Messenger-Marketing: Was heute geht, was morgen kommt

Seit etwa einem Jahr gibt es einen neuen Stern in der digitalen Kommunikation: Messenger bringen die Augen der Marketing-Berater zum Leuchten. Doch für wen ist Messenger-Marketing wirklich sinnvoll? Welche Möglichkeiten gibt es und was müssen Sie bei der Umsetzung bedenken? In diesem Artikel werde ich Ihnen zunächst einen Überblick über den Status Quo in Deutschland verschaffen und die Pläne der großen Player wie Facebook Messenger, WhatsApp und Snapchat aufzeigen. Schließlich machen wir einen kleinen Ausflug nach China, wo der lokale Messenger-Anbieter WeChat bereits seit Langem ausgefeilte Möglichkeiten für Unternehmen anbietet.

(Grafik: © AlexOakenman – Fotolia.com)
(Grafik: © AlexOakenman – Fotolia.com)

WhatsApp in Zahlen

WhatsApp bietet seinen Nutzern die Möglichkeit, sich via Text, Fotos, Tonaufnahmen oder Videos im Chat auszutauschen und das sowohl mit Einzelpersonen als auch mit ganzen Gruppen. Darüber hinaus sind Voice-und Videoanrufe seit Kurzem möglich. Seit dem Sommer dieses Jahres gibt es auch eine Weboberfläche, die WhatsApp an jedem Computer nutzbar macht. In Deutschland liegt WhatsApp sowohl in der Nutzung durch Privatpersonen als auch durch Unternehmen ganz vorne.

WhatsApp hat weltweit über 900 Millionen aktive Nutzer, 70 Prozent davon sind sogar täglich auf WhatsApp aktiv und versenden dabei 30 Milliarden Nachrichten.  In Deutschland liegt die Anzahl der WhatsApp Nutzer etwa bei 35 Millionen und übertrifft damit die Anzahl der Facebook-Nutzer um rund 7 Millionen. Insgesamt entspricht das einer Verbreitung von 43,75 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Auch in der Schweiz ist WhatsApp Marktführer unter den Messengern. In Österreich wird von immerhin „über eine Million Nutzern“ ausgegangen. Der „ruf Young Traveller Kompass“ (PDF) kam in der Gruppe zwischen 10 und 25 Jahren zu einem noch deutlicherem Ergebnis: 95 Prozent der Befragten nutzen die App täglich um zu kommunizieren.  Kein Wunder also, dass Marketeers hier hellhörig werden und mit diesem Kanal experimentieren.

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Anwendungsszenarien für WhatsApp

Aktuell gibt es drei große Anwendungsszenarien, die mit WhatsApp umgesetzt werden.

Empfehlungen über den Share-Button

Die einfachste Art und Weise die Reichweite von WhatsApp zu nutzen, ist die Integration eines Share-Buttons in die eigene Webseite. Insbesondere auf Nachrichten-Seiten und Blogs taucht das grüne Symbol immer häufiger auf und erleichtert somit den Lesern das Teilen des Inhaltes an Kontakte in WhatsApp.

Ein weiteres Einsatzgebiet sind Online-Shops. Beispielsweise können Kunden in dem mobilen Online-Shop von Douglas bereits Produkte per Klick an ihre Kontakte in WhatsApp empfehlen.

Messenger als Newsletter-Ersatz

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit ist das Versenden von aktuellen Nachrichten oder sogar Newslettern. Die BBC brachte diesen Dienst bereits 2014 auf den Weg und konnte dafür sogar WhatsApp als Kooperationspartner gewinnen.  Im deutschsprachigem Raum nutzen diese Möglichkeit des Push-Marketings beispielsweise die Sender n-tv (siehe Abbildung) oder der SRF,  Printmedien wie die Internetworld oder DerStandard.at. Einzelhändler nutzen die App, um Ihren Kunden die neusten Angebote direkt auf das Smartphone zu schicken. Ein Beispiel hier ist die Fleischerei Stroh.

Abbildung 1: n-tv Zuschauer können per WhatsService auf dem Laufenden bleiben
Abbildung 1: n-tv Zuschauer können per WhatsService auf dem Laufenden bleiben

Möglich wird dieses Anwendungsszenario durch Broadcast Listen: Damit kann man einer Gruppe von bis zu 256 Personen Nachrichten schicken, ohne die Empfänger untereinander zu verbinden oder offen zu legen. Diese Funktion hat gegenüber Facebook Status-Updates einen entscheidenden Vorteil: Alle Empfänger bekommen die Nachricht direkt auf ihrem Smartphone angezeigt. Nachrichten von Unternehmen werden genauso behandelt wie die von privaten Kontakten. In diesem Vorteil liegen zugleich Herausforderungen:

  1. Die erste Herausforderung besteht darin, den Nutzer überhaupt in die Broadcast Liste zu bekommen. Dafür muss dieser nicht nur dem Unternehmen seine Nummer übermitteln, sondern zusätzlich den Absender in seine Kontakte aufnehmen. Rechtlich ist in diesem Schritt eine ausdrückliche Zustimmung zu dem Empfang von WhatsApp Nachrichten notwendig, ebenso die Möglichkeit den Dienst jederzeit zu stoppen. Empfehlenswert ist ein Hinweis, dass die Rufnummer dafür an WhatsApp übermittelt wird und somit personenbezogene Daten in die USA exportiert werden.
  2. Die zweite Herausforderung liegt in dem privaten Umfeld, in das Sie mit Ihren Nachrichten eindringen. Dies macht es umso wichtiger, dass Ihre Nachrichten für Ihre Empfänger relevant und wertvoll sind. Die BBC limitiert sich hier beispielsweise selbst, indem pro Tag nur die drei wichtigsten News an die Abonnenten verschickt werden.
Abbildung 2: Beispielhafte WhatsApp-Chats zu „Das große Schlüpfen“
Abbildung 2: Beispielhafte WhatsApp-Chats zu „Das große Schlüpfen“

Eine andere Möglichkeit ist die ergänzende Begleitung von TV-Shows und Events, an denen der Abonnent sowieso so schon Interesse hat. Einblicke hinter die Kulissen oder Interviews mit den Protagonisten oder Gästen stellen an dieser Stelle direkt einen Mehrwert dar.

Ein schönes Beispiel dafür liefert das ZDF. Der Sender bildete über die Broadcast Funktion ein Zusatzangebot zu der Serie „Das große Schlüpfen“ ein. Dieser informierte die Abonnenten, wenn ein Tier das Licht der Welt erblickte und zeigte regelmäßig Einblicke hinter die Kulissen (siehe Abbildung 2).

Messenger für die 1:1-Kommunikation

In Abbildung 2 sehen Sie gleichzeitig das dritte Anwendungsszenario: Die persönliche 1:1-Kommunikation zwischen Nutzern und Unternehmen.

75% finden Kundenservice per WhatsApp besser als via Social Media

Eine der naheliegendsten Angebote im Rahmen der direkten Kommunikation ist natürlich der Kundenservice. Messenger bieten hier – zumindest theoretisch – einen geschützten Raum, in dem der Kunde sein Anliegen mit dem Unternehmen klären kann. Eine Studie von HeyWire Business kam zu dem Ergebnis, dass 75 Prozent der Nutzer für den Kundenservice lieber über Textnachrichten kommunizieren als per Social Media. Unternehmen wie Yourfone und die Autohäuser der Freese-Gruppe bieten Ihren Kunden hier bereits diese Möglichkeit an.

Neben dem klassischen Kundenservice gibt es bereits eine Reihe von Beispielen, bei denen der Nutzer via WhatsApp beraten wird.  Einen kleinen Einblick in die Vielfalt der Möglichkeiten möchte ich Ihnen hier zeigen.

  • Die Kampagne „Studieren in Fernost“ arbeitet seit Jahren daran, Studenten für ein Studium in den östlichen Bundesländern zu begeistern. Im Mai 2014 boten die teilnehmenden Hochschulen erstmals eine persönliche Studienberatung per WhatsApp an, die sehr gut angenommen wurde.
  • Der Lebensmittelhersteller Hellmanns stellte Interessenten mit dem Service WhatsCook einen echten Koch zur Verfügung. Dieser kreierte aus den Inhalten des Kühlschranks ein Rezept, natürlich immer mit Produkten von Hellmanns. Der Nutzer wurde mit Tipps, Fotos und Videos durch den Kochvorgang begleitet und bekam auch via Message gesagt, wann es Zeit ist, das Gericht aus dem Ofen zu holen. Das Startup Just Spices setzt aktuell auf eine ähnliche Idee unter gleichem Namen und bietet den Nutzern Hilfe zu Gewürzen an.
  • Outfittery bietet seinen Kunden einen „WhatsApp Stylecheck“ an und auch Zalando hat bereits einen persönlichen Styling-Ratgeber via WhatsApp getestet.
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WhatsApp als persönlichen Servicekanal zu nutzen, hat aktuell vor allem einen Haken: Es gibt es noch keine offizielle Anbindung, über die der Messenger in bestehende Serviceanwendungen integriert werden kann. Zwar gibt es einige Anwender, die mit „grauen APIs“ arbeiten, das ist aber nicht empfehlenswert. Mehr dazu von Ben Ellermann.

Das bedeutet somit Handarbeit, und die ist teuer und aufwendig. