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Wir müssen reden …: Warum Vertrauen die Basis einer offenen Feedbackkultur ist

Eine „offene Feedbackkultur“ zu haben, klingt erst einmal gut. Aber was bedeutet das eigentlich und wie führt man sie in einer Organisation ein? Vertrauen ist hier eine wesentliche Grundlage, wie Marie Moesgaard, Country Managerin von Pleo Deutschland, in diesem Beitrag aufzeigt. Sie erklärt zugleich, welche Verhaltensmuster dabei unterstützen.

(Illustration: © yupiramos, depositphotos.com)

Zwei, die sich gegenseitig bedingen: Feedback & Vertrauen

Es gibt sie wie Sand am Meer: Unternehmen, die mit einer offenen Feedbackkultur für sich werben. Und es funktioniert! Denn selbst, wenn wir eigentlich gar nicht so genau wissen, was eine offene Feedbackkultur konkret bedeutet, assoziieren die meisten von uns etwas Positives mit ihr. Wir malen uns aus, wie wir unter einer solchen Unternehmenskultur ehrlich und konstruktiv diskutieren können. Hier werden wir gehört.

Außerdem wünschen sich die meisten von uns Kollegen, mit denen wir auf einer Welle sind. Denen wir vertrauen können! Und mal ehrlich: Von wem bekommen wir am liebsten Feedback? Genau von eben solchen Kollegen, die uns kennen und verstehen.

A N Z E I G E

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Nicht umsonst ist die Förderung von Mitarbeitervertrauen unter Managern in den letzten Jahren zum Trendthema mutiert.

Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis für glückliche Mitarbeiter, die ihr Potential voll entfalten und effektiv ausschöpfen können – nicht nur zum Gewinn des Unternehmens, sondern auch zum persönlichen Gewinn der Mitarbeiter selbst.

Damit es zu einer tatsächlichen Effektivitätsexplosion kommt, muss sich der Mitarbeiter sicher genug fühlen, etwaige professionelle Masken abzulegen und mit dem Rückhalt des Teams bisweilen mutig Neues ausprobieren. Google hat mit dem Project-Aristotle vor einigen Jahren bestätigt, dass es einen Raum psychologischer Sicherheit bedarf, um das Beste aus jedem einzelnen von uns herauszuholen.

Dieser Raum der psychologischen Sicherheit ist ein optimaler Nährboden für Feedback. Denn in ihm geben wir Feedback auf Augenhöhe weiter, nehmen es vertrauensvoll an und berücksichtigen es in zukünftigen Arbeitsschritten.

Das richtige Training für Vertrauensaufbau

Wer sein Feedback wirkungsreich platziert wissen will, der kommt also am Thema Vertrauensaufbau nicht vorbei. 

Das Gute ist: Einen Raum zu schaffen, in dem wir uns sicher und aufgehoben fühlen, lässt sich trainieren. Denn beim Vertrauensaufbau geht es um Verhaltensmuster, die sich trainieren lassen.

Speziell für Führungspersönlichkeiten bedeutet das folglich, sich über die eigene Vorbildfunktion bewusst zu werden. Wer den ersten Schritt Richtung Vertrauenskultur souverän wagt, animiert zum Nachahmen. Und genau das sollte das Ziel sein.

Erste Trainingseinheit: präsent sein

Im Moment präsent zu sein, stellt uns häufig vor eine riesige Herausforderung. Wir rennen von einem Meeting zum nächsten und wollen nebenbei noch die Oberhand über Slack-Nachrichten und E-Mails behalten. Dennoch gilt: sich im gegenwärtigen Augenblick zu zentrieren, ist eine der Grundlagen für Führungserfolg (wie auch für Erfolg in allen anderen Lebensbereichen).

Wie gut also, dass sich präsent zu sein wie ein Muskel trainieren lässt. Trainieren wir unseren Präsenzmuskel fleißig genug, werden wir ihn schon bald automatisch einsetzen, ohne es zu merken. 

Ein guter Trainingsanfang ist es, unsere Wahrnehmung häufiger auf unsere inneren Zonen zu richten: Wie fühlt sich mein Körper an? Ist er warm? Kalt? Schwitzige Hände? Ruhig? Ängstlich? Wie ist mein Herzschlag? So lernen wir zu unterscheiden, ob sich eine bestimmte Situation für uns gut oder schlecht anfühlt, was uns wichtig ist, was wir brauchen usw.

Auf ähnliche Weise können wir auch lernen, unsere Wahrnehmung auf Äußeres zu richten und den Dingen, die uns umgeben, Aufmerksamkeit zu schenken: Den Geräuschen um uns herum, den Dingen, die wir mit unseren Augen sehen können, wenn wir (von unserem Computer oder Smartphone) aufschauen oder auch den Dingen, die wir mit unserem Körper fühlen können (den Boden, auf dem unsere Füße stehen, die Stuhllehne, an die unser Rücken gelehnt ist, die Gegenstände, die unsere Finger berühren).

