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Am Puls des Kunden: Das Internet der Dinge und die Zukunft des B2B-Marketings

Im Zuge der Digitalisierung des Marketings kommt auf die Verantwortlichen und die Unternehmen ein neuer Brocken zu: das Internet der Dinge. Welche Nutzungsszenarien gibt es heute schon dafür und wo geht die Reise hin? Welche Herausforderungen und Chancen bringt die Entwicklung für B2B-Marketer mit sich? Das erfahren Sie in diesem Beitrag von Meike Leopold.

Symbol B2B
(Illustration: © garagestock, depositphotos)

Einführung

Es ist Montagmorgen. Auf dem Weg zum Meeting im 10. Stock bleibt Ihr Aufzug stecken. Nichts geht mehr, über die Lautsprecheranlage müssen Sie die Notrufzentrale kontaktieren und müssen auf schnelle Hilfe hoffen. Das ist eine Vorstellung, die nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Aufzugbetreiber unangenehm finden. Zugleich ist es ein Szenario, das mit dem voranschreitenden Siegeszug des Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) der Vergangenheit angehören soll.

Gemeint ist mit IoT: Von der Zahnbürste über das Auto bis hin zu Industrierobotern oder Flugzeugturbinen kommunizieren Gegenstände eigenständig – sei es mit anderen Objekten, Technologien, Anwendungen oder auch mit Menschen. Alles ist zunehmend miteinander vernetzt. Dadurch werden die Grenzen zwischen physischer und virtueller Welt durchlässiger, wie Jan Tißler bereits in diesem UPLOAD-Beitrag genauer beschrieben hat. Das Internet ist quasi überall.

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Unzählige Objekte sind bereits heute IoT-fähig. Zwischen 20 und 30 Milliarden vernetzte Geräte sollen es je nach Marktanalyst bis 2020 sein. Schon 2019 wird es doppelt so viele IoT-Geräte geben wie Smartphones, Tablets und PCs zusammengenommen, schätzt BI Intelligence. Und laut IDC sollen bis zum Jahr 2021 1,4 Billionen US-Dollar nur für IoT-Initiativen ausgegeben werden.

Wer mehr erfahren möchte: Jens Hansen beschreibt in seinem UPLOAD-Artikel noch ausführlicher die Hintergründe und Potenziale zu Begriffen wie Internet of Things, Smart Cities und Industrie 4.0. Und Markus Schaffrin zeigt Ihnen die Potenziale und Wachstumschancen auf.

Der Kunde im Mittelpunkt? Jetzt aber wirklich!

Keine Frage: Der Einsatz von IoT kann Prozesse in Produktion und Fertigung viel effizienter machen. Eben dafür steht das Schlagwort „Industrie 4.0“. Doch mindestens genauso spannend ist die neue Nähe zum Kunden, die durch das Internet der Dinge ermöglicht wird: Dank der Daten, die die Maschinen nun permanent senden, erwachen die Dinge quasi selbst zum Leben. Das wiederum ermöglicht eine ganz neue Dimension von nutzwertigem Kundenservice, wie beispielsweise die „smarten“ Aufzüge und Rolltreppen von Schindler zeigen (siehe unten).

Ob es um intelligente Service-Modelle, Industrie 4.0, oder das Smart Home von privaten Verbrauchern geht – ein wichtiger Fokus liegt dank der Millionen von „schlauen Dingen“ künftig auf der bestmöglichen Vernetzung mit den Kunden und darauf, ihre individuellen Bedürfnisse zu erfüllen. So wird das häufig wiederholte Lippenbekenntnis „Bei uns steht der Kunde im Mittelpunkt“ Realität.

Das ist eine riesige Chance, die sich auch B2B-Marketer nicht entgehen lassen sollten: Wo sie sich vorher mit mehr oder weniger treffenden Vermutungen über die Bedürfnisse des Marktes zufriedengeben mussten, können sie nun endlich Marktforschung am Puls ihrer Kunden betreiben und gezielt auf deren individuelle Anforderungen und Bedürfnisse eingehen.

Beispiel

Schindler: smarte Aufzüge und Rolltreppen

Beim Schweizer Aufzughersteller Schindler werden weltweit sämtliche Aufzüge und Rolltreppen mit intelligenten, vernetzten Sensoren ausgestattet. Diese geben permanent Auskunft über den Zustand der Anlage. Die Service-Techniker des Unternehmens sind also idealerweise bereits zum Kunden unterwegs, bevor ein Aufzug überhaupt den Geist aufgibt.

Das Schlagwort dazu lautet „Predictive Maintenance“, also vorausschauende Instandhaltung. Davon profitieren nicht nur die Aufzugbetreiber, sondern auch die Fahrgäste. Diese können sich nämlich per App, SMS oder Mail über Ausfallzeiten informieren lassen.

