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Podcasts: Radio für das Internet

Ich erzähle und diskutiere audiotechnisch seit nunmehr sieben Jahren ins Internet. Aus Interesse für die Publikationsart und dahintersteckende Technologie fing ich damals, 2007, mit einem Interview mit Ingo Schmoll an und habe ziemlich schnell Feuer gefangen. Früher war es natürlich total furchtbar und aufwändig, so eine Konserve aufzubereiten und online zu stellen. Zumindest im Gegensatz zu heute. Ich möchte hiermit einen Einblick in meine weitere Motivation hinter dem Thema geben, in meine Abläufe, Monetarisierungsansätze und einen kleinen Ausblick gewähren.

Artikelbild Podcasting
© Spectral-Design – Fotolia.com

Definition

Podcasting bezeichnet das Anbieten abonnierbarer Mediendateien (Audio oder Video) über das Internet. Das Kofferwort setzt sich zusammen aus der englischen Rundfunkbezeichnung Broadcasting und der Bezeichnung für bestimmte tragbare MP3-Spieler, iPod, mit deren Erfolg Podcasts direkt verbunden sind und die heute stellvertretend für jegliche tragbare MP3-Spieler stehen. Ein einzelner Podcast besteht aus einer Serie von Medienbeiträgen (Episoden), die über einen News Feed (meistens RSS) automatisch bezogen werden können…

Quelle: Wikipedia

Viele Begrifflichkeiten und irgendwie auch dezent komplex. Wenn mich jemand fragt, was ich da eigentlich mache, sage ich gerne „Radio fürs Internet“, oder so. Im Laufe der Jahre ist auch der Konsum von Podcasts erheblich angenehmer geworden. Für die unterschiedlichen Smartphone-Plattformen stehen diverseste Clients zur Verfügung und auf dem stationären oder mobilen Rechenknecht kann man ebenfalls, und nicht nur mit iTunes, ganz bequem und wunderbar automatisiert seine Medien sammeln und konsumieren. Die technologische Basis ist fast immer ein RSS-Feed, der ja auch schon jahrelang totgesagt wird. Wie man diesen generiert, ist jedem selbst überlassen bzw. wird auch vom verwendeten Hosting-Anbieter bzw. Webservice definiert. Vom handgeklöppelten File auf dem entsprechenden Server bis hin zur Vollautomation, wie in meinem Fall mit den präferierten Lösungen soundcloud.com und squarespace.com

Deepdive Produktion

Wenn wir als Beispiel einmal mein kleines aber feines Randgruppenradio namens dailycoffeebreak.de (im weiteren dcb genannt) heranziehen, kann man ziemlich viel erschlagen, was auf einen zukommen wird, wenn man sich für ein eigenes Projekt entscheidet und loslegt.

Am Anfang war das gesprochenes Wort. Je nach Format (Interview, News, Berichterstattung etc.) muss/kann dieses unterschiedlich vorbereitet werden. Ich habe für den dcb anfänglich den Fehler gemacht – und das ist jetzt ein exklusives UPLOAD-Magazin-Geständnis – und alles schriftlich ausformuliert und aufgeschrieben was dann in der Audiokonserve gelandet ist. Dabei gibt es gleich mehrere Probleme: Es hört sich, trotz aller Bemühungen, abgelesen an. Die Dynamik fehlt fast komplett und es ist ein erheblicher Aufwand. Seit der dritten Season bin ich davon komplett abgekommen und möchte dahingehend auch eine Empfehlung aussprechen, dies ebenfalls auszulassen. Natürlich bereite ich mich inhaltlich vor bzw. stelle meine Themen zusammen. Aktuell am liebsten mit dem tollen Webservice flipboard.com, bei dem ich Geräte unabhängig Links „flippen“ kann, um meinen Storypool aufzubauen. Dies geht, mit der entsprechenden Freigabe, auch wunderbar im Team. Andere Podcaster finden ebenfalls Gefallen an trello (siehe dazu auch Sebastians Artikel hier im UPLOAD Magazin). Bei Interviews bereite ich mich natürlich anders vor und überlege mir ein paar Fragen und recherchiere zur Person, die mir gegenüber sitzt. Für den Rest halte ich mir gerne dynamische Entwicklungen offen, um das Gespräch nicht zu starr zu gestalten.

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Zurück zum dcb: Da ich diesen, bis auf kleine Ausnahmen, im Studio produziere, arbeite ich mit einem guten Headset (Beyerdynamic DT-790) und einem einfachen 2 XLR Port USB Interface (Presonus AudioBox USB) an meinem Mac. Was ich dort reinspreche wird mittlerweile wieder in Hindenburg Journalist (Mac und Windows Software für ab 85  Euro) aufgefangen und weiterverarbeitet. Die aktuell wohl angesagteste Software ist, auch dank der hervorragenden Arbeit von Ralf Stockmann mit seinem Ultraschall, Reaper  für 60 oder 225 US-Dollar. Den Anfang machte ich mit Garageband, das aber mittlerweile nicht mehr zu empfehlen ist. Es gibt unzählige Lösungen, die aber meist immer auf die Musikproduktion ausgelegt sind und somit für Podcaster umgebogen (s. Reaper) werden müssen. Auch mit Steinbergs Cubase, Apples Logic Pro und anderer Profisoftware kann man Podcasts produzieren. Ich schätze an Hindenburg die Leichtigkeit und den schnellen Einstieg sehr. Für mein Kurzformat habe ich mir ein Soundbett (Musikuntermalung mit Jingles) vorbereitet, an dem ich jeden Tag aufs Neue mit dieser Basis beginne. Hindenburg ist leider nur in der Lage, eine Audiospur aufzunehmen. Wer mehr will und braucht, z. B. für Live-Interviews benötigt eine sogenannte Multi-Track Software.

Kommen wir nach der eigentlichen Aufnahme zum nächsten Schritt. Hier kann man sich wirklich verkünsteln, mich eingeschlossen. Kapitelmarken sind eine Möglichkeit, seine Inhalte technisch zu strukturieren und „anspringbar“ zu machen mit einer guten Podcast App oder Webplayer. Diese können angereichert werden mit Bildchen sowie Text und sogar Links. Früher habe ich mir diese Arbeit gemacht, bin aber mittlerweile davon abgekommen.

dailycoffeebreak.de
Website von dailycoffeebreak.de

Ich exportiere anschließend ziemlich roh als unkomprimierte WAV-Datei. Alles Weitere erledigt für mich und sehr viele weitere Podcaster das großartige auphonic.com, ein Webservice mit Sitz in Österreich, der erheblich viel verbessert hat, was die Postproduktion sowie die Audioqualität angeht. Mit einem registrierten Account kann man sogenannte Presets anlegen, bei denen man, je nach Format, die Titelbasis, Coverbild, Meta-Informationen, Lizenz etc. abspeichern und somit immer wieder als Basis für die nächste Episode aufrufen kann. Dann macht Auphonic, je nach Wunsch, auch noch reichlich Audio-Magie in Form von Adaptive Leveler, Loudness Normalization, Filtering und Noise and Hum Reduction etc. Was sich hinter diesen Begrifflichkeiten verbirgt, wird hier erklärt. Das Angebot kann man auch prima per Spende unterstützen. Die Jungs haben wirklich sehr viel für die Podcast-Produktion getan und unterstützen diese ganz großartig. Wenn ich überlege, wie aufwändig diese ganzen Schritte früher mit unterschiedlichen Tools bzw. tief versteckt in der Software abzufeiern waren. Ohne Auphonic wäre auch der dcb keinesfalls so optimiert produzierbar, wie ich es mittlerweile hinkriege. Man kann gar nicht oft genug „Danke“ sagen!

Ebenfalls in den Presets kann man die Verteilungsziele hinterlegen. In meinem Fall beim dcb sind das Dropbox sowie Soundcloud. Bequemer geht es nicht. Weitere Optionen sind Amazons s3, webdav, (s)-ftp, etc. je nach Vorlieben. Dort landet nun das komplett vorbildlich aufbereitete Export-File in unterschiedlichen Formatoptionen wie mp3, opus, ogg, aac und so weiter und freut sich auf die Verbreitung.

Noch ein kurzer Produktionsausflug in den mobilen Bereich: Genau wie bei der Kamera zählt auch das Aufnahmegerät, das man dabei hat. Sicherlich tut es, auch dank Auphonic, das interne Smartphone-Mikrofon und eine kleine Aufnahme App. Tipp: Auch hier hat Auphonic etwas kostenfrei am Start (iTunes-Link)! Wer sich und seinen Zuhörern ein wenig bessere Qualität liefern will, sollte sich ein kleines Lavelier Mikrofon für den Kopfhöreranschluss besorgen. Dieses kostet nicht die Welt und gibt es mit dem Rode SmartLav. Damit wird die Aufnahmequalität schon erheblich besser. Dazwischen läge eine Hör-/Sprech-Kombi wie z.B. die Apples Earpods usw. Schaut euch dazu ergänzend Sebastians Artikel „7 Einsteiger-Tipps für die gelungene Audio-Aufnahme“ hier auf UPLOAD an.

Wer nicht nur alleine erzählt und beim Hin- und Herreichen (ja, auch das verursacht Geräusche) einen Tennisarm kriegt, sollte über den Erwerb eines sogenannten mobilen Field Recorders nachdenken. Bei mir kommt mittlerweile ein Tascam DR-40 (ca. 200 Euro) zum Einsatz. Mit zwei XLR-Anschlüssen für externe Mikrofone und den zwei internen ist man super aufgestellt und nimmt direkt auf SD-Karte auf. Die Postproduktion ist dann wie oben zu betrachten.

Generell wäre die Empfehlung, sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen. Ich mag Atmosphäre, aber die, und auch der Einfluss des Windes kann schnell zuviel werden und sich auch mittels Auphonic nicht ganz hörbar und angenehm rausfiltern lassen. Macht am besten vorab eine Probeaufnahme.

Beim Thema Hosting gibt es mittlerweile erfreulich viele Angebote. Wie oben bereits gesagt, setze ich fast ausschließlich auf soundcloud und squarespace. Eine kostengünstige und gute Alternative ist das Podlove-Projekt aus dem Dunstkreis des deutschen Podcast-Papstes Tim Pritlove. Dieses WordPress-Plugin ist absolut empfehlenswert und kann, nach kurzer Einarbeitungszeit, entspannt verwendet werden, um seine Dateien durch die Gegend zu verteilen. Auch dazu findet hier auf UPLOAD einen ausführlichen Bericht.

Nach all den Jahren führt, aus meiner Sicht, auch kein Weg daran vorbei, sein Format bei iTunes im Podcast-Bereich einzustellen und es dort anzubieten. Das geht z. B. über das Desktop-iTunes sehr einfach und ist meist innerhalb von ein paar Tagen freigeschaltet.

Das soll es zur Produktion und Distribution gewesen sein. Womit wir auch zu kritischen Worten kommen:

Probleme und Schmerzen

Fragt man einschlägige Experten, auf welches Pferd man setzen sollte, heißt es an jeder Ecke “Bewegtbild”. Themen und Produkte etc. mit Video zu begleiten oder zu vermitteln, ergibt absolut Sinn ist aber, wie immer, nicht ganz zu pauschalisieren. Es gibt sie, die Nischenthemen wo „audio-only“ halt doch sinnvoller ist und genutzt werden sollte. Video erfordert beim Konsumenten mehr Aufmerksamkeit und kann nicht so gut nebenbei konsumiert werden. Sicherlich das selbe Argument, das auch Radio seit Anbeginn vorbringt. Dass YouTube für Webvideo unglaublich viel verändert und erfreulich professionalisiert hat, steht fest. Genau so ein Effekt fehlt beim Podcasting. Ich bin unentschlossen, ob es eine zentrale Plattform (ja, es gibt iTunes) sein muss oder nicht auch anderweitig endlich zu der erstrebenswerten Verbreitung führen wird bzw. brauchbare Erlöse, bei Bedarf, abwerfen kann (abgesehen von der Spitze des Eisbergs).

Formate und Motivation

Die Grundmotivation zum Beginn eines Podcast-Projektes sollte Begeisterung sein. Generell gilt das, zumindest für mich, für alles was ich beginne und betreibe. Reich, berühmt und sexy wird man nicht auf einen Schlag. Natürlich kann man versuchen, da schließe ich mich ebenfalls ein, monetär erfolgreich zu werden. Dies sollte aber nicht der Kernfokus sein.

