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Die Spieltheorie in der Marketing-Attribution: Mehr Schein als Sein?

Über die Customer-Journey-Analyse versuchen Marketer herauszufinden, wie sie die einzelnen Marketingkanäle budgetieren müssen, um den Nutzer zur Konversion zu bewegen. Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang immer wieder auftaucht, ist die sogenannte Spieltheorie, ein Entscheidungsmodell aus der Mathematik. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich die Spieltheorie im Bereich der Marketing-Attribution als Buzzword. Mehr dazu in diesem Beitrag von Frederik Timm. Beachten Sie auch den Veranstaltungstipp und die Freikartenverlosung am Ende!

(Illustration: © cienpies, depositphotos)

Was ist die Spieltheorie?

Die „Spieltheorie“ ist eine mathematische Methode, die das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen davon ableitet, dass der Erfolg des Einzelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt. 

Auf die Marketing-Attribution bezogen würde dies so zu verstehen sein: Die erfolgreiche Customer Journey hängt nicht nur von einem Touchpoint ab, wie es das Abrechnungsmodell „Last Cookie Wins“ vorsieht, sondern ergibt sich auch aus dem Zusammenwirken zwischen den verschiedenen Touchpoints beziehungsweise Werbeschaltungen auf allen Kanälen. Es wird also nicht nur das Werbemittel, auf das die Konversion folgt, als maßgeblich für den Erfolg gesehen, sondern auch die Werbekontakte davor.

Wenn nun zum Beispiel ein bestimmter Touchpoint in 1.000 Customer Journeys immer drei Schritte vor der tatsächlichen Konversion ermittelt wurde, dann wird ihm ein entsprechend positiver Beitrag für die Konversion zugeordnet, der bei der späteren Attribution des Marketingbudgets berücksichtigt werden sollte.

Was leistet die Spieltheorie in der Marketing-Attribution?

Anbieter von Marketing- und Attributionssoftware arbeiten mit Algorithmen, die nicht selten auch Ansätze der Spieltheorie verwenden sollen. Für die Marketing-Attribution werden in der Regel erfolgreiche Customer Journeys analysiert und die Touchpoints bewertet. Es stellt sich die Frage nach einer schlüssigen Analogie zur angeführten Entscheidungstheorie. Gefragt sind ja Entscheidungshilfen für den Advertiser durch die Prognose des Konsumentenverhaltens, das wiederum nur aufgrund von Wahrscheinlichkeiten vorhergesagt werden kann.

Für einige Adtech-Unternehmen handelt es sich bei Spieltheorie im Marketing ganz klar um ein Buzzword. Im reinen spieltheoretischen Ansatz könne man nur die erfolgreichen Customer Journeys bewerten und das auch nur in der Retrospektive. Das Problem: Wenn man nur erfolgreiche Ketten beziehungsweise Customer Journeys bewerte und die nicht erfolgreichen Ketten außer Acht ließe, könne es sein, dass man aus den Daten falsche Schlüsse zieht. 

Spieltheorie vs. Regressionsanalyse

Die Regressionsanalyse untersucht die Wirkung von unabhängigen Variablen auf eine abhängige Variable. Bezogen auf den Bereich Online-Marketing lässt sich so der Einfluss von unabhängigen Variablen, wie On- und Offsite-Verhalten von Nutzern auf die abhängige Variable (Konversionen) ermitteln. 

Für Anhänger der Regressionsanalyse ist die Spieltheorie ein Entwicklungsschritt in der Evolution der Attribution. Spieltheoretische Ansätze seien demnach ein erster Schritt weg von „Last Cookie Wins“, jedoch nur halbherzig und nicht konsequent, da das Onsite-Userverhalten gänzlich ignoriert wird. Um auch das Verhalten der Nutzer auf der jeweiligen Webseite nachzuvollziehen, argumentieren einige Firmen, benötige man die Regressionsanalyse, mit der sowohl Onsite- als auch Offsite-Informationen des Users analysiert werden können.

Die Onsite-Daten liefern Informationen zur Qualität des Nutzers, wie unter anderem die Verweildauer auf der Seite oder die Anzahl der Page Impressions. Die Offsite-Daten bieten unter anderem Auskunft darüber, über welchen Kanal die Nutzer die Werbemittel erhalten, welche Werbemittel zur Konversion führen und welche Position die Kanäle in der Customer Journey besetzen.

Kritiker der Regressionsanalyse halten dagegen, dass sie in der Realität nicht funktioniert. Sie gelte nur für festgelegte Regeln in der Vergangenheit, aber sobald neue Touchpoints oder Publisher dazukommen, würde sie versagen. Kurz: Sie ist nicht so flexibel und dynamisch wie der spieltheoretische Ansatz.

Man könnte jedoch dagegenhalten, dass die regressionsbasierten Ansätze aus den Daten lernen und auf stabilen Mustern basieren, die erkannt werden. In der Praxis könnten diese Regeln auch bei neuen Touchpoints sehr gut funktionieren, wodurch neue Touchpoints und Kanäle mit geringem Traffic sofort bewertet werden könnten.  

Wieviel Daten sind notwendig?

Nach Einschätzung eines hierzu befragten Experten aus der Forschung stellt die Spieltheorie kein sinnvolles Mittel dar, um Konversionspfade im Online-Marketing zu messen. Um auswertbare Ergebnisse durch die Spieltheorie zu erhalten, benötige man Millionen von Datensätzen beziehungsweise Customer Journeys. In der Marketing-Attribution sei dies nicht realistisch. 

Da die Customer Journeys für verschiedene Produkte zu verschieden sind, können hier nicht alle Daten in einen Topf geworfen werden. Adtech-Unternehmen benötigen allerdings auch nicht Millionen Datensätze für ihre Analyse. Je nach Konversionsrate reichen zirka 2.000 erfolgreiche Konversionen. Darauf kommt etwa das Zehn- bis Hundertfache an nicht erfolgreichen Konversionen. 

Fazit

Die Spieltheorie ist im Zusammenhang mit der Marketing-Attribution eher ein Buzzword. Als isolierter Ansatz kann sie nicht für die Marketing-Attribution nutzbar gemacht werden. Zu leicht kann die vergleichsweise eindimensionale Betrachtung der erfolgreichen Konversionen missinterpretiert werden. Zudem würde es für eine zielgenaue Analyse an genügend Daten mangeln. Allerdings bieten die Ansätze der Spieltheorie die Möglichkeit, in Verbindung mit anderen Theorien Werbekanäle zu analysieren und die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs dieser Kanäle vorauszusagen.

Veranstaltungstipp

Um das Thema Attribution geht es in Kürze auch beim New Marketing Tech Summit am 7.11. im Hamburger Mojo Club. Bei der Konferenz bekommen Marketer einen umfassenden Überblick über relevante Marketing-Technologien und deren Potential bei der Ansprache ihrer Kunden. Führende Technologie-Anbieter wie Google und SAP, innovative MarTech-Startups wie Adtriba und Uberall sowie bekannte Branchenexperten wie Karl Kratz und Mirko Lange liefern Entscheidern beim New Marketing Tech Summit geballtes und praxiserprobtes Marketing-Wissen, das diese direkt für ihr Business nutzen können. Konkrete Infos zu Themen, Speakern und Ticketkauf gibt es auf der Webseite unter https://www.adzine.de/new-martech-summit/.  

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