Einführung in die User Experience: Wie Sie Ihre Nutzer begeistern

Usability und User Experience (UX) werden immer wieder vertauscht. Häufig wird UX gesagt, doch ist Usability gemeint. Wie sich Usability und UX unterscheiden und warum UX etwas deutlich Komplexeres ist, erläutert dieser Beitrag. Sie erfahren darin außerdem, welche grundlegenden Regeln Sie beachten sollten, um ein gutes Nutzungserlebnis zu ermöglichen.

Symbol UX und UI
(Illustration: © Sentavio, depositphotos)

Dieser Artikel ist ein Ausschnitt aus dem „Praxisbuch Usability und UX“, erschienen im Rheinwerk Verlag. Mehr dazu am Ende des Beitrags!

Teil 1: Von der Usability zur User Experience

Stellen Sie sich vor, Sie haben zum Geburtstag einen Gutschein für ein Produkt Ihrer Lieblingsmarke bekommen. Sie freuen sich sehr und gehen auf die Website, um sich etwas Schönes auszusuchen. Die Website ist sehr gut strukturiert, Sie werden schnell fündig und bestellen. Kurz darauf bekommen Sie eine Mail, dass sich der Versand verzögert, weil das Produkt nicht auf Lager ist – was Ihnen auf der Website allerdings nicht angezeigt wurde. Sie warten einige Tage auf das gewünschte Produkt, endlich kommt es an. Leider müssen Sie schon beim Auspacken feststellen, dass es Mängel hat. Sie möchten reklamieren, rufen die Hotline an und werden vom Servicemitarbeiter dazu in einen Laden in der Stadt geschickt…

Ein solcher Fall passiert vielleicht nicht häufig. Er zeigt aber sehr gut, wie Usability und User Experience miteinander zusammenhängen. Während die Usability, also die Gebrauchs- oder auch Nutzungstauglichkeit der Website offensichtlich sehr gut ist, passt die User Experience, also das Nutzungserlebnis, des gesamten Einkaufs nicht – zumindest nicht mehr nach der Bestellung. Die empfundene Vorfreude und Erwartung vor Besuch der Website war groß, sie wurde während des Besuchs der Website auch noch erfüllt bzw. bedient. Aber ab Erhalt der E-Mail brach die Freude auf das Produkt und über das Einkaufserlebnis abrupt ab.

Das Ziel von Usability ist es, eine Anwendung (Website oder App) so einfach wie nur möglich in der Benutzung zu machen. Sie soll intuitiv und nutzerfreundlich gestaltet sein. Die zentrale Frage ist es, ob der Nutzer seine Absicht oder sein Ziel erreichen konnte. In unserem Beispiel also, ob er das Produkt seiner Wahl schnell finden und dann zügig bestellen konnte.

Das Ziel der User Experience ist weitgreifender. Der Nutzer soll die Anwendung so glücklich und zufrieden wie nur möglich verlassen und idealerweise zurückkehren. Und nicht nur das: Er soll auch vor und nach der Nutzung der Anwendung emotional angesprochen werden, er soll begeistert sein. Die zentrale Frage hinsichtlich der User Experience ist es demnach, ob der Nutzer mit seinem Gesamterlebnis zufrieden ist.

A N Z E I G E

neuroflash

 

Usability als Erfolgsfaktor für gute digitale Produkte

Der Begriff Usability wird am treffendsten mit Gebrauchstauglichkeit oder mit (Be-) Nutzerfreundlichkeit übersetzt. Die Begriffe Benutzerfreundlichkeit oder Nutzerfreundlichkeit sind fachlich nicht ganz korrekt, aber üblich und in der Praxis in Ordnung. Laut der ISO-Norm 9241-11 bezeichnet sie „das Ausmaß, in dem ein Produkt, System oder Dienst durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten Anwendungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen.“ Kurzum: Usability sorgt dafür, dass digitale Anwendungen einfach zu nutzen sind, und wird daran gemessen, wie direkt und schnell der Nutzer sein Ziel während der Nutzung der Website oder App erreichen kann.