Wenn ich von einer intensiven Strategiesitzung direkt in ein Mitarbeitergespräch renne, werden sehr wahrscheinlich Gedanken an die vorherige Sitzung in mein Gespräch einfließen und mich daran hindern, voll präsent zu sein. Um das zu verhindern, wende ich persönlich häufig folgende Technik an: Daumen und Zeigefinger aufeinander legen und einander konzentriert erkunden lassen. Das hilft mir dabei, mich wieder zu zentrieren.  

Zweite Trainingseinheit: der eigenen Authentizität vertrauen

Sind wir uns unserer selbst bewusst (siehe erste Trainingseinheit), fällt es uns wesentlich leichter, authentisch zu agieren. Wir können uns getrost von unserer eigenen Authentizität durch unseren (Arbeits-)Alltag leiten lassen und Hindernisse selbstsicher angehen. Und wir bleiben uns selbst und anderen gegenüber dabei treu.

Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, dass dies eine der erfrischendsten und befreiendsten Praktiken ist. Besonders im Arbeitsumfeld bewegen wir uns oft innerhalb von Normen, ungeschriebenen Regeln, Kultur und Erwartungen – ein Feld, in dem wir uns selbst also schnell verlieren können.

Authentisch zu sein bedeutet für mich auch, mich davon zu verabschieden, alles permanent zu über- (und manchmal) zu zerdenken. Stattdessen besinne ich mich auf das, was in meinem Körper vorgeht, bin mit mir selbst im Reinen und vertraue auf meine individuelle Intuition und innere Logik. 

Agieren wir authentisch, machen wir es auch für die Menschen um uns herum so viel leichter, unsere Beweggründe zu verstehen. Alle Gespräche und Interaktionen werden dann viel klarer und einfacher.

Dritte Trainingseinheit: Verletzlichkeit zelebrieren

Brené Browns Studien, Bücher und TED-Talks sind die wohl prominentesten Vorreiter zur neuen Lebenseinstellung: Verletzlichkeit als Superpower! Und sie beweisen: Verletzlichkeit zeigen und somit zu teilen, was uns bewegt, schmiedet ein vertrauensstiftendes Band.

Verletzlichkeit zuzulassen hat abermals viel damit zu tun, sein Ego abzustreifen, sich anderen gegenüber zu öffnen und echte Gefühle willkommen zu heißen, anstatt sie als unprofessionell abzutun.

Ich habe selbst erlebt, wie der Wechsel von einer „Ich habe alles unter Kontrolle“-Superwoman-Haltung zu einer ehrlichen „Hey, ich tue mich an dieser Stelle schwer, ich bin mir unsicher und bräuchte Hilfe“-Einstellung mir dabei geholfen hat, meine Leistung zu steigern und somit meine Ziele zu erreichen. Tatsache ist auch, dass der Rest des Unternehmens mich nur dann unterstützen kann, wenn ich laut und deutlich sage, wo ich Unterstützung brauche. 

Verletzlichkeit zu zeigen bedeutet auch, seine eigenen Fehler einzugestehen (sich selbst und anderen gegenüber). „Aus Fehlern lernt man“ predigen wir unseren Kindern. Doch die Angst zu versagen ist tief in uns verwurzelt. Viele von uns bewegen sich aus diesem Grund ihr Leben lang auf bekannten und sicheren Pfaden – zu hoch ist ihnen das Risiko, Anerkennung zu verlieren. 

Für Unternehmen ist das ein großes Problem. Denn Fehler zu machen, ist ein integraler Bestandteil des Weges zum Erfolg. Ohne Fehler, kein Fortschritt.

Für Führungskräfte gibt es daher kaum einen klügeren Schachzug, als Mitarbeitern die Angst vor Fehlern zu nehmen. Das kann zum einen über das Propagieren einer Fehlerkultur funktionieren (also der Aufnahme der Fehlerkultur in die Unternehmensphilosophie). Zum anderen sind es abermals die vielen, kleinen Verhaltensmuster, die es im täglichen Umgang miteinander anzupassen gilt: Dass niemand perfekt ist, lässt sich durch das Eingestehen der eigenen Fehler demonstrieren. Hinterfragen wir uns selbst und fordern Feedback von Kollegen, beweist das ebenso Wagemut, etwas zum Wohle aller verändern zu wollen.

