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„Die Notwendigkeit zur Digitalisierung ist erkannt, jetzt müssen Taten folgen“

Die Digitale Transformation ist eine riesige Herausforderung für Unternehmen jeglicher Größen. Gleichzeitig bietet sie aber auch große Chancen, wie Andreas Helios, Sr. Group Manager Enterprise Marketing Central Europe Adobe Systems, im Interview betont. So hat der bisher noch zögerliche Mittelstand in Deutschland durchaus das Potenzial zum Schnellboot der Digitalisierung zu werden. Das Marketing wiederum kann die selbstgewählte Isolation hinter sich lassen und entscheidend zum Erfolg der Digitalisierung betragen.

Andreas Helios

Sonderveröffentlichung/Sponsored Special. Dieser Beitrag ist Teil des Extrablatts „Digitale Transformation“, präsentiert von Adobe. Mehr dazu am Ende des Artikels.

UPLOAD Magazin: Die Digitale Transformation gehört seit Jahren zu den dringendsten Aufgaben der Wirtschaft, natürlich auch in Deutschland. Wie gut steht Deutschland Ihrer Meinung nach im globalen Vergleich da? 

Andreas Helios: Auf der Basis von aktuellen Daten, die zum Beispiel der Digitalverband Bitkom erhoben hat, wird deutlich, dass die deutsche Wirtschaft die Notwendigkeit zur Digitalen Transformation erkannt hat. Rund zwei Drittel der befragten Entscheider in Deutschland sind der Ansicht, dass sich die Geschäftsmodelle für alle Branchen dramatisch verändern. Das Problem ist also erkannt. Wenn wir dann allerdings weiterschauen, ob aus dieser Erkenntnis heraus auch die notwendigen Investitionen getätigt werden, dann muss man sagen, dass Deutschland noch ein Stück hinterher hängt. In anderen Ländern sind die Investitionen zum Teil doppelt so hoch. Wir befinden uns da eher im unteren Mittelfeld.

Es ist zwar noch nichts verloren, aber langfristig reicht es nicht aus, nur die Probleme zu erkennen. Jetzt muss die deutsche Wirtschaft massiv investieren, um nicht dauerhaft ins Hintertreffen zu geraten.

„Die deutsche Gründlichkeit steht der Schnelligkeit auch mal im Wege.“

Was könnten denn die Gründe für das Zögern sein?

Schaut man sich Datenerhebungen und Studien zu diesem Thema an, so lässt sich ein Trend erkennen, der mit der Unternehmensgröße zusammenhängt. Kleinere Unternehmen sind in der Regel etwas zögerlicher als die großen Unternehmen. Das ist der eine Grund. Der zweite Grund liegt in der Mentalität der Deutschen. Es ist eine deutsche Tugend, die Dinge sehr genau und gründlich machen zu wollen. Diese Gründlichkeit steht der Schnelligkeit dann auch mal im Wege.

Sämtliche Handlungsfelder wie Produktion, Vertrieb, Kommunikation und Marketing sind von der Digitalisierung betroffen. In welchen Bereichen gibt es den größten Aufholbedarf und warum? 

Die modernen, techniknäheren Industrien stehen der Digitalisierung naturgemäß offener gegenüber, während Branchen wie Manufacturing und Healthcare vielleicht noch etwas zurückstehen. Wobei wir davon ausgehen, dass für diese Bereiche das Prinzip „Lange Lunte, großer Knall“ gilt: Wenn hier die Digitalisierung erstmal einsetzt, werden die Umwälzungsprozesse um so größer ausfallen. Aber auch auf die einzelnen Branchen bezogen gibt es wieder Unterschiede, die eher etwas mit der Unternehmensgröße zu tun haben. In jeder Branche gibt es Pioniere, die besonders schnell und mutig vorangehen. Und dann gibt es eine große Zahl von Schläfern, die sich noch nicht bewegen. Tendenziell kann man sagen: Je kleiner das Unternehmen, desto tiefer der Winterschlaf.

Nimmt man den Adobe Digital Roadblock Report 2016 als Grundlage, so sinkt der Einfluss des Marketings auf die Unternehmensausrichtung. Wie passt das mit der Forderung nach mehr Nähe zum Kunden zusammen, die als eine der Kernaufgaben der Digitalisierung angesehen werden kann? Und wie könnte sich das ändern? 

Hier haben wir tatsächlich einen gefühlten Widerspruch. Vor dem Hintergrund, dass das Marketing am nächsten dran ist am Kunden und am meisten Daten und Informationen über die Kunden sammelt, müsste das Marketing in den Unternehmen einen viel höheren Stellenwert bekommen. Gerade wenn wir sagen, dass wir uns im Zeitalter des Experience Business befinden, bei dem die Kunden mit ihren Interessen und Erwartungen wieder in dem Mittelpunkt rücken, müsste das Marketing intern mit einem veränderten Selbstbewusstsein auftreten. Denn die dafür notwendigen Daten sammelt das Marketing – und nur das Marketing. Daraus entsteht ein Mandat, auch an der Unternehmensausrichtung mitzuwirken.

Ein Grund für die zurückhaltende Selbsteinschätzung des Marketings hinsichtlich der Unternehmensausrichtung liegt allerdings auch in der sehr dynamischen Entwicklung des Marketings selbst. Es gibt so viele neue Entwicklungen, die die Verantwortlichen in immer kürzerer Zeit aufnehmen müssen, dass sie froh sind, wenn sie alles am Laufen halten können. Diese beschleunigte Entwicklung sorgt unter Umständen für eine gewisse Verunsicherung, die die Einschätzung der eigenen Rolle etwas defensiver gestaltet. Ich glaube aber, wenn sich das ein bisschen beruhigt hat, wird man erkennen, dass das Gegenteil der Fall ist. Nie war die Chance größer als heute, noch mehr zu machen als nur Marketing. Man kann maßgeblich Einfluss nehmen auf ganze Geschäftsmodelle, die sich aus den Kundendaten ableiten lassen.

„Gerade in Zeiten des Wandels sorgen Daten für den Ausschluss von Unsicherheiten.“

Aber wie kann ein Marketing-Verantwortlicher diese Chance in der Praxis ergreifen?

Wir leben ja in einer Zeit der Vermessung der Welt. Wir können fast alles messen und analysieren. Die Marketing-Verantwortlichen müssen es nun schaffen, die Sprache der Unternehmenslenker zu treffen und sich nicht hinter marketingspezifischen Kennziffern verstecken. Dazu müssen die auf Daten basierenden Erkenntnisse in ein kaufmännisch anerkanntes Format konvertiert und damit transparent gemacht werden. Geht man nun mit diesen allgemeinverständlichen Erkenntnissen an die Entscheider im Unternehmen heran, wird sehr schnell deutlich werden, dass die Marketingdaten eine Art Früherkennung ermöglichen. Während beispielsweise ein Vertriebsvorstand die nächsten sechs Monate überblicken kann, kann Marketing über die Demand- und Lead-Pipeline sehr viel weiter in die Zukunft schauen und frühzeitiger Unternehmens- und Markttendenzen erkennen.

„Die Unternehmenskultur wandelt sich nicht über Nacht, sie muss gelebt werden.“

Kurz gesagt: Daten sammeln, sie allgemeinverdaulich aufbereiten und im Unternehmen nach oben tragen und man wird automatisch Gehör finden. Denn gerade in Zeiten des Wandels sorgen Daten für den Ausschluss von Unsicherheiten.

Das bedeutet für das Marketing grundsätzlich, dass die selbstgeschaffene Sprache, die nicht mehr kompatibel mit dem Rest des Unternehmens ist, aufgegeben werden muss.