Gute Usability wird in der Regel gar nicht explizit wahrgenommen, schlechte hingegen schon. Eine Anwendung besitzt ein hohes Maß an Usability, wenn sie insbesondere die Anforderungen der Leitlinie zur Gestaltung von Benutzungsschnittstellen entsprechend der DIN EN ISO 9241 erfüllt:

  • der Aufgabe angemessen
  • selbstbeschreibend
  • steuerbar
  • erwartungskonform
  • fehlertolerant
  • ?individualisierbar
  • lernförderlich

User Experience als umfassendes Nutzungserlebnis

Die Bezeichnung User Experience (UX) lässt sich am besten als Nutzungserlebnis oder Nutzungserfahrung ins Deutsche übersetzen. Auch hier definiert die ISO-Norm 9241-210 genauer: UX umfasst demnach „alle Aspekte der Erfahrungen eines Nutzers bei der Interaktion mit einem Produkt, Dienst, einer Umgebung oder Einrichtung“. Alle Wahrnehmungen und Reaktionen einer Person, die bei der Benutzung oder der erwarteten Verwendung eines Produkts, Systems oder Services entstehen, spielen eine Rolle. Um eine optimale User Experience zu gestalten, müssen Sie also mithilfe von Gestaltung, Funktionalität und Leistungsmerkmalen den Nutzer emotional ansprechen. Der Nutzer soll nicht nur schnell und reibungslos zum Ziel kommen, sondern – abhängig vom Anwendungsbereich – auch positive Gefühle wie Spaß oder Freude bei der Benutzung erleben.

User Experience umfasst den gesamten Prozess des Erlebens eines Nutzers – vor, während und nach der Nutzung der Anwendung:

Abbildung 1.1: Die User Experience beinhaltet alle Aspekte des Nutzungserlebnisses – vor, während und nach der Nutzung einer Anwendung oder eines Produkts. Die Usability beschränkt sich auf den Teil der eigentlichen Nutzung.

Vor der eigentlichen Nutzung beeinflussen Erwartungen und Aspekte wie das Markenimage. Ist es positiv, wirkt sich das positiv aufs Nutzungserlebnis aus. Aber auch die tatsächliche Nutzung der Anwendung ist relevant: Ist die Bedienung einfach, kann das Ziel schnell erreicht werden, gefällt das Design, sind begeisternde, vielleicht sogar unerwartete hilfreiche Funktionen integriert? Und nach der Nutzung der Anwendung wird der Nutzer in seinem Erleben beeinflusst. Wenn er sich mit dem Produkt identifizieren kann, baut er eine emotionale Bindung zum Produkt oder zur Marke auf. In unserem Gutscheinbeispiel von oben wird das positive Nutzungserlebnis durch die E-Mail-Nachricht zur verzögerten Lieferung, die Wartezeit und letztlich die Mängel am Produkt und Service getrübt. Die Vorfreude und die hohen Erwartungen an das Nutzungserlebnis reichen nicht, um ein positives Gesamterlebnis zu erreichen.

Abgrenzung zwischen Usability und User Experience

User Experience ist der weitgreifendere Ansatz, Usability nur ein Teilbereich der User Experience. Usability betrachtet insbesondere die (grafische) Oberfläche einer Anwendung, das User Interface (UI), während die User Experience sämtliche Services, Abläufe und Zusammenhänge zwischen Unternehmen, Produkt, Kommunikation und Markenbildung berücksichtigt. Entsprechend müssen Sie bei der Entwicklung einer herausragenden User Experience deutlich mehr Verantwortliche ins Team holen. Nicht nur Webdesigner und Entwickler, sondern auch Produktverantwortliche, Servicemitarbeiter, Marketing- und Brandmanager. Damit involvieren Sie die unterschiedlichen Disziplinen und Aspekte wie:

  • Utility: Ist das Produkt/die Website nützlich?
  • Usability: Ist das Produkt/die Website einfach und intuitiv zu nutzen?
  • Desirability: Sieht das Produkt/die Website gut aus? Fühlt es/sie sich gut an?
  • Brand Experience: Ist der Gesamteindruck der Marke/des Produkts/der Website gut und stimmig?

Alle sind Faktoren der User Experience; die Nützlichkeit und die Gebrauchtstauglichkeit bilden den Kern. Gemeinsam mit der Begehrlichkeit und dem Markenerleben formen sie das Gesamterlebnis. Dieser Ansatz wurde auf einer Konferenz der Nielsen Norman Group „User Experience 2008“ entwickelt (siehe Abbildung 1.2) vorgestellt.