Die rund 30.000 Servicetechniker von Schindler arbeiten mit iPhones. Das Smartphone dient ihnen dabei als „digitaler Werkzeugkoffer“. Eine App hilft bei der effektiven und ressourcensparenden Einsatzplanung, zeigt Bau- und Wartungspläne von Anlagen und ermöglicht das Bestellen von Ersatzteilen. Außerdem dient es als Analysegerät für den aktuellen Zustand aller Anlagen, die mit Sensoren versehen sind.

Das Potenzial ist klar: Überzeugender Service lässt sich ebenso gut oder zukünftig sogar besser verkaufen als zuverlässige Hardware.

Tiefe Einblicke für Marketing – mehr Relevanz für die Kunden

Was bedeutet es aber nun in der Praxis, nach Vertragsabschluss ständig mit den Kunden vernetzt zu sein? Wie lassen sich die neuen Einblicke in das individuelle Verhalten der Kunden konkret für clevere Marketing-Aktionen nutzen? Hier einige Beispiele:

  • Vorausschauender Service: Durch IoT können Hersteller den Zustand und die Leistung der verwendeten Maschinen und Teile überwachen und besser verstehen. Denkbar ist beispielsweise eine Kunden-E-Mail, die an Wartungszeiten oder an die Bestellung von Ersatzteilen erinnert. So etwas lässt sich in Echtzeit umsetzen und auf Basis der tatsächlichen Leistungsdaten.
  • Gezielte Angebote: IoT ermöglicht Informationen über den Lebenszyklus von Teilen oder Maschinen, die sich vertrieblich nutzen lassen. Werbeangebote lassen sich so gezielt auf einzelne Unternehmen und Nutzer zuschneiden. Einblicke in das Nutzungsverhalten von Kunden können beispielsweise in entsprechenden Content wie Blogposts oder in spezifischere Angebote einfließen.
  • Bessere Verkaufsargumente: Auf Basis von Echtzeit-Leistungsdaten lassen sich außerdem die Verkaufsargumente für ein bestimmtes Produkt besser untermauern. Denkbar ist zudem, auf Basis der Daten völlig neue Ideen für das Bewerben eines Produktes zu entwickeln.
  • Personalisierte Kommunikation: Mit der Auswertung von IoT-Daten stehen zur richtigen Zeit die richtigen Informationen bereit, um Kunden ein individuelles Angebot zu machen. Die Daten lassen sich darüber hinaus nutzen, um die Kommunikation an die spezifischen Bedürfnisse des Kunden anzupassen – ob es nun um den Zeitpunkt oder den Inhalt der Nachricht geht oder um ein konkretes Angebot.

Herausforderung Datenanalyse

Die Potenziale von IoT sind riesig. Doch der neue Königsweg zum Kunden ist steinig, denn er führt nun einmal über die Daten. Sie sind das Mittel zum Zweck, um die Beziehungen zwischen Dingen und Menschen aber auch zwischen Menschen und Menschen besser zu verstehen und entsprechend agieren zu können.

Laut Carsten Baumgarth von der HWR Berlin wird sich „der klassische Marketingmitarbeiter deutlich in Richtung ‚Mark-Tec‘ entwickeln.“ Doch aktuell klafft eine riesige Lücke zwischen Vision und Wirklichkeit: Zwar werden laut IDC täglich 2,5 Trillionen Bytes von IoT-Geräten generiert. Davon wird Stand heute allerdings nur knapp 1 Prozent analysiert und praktisch genutzt. Denn bei der Analyse von Kundendaten fehlt es an Wissen, wie kürzlich eine international durchgeführte Studie von Sitecore feststellte. Viele Unternehmen seien schlicht überfordert mit der anfallenden Datenflut. Außerdem arbeiteten sie oft mit falschen oder veralteten Daten.

Das könnte auch daran liegen, dass IoT-Aktivitäten häufig losgelöst von den Systemen und Prozessen ablaufen, die das Marketing für seine tägliche Arbeit nutzt. Dass es auch anders geht, zeigen Best Practices von CRM-Anbietern wie Salesforce.

IoT: Warum und wie das B2B-Marketing profitiert

Wenn die Marketingabteilung den Datenschatz heben und die vielbeschworene „Customer Experience“ an vorderster Front vorantreiben will, muss es bereit sein, sich selbst zu verändern und zu transformieren. Das gilt jedoch nicht nur für den Aufbau von Kompetenzen im Bereich der Datenanalyse. Vielmehr muss sich das gesamte Selbstverständnis der Disziplin ändern. Denn letztlich behindert das traditionelle Abteilungsdenken den Weg zum kundenzentrierten Unternehmen nur. Wer diese Aufgabe in Angriff nimmt, dem winkt reicher Lohn:

