Was macht eigentlich ein UX-Writer?

Teams für User Experience (UX) gibt es bei Softwareunternehmen schon lange. Doch der Bereich UX wächst und entwickelt sich immer weiter. Dadurch haben sich die Rollen innerhalb des Feldes ausdifferenziert. So haben auch UX-Writer stetig an Bedeutung gewonnen und nehmen nun ihren Platz neben etablierten Rollen wie UX-(Produkt-)Designer und UX-Researcher ein. Lynsey Vallandingham von HubSpot gibt in diesem Artikel Einblicke in ihren Beruf.

Symbol UX Writing
(Illustration: © Yapanda, depositphotos)

Einführung

Um die Definition gleich auf den Punkt zu bringen: UX-Texter sind für die Erstellung der Begriffe verantwortlich, die in der Nutzungsoberfläche von Softwareanwendungen erscheinen. Der Job ist allerdings komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint. Denken Sie beispielsweise an Ihre Lieblings-App oder -Software und stellen Sie sich die gesamte Anwendung ohne Text und Symbole vor. Woher wissen Sie, welchen Button Sie drücken oder welches Feld Sie ausfüllen müssen? UX-Writer stellen sicher, dass die Zusammenhänge innerhalb der Anwendung klar sind. Sie können Produkte mit den kleinen, liebevollen Details versehen, die Benutzer begeistern und eine Anwendung von der Konkurrenz abheben.

Bei HubSpot ist das Ziel der UX-Writer, Inhalte so zu erstellen, dass Nutzer unsere Marketing-, Vertriebs- und Kundenservice-Software erfolgreich für sich einsetzen können. Doch für viele Kollegen außerhalb unseres Teams ist der Alltag eines UX-Texters ein Buch mit sieben Siegeln. Wir arbeiten nicht in einer eigenen Abteilung, sitzen nicht allein am Schreibtisch und denken uns nicht auf magische Weise die richtigen Begriffe aus. Nein, unsere Arbeit erfordert ein hohes Maß an Partnerschaft und Zusammenarbeit.

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Wie sich UX-Writer ins Unternehmen einfügen

Abbildung 1: UX-Writer arbeiten mit anderen Rollen eng zusammen

Bei HubSpot arbeiten UX-Texter sehr eng mit den Produktdesignern zusammen, um das Produkt so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. Indem wir Text und Design kombinieren, schaffen wir ein ganzheitliches Benutzererlebnis. Dabei beziehen wir Text und Inhalte von Anfang an in den Designprozess mit ein. Unsere Aufgabe ist es, andere Entwicklerteams bei der Wahl der richtigen Worte so zu unterstützen, dass das fertige Produkt von den meisten Menschen intuitiv verstanden wird.

Wir erhalten täglich viele verschiedene Anfragen von verschiedenen Teams. Manchmal arbeiten wir mit Designern an langfristigen Projekten zusammen, beispielsweise der Einführung eines völlig neuen Produkts, bei dem sämtlicher Text und jede Illustration von Grund auf neu erstellt werden müssen. Bei manchen Anfragen wiederum geht es nur darum, einen bestehenden Satz zu verbessern.

UX-Writer arbeiten zudem eng mit Produktmanagern und Software-Entwicklern zusammen – und das auf unterschiedlichsten Plattformen. Wenn also ein Produktmanager in GitHub arbeitet und dort Feedback oder Unterstützung benötigt, dann hinterlassen wir unsere Anregungen an dieser Stelle. Wenn ein Designer an einem frühen Entwurf in einem Design- und Prototyping-Tool wie Invision arbeitet, geben wir unsere Anmerkungen und Empfehlungen über dieses Tool. Auch nehmen wir an vielen frühen Whiteboard- und Brainstorming-Sessions teil, wo wir gemeinsam ein neues Feature mitgestalten oder von Grund auf neu entwerfen.

Hier bei HubSpot beziehen unsere Kollegen die UX-Writer so früh wie möglich in den Designprozess ein – und das als gleichberechtigte Kollegen neben Designern, Produktmanagern und Entwicklern. Um diese Beziehungen zu stärken, ermutigen wir alle anderen Teams, jederzeit mit großen und kleinen Anfragen auf uns zuzukommen. Wir übernehmen jeden Fall.