Abbildung 1.2: Verständnis und Teilaspekte der User Experience, Nielsen Norman Group

Der Aufwand, ein derartiges Team zusammenzustellen und die unterschiedlichen Aspekte zu betrachten, lohnt sich. Sie begeistern Ihre Nutzer, anstatt ihnen lediglich zu ermöglichen, ihr Ziel zu erreichen

Teil 2: Erkenntnisse aus Studien, Forschung und Projekten liefern Fakten

Wie der Name sagt, steht im Mittelpunkt der nutzerzentrierten Entwicklung der Nutzer. Das heißt, der Nutzer hat immer Recht. Wenn wir eine Anwendung mit guter User Experience entwickeln wollen, dann stellen wir den Nutzer und seine Bedürfnisse und Verhaltensweisen an sich nicht in Frage. Wir stellen nur die Frage, was er braucht, was er will und wie wir ihm zeigen, dass wir ihm etwas bieten können. Das heißt auch, alle Diskussionen darüber, was uns gefällt, sind überflüssig. Sie mögen keine Sites, die viele Farben verwenden und sehr viele Bilder? Wenn Sie eine Website für Kinder erstellen, dann sollten Sie sich damit anfreunden. Sie finden Apps mit dunklem Hintergrund und grüner Schrift scheußlich? Das kann für die Zielgruppe von Programmier-Nerds genau das Richtige sein. Allerdings gibt es nie nur eine Lösung, die funktioniert. Was wirklich funktioniert, erfahren Sie nur mit Sicherheit, wenn Sie Usability-Tests machen. Doch man kann nicht immer und alles testen – und es ist natürlich sinnvoll, mit einer Version zu starten, die man für gut hält.

Um neue Ideen zu entwicklen, muss man die ausgetretenen Pfade verlassen. Es braucht also Innovation und Intuition. Immer wieder hört man, neue Produkte müsse man einfach bauen und auf den Markt bringen. Die Nutzer kennen diese noch nicht und wüssten daher gar nicht, ob sie sie brauchen. Da ist natürlich etwas dran. Dazu gibt es das schöne Zitat von Henry Ford, dem Begründer des industriellen Automobilbaus: Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten Sie gesagt: schnellere Pferde.

Lesetipp: In einem weiteren UPLOAD-Artikel erklärt Ihnen Jens Jacobsen, was es mit der „Design Thinking“-Methode auf sich hat. Darüber lassen sich neue Ideen entwickeln, die sich an den Bedürfnissen der potenziellen Kunden interessieren. Und Dr. Jürgen Hoffmann und Stefan Roock erklären in ihrem Beitrag, wie Unternehmen es schaffen, Innovationen einen Platz im Businessplan zu geben.

Auch vom iPhone, dem ersten erfolgreichen Smartphone, heißt es, dass Steve Jobs es einfach gebaut hätte, weil er überzeugt war, dass die Menschen es haben wollen. Und doch ist es wenig sinnvoll, nur aus dem Bauch heraus zu entwickeln. Bei Produkten und Dienstleistungen, die es so in der Art vorher noch nicht gab, wissen Nutzer zwar vorher nicht, ob sie sie brauchen. Aber dennoch gibt es einige menschliche Eigenschaften, die immer gelten. Und die bestimmen, wie wir mit Anwendungen umgehen, ob wir sie verstehen und ob wir sie gern benutzen – das sind die Grundlagen von Usability und User Experience.

Zu Usability und User Experience gibt es viele wissenschaftliche Erkenntnisse aus verschiedensten Disziplinen (siehe Abbildung 2.1). Daraus abgeleitet sind so genannte Heuristiken, also praktische Vorgehensweisen, die nicht den Anspruch haben, wissenschaftlich korrekt zu sein, aber gut funktionieren.

Abbildung 2.1: Wichtige Disziplinen und Wege, aus denen die UX ihre Erkenntnisse bezieht

Können wir nicht einfach den Nutzer fragen?

Die Forschung zur Motivation von Menschen aus Psychologie, Marketing und anderen Disziplinen zeigt uns: Nur weil die Nutzer im Mittelpunkt stehen, heißt das nicht, dass wir sie einfach fragen können und dann machen, was sie sagen. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass das zum Desaster führt. Wir Menschen sind uns vieler Motive nicht bewusst.

Nutzer sagen, sie wollen einfache Office-Software nur mit den nötigsten Funktionen. Und doch kaufen sie die Software, die möglichst viel verspricht – man weiß ja nie, vielleicht will man doch irgendwann mal einen Serienbrief schreiben oder endlich lernen, wie man Makros programmiert. Nutzer sagen, sie wollen mehr Sport machen und sich gesund ernähren – und nehmen dann doch lieber den Lift in den ersten Stock und greifen zum Schokoriegel, nicht zum Salat.