Neben Technologien spielen weiche Faktoren wie die Unternehmensphilosophie und die -kultur eine wichtige Rolle bei der Digitalen Transformation. Viele Unternehmen suchen daher händeringend nach einem Chief Digital Officer. Kann das die Lösung sein oder wie lässt sich das Mindset eines Unternehmens sonst transformieren? 

Eine einzelne Person, sei es nun ein Chief Digital Officer oder ein Chief Experience Officer kann durchaus ein Faktor sein, der Prozesse beschleunigen kann. Aber am Ende geht es um einen dramatischen Veränderungsprozess und der geht nicht von einer Person aus. Wir haben es hier mit einem klassischen Change-Prozess zu tun, der verschiedene Phasen durchlaufen muss, um erfolgreich zu sein. Die Unternehmenskultur wandelt sich nicht über Nacht, sie muss gelebt werden. Das fängt immer mit der Erkenntnis der Notwendigkeit zur Veränderung an. Dann braucht es aber auch eine klare Vision und Strategie, die von einer möglichst breiten Basis getragen wird. Und diese Vision muss dann unternehmensweit so kommuniziert werden, dass sich alle Mitarbeiter als Teil der Veränderung fühlen können und sie mitgenommen werden. Die größte Gefahr liegt darin, dass Entscheidungen im Zuge der Transformation in einem elitären Zirkel getroffen werden und die Unternehmenskultur dann quasi von oben verordnet wird. Das funktioniert gerade in deutschen Unternehmen nicht so gut, weil sich deutsche Arbeitnehmer durch eine hohe Mündigkeit auszeichnen. Das sind kluge, schlaue Menschen, denen man mit Ehrlichkeit auf Augenhöhe begegnen sollte. Wenn man ihnen aber die Notwendigkeit zur Transformation zusammen mit einer klaren Strategie aufzeigt, dann wird das honoriert werden.

Gerade der deutsche Mittelstand zögert noch und argumentiert mit starken Marktpositionierungen und weltweit führendem Knowhow, dem sie hohe Kosten und große Risiken bei der Digitalisierung gegenüberstellen. Ist die Digitalisierung somit eher eine Bedrohung für die KMU? 

Die mutigsten Entscheidungen werden immer dann getroffen, wenn die Not am größten ist. Der Visionär dagegen trifft seine Entscheidungen dann, wenn es am besten läuft. So sieht es eigentlich auch bei uns im Mittelstand aus. Es wird immer Unternehmer geben, die mutig vorausgehen und sich nicht auf dem Status des Hidden Champion ausruhen, sondern sich fragen, ob das auch in fünf oder zehn Jahren noch der Fall ist. Und es gibt andere, die sich mehr Zeit nehmen. Auch sie haben die Notwendigkeit zur Veränderung zwar erkannt, nur das Investment stimmt noch nicht.

„Die mutigsten Entscheidungen werden immer dann getroffen, wenn die Not am größten ist.“

Anderseits haben die KMU auch einen gigantischen Vorteil. Sie können sehr viel schneller Entscheidungen herbeiführen. Bei Kursveränderungen reagieren sie nicht träge wie ein Supertanker, sondern dynamisch wie ein Schnellboot. Wenn sie das ausnutzen, können sie nicht nur ihre Marktführerschaft behalten, sondern sie sogar noch ausbauen. Zudem bietet die Digitalisierung auch konkrete Vorteile, besonders für den Mittelstand. Beispielsweise müssen Unternehmen nicht mehr alle drei Jahre ihre IT mit hohen Investitionen erneuern, sie setzen einfach auf die Cloud und passen die IT dynamisch an die Bedürfnisse und Unternehmenserfolge an. In der alten IT-Welt dagegen haben Entscheidungen aus der Vergangenheit oft Wege verbaut.

