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Wesentliche Erkenntnisse aus der ARD/ZDF-Onlinestudie zusammengefasst

Die Internetnutzung in Deutschland hat nicht wie von manchen vermutet ein Plateau erreicht. Vor allem unterwegs legt es zu, aber auch bei der Nutzungsdauer und in der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen. Das sind nur einige der Erkenntnisse, die man aus der ARD/ZDF-Onlinestudie 2016 gewinnen kann. Wir haben uns die Zahlen für Sie angesehen und ausgewertet. Dabei finden sich allerdings auch einige verwunderliche Daten in den Ergebnissen.

(Bild: © apinan – Fotolia.com)
(Bild: © apinan – Fotolia.com)

Das Wachstum geht munter weiter

Nein, das Internet geht nicht mehr weg. Zwar hatte sich seine Wachstumskurve zuletzt abgeflacht. Aber die Zahl der Onlinenutzerinnen und -nutzer ist dennoch erneut gestiegen, auf jetzt 58 Millionen. Dies entspricht einem Anteil von 83,8 Prozent an der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland und einem Zuwachs gegenüber 2015 von 3,4% bzw. 1,9 Millionen Menschen. Nahezu zwei Drittel der Bevölkerung ab 14 Jahren (65,1%) nutzen das Internet inzwischen täglich.

(Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)
Das Wachstum hat sich abgeflacht, geht aber weiter. 58 Millionen Deutsche ab 14 Jahren nutzen das Internet „zumindest selten“, 45 Millionen täglich. (Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)

Zugelegt hat außerdem die Nutzungsdauer auf nun erstmals über zwei Stunden pro Tag: 128 Minuten bedeuten zugleich eine deutlicher Steigerung um 20 Minuten im Vergleich zu 2015. Vor allem Smartphones und Tablets werden dafür verantwortlich gemacht – siehe dazu auch weiter unten. Ein bisschen skeptisch bin ich allerdings, wie sinnvoll diese Zahl wirklich ist. Schließlich ist die Internetnutzung gerade für jüngere Menschen ein Element, das sich durch den gesamten Tag zieht. Wird da jedes Checken von WhatsApp als fünf Sekunden Internetnutzung gezählt? Wie gut also können die Befragten das tatsächlich einschätzen? Als man vor einigen Jahren noch gezielt „online gegangen“ ist, war das vielleicht noch sinnvoll. Aber heutzutage? Außerdem kann man sich sicherlich über die Definition streiten: Ist Pokemon Go tatsächlich „Internet“? Ja, es funktioniert mit Internet-Technologien, aber welchen Wert hat diese Zahl für mich?

Hier stelle ich mir generell die Frage, wie lange man noch scharf trennen kann. Ist es beispielsweise wirklich sinnvoll, es als „Internet“ zu zählen, wenn ich einen Film auf Netflix schaue, obwohl das prinzipiell erst einmal nichts anderes ist, als denselben Film via BluRay auf dem TV anzusehen? Welchen Erkenntnisgewinn bringt es mir, wenn so unterschiedliche Tätigkeiten wie das Lesen von Nachrichten, Kommunikation mit anderen und Unterhaltung durch Spiele alle in dieselbe Dachkategorie „Webnutzung“ sortiert werden, nur weil sie mit denselben grundlegenden Technologien umgesetzt werden? Das wäre aus meiner Sicht so wenig sinnvoll wie eine „Papierstudie“, die dann neben Zeitungen, Zeitschriften und Büchern auch die Nutzung von Postkarten, Plakaten, Notizbüchern und Post-Its mitzählt…

Ich glaube, dass der Medienwandel noch lange nicht am Ende angekommen ist und das Internet als Plattform noch weiter wachsen wird. Ab einem bestimmten Punkt macht es da vielleicht nicht mehr so viel Sinn, technische Details als Unterscheidungsmerkmale heranzuziehen. Aber schauen wir einmal, wie die Experten diese Frage in den kommenden Jahren beantworten.

(Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)
Die mobile Internetnutzung erlebt im Jahresvergleich einen ordentlichen Schub und wird mehr und mehr alltäglich. (Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)

Generell muss man bei der ARD/ZDF-Onlinestudie in diesem Jahr anmerken, dass sich die Art der Befragung verändert hat: Erstmals wurden die Personen nicht nur per Festnetz, sondern auch per Mobiltelefon kontaktiert. Eine überfällige Änderung, wenn man mich fragt. Dadurch könnten sich manche Sprünge in den Zahlen wieder relativieren – oder zumindest scheinen die Zahlen schwerer mit dem Vorjahr vergleichbar. Dem widersprechen die Macher allerdings. Sie verweisen darauf, dass „die Stichprobenqualität und damit auch die Validität der Ergebnisse“ erhöht werden konnte. Und sie haben festgestellt, „dass der Methodeneffekt eher gering ist und Veränderungen in den Ergebnissen auf tatsächliche Veränderungen im Verhalten und der Nutzung zurückzuführen sind.“ Mehr zum Vorgehen erfährt man in diesem Artikel (PDF).

Kommunikation ist die Killer-Anwendung

Bei der Internetnutzung zeigt sich wieder einmal, dass Menschen am Ende doch soziale Wesen sind. Kommunikation aller Art hat im Vergleich zum Vorjahr erneut zugelegt. Und dabei ist es wiederum egal, ob die nun über Messenger-Apps, E-Mail und „Chats“ oder in „Online-Communitys“ stattfindet. Sich mit anderen Menschen auszutauschen, ist die Anwendung Nr. 1 fürs Web in all seinen Darreichungsformen.

Kein Wunder ist deshalb, dass Messenger Marketing und Chatbots derzeit so viel diskutierte Themen sind: Schließlich befürchten Unternehmen, dass sich ihre potenziellen Kunden unerreichbar in WhatsApp-Gruppen zurückziehen, sich vermehrt für den Schutz ihrer Daten interessieren und sich für Dienste wie Snapchat begeistern, bei denen alles flüchtig ist. Siehe dazu auch unsere Befragung zum Marketing der Zukunft.

Informationen zu suchen ist ebenfalls weiterhin ein wichtiger Punkt für viele Nutzer. 29% der Internetnutzer tun das täglich (77% mindestens wöchentlich) bzw. 4% verwenden täglich eine Suchmaschine wie beispielsweise Google (und 83% mindestens wöchentlich). Die ARD/ZDF-Studie untersucht dabei leider nicht genauer, welcher Art diese Informationen sind. Es ist eben keine E-Commerce- oder Marketing-getriebene Studie.

E-Commerce auf dem Rückzug?

Apropos E-Commerce: Unerklärlich finde ich, dass Onlineshopping laut der Studie einen erheblichen Einbruch zu verzeichnen hat. 2015 haben 20% der Befragten mindestens einmal wöchentlich im Netz eingekauft, 2016 sinkt dieser Wert auf 12%. Der Unterpunkt „Bücher und CDs im Internet bestellen“ sinkt dabei von 10% auf 4%, was man eventuell noch mit einem Trend zu E-Books und Musikstreaming erklären könnte. Alles in allem finde ich dieses Ergebnis aber recht verwirrend und habe auch in den Begleitmaterialien keine schlüssige Begründung dafür gefunden. Denn selbst wenn einzelne Produkte wie CDs und Bücher weniger gekauft werden, halte ich es doch für sehr unwahrscheinlich, dass der E-Commerce insgesamt um 40% eingebrochen ist.

Multimediale Inhalte sind gefragt

(Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)
Hierzu muss man anmerken, dass „Online-Bewegtbild“ viele, sehr unterschiedliche Angebote umfasst. (Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)

Audio und Video haben als Medieninhalte große Wachstumsraten. Auch hier bestätigt die Studie in gewisser Weise die „gefühlte Wirklichkeit“. Schließlich setzt nicht zuletzt Facebook offensiv auf Video-Inhalte und Angebote wie Snapchat setzen stark auf audiovisuelle Kommunikation. Der Schub bei Video komme vor allem von Fernsehsendungen (live oder zeitversetzt) sowie Videos auf Videoportalen, Facebook oder Streamingdiensten. Im Grunde greift hier also erneut die Verzerrung, die ich oben schon angesprochen habe: Ja, die Nutzung von Video hat zugelegt. Schaut man aber genauer hin, bezieht sich das vor allem auf klassische Formate wie Filme und Serien, die nun über eine neue Technologie ihre Zuschauer erreichen. Ähnlich gilt das auch für die „Audio“-Rubrik, in die so unterschiedliche Dinge wie Radiosendungen und Musikstreaming fallen. Zudem wird hier beispielsweise zwischen „zeitversetztem Radio“ und „Podcasts“ unterschieden und ich frage mich dort doch sehr ernsthaft, ob die Befrager und die Befragten eigentlich dieselbe Vorstellung davon haben, was mit diesen Begrifflichkeiten gemeint ist.