Aber es ist nicht Böswilligkeit oder Schwäche, warum wir Menschen nicht das tun, was wir sagen, dass wir tun würden. Oft wissen wir es vorher nicht genau, weil wir uns die Situation nicht richtig vorstellen können. Und besonders, wenn es darum geht, welche Produkte wir uns wünschen, was wir kaufen würden, wird es oft fantastisch – solche Selbsteinschätzungen liegen meist daneben.

Trotzdem haben Nutzerbefragungen durchaus ihren Wert. Sie helfen vor allem, Bedürfnisse zu ermitteln oder Probleme mit bestehenden Lösungen zu ermitteln. Und sie helfen, auf Ideen zu kommen. Aber das Konzept entwickeln müssen Sie dann, indem Sie die gewonnenen Erkenntnisse interpretieren und hinterfragen und schließlich im Team basierend auf Ihren Erfahrungen und Zielen ein Konzept entwickeln. Und das testen Sie dann so früh wie möglich mithilfe von Prototypen.

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Wer schnell zum Ziel will, hält sich an den Weg

Eigene Wege zu gehen hat seinen Reiz. Und doch dauert es meist länger. Der Untergrund ist uneben, Sträucher versperren den Durchgang, und vor allem muss man immer wieder ein Stück zurück, weil man an einer Stelle nicht weiterkommt. Genauso ist es auch bei Anwendungen. Wollen Sie auf Nummer sicher gehen, dann halten Sie sich an das, was aus Studien und Praxisprojekten als bewährt hervorgegangen ist. Gehen Sie neue Wege, müssen Sie mehr Zeit und Experimentierfreude mitbringen. Suchen Sie aber den schnellen Erfolg, beachten Sie besser die Standards.

Was Nutzer gewöhnt sind, fällt ihnen leichter, und die Usability ist daher höher, wenn Sie es grundsätzlich machen wie alle anderen. Wollen Sie einen ganz neuen Ansatz ausprobieren, brauchen Sie einen langen Atem. Sie müssen die Nutzer langsam heranführen an die neuen Bedienkonzepte, und vor allem müssen Sie sehr viele Usability-Tests durchführen, um sicherzustellen, dass Ihre Ideen auch funktionieren.

Die wichtigste Regel ist also: Kennen Sie die Regeln und verletzen Sie diese nur, wenn Sie dafür einen wirklich guten Grund haben.

Leider gibt es keinen festen Regelkatalog für gute User Experience. Die Erfahrungen, Anforderungen und Gewohnheiten der Nutzer ändern sich laufend, und auch die Geräte und Anwendungen probieren immer wieder Neues – und ändern damit wieder die Erfahrungen, Anforderungen und Gewohnheiten der Nutzer. Das heißt, man muss immer am Ball bleiben.

Was sich aber nicht ändert, sind Grundprinzipien menschlichen Verhaltens. Psychologie, Biologie und Medizin, Soziologie, Arbeitswissenschaft, Marketing und Managementtheorie sind Disziplinen, aus denen die Grundlagen kommen, auf denen wir gute User Experience aufbauen. Und seit über hundert Jahren machen sich Menschen Gedanken darüber, wie Menschen mit Maschinen umgehen. Als gewaltige Dampfmaschinen und riesige Webstühle in die Produktion einzogen, kam damit auch eine große Gefahr. Bei Fehlbedienung der Maschinen passierten schreckliche Unfälle. Bei Flugzeugen, Kraftwerken oder Chemieanlagen konnte ein einziger Bedienfehler viele Menschen das Leben kosten.

Es entstand die Disziplin Ergonomie, und es reifte die Erkenntnis, dass die Maschinen den Menschen angepasst werden müssen, nicht umgekehrt. Seit den 1960er Jahren, als Computer immer noch riesige Apparate waren, die im Keller von Universitäten standen und langes Training brauchten, um sie zu bedienen, beschäftigt sich die Wissenschaft intensiv mit HCI – Human-Computer Interaction. Die Computer haben sich seitdem stark verändert, die Menschen aber nicht. Und so sind die Grundprinzipien bis heute die gleichen.

Am bekanntesten in diesem Gebiet ist heute Jakob Nielsen, ein dänischer Informatiker, der in den USA unter anderem für IBM und Sun Microsystems gearbeitet hat. Er legte in den frühen 1990er Jahren die Grundlagen für die systematische Herangehensweise an die Usability des WWW. Von ihm stammen die 10 Heuristiken für das Interface Design, die er 1995 erstmals postulierte (siehe unten).