„Der Bedarf an Inhalten ist zwar jetzt schon enorm, aber er wird noch weiter steigen.“

Der gute alte Begriff vom Content Marketing scheint ja aktuell wieder ganz oben auch der Marketing-Agenda zu stehen. Warum eigentlich?

Wir sind heute viel besser in der Lage eine Customer Journey im Marketing nachzuzeichnen. Die Segmentierung der Kunden geht sogar bis hin zu Einzelpersonen, was für die Personalisierung von Inhalten im Content Marketing eine entscheidende Rolle spielt. Dafür brauche ich wiederum passende Inhalte, die sehr genau auf die identifizierten Segmente abgestimmt sind. Der Bedarf an Inhalten ist zwar jetzt schon enorm, aber er wird in dem Maße noch weiter steigen, wie die Fähigkeit zur Segmentbildung steigt. Die Herausforderung besteht nun darin, beides, also Segmentierung und Erstellung passgenauer Inhalte, dynamisch zusammenzubringen. In Zukunft wird sich hier die Geschwindigkeit sogar noch erhöhen, sodass wir Inhalte in Echtzeit an die Bedürfnisse der einzelnen Kunden anpassen müssen. Es brechen also goldene Zeiten für alle an, die Content erstellen, verwalten und in Echtzeit angepasst ausspielen können. Content meint hier dann auch nicht nur Text wie dieses Interview, sondern auch alle anderen Formate wie Audio, Video oder Bildinformationen.

„In Zukunft müssen wir Inhalte in Echtzeit an die Bedürfnisse der einzelnen Kunden anpassen.“

Voraussetzung dafür ist die Zusammenführung von Daten aus unterschiedlichen Quellen, so dass daraus ein möglichst komplettes Bild entsteht. Gelingen kann das über eine Plattform, die unterschiedliche Kundenereignisse zusammenführt und als gemeinsame Datenschicht darstellt. Daher postuliert unter anderem auch Adobe immer wieder, dass eine solche Plattform vielen verschiedenen Einzellösungen vorzuziehen ist, auch wenn diese einen schnellen Erfolg in Einzelbereichen anbieten.

Wagen wir Abschluss noch einen Blick in die Zukunft: Was werden Ihrer Ansicht nach in den nächsten Jahren die größten Herausforderungen für das Digital Marketing? 

Das Marketing muss in den nächsten Jahren kaufmännisch nachvollziehbare Ergebnisse liefern. Nachdem wir eine hohe Erwartungshaltung erzeugt haben, müssen die Versprechen nun auch eingelöst werden. Viele der Themen, die wir aktuell in der Theorie besprechen, sind der Praxis noch gar nicht so weit vorangeschritten. Bei der Personalisierung stecken wir beispielsweise noch in den Kinderschuhen. Wir müssen einfach das umsetzen, was jetzt schon technisch möglich ist – ohne dabei die Erwartungen der Kunden aus den Augen zu verlieren.

„Wir müssen weiterhin agil und schnell sein und trotz aller Komplexität das Strategiesteuer fest in der Hand halten.“

Für jeden einzelnen Marketer besteht die Herausforderung darin, mit der zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit Schritt zu halten und sich auch von kleineren Problemen nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Wir müssen weiterhin agil und schnell sein und trotz aller Komplexität das Strategiesteuer fest in der Hand halten.

Zur Person

Andreas Helios leitet den Bereich Digital Marketing bei Adobe in Zentraleuropa. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der strategischen und operativen Vermarktung des Adobe Marketing Cloud-Lösungsportfolios. Zuvor war Andreas Helios unter anderem bei IXOS, Opentext, Hyperwave und SyQuest Technology in leitenden Marketing- und Produktmarketing-Funktionen tätig. Andreas Helios hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität Augsburg studiert.


Dieser Beitrag ist Teil des Extrablatts „Digitale Transformation“

Adobe präsentiert ein Extrablatt des UPLOAD Magazins. Veröffentlicht zum Adobe Symposium 2016 in München und Hamburg.