Vierte Trainingseinheit: transparent sein

Kommen wir zum nächsten wichtigen Schlagwort: Transparenz. Es sollte selbsterklärend sein, warum Transparenz Vertrauen fördert. Trotzdem bleibt anzumerken, dass zu einem transparenten Verhalten im Büro nicht nur das Teilen von Unternehmenszahlen, -strategien und Co gehört. Transparent ist auch, wer Probleme eindeutig ohne Raum für Interpretationen benennen kann und dabei seine eigene Position sowie eine gegebenenfalls abweichende Position des Unternehmen klar formuliert.

Transparenz am Arbeitsplatz sorgt dafür, dass jeder weiß, woran er ist und worauf es sich lohnt, seine volle Konzentration zu richten. Transparenz = Teilen = Einbeziehen. So einfach ist das. 

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Ich vertraue, also kommuniziere ich.

Ist der Grundstein für das gegenseitige Vertrauen erst einmal gelegt, dann klappt es ganz automatisch mit der offenen Feedbackkultur. Es herrscht bereits die perfekte Ausgangssituation, um Feedback erfolgsversprechend anzubringen.

Feedback ist erwünscht

Meine Kollegen und ich wissen, dass das Feedback zur persönlichen Entwicklung und letztlich zum Gewinn des Unternehmens beiträgt. Also empfangen wir es mit offenen Armen. Nur wenn wir unsere Schwächen kennen, können wir auch an ihnen arbeiten. Nur wenn wir unsere Stärken kennen, können wir sie voll ausnutzen.

Feedback kommt regelmäßig

Vertrauen wir einander, kommunizieren wir automatisch häufiger. In der Praxis sichern uns dennoch geplante, wöchentliche Gespräche (auch Catch-ups oder Check-ins genannt) dagegen ab, keinerlei Ungereimtheiten zu übergehen. Ein weiterer Vorteil: Niemand kommt in Verlegenheit, sich an Vorkommnisse vor einem halben Jahr erinnern zu müssen oder gleich eine ganze Sintflut an Feedback über sich ergehen zu lassen. So lernen wir ganz selbstverständlich den offenen, regelmäßigen Umgang mit Feedback in Portionen.

Feedback ist keine Einbahnstraße

Da das Feedbackgespräch auf Augenhöhe und unter Vertrauten passiert, ist auch von vornherein klar, dass es sich hierbei nicht um eine einseitige Kommunikation handelt. Beide Seiten sind gleichermaßen involviert und Feedback wird weder einseitig abgefragt noch einseitig runtergerattert. Geben wir negatives Feedback können wir uns im Idealfall dann schlicht darauf verlassen (bzw. vertrauen wir darauf), dass mit dem Feedback vorbildlich umgegangen und (ggf. gemeinsam) an Lösungsansätzen gearbeitet wird. 

Feedback ist kein persönlicher Angriff

Feedback kann zwar ungeschminkt vorgebracht werden, aber es wird sich immer an zuvor miteinander vereinbarten, realistischen Zielen, Erwartungen und Kriterien zur Leistungsmessung orientieren.

Übrigens: viele Unternehmen und Arbeitnehmer bevorzugen anonyme Feedbackbögen. Das mag unter Umständen sinnvoll sein, wenn es um teamübergreifende Umfragen geht. Negatives Feedback, dass ein Mitarbeiter aus seinem eigenen Team anonym erhält, kann das zuvor aufgebaute Vertrauen aber stark in Mitleidenschaft ziehen. Anonymes Feedback ist und bleibt einseitiges Feedback und fühlt sich aufgrund der fehlenden, persönlichen Basis schneller nach einem Angriff an. 

Zu Feedback sagen wir Danke!

Fehlerkultur, Vertrauenskultur und Feedbackkultur – all das kann nicht unabhängig voneinander gedacht werden. Sie alle laufen letztendlich zusammen und gedeihen unter der Prämisse des achtsamen Umgangs miteinander und fortwährender Kommunikation. Sie packen Unangenehmes am Schopf und verwandeln es in etwas für dass es sich lohnt dankbar zu sein: nämlich unser Kommunizieren miteinander statt gegeneinander.

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Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 86

Vertrauen ist wertvoll und bekanntlich muss man es sich erst verdienen. Das gilt für eine Website gegenüber den Besuchern, aber auch für den Chef gegenüber seinen Mitarbeitenden. In sechs Artikel beleuchten wir dieses Thema im Schwerpunkt dieser Ausgabe. Sie erfahren, wie Sie Markenbotschafter richtig einsetzen. Wie Ihr Corporate Blog gerade im B2B-Bereich helfen kann. Wie gute Feedbackkultur funktioniert. Warum New Work und Remote Teams (noch) mehr Vertrauen brauchen. Wie Ihre Internetseite vertrauenswürdig aussieht und wie Personalisierung dabei unterstützt. Bonus-Artikel: Was hat es mit „Kookkurrenzen“ auf sich und wie helfen sie mir, bessere Beiträge zu schreiben?

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