TikTok: Was Marken und Unternehmen jetzt darüber wissen sollten

TikTok gilt in der Digitalbranche als überraschender Hit und manche sehen gar schon das nächste Instagram am Horizont. Jan Firsching erklärt Ihnen in diesem Beitrag, was es mit der App TikTok auf sich hat und wie sie funktioniert. Er zeigt außerdem auf, welche Möglichkeiten es hier bereits für Unternehmen gibt und welche ersten Schritte sinnvoll sind.

TikTok ist ein mobiles Netzwerk für Kurzvideos

Die Entwicklung von TikTok

Instagram ist derzeit ohne Zweifel das angesagteste soziale Netzwerk. Instagram gibt es aber bereits seit 2010 und wie es der Digitalbranche üblich ist, kommen und gehen potenzielle Facebook- und Instagram-„Killer“. Nahezu jedes Jahr gibt es Hypes um neue soziale Netzwerke, welche in der Regel aber genauso schnell wieder verschwinden.

Dann aber kam TikTok. Durch die Übernahme der App musical.ly plus einer enormen Marketingoffensive ist die chinesische Video-App momentan in aller Munde.

TikTok ist dabei ein rein mobiles soziales Netzwerk und setzt wie die angesagten Stories-Formate auf vertikale Kurzvideos. TikTok bringt aber auch einige Besonderheiten und Grundvoraussetzungen mit sich, die die App lange über die derzeitige Hype-Phase hinaus bestehen lassen könnten. 

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Nutzerzahlen und Zielgruppen

Ende Januar 2019 wurden erstmalig länderspezifische Nutzerzahlen für TikTok veröffentlicht. Glaubt man den Reaktionen aus der Branche, waren viele von den Zahlen überrascht.

In Deutschland nutzen demnach 4,1 Mio. Menschen TikTok mindestens einmal im Monat. Das ist eine durchaus beachtliche Zahl für ein so neues Angebot. Zum Vergleich: Snapchat und Pinterest liegen bei jeweils etwa 10 Millionen monatlich aktiver Nutzer in Deutschland. Die beiden Social-Media-Riesen Instagram (ca. 20 Millionen) und Facebook (32 Millionen) haben aber weiterhin einen komfortablen Vorsprung.

Interessant ist die Anzahl der aktiven Nutzer in Deutschland auch im europäischen Vergleich. Deutschland kommt außerdem auf mehr aktive Nutzer als Großbritannien, Spanien, Frankreich oder Italien. Man könnte also sagen: Deutschland ist TikTok-Land.

Neben den reinen Nutzerzahlen sind auch die Nutzungszeit und Nutzeraktivität interessante Gradmesser. Und die können sich ebenfalls sehen lassen: Im Schnitt öffnen Nutzer die App acht Mal pro Tag und verbringen 39 Minuten mit den Kurzvideos.

Das gilt zumindest in der jungen Zielgruppe, wie zu vermuten ist. Offizielle Statistiken zur Altersverteilung wurden bislang nicht veröffentlicht. 

Der TikTok-Feed

Öffnet man TikTok, werden sofort die ersten Inhalte präsentiert. Die App setzt auf das Feed-Prinzip, bei der die Inhalte nacheinander angezeigt werden, aber ausschließlich in Form von vertikalen Videos.

Die hier ausgewählten Inhalte sind auch bereits der erste entscheidende Unterschied zu Instagram, Facebook oder Twitter: TikTok wählt sie automatisch  aus. Je nachdem wie mit den Inhalten interagiert wird, füllt sich der zukünftige Feed.

Natürlich kann man auf TikTok anderen Profilen folgen, aber das ist eben nicht zwingend notwendig. Auch wenn man niemandem folgt, wird es immer einen Feed voller Kurzvideos geben. 

Dieser Ansatz beeinflusst natürlich, wie Inhalte ausgespielt werden und wie viele Nutzer sie erreichen. Während auf Instagram und YouTube die Profile mit den meisten Abonnenten häufig zugleich die größte Sichtbarkeit genießen, können bei TikTok auch einzelne Videos extrem hohe Reichweiten erzielen, wenn sie durch den Algorithmus empfohlen werden. Nachteil: Hierfür gibt es keine Garantie. Nur weil ein Video gut funktioniert hat, muss das mit dem nächsten noch lange nicht so sein. Beispielsweise kommt ein Video vielleicht auf 20.000 Interaktionen und das nächste dann nur noch auf 100. Das ist durchaus möglich.

Beim TikTok-Feed ist außerdem wichtig, wie sich die Bereiche „Für dich“ und „Folge ich“ unterscheiden:

  • „Folge ich“ ist der klassische Feed von sozialen Netzwerken, in dem Inhalte von jenen Profilen zu finden sind, denen man aktiv folgt.
  • „Für dich“ sind die von TikTok kuratierten Inhalte, die anhand der bisherigen Interaktionen zusammengestellt werden.

Wichtig für den Hinterkopf ist: Ein Großteil der Reichweite und der Interaktionen auf TikTok entsteht durch den Algorithmus, also eine Automatik.

Inhalte auf TikTok

Im Feed dreht sich dann alles um Kurzvideos. Die Kurzvideos lassen sich entweder direkt auf TikTok erstellen oder hochladen. Die Videos laufen in der Dauerschleife und der Einsatz von Musik spielt hier eine sehr wichtige Rolle.

Hier einige Beispiele:

„Lip Sync“-Videos waren der Anfang von muiscal.ly und haben viele Accounts zu sehr hohen Reichweiten verholfen: Zum Playback der Musik mimt man den Gesang – mal mehr, mal weniger ernsthaft. Mittlerweile findet man auf TikTok aber die unterschiedlichsten Arten von Videos: Themen wie Rezepte, Tiere, Sport, Comedy und Gaming sind feste Bestandteile des Feeds und werden mit Liedern aus der umfangreichen Musikbibliothek von TikTok angereichert.

Da Musik ein entscheidendes Element auf TikTok ist, werden Videos oftmals mit aktuell angesagten Liedern hinterlegt, um zusätzliche Reichweite und Sichtbarkeit zu schaffen. Auch dann, wenn es kein Lip-Sync-Video ist.

Wie man es von Instagram und Snapchat kennt, lassen sich die Videos außerdem mit allerlei Filtern, Stickern und Effekten verfremden und verschönern. Des weiteren gibt es Livestreams, über die alle Abonnenten des Profils informiert werden.

Eine große Stärke von TikTok ist das Teilen der Inhalte. Wie gewohnt, lassen sich die Inhalte auch in anderen sozialen Netzwerken verbreiten. Hier ist beispielsweise die Verknüpfung zu Instagram Stories als wichtige Funktion zu erwähnen. Des weiteren lassen sich aus den Videos GIFs und Live-Fotos erstellen – alles direkt in der App.

Funktionen und Mechaniken

Viele TikTok-Funktionen kennt man aus anderen sozialen Netzwerken. Inhalte lassen sich teilen und  kommentieren, man kann Profilen folgen und nicht zuletzt die Sichtbarkeit durch die richtigen Hashtags steigern.

Hashtag Challenges

Hashtags kommen auf TikTok aber auch auf eine andere und sehr beliebte Art und Weise zum Einsatz: die sogenannten Hashtag Challenges. Sie basieren alle auf einem ähnlichen Prinzip: Die Hashtags geben das Thema vor und Nutzer erstellen hierzu Inhalte. Die Inhalte werden auf der Challenge-Seite dargestellt. Meistens dienen die Hashtag Challenges zur Unterhaltung. Sie können aber auch mit Gewinnspielen kombiniert sein, wenn TikTok beispielsweise eine aktuelle Kooperation mit einer Marke hat.

Auch im Rahmen von TikTok-Anzeigen werden Hashtag Challenges eine Rolle spielen. Hier wird TikTok aber hoffentlich sehr wählerisch sein und nur die Challenges aufnehmen, die die Nutzer auch unterhalten.

Über die Challenges kann man übrigens schnell reichweitenstarke und verifizierte TikTok Nutzer identifizieren, da ihre Inhalte durch den Hinweis „offiziell“ hervorgehoben werden.

Die Suche

Hashtag Challenges werden in der Suche direkt angezeigt. Neben einer Liste von Challenges gibt es Teaser, die besondere Kampagnen hervorheben.

Die Suche bietet aber noch weitere Optionen. Man kann nach allgemeinen Hashtags suchen und so überprüfen, ob es vielleicht schon Inhalte zu eigenen Produkten oder dem eigenen Unternehmen gibt. Man kann nach anderen Nutzern suchen und nach Liedern, die man für seine Videos nutzen möchte. Bei den Liedern zeigt TikTok immer an, wie viele Videos dazu gibt. Ähnlich wie bei den Hashtag Challenges werden auch bei den Songs alle dazugehörigen Videos angezeigt.

Während bei Instagram die Hashtags häufig im Vordergrund stehen, ist es auf TikTok eine Kombination aus Hashtags, Challenges und Liedern.

Marketing auf TikTok

TikTok ist also eine interessante, neue Plattform. Doch wie sieht es mit den Möglichkeiten für das Marketing aus? Da steht TikTok noch ganz am Anfang. Zwar gibt es regelmäßig Kampagnen und Kooperationen, aber vom Umfang und der Vielfalt eines Facebook oder Instagram ist TikTok noch sehr weit entfernt.

Unternehmensprofile und verifizierte Profile

Auf TikTok gibt es immerhin bereits verifizierte Profile für Unternehmen. Vom Aufbau ähneln sie anderen sozialen Netzwerken: Es gibt ein Profilbild oder -Video, eine Direktnachrichten-Funktion, sowie eine Übersicht zu Abonnenten, geteilten Inhalten und erhaltenen Interaktionen. 

Auch Influencer-Profile werden übrigens mit einem entsprechenden Hinweis versehen, wenn es sich um das „offizielle“ Profil handelt. Das ist auch notwendig, da es auf TikTok zahlreiche Fan-Accounts gibt, oder Profile, die schlichtweg Inhalte andernorts kopieren und erneut veröffentlichen. 

Zu guter Letzt lassen sich im Profil andere soziale Netzwerke verlinken. Möglich sind hier derzeit Instagram und YouTube. Externe Links zu Websites sind hingegen nicht vorgesehen.

Analog zu Instagram lassen sich geteilte Kurzvideos nicht mit Links versehen. Für Unternehmen bedeutet dies letztlich, dass es hier primär um Branding und Dialog gehen kann.

Es gibt bereits aktive Marken und Unternehmen aus Deutschland. Zu den Early Adoptern zählen hauptsächlich Radiosender, Sportvereine und Medienunternehmen.

Influencer auf TikTok

An Influencern führt auch auf TikTok kaum ein Weg vorbei. Zu Zeiten von musical.ly wurden die noch „Muser“ genannt, jetzt sind es „Creator“. Der Werbe-Hashtag #Ad kommt im April 2019 auf über 2,3 Mrd. Impressions. Das deutschsprachige Pendant #Anzeige liegt bei 4 Mio. Impressions.

Influencer-Marketing kann auf TikTok funktionieren und ist für Unternehmen derzeit oftmals eine gute Wahl, um erste Erfahrungen auf TikTok zu sammeln. Wichtig ist, sich nicht von Statistiken blenden zu lassen und bei der Auswertung genau zu überprüfen, wie die Influencer-Inhalte tatsächlich funktioniert haben. Für die Recherche der Influencer können Sie entweder TikTok selbst einsetzen oder, je nach Zielgruppe, nach bekannten Instagrammern und YouTubern auf TikTok suchen. Viele der bekannteren Namen sind schließlich ebenfalls auf TikTok aktiv.

TikTok-Anzeigen

Anzeigen auf TikTok stehen ebenfalls noch am Anfang.  Bis man Anzeigen wie auf Facebook buchen kann, wird sicher noch einige Zeit vergehen. Dennoch ist es hilfreich zu wissen, welche Formate TikTok anbietet:

  • Gesponserte Hashtag Challenges: Eine gesponserte Hashtag Challenge funktioniert identisch zu den beispielsweise von TikTok initiierten Aktionen. Ziel der Kampagne ist es, Nutzervideos zu generieren, um so eine möglichst große Sichtbarkeit auf TikTok zu erzielen.
  • Native Videoanzeigen: Bei diesem Anzeigenformat werden Videos im TikTok-Feed ausgespielt. Sämtliche Anzeigen sind gekennzeichnet und integrieren sich nahtlos – identisch zu Anzeigen auf Facebook, Instagram und Twitter. Über die Reichweite und Interaktionen im Feed lässt sich die Markenbekanntheit steigern. 
  • Brand Takeover Anzeigen: Dieses Anzeigenformat ist ein klassisches Banner, das direkt beim Öffnen der App angezeigt wird. Hier ist es möglich, die Nutzer auf eine Webseite zu lenken oder innerhalb von TikTok auf eine Hashtag Challenge.

Anzeigen können nur direkt über TikTok gebucht werden. Es ist zu erwarten, dass die App die Anzeigenprodukte noch deutlich ausbauen wird. 

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Fazit: Was Sie jetzt mit TikTok machen sollten

TikTok ist eine Plattform, die man als Unternehmen auf dem Schirm haben sollte. Das bedeutet zugleich nicht, dass Sie direkt ein Unternehmensprofil erstellen müssen. Zwar sind die über 4 Mio. aktiven Nutzer in Deutschland beachtlich, doch wie immer geht es darum, ob der Kanal Ihre Marketingziele unterstützt, ob Sie Ihre Zielgruppe erreichen und in welcher Form Sie überhaupt in der Lage sind, eine weitere Plattform zu bespielen. Möchten Sie eine sehr junge Zielgruppen ansprechen, dann ist TikTok durchaus schon jetzt eine spannende Option.

Dann können Sie entweder einen eigenen Account anlegen oder die Nutzer über Influencer und Anzeigen erreichen. Diese letzten beiden Punkte empfehlen sich oftmals als erster Schritt. Damit generieren Sie Erkenntnisse, Daten und Ergebnisse, über die Sie Ihr Verständnis für die Plattform und für die Nutzer von TikTok verbessern.

Kurz gesagt: Sie sollten TikTok beobachten, die Inhalte und die Features verstehen, ohne dabei etwas zu überstürzen.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 70

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