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Kolumne: Vom Branding zum digitalen Markenaufbau

Für die großen digitalen Gatekeeper wie Google, Facebook, Instagram, YouTube oder Amazon wird die algorithmische Identifikation von vertrauenswürdigen und autoritären Entitäten in bestimmten Themenfeldern immer wichtiger. Daher ist es für Unternehmen wichtig, nicht nur für Nutzer als Marke wahrgenommen zu werden, sondern auch die Algorithmen der relevanten Gatekeeper-Plattformen zu verstehen und entsprechend messbare Signale zu erzeugen.

(Foto: © leszekglasner, depositphotos.com)

Digitaler Markenaufbau vs. klassisches Branding

Beim digitalen Markenaufbau geht es um die Positionierung in einem oder mehreren thematischen Bereichen und die Stärkung der Beziehung zwischen einer Marke mit potentiellen sowie bestehenden Kunden über die Customer Experience (Nutzererfahrung) mit digitalen Touchpoints.

Digitaler Markenaufbau wird in den meisten Fällen durch digitale und analoge Touchpoints im Zusammenspiel gefördert. 

Der Unterschied zum klassischen Branding bzw. Markenaufbau ist, dass beim digitalen Markenaufbau neben den Nutzern auch die Algorithmen der wichtigen digitalen Gatekeeper wie Suchmaschinen und soziale Netzwerke überzeugt werden müssen.

Die großen digitalen Gatekeeper versuchen Signale zu erfassen, die ihnen einen Aufschluss darüber geben, ob eine Personen- oder Organisations-Entität über Popularität, Autorität, Expertise oder Vertrauenswürdigkeit verfügt.

Während früher der einzelne Content im Fokus für eine Bewertung stand, rückt der Urheber des Contents immer mehr in den Fokus.

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Warum die digitale Marke im Online-Marketing eine zentrale Rolle spielt

Es gibt mehrere Ursachen dafür, warum der Markenaufbau eine zentrale Rolle im (Online-)Marketing spielt:

  • Die Marktlage in vielen Branchen.
  • Die technische Entwicklung der wichtigsten Gatekeeper in Richtung des semantischen Web 3.0.
  • Die Bedeutung von vertrauenswürdigen und thematisch autoritären Quellen.
  • Der Informations-Schock für Konsumenten
  • Herausforderung zur automatischen Identifikation von vertrauenswürdigen und autoritären Anbietern und Informations-Quellen.

Unternehmen, die in der Vergangenheit nur auf das Performance-Marketing-Pferd gesetzt haben und Branding außer Acht gelassen haben, bekommen in vielen Bereichen Probleme, sich im Internet zu behaupten. Dies ist begründet durch den über die Jahre gestiegenen Wettbewerbsdruck und das auf breiter Ebene gestiegene Know-How bzw. Ressourcen in Sachen Performance-Marketing.

Zudem befindet sich die Aufmerksamkeit für Werbeanzeigen im Sinkflug, nicht nur durch Ad-Blocker. Die Information muss zum Kontext des Nutzers passen, da sie es sonst nicht durch das enge Aufmerksamkeits-Fenster schafft. Werbung als Touchpoint schafft das in in vielen Phasen der Customer Journey nicht.

Eine starke Marke kann Online-Marketing entscheidend zum Erfolg führen:

  • Eine starke Marke kann zu besseren Abschlussraten bzw. Konversionsraten führen, da das Vertrauen in eine bekannte Marke größer ist.
  • Das größere Vertrauen kann auch zu verbesserten Klickraten in den Suchergebnissen führen, was sich positiv auf das Google-Ranking auswirkt.
  • Etablierte Marken führen zu größerer Kundenbindung und Loyalität, was zu mehr wiederkehrenden Website-Besuchern und Kunden führen kann.
  • Die Chance auf Verweise und Social Shares ist größer, da starke digitale Marken, aufgrund der Vertrauenswürdigkeit eher durch Multiplikatoren verlinkt und Inhalte geteilt werden. Das führt zu größerer Reichweite und besseren Rankings. Content-Marketing, SEO und PR werden einfacher.
  • Marken, die sich in einem oder mehreren thematischen Bereichen als Autorität über die Domain etabliert haben, werden mit Inhalten eher bei Google gefunden als nicht etablierte Domains.
  • Starke Marken profitieren, aufgrund der Popularität auch von besseren Klickraten bei der Suchmaschinenwerbung (SEA), was zur Verbesserung von Qualitätsfaktoren und damit geringeren Klickpreisen führt.

Zudem ist Marken-Traffic besonders wertvoll, z.B. über Direktzugriffe oder Suchanfragen nach der Marke. Je höher der Anteil der Marken-Traffics, desto höher sind in den meisten Fällen die Engagment-Kennzahlen wie z.B. Seitenaufrufe, durchschnittliche Aufenthaltsdauer und Absprungrate, sowie die Loyalitäts-Kennzahlen wie z.B. der Anteil der wiederkehrenden Besucher und vor allem die Abschlussraten.

Somit gibt es einen direkten Wirkungszusammenhang zwischen der Markenstärke und der Performance.

Der Aufbau einer Marke folgt einem strategischen nachhaltigen Ansatz mit dem Ziel, Kundenloyalität und Reputation zu verbessern, was die nachhaltige Positionierung im Markt fördert.

Performance-Marketing hingegen ist oft eher taktisch/operativ und folgt nur selten einer Strategie der Positionierung als Marke.

Der Aufbau einer digitalen Marke ist kritischer Erfolgsfaktor und rückt in das Zentrum des Online Marketings, wo bisher alleinig das Performance-Marketing stand. Deswegen lässt sich Performance-Marketing und Branding nicht mehr voneinander trennen, wie im Beitrag „Warum die Diskussion um Branding vs. Performance im Marketing überflüssig ist“ erläutert.

Über eine herausragende Customer-Experience mit Touchpoints entlang der Customer-Journey eine Marke aufbauen

Menschen bauen Beziehungen zu Marken auf, wenn sie positive Gefühle bei der Interaktion mit verschiedenen Kontaktpunkten der Marke empfinden. Hier spielt die Nutzererfahrung bzw. User- oder Customer Experience mit diesen Touchpoints eine wichtige Rolle. Touchpoints können z.B. sein:

  • Content
  • Werbe-Anzeigen
  • Kontakt mit dem Vertriebs-Mitarbeiter bzw. Verkäufer
  • Kontakt mit dem Service-Mitarbeiter
  • ein Angebot
  • Bestellabwicklung
  • die Erfahrung mit dem Produkt in der Anwendung

Typische digitale Touchpoints sind:

  • organisches Suchergebnis
  • Produktdetailseite im Shop
  • Ratgeber-Content im Blog
  • Google Ads Anzeige
  • Social-Media-Post
  • Social-Media-Anzeige
  • Display-Anzeige
  • Bestellabschlussseite im Shop
  • Kontaktformular
  • Whitepaper

Die Touchpoints müssen je nach Kontext den Nutzers

  • emotional ansprechend sein
  • rational ansprechend sein
  • funktional ansprechend sein
  • erwartungskonform sein

Alle Punkte werden je nach Person bzw. Kontext dieser individuell empfunden und bewertet. So sollten Touchpoints so gestaltet sein, dass sie die wichtigsten Zielgruppen oder Personas befriedigen. Zudem sollten möglichst viele Touchpoints entlang der Customer Journey des Nutzers ausgerichtet an seinen Bedürfnissen und konsistent sein. Inkonsistenz und Widersprüche führen zu Verwirrung und Einschränkung der Nutzererfahrung.

Hier ein Beispiel:

Ein Nutzer der in einer Suchmaschine nach „rückenschmerzen“ forscht, hat eine bestimmte Suchabsicht bzw. Suchinintention. Er sucht objektive Informationen wie z.B. einen Ratgeber-Beitrag oder Video. Ein erwartungskonformes Suchergebnis wäre ein umfassender Ratgeber zu Symptomen, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Eine Produktvorstellung für ein neues Rheuma-Mittel wäre hingegen kein erwartungskonformer Touchpoint.

Gerade bei Touchpoints, die auf eine Pull-Mechnanismus setzen wie z.B. organische Suchergebnisse bzw. Suchmaschinenwerbung und die dementsprechenden Zielseiten, sollten sehr fokussiert auf die Erwartungskonformität achten, da sonst die Nutzererfahrung und damit die Marken-Wahrnehmung leidet.

Weitere Beispiele:

Ein Nutzer klickt auf eine Display-Anzeige, die ihm suggeriert, ein kostenloses Produkt erwerben zu können. Auf der Landingpage wird klar, dass das Produkt nicht kostenfrei ist. Die Folge ist eine negative Nutzererfahrung, da nicht erwartungskonform.

Ein Nutzer besucht eine Website, die viel zu langsam lädt. Er will sich weiter durch die Website navigieren, aber bricht schließlich verzweifelt ab, da jede Interaktion mit der Website zu lange dauert. Die Folge ist eine schlecht Customer Experience aufgrund schlechter Funktionalität.

Das Gleiche gilt für nicht funktionierende Anwendungen wie z.B. Konfiguratoren oder Tools.

Ein Mitarbeiter eines Unternehmens postet einen Beitrag auf Facebook, der im Widerspruch zu den bisher an anderen Touchpoints kommunizierten Werten des Unternehmens steht. Es kommt zu einer emotionalen Verunsicherung und im schlimmsten Fall zu einem „Shitstorm“.  Sowohl mit Blick auf die Erwartungen als auch auf die emotionale Ebene führt diese Inkonsistenz zu einer schlechten Nutzererfahrung.

Die Customer Experience an den Touchpoints hat einen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung der Marke. So können als positiv empfundene Touchpoints positiv für den Markenaufbau sein und umgekehrt.

Der Einfluss der Customer Experience an Touchpoints auf das Markenimage

Es wird kein Unternehmen auf der Welt geben, das alle Touchpoints herausragend gestalten kann. Deswegen ist es wichtig im Rahmen des Touchpoint- und Customer-Journey-Managements die erfolgskritischsten Touchpoints zu identifizieren, um diese mit Fokus zu gestalten und zu optimieren.

Merkmale und Kennzahlen einer Marke

Übertragen auf das Internet kann man Websites bzw. Domains als zentrales digitales Abbild einer Marke wichtige Merkmale zuordnen. Eine digitale Marke erkennt man daran, dass die Marken-Website im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Websites im Themenbereich oder der Branche eine größere Popularität vorweist. Kennzahlen für eine überdurchschnittliche Popularität können z.B. folgende sein:

  • Besucherzahlen
  • Anzahl neuer Besucher
  • Suchvolumen nach Markenbegriffen
  • Suchvolumen navigationsorientierter Suchbegriffe bezogen auf die Domain und Marke
  • Social-Spread, Social Buzz, Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken                                                                                                                                                                           

Eine weitere wichtige Eigenschaft von Marken als auch Autoritäten ist die Kundenbindung und Loyalität. Loyalitäts-Kennzahlen können sein:

  • durchschnittliche Aufenthaltsdauer
  • Absprungrate
  • Anteil wiederkehrender Besucher

Die wohl wichtigste Eigenschaft einer Marke und Autoriät ist das entgegengebrachte  Ansehen und Vertrauen, das man anhand folgender externer Reputations-Kennzahlen bewerten kann:

  • Kookkurrenzen und Co-Citations
  • Marken-Nennungen und Verlinkungen

Ein weiteres Anzeichen für Vertrauen in eine Marke bzw. Website sind Kennzahlen, die den Interaktionsgrad aufzeigen. Dafür können folgende Engagement-Kennzahlen herangezogen werden:

  • Abschlussraten
  • weitere Interaktionen mit der Website wie Downloads, Kommentare …
  • Beziehung zu anderen Marken, Autoritäten und Influencern
  • Anzahl Seitenaufrufe (Page Impressions)

Abschlussraten haben natürlich auch immer etwas mit Maßnahmen bei der Conversion- und Usability-Optimierung zu tun, aber Engagement hat auch immer etwas mit Vertrauen in eine Website und damit auch die Marke zu tun.

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Markensignale

Die Signale, die für die Bewertung der Quelle eines Inhalts wie z.B. einen Website-Inhalt, ein YouTube-Video oder eines Social Media Posts herangezogen werden sind von Plattform zu Plattform unterschiedlich. 

Bei sozialen Netzwerken liegen Interaktions-Signale der Konsumenten bzw. Nutzer im Fokus der Bewertung. Bei Suchmaschinen werden vor allem Offpage-Signale wie z.B. Verlinkungen sowie der Content an sich in die Bewertung einbezogen.

Markensignale in sozialen Netzwerken

Im News Feed der sozialen Netzwerke wie Facebook, LinkedIn oder Instagram spielen eine entscheidende Rolle dafür, ob Inhalte eines Profils mit Reichweite belohnt werden: neben dem Inhalt selbst das Engagement der Nutzer mit dem Inhalt als auch die Informationen im Profil sowie die generelle Beziehungen der Nutzer untereinander.

Daraus lassen sich folgende Signale ableiten, die sozialen Netzwerke für eine Bewertung der Markeneigenschaften heranziehen;

  • Interaktionsrate mit Nutzern in Form von Antworten auf Kommentaren, Likes, privaten Nachrichten.
  • Menge an Kontakten
  • Interaktion der Nutzer mit den Postings in der Gesamtheit

Dabei hat aber jede Plattform wie oben schon angedeutet ihre Eigenheiten.

Markensignale in Suchmaschinen

Bereits mit dem Vince Update im Jahr 2009 fing Google an, populäre Marken mit mehr Reichweite in den Suchergebnissen zu belohnen. Als Google 2014 erstmalig das E-A-T-Konzept in den Quality Rater Guidelines vorstellte, war schnell klar, wie wichtig ihnen Markeneigenschaften wie Expertise, Autorität und Trust sind. 

Aus Aussagen, wissenschaftlicher Arbeiten und Patenten von Google konnte ich einige der möglichen Signale zur Bewertung von E-A-T und damit der Marke ableiten:

Google nutzt einen Knowledge Graph, um die E-A-T-Bewertung von Personen- und Organisations-Entitäten durchzuführen.

Markensignale bei Amazon

Auch Amazon als populärste Produkt-Suchmaschine und E-Commerce-Plattform achtet bei den eigenen Algorithmen auf die Vertrauenswürdigkeit der Verkäufer. Im Gegensatz zu Google und den sozialen Netzwerken setzt Amazon bei der Bewertung der Verkäufer-Entitäten sehr stark auf Conversion-Faktoren. Neben den eigentlichen Content auf den Produktseiten berücksichtigt Amazon folgende Signale:

  • Sales Performance: Je mehr Produkte man über eine bestimmtes Keyword- oder Thema verkauft, desto besser wird man gefunden. 
  • Auch Interaktions-Kennzahlen wie die Klickrate auf das Produkt oder Conversionrate spielen eine wichtige Rolle. 
  • Weitere Signale sind Account-spezifische Signale wie z.B. Kundenfreundlichkeit, die auf deine Markenkonto einzahlen.

Wir brauchen eine starke (digitale) Marke um zu performen

Es gibt einen Punkt, an dem SEOs und Online-Marketer an ihre Grenzen stoßen, wenn sie die Effekte von Marken nicht berücksichtigen. Die Entwicklung storniert und es geht nicht mehr richtig weiter mit der Performance. Das ist spätestens der Zeitpunkt, an dem sie ihre Silos verlassen müssen und mit den Kollegen:innen aus PR, Marketing und Kommunikation zusammenarbeiten müssen, um weiterzukommen.

Performance-Kennzahlen wie Abschlussraten, Umsatz und ROAS, aber auch Rankings und User-Engagement werden maßgeblich durch die Stärke der Brand beeinflusst. Das Vertrauen in eine starke Marke und ihre Strahlkraft ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren für erfolgreiches Performance Marketing, SEO und Online-Marketing im Allgemeinen. 

Die Customer Experience an den (digitalen) Touchpoints so herausragend wie möglich zu gestalten und darüber Nutzer, Kunden und Algorithmen vom eigenen Marken-Versprechen zu überzeugen, ist ein Gemeinschaftsprojekt, das in den Vorstands- und Führungsetagen gefördert werden muss.

Für diese interdisziplinäre Denkweise und Zusammenarbeit müssen Strukturen und Prozesse hinterfragt und neu gedacht werden. Abteilung-Fürsten müssen ersetzt werden durch offene empathische Köpfe, die Verteilungsmechanismen für Budgets und die Kostenstellenrechnung reformiert werden.

Lasst es uns angehen!


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 105

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