Er spricht von Heuristiken, weil es grobe Richtlinien sind, keine Regeln, die man einfach nur befolgen muss. Das bedeutet, man muss die Heuristiken jeweils für den Einzelfall interpretieren. Genau deshalb sind sie aber auch so zeitlos und noch heute gültig für praktisch alle technischen Systeme, mit denen Menschen umgehen – ob Website, App, Smart-TV, Sprachsteuerung oder Kraftwerkssteuerung.

Die 10 Heuristiken für das Interface Design

Die folgenden Punkte sollte nach Jakob Nielsen jedes technische System erfüllen:

  • Sichtbarkeit des Systemstatus – was macht das Gerät? Das System sollte jederzeit klarmachen, was es gerade macht. Jede Aktion sollte sofort eine Reaktion zeigen.
  • Übereinstimmung von System und Realität des Nutzers. Das System sollte die Sprache des Nutzers sprechen und nur Begriffe wie Konzepte nutzen, die er versteht.
  • Kontrolle durch den Nutzer. Der Nutzer sollte das System jederzeit steuern können, und es sollte Experimentieren erlauben. Eine Rückgängig-Funktion ist dafür entscheidend.
  • Konsistenz und Standards. Elemente der Nutzeroberfläche und Benennungen sollten nur unterschiedlich sein, wenn sie Unterschiedliches bewirken. Standards der jeweiligen Plattformen (z. B. Betriebssystem) sollten eingehalten werden.
  • Fehlervermeidung. Wichtiger als aussagekräftige Fehlermeldungen ist, dass das System Fehler bestenfalls erst gar nicht auftreten lässt. Es muss mögliche Fehlbedienungen vorhersehen und abfangen.
  • Selbsterklärung vor Erinnerung. Der Nutzer sollte nichts lernen und nichts im Gedächtnis behalten müssen. Alle aktuell notwendigen Informationen sollte er direkt einsehen können.
  • Flexibilität und Effizienz. Regelmäßige Nutzer brauchen Möglichkeiten, den Arbeitsablauf für sich anzupassen (Makros, Tastaturkürzel …).
  • Ästhetisches und minimalistisches Design. Das System sollte immer nur anzeigen, was für die aktuelle Aufgabe nötig ist.
  • Hilfe beim Erkennen, Diagnostizieren und Beheben von Fehlern. Fehlermeldungen sollten klar formuliert sein und Hilfestellung geben, wie man das Problem löst.
  • Hilfe und Dokumentation. Optimal ist ein System, das keine Hilfestellung braucht. In der Praxis klappt das selten, daher sollte die Dokumentation in der Sprache des Nutzers geschrieben, praktisch leicht nutzbar und leicht zugänglich sein.

Ebenfalls häufig genutzt sind die bereits oben genannten Anforderungen für benutzerfreundliche Anwendungen nach der Norm ISO 9241.

Wer setzt die Standards?

Die oben genannten Heuristiken leiten sich aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen darüber ab, wie unser Gehirn arbeitet. Hinzu kommt ein wichtiger Punkt: Wir kommen mit dem gut zurecht, was uns bekannt ist. Das heißt, ein Stück weit sind es einfach auch gelernte Konventionen. Wenn wir die verletzen, sollten wir dafür einen guten Grund haben.

Wenn wir also Anwendungen gestalten, müssen wir die Konventionen kennen und berücksichtigen. Dazu gibt es zwei Mittel:

  • Eigene Usability-Tests durchführen – so sehe ich, was Nutzer kennen und erwarten, womit sie zurechtkommen und was sie wirklich tun.
  • Von anderen lernen – in Studien, Blogartikeln, Büchern oder auf Konferenzen erfahre ich, auf welche Ergebnisse andere gekommen sind.

Sie sollten beide Wege gehen – nur so kann man auf der Höhe der Zeit bleiben und kommt außerdem noch zu anderen Dingen.

Empfehlenswerte Quellen, um auf dem Laufenden zu bleiben

  • Nielsen Norman Group – Das Unternehmen von Jakob Nielsen veröffentlicht wöchentlich hochwertige Artikel zur Usability.
  • Smashing Magazine – Wertvolle Praxistipps, die in die Tiefe gehen. Teilweise auch mit Details zu Design und Programmierung.
  • A List Apart – Blog von Profis für Profis rund um die Konzeption – gern auch mit grundsätzlichen neuen Ansätzen. Hier fand sich z. B. der Ansatz des responsiven Webdesigns zum ersten Mal überhaupt.
  • Measuring U – Fundierte Artikel zu Usability und Analytics mit Schwerpunkt auf Statistik.

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Über das Buch

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Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 59

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