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„Wir hatten Ihnen eine E-Mail geschickt!“ – „Ach, Sie waren das.“

In seiner „ENTER“-Kolumne schreibt Jan Tißler in jeder Ausgabe des UPLOAD Magazins über das Titelthema – oder auch nicht. Diesmal: E-Mails, Pressemitteilungen, Nachfassanrufe, strafversetzte Pressemenschen sowie überraschend viel Blitz und Donner.

(Foto: suze, photocase.com)
(Foto: suze, photocase.com)

E-Mail. Gehasst und… nicht geliebt. Das Tool, das jeder hat, kaum einer wirklich nutzen mag und ohne das doch kaum etwas geht. Jedenfalls heutzutage. Dem modernen Sisyphus würde man keinen Stein mehr geben, damit er ihn auf ewig erfolglos einen Berg hinaufrollen muss. Stattdessen würde man ihm einfach eine Mail-Adresse geben und Inbox Zero verordnen. Im Ergebnis genau so unerreichbar.

Und ich will dabei gar nicht behaupten, dass ich es als Journalist besonders schlecht habe. Aber ich als Journalist habe es besonders schlecht. Der Grund ist eine besonders perfide Form der E-Mail: die Pressemitteilungs-E-Mail! [Blitze, Donnern, dramatische Musik]

Jeder von uns bekommt schließlich schon eine Menge irrelevanter E-Mails. Aber das muss man einfach um den Faktor 10 oder 50 oder mehr multiplizieren, wenn man Journalist ist. Neulich erst bekam ich eine Pressemitteilung mit dem an sich nett gemeinten Hinweis: „Für ihr Gesellschaftsressort“. Da musste ich erst einmal auf das Organigramm des UPLOAD Magazins schauen um festzustellen: Ach, richtig, so etwas haben wir ja gar nicht! Um dann auf den zweiten Blick festzustellen: Moment, wir haben überhaupt kein Organigramm!

Der Nachfass-Anruf

Jedenfalls: Als ich noch in Deutschland war, erlebte ich mehrfach die Steigerung zur Pressemitteilungs-E-Mail: den Nachfass-Anruf! [noch mehr Blitze, Donnern, dramatische Musik] Da wird dann ein bemitleidenswerter Mitarbeiter einer PR-Agentur ans Telefon strafversetzt (anders kann ich mir das nicht erklären, da muss etwas vorgefallen sein). Und dann ruft diese Person alle Journalisten an, die nach zwei geschlagenen Tagen noch immer nicht auf die supi-dupi Pressemitteilung reagiert haben. Das läuft dann ungefähr so ab:

Pressemensch so: „Hallo, Herr Tißler, ich bin Soundso von Witziger-Name-PR-Agentur für unseren Kunden Kennt-keiner-aus-gutem-Grund.“

Ich so: „Äh. Aha. Hallo. Ich habe eigentlich gerade gar keine…“

Pressemensch so: „Ja, wir hatten Ihnen eine E-Mail geschickt!“

Ich so: „Ach, Sie waren das!“

Pressemensch so: „Ja, haha, das waren wir. Haha. Ich wollte mich nur erkundigen, ob Sie an dem Thema Interesse haben?“

Ich so: „Hatte ich denn geantwortet?“

Pressemensch leicht verunsichert so: „Äh, nein. Deshalb… Deshalb ja mein Anruf.“

Ich so: „Also wenn ich mich nicht gemeldet habe, hatte ich da wohl kein Interesse.“

Ich verstehe ja vollkommen, wie solche Anrufe zustande kommen. Die Agentur muss Ergebnisse liefern oder zumindest aktiv werden. Irgendwas muss man als Dienstleister schließlich in Rechnung stellen können. Genervt war ich aber trotzdem, weil das Telefon so ziemlich das einzige ist, was noch schlimmer ist als E-Mail. Jedenfalls meistens. Manchmal ist es auch gut, einfach anzurufen, anstatt sich tagelang in E-Mails zu verlieren. Aber das ist ein Thema für einen anderen Tag. Ich komme darauf zurück, falls wir beim UPLOAD Magazin mal das Titelthema „Telefon – Das unterschätze Universalwerkzeug“ haben oder so.

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Die Nachfassmail

In letzter Zeit jedenfalls habe ich diverse Male die abgeschwächte Form des Nachfassanrufs gesehen: die Nachfassmail. [ein paar Blitze, ferner Donner, keine dramatische Musik] „Wir hatten Ihnen die unten angefügte Pressemitteilung geschickt und ich wollte mich nur erkundigen, ob es Fragen gibt oder Sie weitere Informationen benötigen.“ Seufz.

Einen großen Sinn ergibt das alles nicht. Oder vielleicht ja doch. Ich bin schließlich kein Pressemensch! Was weiß denn ich. Ich sitze ja nur am empfangenden Ende. Und bei mir ist es so: Wenn in der E-Mail steht, ich solle mich bei Interesse melden und ich habe kein Interesse, dann melde ich mich nicht. Erscheint mir irgendwie logisch. Aber Logik ist eventuell auch eine Sache, mit der ich mich nicht gut genug auskenne.

Sei es wie es sei: Ich werde weiterhin bergeweise Pressemitteilungen per E-Mail bekommen und alle 500 Nachrichten ist etwas Interessantes dabei. So ist das eben.

Ich beschwere mich auch gar nicht. Oder ich würde mich beschweren, wenn ich denn Zeit hätte. Habe ich aber nicht. Dafür bekomme ich viel zu viele E-Mails. Ha!


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 33

Schwerpunkt „E-Mail“. Themen: Einführung ins E-Mail-Marketing, umfangreicher Praxisguide zur Marketing-Automatisierung, Interview zu Newslettern als Geschäftsmodell, Newsletter in WordPress verwalten, Inbox aufräumen und einiges mehr.

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4 Gedanken zu „„Wir hatten Ihnen eine E-Mail geschickt!“ – „Ach, Sie waren das.“

  1. Mir aus dem Herzen geschrieben. Ich überlege ja schon länger, mich künftig persönlich immer bei den jeweiligen Agenturchefs mit einem Anruf zu bedanken. Alternativ denke ich über eine website nach, die einmal als die Nachfass-Agenturen sammelt. Damit jedes Unternehmen sehen kann, welche Agenturen überflüssige Mailings und Anrufe auf den Stundenzettel schreiben. Derzeit sammel ich die mehr und mehr in einem Spam-Ordner.

    Was diese Agenturen nämlich nicht lernen: Viel hilft nicht viel. Und nerven hilft auch nicht. Im Gegenteil. Derlei Agenturen landen komplett im (geistigen) Papierkorb. Immer.

  2. Hallo,

    Ich habe herzhaft gelacht bei dem Artikel ;-) Dies Praxis ist wohl wirklich so. Ich erlebe das ein wenig anders in Form von Leuten, Vereinen, Presseorganen die Anzeigen verkaufen wollen. Aber ich bin auch auf der anderen Seite wenn ich PR für unsere Rockband machen muß. Dann läuft das genau so auch mit den Pressemitteilungen.

    Die Frage ist aber: Wie kann man es besser machen? Bzw. was ist die Alternative zu den Pressemitteilungen? Welches System wäre effizienter? Anrufen hasse ich sowieso weil derGesprächspartner meistens gar nicht auf dem Plan hat wer du eigentlich bist. Nachfassmail schon eher, aber man möchte ja auch nicht als Spammer rüber kommen. Es bleibt wohl nichts anderes übrig als 100 Mails zu schicken um vielleicht 1 oder 2 Artikel zu bekommen im Endeffekt …

    Viele Grüße,
    Sacha

  3. Hallo Jan,

    super Artikel ich kenne das leider auch zu genüge. Manchmal kann es schon sehr nerven mit den Anrufen. Gibts aber noch viel penetranter als Nachfass-Email. Die dann nicht nur einmal kommt, sondern diverse Male. Die ganz schlauen legen sich das dann noch in die Ablage und fangen in einem Monat noch einmal von vorne mit dem gleichen Thema an. ;)
    Gruß Dirk

  4. Soeben erlebt, noch blöder:

    „xxx, Fa. yyy. Meine Kollegin hat Ihnen einen Katalog geschickt, es ging um Werbemittel. Ist der angekommen?“

    „…ja!“

    „Dann vielen Dank, das wollte ich wissen, und auf Wiederhören!“

    !?!?

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