Der Schreibprozess

Wir kümmern uns um die kleinen Dinge…

Kein Textprojekt ist zu groß oder zu klein, um uns einzubeziehen. Und die Anfragen kommen über die verschiedensten Kanäle: via Slack, über GitHub, durch ein gemeinsames Textdokument mit den Produktteams, per IM oder in einem direkten Gespräch. Dabei kann es sich um alles Mögliche handeln: von einem Label innerhalb eines Produkts bis hin zu einer simplen Checkbox, die Nutzer aus irgendeinem Grund verwirrt. Geht es um die Neugestaltung einer bestehenden Funktion, arbeiten wir am besten mit dem Designer zusammen, indem wir unsere Kommentare und Empfehlungen direkt in die Invision-Ansicht eingeben. Unser Anspruch ist es, alle Anfragen zeitnah zu bearbeiten und deshalb bemühen wir uns, den Überblick über alle offenen, in Bearbeitung befindlichen und abgeschlossenen Anfragen zu behalten.

Abbildung 2: In Abstimmung mit anderen Teams entwickeln UX-Writer Textpassagen, um die User Experience einer Software zu optimieren.

… genauso wie um die großen Projekte

Eine neue Funktion zu veröffentlichen, ist in der Regel mit viel Abstimmung und Überarbeitung verbunden. Zum Beispiel haben wir vor Kurzem an einem neuen Produkt gearbeitet, das einen mehrstufigen Prozess beinhaltet, den unsere Anwender noch nicht gewohnt sind. Nutzertests der ersten Entwürfe hatten gezeigt, dass noch Verwirrungspotenzial bestand. Also haben der UX-Writer, der Designer und der Produktmanager zunächst die kritischen Aspekte besprochen. Danach ist der UX-Writer den Entwurf in Invision durchgegangen und konnte problematische Stellen sowie Änderungsmöglichkeiten aufzeigen. Diese haben wir schließlich mehrfach besprochen und konnten so größere, effektive Änderungen des Designs vornehmen und die verwirrenden Stellen beseitigen. Der Text hat in diesem Beispiel geholfen, das Design präziser zu gestalten und eine bessere User Experience zu kreieren.

Wir geben dem Kind einen Namen

Einen Namen für ein neues Produkt oder ein bestehendes Feature zu suchen, ist anspruchsvoll. Dabei geht es darum, Erwartungen hervorzurufen und im Gedächtnis zu bleiben. Anwender sollten sofort verstehen, worum es bei dem Produkt geht und was es kann. Wir müssen sicherstellen, dass ein Begriff nicht bereits in einem anderen Kontext innerhalb desselben Produkts existiert, um Verwirrungen zu vermeiden. Immens wichtig ist es auch, dass andere Unternehmen oder sogar Wettbewerber keinen ähnlichen Namen verwenden. Damit vermeiden wir, dass das Produkt oder Feature mit einem anderen Unternehmen assoziiert wird, mit dem bereits bestehende Erwartungen verknüpft sind.

Aus diesem Grund haben wir einen Prozess entwickelt, um die Namensfindung ein wenig zu vereinfachen. Zunächst haben wir eine Reihe von Fragen entwickelt: Was soll benannt werden und warum? In welchem Kontext steht das Produkt, und gibt es kritische Aspekte? Danach entwickeln wir im Brainstorming mehrere Ideen. Wir arbeiten dann gemeinsam mit unseren UX-Researchern daran, durch Benutzertests den besten Namen zu finden. Anschließend geben wir das Ergebnis an unser Lokalisierungsteam weiter, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie gut der Name sich in verschiedene Sprachen übersetzen lässt. Und natürlich arbeiten wir mit dem Produktteam des neuen Features zusammen, das meist bereits einen eigenen Arbeitstitel verwendet. Denn Features können weiter wachsen oder sich verändern, was ebenfalls wichtig für die Namensgebung ist. Ein guter Name ist zeitlos. Die Namensgebung ist eine komplexe Aufgabe, aber unser Prozess sorgt für Klarheit und eindeutige Verantwortlichkeiten.

Was ist das Besondere am UX-Writing bei HubSpot?

Wiedererkennungswert

HubSpot ist bekannt für seine einzigartige Unternehmenskultur. Genauso ist es auch unser Ziel, unverwechselbare Produkttexte mit Wiedererkennungswert zu entwickeln. HubSpot-Mitarbeiter kennzeichnet Bescheidenheit, Transparenz und Empathie. Unsere Unternehmenskultur hat einen großen und sehr direkten Einfluss auf den Duktus aller UX-Inhalte im gesamten Ökosystem des Unternehmens.

Das UX-Designteam hat vor Kurzem unsere neue Designsprache „HubSpot Canvas“ gelauncht. Diese enthält auch Richtlinien zu Sprache und Tonalität. Die Quintessenz: Wir wollen freundlich, aber professionell auftreten. Es gibt Momente für ein Späßchen und die eine oder andere Überraschung, doch meistens sollten wir einfach und direkt kommunizieren und schnell auf den Punkt kommen.

Solide Vertrauensbasis

HubSpot hatte lange Zeit nur einen UX-Writer. Heute haben wir ein Team aus drei Personen und einem Illustrator. Beth Dunn, die erste UX-Texterin im Unternehmen, hat mit harter Arbeit eine starke Marke aufgebaut und den Wert von durchdachten und einheitlichen Inhalten für Produktteams aufgezeigt. Damit hat sie eine Vertrauensbasis geschaffen, die den anderen Teammitgliedern ihre Arbeit enorm erleichtert hat. Sie ermöglicht uns darüber hinaus, zu zeigen, welchen Wert UX-Writer für den Designprozess haben. Heute haben Designer, Produktmanager, Software-Entwickler und UX-Autoren alle ein klares Gespür dafür, wie sie zum großen Ganzen beitragen können.

Partner, nicht Dienstleister

Weil wir so langfristige Beziehungen zu Designern und anderen Kollegen im Unternehmen aufgebaut haben, betrachten diese uns nicht nur als Dienstleister, sondern als Partner während der gesamten Projektlaufzeit. Wir werden frühzeitig in den Designprozess einbezogen, schließlich haben unsere Texte bereits in frühen Entwürfen einen direkten Einfluss auf das Produkt. Genauso wie Design viel mehr ist als ein Schritt am Ende des Entwicklungsprozesses, um ein Produkt oder Feature gut aussehen zu lassen, genauso ist auch UX-Writing viel mehr als ein Kniff, damit sich etwas gut anhört.

Wenn wir es mit schwierigen Inhalten zu tun haben, helfen wir uns im UX-Team auch gegenseitig. Wir treffen uns regelmäßig und haben einen privaten Slack-Kanal, um unsere aktuellen Arbeiten gegenseitig zu prüfen und uns bei Herausforderungen zu helfen.

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Was zeichnet einen guten UX-Writer aus?

Sprachliches Feingefühl

Im Bewerbungsprozess suchen wir Kollegen mit einem ausgeprägten Verständnis für die richtige Grammatik und eine gute Sprachstruktur. Als persönliche Anekdote sei angemerkt, dass ich in meiner aktuellen Position ohne UX-Texterfahrung angefangen habe, nur mit allgemeiner Schreiberfahrung. Ich habe einen kreativen Schreibhintergrund aus meiner Schulzeit und war technische Redakteurin bei HubSpot, bevor ich mich für diese Position beworben habe. Meine größte Herausforderung auf dem Weg zur UX-Texterin war, mich an ein neues Publikum anzupassen. Doch mit meiner bisherigen Erfahrung fiel es mir leicht, die speziellen Fähigkeiten eines UX-Writers zu erlernen.

Beziehungen aufbauen

Die UX-Texter arbeiten, wie oben schon angedeutet, eng mit Produktmanagern, Produktdesignern, Software-Entwicklern, Lokalisierungsexperten, Researchern und vielen anderen zusammen. Uns an die Bedürfnisse unserer Kollegen anzupassen, ist entscheidend. Wir wollen uns in bestehende Arbeitsabläufe einfügen, anstatt neue zu schaffen und den Kollegen aufzuzwingen. Die Produktmanager sollen wissen, dass uns ihr Produkt am Herzen liegt und wir schnell nach Lösungen suchen. Auch sollen sich die Designer sicher sein können, dass wir ein verlässlicher Partner im Designprozess sind. Wir treffen uns regelmäßig mit jedem Produktteam und allen Beteiligten. Auf diese Weise können wir uns optimal gegenseitig unterstützen, während unsere Produkte weiter reifen und sich verändern. Für das Gelingen eines solchen Projektes ist es essenziell, dass alle Involvierten an einem Strang ziehen.

Abbildung 3: Konkrete Text-Vorschläge helfen, die Verständlichkeit von Software zu verbessern.

Organisation

Für unsere tägliche Arbeit nutzen wir Trello. Das Tool hat uns den Überblick über offene Anfragen deutlich erleichtert. Wer sich einen guten Ruf als Organisationstalent erarbeitet hat, trägt dazu bei, ein starkes Vertrauensverhältnis zu anderen Teams aufzubauen. Dass wir Anliegen schnell bearbeiten, und dass kein Projekt durchs Raster fällt, ist sehr wichtig. Als UX-Team sind wir stark auf funktionierende Prozesse angewiesen, die unsere tägliche Arbeit organisieren und Beziehungen zu allen Kollegen pflegen.

