutlich, dass die von den Besucherzahlen erfolgreichen Portale Probleme haben sich aus eigener Kraft zu finanzieren.

    War aber kurz und mittelfristig auch nicht anders zu erwarten. Andererseits hat man bei Suchmaschinen auch nie geglaubt, dass damit einmal richtig Geld zu verdienen ist. Es braucht oftmals nur die richtige Idee zur Vermarktung.

    Wenn ich die gefunden habe, spreche ich bei Google vor und sichere mir eine Beteiligung :-)

  3. Herr Tißler, ich habe eine Frage, die nicht direkt etwas mit dem Thema zu tun hat, würde mich aber freuen, wenn Sie diesbezüglich Ihre Meinung verlautbaren würden: Was halten Sie von sogenannten „Werbe-Traffic-Blogs“, die Deutschland seit einiger Zeit immer mehr überschwemmen und die sich in erster Linie dem Thema „Geld verdienen im Internet“ widmen und meist nur Inhalt von anderen Blogs enthalten, den die Betreiber ein klein wenig umformulieren und dann gleichsam einer Plage in Umlauf bringen, sodass mittlerweile mit Eingabe der Suchbegriffe „Internet Geld“ cirka 200.000 Treffer erzielt werden. Alle mit der gleichen Masche und alle weisen darauf hin, WIE es gemacht werden sollte und WIE die Blogs SEO aufbereitet werden müssen.

    Meines Erachtens nach ein Schwachsinn ohne Ende, denn irgendwann wären alle Blogs so SEO überaufbereitet, dass keiner mehr einen Vorteil davon hätte – leider auch die klassischen Blogger nicht mehr.

    Über einen Artikel diesbezüglich und Ihrerseits, würde ich mich freuen.

    Gruß
    Dr. Satori

  4. Hallo Herr Dr. Satori, vielen Dank für die Anregung. Wie ich gerade gesehen habe, haben Sie sich auf Ihrer Seite mit diesem Thema ja schon gründlich auseinandergesetzt.

    Ich selbst habe ja bereits einmal geschrieben, wie man garantiert innerhalb von fünf Tagen zum Medienmogul inkl. weltweitem Medienimperium wird – und sich dabei auch noch gesund und abwechslungsreich ernährt.

    Ansonsten muss ich sagen, dass ich mich lieber mit den Dingen beschäftige, die ich gut und vorbildlich finde. Und die von Ihnen gemeinten Blogs gehören schlichtweg nicht dazu. Aber während ich diesen Kommentar schreibe, ist mir eingefallen, wie ich das Thema dennoch behandeln könnte. Mal schauen, wann ich Zeit dafür habe :-)

  5. Wer sagt denn, dass YouTube unbedingt Geld verdienen muss? Alle Betrachtungen dieser Art bauen ihre Argumentation darauf auf, dass YouTube wie ein isoliertes Investment gesehen werden muss, dass sich im Lauf der Zeit gemessen am Kaufpreis von 1,6 Mrd $ rechnen muss.

    Ich sehe das nicht so. YouTube rechnet sich längst, im Kontext des Gesamtkonzerns: Kein anderes Angebot von Google ist so populär wie diese Plattform. Der Image- und Popularitätsgewinn macht in meinen Augen den hohen Kaufpreis längst mehr als wett.

    Zudem dürfen wir ruhig noch ein paar Jahre warten. Google hat bekanntlich einen langen Atem und keine Not bei der Finanzierung seiner Projekte. Wäre YouTube heute schon profitabel, wären die vielen Kritiker von Google erst recht neidisch auf den Konzern und würden ihm Gewinnsucht und wer weiß was noch vorwerfen…

  6. Hallo Matthias, den Kaufpreis habe ich in der Rechnung gar nicht mehr drin. Ich denke, das der angesichts der laufenden Kosten inzwischen so gut wie vernachlässigbar sein dürfte. Einen Image- und Popularitätsgewinn sehe ich durch YouTube eher nicht. Google ist auf der Seite nirgends zu sehen und wie im Artikel geschrieben: Ins Geschäftskonzept passt das Portal ebenfalls nicht.

    Dass Google sich das leisten kann, ist klar. AdWords ist ja Googles Geld-Füllhorn. Aber was könnten sie mit den Millionen und Abermillionen alles anstellen, die sie der Betrieb von YouTube derzeit kostet?

    Vorstellen kann ich mir auch nicht wirklich, dass Google YouTube ganz aufgibt. Vorstellen kann ich mir aber, dass es künftig Premium-Features gegen Geld geben wird.

  7. Ich habe das Gefühl, wir rutschen gerade in eine Zeit, in der unser alter Geld-Begriff nicht mehr funktioniert… das Internet lässt sich nicht mehr auf „Leistung gegen Geld“ umstellen – zu spät – und Werbung wird auch immer mehr zum kreativen Kommunikationsinstrument (auch über You Tube) als die bezahlte klassische Werbeanzeige oder der Werbespot…
    und diese Finanzkrise (hat eigentlich vor einigen Monaten schon mal jemand darüber nachgedacht, dass „Finanzwirtschaft“ neben Produktion, Dienstleistung und Forst- und Landwirtschaft ein eigener Sektor ist? Ich nicht!) wird noch enorme Größen erreichen – da kippt alles nacheinander wie bei einem Dominowerk. Ich bin gespannt, wohin die Reise geht!

  8. Ich halte nichts von Werbevideos, die vor dem eigentlichen Video geschaltet werden, da dadurch die Spontansität abgeht. Besser würde mir eine Werbeart wie bei Google selbst gefallen (oben rechts). Diese Werbung siehts sich dann nur der an, der Werbung haben will.

  9. Ich bin auch mal gespannt, wie das mit Google und YouTube weitergeht.

    Zuletzt wollte doch Berlusconis Sender (Name vergessen..;)..) schlappe 500 Millionen von Google …

    Keine Ahnung… aber Google hats ja ..das Geld … mal eben in der Portokasse!

  10. @Auyana – sicher sind die vorgeschalteten Werbespots vor den eigentlichen Videos nicht wirklich Jedermanns Geschmack. Aber diese Werbung wird wirklich gesehen, was bei den oben rechts angeordneten Anzeigen in Google häufig nicht der Fall ist. Da man nicht umhin kommt, sich die Spots anzusehen, werden diese auch besser bezahlt. Über kurz oder lang werden nur so die teils massiven Ausgaben, die durch YouTube entstehen, gedeckt werden können.

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