Gut, dass die Macher erstmals auch danach gefragt haben, wer denn Musik über YouTube hört: 26% machen das wöchentlich. Und damit hat sich dieser Punkt gleich deutlich vor Live-Radio und Musikstreaming platziert.

Mobilgeräte sind der große Antreiber

(Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)
Smartphones sind nun Internet-Zugangsgerät Nr. 1. Tablets legen bei der Nutzung deutlich zu, obwohl die Verkaufszahlen zuletzt zurückgingen. (Grafik: ARD/ZDF-Onlinestudie)

Kommen wir zu den Geräten, mit denen die Nutzer online gehen. Denn von denen hängt schließlich sehr grundlegend ab, wann, wie und wie intensiv das Internet genutzt wird:

Unabhängig von den Situationen der Unterwegsnutzung führen mobile Geräte insgesamt zu einer längeren Internetnutzung. Diejenigen, die auf das Internet mit mobilen Geräten, wie beispielsweise Smartphones oder Tablets, zugreifen, sind mit 82 Prozent täglicher Internetnutzung intensiver im Netz als die Gesamtbevölkerung mit 65 Prozent. Das Gleiche gilt für die Nutzungsdauer: Mit 163 Minuten täglicher Internetnutzung sind sie 35 Minuten länger online als die Gesamtbevölkerung. Auch gehen Personen, die ein mobiles Gerät im Einsatz haben, mit 6,2 Internettagen pro Woche häufiger ins Netz als der Durchschnittlich (5,9 Tage/ Woche). (Quelle)

Man könnte es hier sicherlich ahnen, aber nun hat man es schriftlich: Das Smartphone ist der größte Treiber für Internetaktivitäten. Satte 49% aller Deutschen ab 14 Jahren nutzen es dafür täglich. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (14 bis 29 Jahre) sind es atemberaubende 86 Prozent. Und immer noch 65 Prozent bei den 30- bis 49-Jährigen – für viele Unternehmen bekanntlich eine so interessante wie wichtige Zielgruppe. Man kann also festhalten: Die Deutschen bis 49 Jahren sind im mobilen Web angekommen.

Bei den Geräten für den Internetzugang folgt dann mit Abstand die Dreiergruppe Laptop, Desktop-PC und Tablet. Sie werden je nach befragter Altersgruppe zwischen 20 und 30% täglich fürs Internet genutzt. Interessanterweise sind Tablets in der Gruppe der 30- bis 49-Jährigen am beliebtesten: 27% nutzen es täglich. Damit sind sie hier noch vor den Desktop-PCs (22%) und knapp hinter Laptops (29%). Beachtenswert finde ich die Tablet-Zahlen generell, da diese Gerätekategorie in der Tech-Berichterstattung doch gern totgesagt wird. Die Verkaufszahlen mögen rückläufig sein, aber die Nutzung hat in den letzten zwei Jahren teils deutlich zugelegt, wenn man den Zahlen der ARD/ZDF-Onlinestudie glaubt.

Praktisch keine Rolle spiel hingegen der Internet-Zugang über den Fernseher: Er wird nur von rund 5% der Befragten täglich dafür genutzt. Im Vergleich mit 2014 und 2015 hat die Nutzung in machen Altersgruppen sogar nachgelassen.

Fazit

Die Studie liefert einige Anhalte dafür, wie sich das Internet und seine Nutzung rasant weiterentwickeln. Es durchdringt mehr und mehr Bevölkerungsschichten und gehört nicht mehr nur bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Alltag. Interessant fand ich zu sehen, wie stark die Altersgruppe bis 49 Jahren inzwischen vertreten ist. Dabei wird das Netz vor allem mobiler und dadurch häufiger und auch in kleinen Häppchen genutzt. Und nicht zuletzt werden die Inhalte noch stärker multimedial: Audio und Video in all ihren verschiedenen Formen gehören zunehmend dazu.

Ob eine separate „Onlinestudie“ in den nächsten Jahren noch Sinn ergibt, wird sich zeigen. Schon jetzt vereint das Netz so viele unterschiedliche Angebote, das ich die Aussagekraft der Zahlen zunehmend fragwürdig finde. Ist Netflix nicht eher Fernsehen als Internet? Aber was ist dann YouTube, wo man TV-Inhalte findet, professionell betriebene YouTube-Kanäle und zugleich allerlei Amateurinhalte? Insofern haben es die Macher der Studie nicht leicht. Und das sollte man bei der Einschätzung der Zahlen im Hinterkopf behalten.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 40

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