Priorisierung

Manchmal bekommen wir mehrere große und kleine Anfragen auf einmal. Dabei ist es wichtig, die Dringlichkeit der Aufgaben zu kennen. Nur so können wir unseren Workflow priorisieren und sicherstellen, dass wir die richtige Anfrage in angemessener Zeit bearbeiten. Wir müssen häufig mehrere kleine Anfragen parallel zu einem größeren Projekt bearbeiten. Die richtige Priorisierung ist daher ein permanenter Balanceakt und ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Fürsprecher für die Benutzer

UX-Writer müssen in der Lage sein, die Anforderungen der Nutzer sicher zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen. Wir texten nicht nur, um die Leerstellen zu füllen. Wir schreiben Texte, die zu den jeweiligen Gedankengängen und Erwartungen der Nutzer passen. Designer, Produktmanager, Researcher und auch unsere persönlichen Erfahrungen unterstützen uns in diesem nutzerzentrierten Ansatz. UX-Writer sind zudem auch gern Teil der gesamten Content-Diskussion im Bereich User Experience. Deswegen erläutern wir gerne, welchen Wert ein guter Schreibstil für ein Produkt und damit das gesamte Unternehmen haben kann.

Schlusswort

UX-Texter sind mehr als nur Wortschmiede. Wir bauen Beziehungen auf, sind Informationsarchitekten, Sprachexperten, Content-Designer, Fürsprecher für die Nutzer und vieles mehr. Unsere Aufgabe ist ziemlich spannend und wir freuen uns zu sehen, wohin es unser Content-Team als nächstes führt.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf English im HubSpot Blog.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 59

Der Erfolg oder Misserfolg einer Website entscheidet sich heute zunehmend auch durch das Erlebnis, das Nutzer damit haben. Diesmal erfahren Sie u.a., was der Unterschied zwischen User Experience und Usability ist, wie Sie beim „Collaborative UX Design“ in sieben Workshops zu einem neuen Produkt kommen und was es mit dem noch vergleichsweise neuen Job des „UX Writers“ auf sich hat. Plus: Ein Blick auf das „Stories“-Format, das das Social Web im Sturm erobert und was das für Unternehmen und ihr Marketing bedeutet.

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BMA - Business Management Akademie

 

3 Gedanken zu „Was macht eigentlich ein UX-Writer?

  1. Hallo Linsey,
    danke für den ersten UX-Writing-Artikel in deutscher Sprache. Schön, dass Ihr Texter bei Hubspot so gut in die Prozesse integriert seit. Dein Artikel zeigt Außenstehenden sehr gut was ein UX-Texter macht – z.B. wenn Du beschreibst, mit welchen Mitteln ihr miteinander kommuniziert.
    Auch sehr interessant, was Du über den Prozess der Namensfindung schreibst und das diese dann getestet werden. Aber genau diesen Punkt vermisse ich auch in deinem Artikel: Sicher werden auch die anderen Texte mit Nutzern getestet. Geschieht das indirekt wenn eine Software getestet wird? Wie identifiziert Ihr textliche Schwachstellen von Buttons, Tooltipps, der Navigation etc., um dann Alternativen zu schreiben?
    Passend zum Thema:
    http://ux-texter.com/ux-texter-oder-texter-was-ist-der-unterschied/

  2. Hallo Markus,

    vielen Dank für deinen Kommentar und deine Frage! Den Prozess zur Namensfindung wenden wir natürlich im kleineren Rahmen auch bei Navigation und Buttons an, denn da treffen wir häufig auf genau die gleichen Fragen: Ist die Bezeichnung eindeutig? Assoziiert der Nutzer mit dem Begriff andere Erwartungen, als wir erzielen wollen? Die Vorschläge für Buttons, Navigation und Co. gehen dann natürlich auch an das UX-Research-Team zum Test. Das nutzt zum Beispiel A/B-Tests um herauszufinden, welche Variante besser ankommt. Mit User-Flow-Analysen lassen sich zudem die Wege der Nutzer innerhalb der Anwendung nachvollziehen und optimieren. und aAnschließend suchen unsere Lokalisierungs-Experten nach passenden Entsprechungen in den verschiedenen Sprachen.

    Viele Grüße
    Lynsey

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