  • Bessere Kundenbeziehung: Durch ein neues, datenbasiertes Kundenverständnis kann das Marketing gezielter und individueller auf den Bedarf der Kunden eingehen – etwa in der Produktkommunikation. Im Service-Fall kann die Datenauswertung dabei helfen, dem Kunden in Echtzeit und auf dem richtigen Kanal ein Ausgleichsangebot zu machen.
  • Gezielte Verkaufsförderung: Beispiel Trumpf: Beim Maschinenbauer aus Ditzingen müssen Kunden dank IoT nicht einfach das Produkt kaufen, das auf Lager ist. Vielmehr werden sie proaktiv in die Produktion integriert und können ihre individuellen Anforderungen einbringen. Das fördert letztlich Kundenbindung und Abverkauf.
  • Effizienz durch Synergien: Durch IoT werden interne Silos durchlässiger. Mit den relevanten Informationen zur rechten Zeit am rechten Ort bekommt beispielsweise der Vertrieb neue Vermarktungsargumente für einen erfolgreichen Abschluss an die Hand. Andererseits profitiert das Marketing von einer besseren Vernetzung mit der Produktion oder dem Service.
  • Mehr Business-Relevanz fürs Marketing: In der Vergangenheit saß das Marketing im Unternehmen häufig nur am „Katzentisch“, weil es seinen Beitrag zum Geschäftsergebnis nicht genau genug nachweisen konnte. Der Aufbau von Datenkompetenz inklusive Big Data, Business Intelligence und aktuell Künstlicher Intelligenz ermöglicht nun Gespräche auf Augenhöhe.

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Schlusswort

Das Internet der Dinge birgt für das B2B-Marketing ein riesiges Potenzial. Bei IoT geht es jedoch nicht in erster Linie um die Technologie. Vielmehr geht es darum, die Botschaft hinter den Daten zu verstehen und den Kunden dadurch viel näher zu kommen, als das je zuvor möglich war. Es lohnt sich also aus meiner Sicht, das Thema jetzt strategisch anzugehen.

 

Checkliste

B2B-Marketer: Welche Kompetenzen sind jetzt gefragt?

Zusammen mit anderen wichtigen Treibern wie Cloud oder Mobile wird das Internet der Dinge dazu führen, dass das Marketing eine zentrale Rolle bei der Pflege der Kundenbeziehung einnimmt. Folgende Punkte helfen dabei, das IoT-Marketing aufzubauen und voranzubringen:

Kollaboration: Je mehr das Internet der Dinge und damit die Digitalisierung das Unternehmen durchdringt, desto stärker arbeiten Teams abteilungsübergreifend zusammen. Es geht darum, Kräfte zu bündeln und gemeinsam Ziele anzustreben. Das stärkt die Beziehungen des Marketings zu wichtigsten Stakeholdern im Unternehmen – von der IT bis hin zu Vertrieb und Service.

Datenkompetenz: IoT erzeugt riesige Datenmengen. Um diese Daten, möglichst in Echtzeit, auszuwerten und die richtigen Aktionen für das Marketing abzuleiten, müssen erstens die notwendigen technischen Voraussetzungen vorhanden sein, etwa in Form von Big-Data- oder KI-Lösungen. Zweitens braucht es das passende Know-how: Der „Data Scientist“ ist ein Berufsbild, das im Marketing schon jetzt gefragt ist.

Fokus auf Sicherheit: Der Faktor Datensicherheit spielt nicht nur im Consumer-Bereich eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, dem Internet der Dinge zum Durchbruch zu verhelfen. Gerade wenn es um Industrie 4.0 geht, muss die IT-Sicherheit oberste Priorität haben, etwa, um gegen Hackerangriffe gewappnet zu sein.

Partnerschaften: IoT beziehungsweise Industrie 4.0 setzt viel neues Know-how voraus, das nicht immer im Unternehmen vorhanden ist. So hat sich Schindler im Zuge seiner Digitalisierungsstrategie u.a. mit Apple und General Electric zusammengetan. Trumpf wiederum setzt für den Wissenstransfer auf das Code_n-Ökosystem und hat mit Axoom sogar einen IT-Dienstleister für Industrie 4.0 gegründet.

Mut zum Experiment: Die Kunden lassen sich nicht von jeder Idee sofort begeistern. Deshalb ist es wichtig, neue Marketingstrategien in Verbindung mit IoT in Form von Versuch und Irrtum auszuloten und dabei Kunden und Nutzer mit einzubeziehen. Schindler etwa hat seine Kunden frühzeitig in die Entwicklung seines Service-Portals sowie seiner App involviert und ihr Feedback mit aufgenommen.

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Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 53

In dieser Ausgabe gehen wir in vier Beiträgen darauf ein, welche Auswirkungen die Vernetzung von Gegenständen und Maschinen für Industrie und Marketing haben. Welche Potenzial bietet das Internet der Dinge, wenn Unternehmen oder auch Städte richtig damit umgehen, und wie gut ist Deutschland auf diesen Wandel vorbereitet?

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