Wer aus unternehmerischer Perspektive loslegt, sollte an das Medium glauben und einen etwas längeren Atem planen.
Auch für privat gilt, dass man einen Podcast auch zum Markenaufbau bzw. -ausbau verwenden kann. Egal, ob zur Produkt- oder Projektbegleitung und -Dokumentation, ähnlich wie ein Blog. Durchaus mindestens ein innvovativer Marketing- und/oder Public-Relations-Kanal.

Die Community tauscht sich gerne aus und ist hilfsbereit. Fragen hilft ungemein. ADN (app.net aber wohl dem Untergang geweiht) war kurzfristig Anlaufstelle Nr. 1, aber es gibt ja auch noch dieses Twitter. Ebenfalls möchte ich die Podlove Workshops empfehlen, die aktuell halbjährlich in Berlin stattfinden. Hier treffen sich Produzenten zum regen Austausch. Organisiert vom bereits erwähnten Podcaster-Papst Tim Pritlove und den WikiGeeks.

Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sowie Fernsehsender haben mittlerweile einen sehr bis übertrieben hohen Stellenwert gerade bei iTunes. Die privaten Sender mischen ebenfalls bei gehöriger Zweit- und Drittverwertung ihrer Inhalte mit. Bis auf wenige Ausnahmen, wie dem großartigen Radio Tatort, sorgt dies leider dafür, und das muss ich bemängeln, dass ebenfalls tolle private oder weitere Podcastangebote in den Hintergrund gespült werden. Das ist zum Teil sehr frustrierend.

Natürlich gilt wie für alles, dass der Erfolg unterstützt werden kann, in dem man sich weiteren Kanälen wie Facebook, Twitter, Newslettern usw. bedient, um Promotion und Querverteilung für das Format zu machen.

Ausblick und Empfehlungen

Hierbei, natürlich vollkommen subjektiv, glaube ich weiterhin an das Format und bin begeistert und missionarisch unterwegs. Ich habe auf diversen BarCamps dazu Sessions abgehalten und Fachartikel verfasst. Ebenfalls glaube ich, dass, mit genug Durchhaltevermögen und Nachhaltigkeit, monetär ebenfalls Möglichkeiten bestehen, die man natürlich ausprobieren kann/muss. Gerade durch die immer leichteren Produktionsabläufe und den geringen finanziellen Aufwand sinken die Hürden, es auszuprobieren. Im Gegensatz zur Videoproduktion ist dies nicht außer Acht zu lassen. In den nächsten Jahren wird es spannend, ob es auch mehr deutsche Formate schaffen, sich zumindest zu tragen oder sogar Geld mit diesem Medium zu verdienen, um den Aufwand zu gerechtfertigten.

Abschließend möchte ich noch ein paar Empfehlungen für tolle Podcast-Projekte los werden und an die Hand geben:

Zur Orientierung mindestens ans Herz gelegt sei die gute Hörsuppe von Christian Bednarek der eine hervorragende und handverlesene Auswahl an Podcasts kuratiert und übermässig überragend aufbereitet hat. Daumen hoch dafür!

Ich hoffe, dir hat dieser Artikel gefallen und du konntest etwas dazu lernen oder bestätigt sehen. Falls es Rückfragen oder Anregungen gibt, stehe ich gerne im Netz unter @dotdean und via dotdean.de zur Verfügung und freue mich, wie immer, über Feedback.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 12

„On Air“ ist das Thema dieser Ausgabe des UPLOAD Magazins. Daran dreht sich alles darum, wie man per Audio oder Video auf Sendung gehen kann – sogar unterwegs. Wir stellen Software, Hardware und Tools vor, verraten Tipps und Tricks und zeigen in einem Portrait, das man sich heute sein eigenes Medienunternehmen aufbauen kann.

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6 Gedanken zu „Podcasts: Radio für das Internet

  1. Danke für die Tipps zum Audio-Mastering. Ich selbst habe früher mehr gehört, bin aber aus Zeitgründen abgekommen. Ich weiß noch, das letzte mal habe ich mir 10 Podcasts vom Chos Radio heruntergeladen und alle ca. zehn Minuten gehört, weil sie zwar lang, aber unheimlich unfokussiert und sprunghaft sind. Deswegen würde ich allen Podcastern empfehlen, wenn er nicht professionell sprechen gelernt habt eine halbe Stunde und dann Schluss.

  2. Pingback: adresyfirm.org

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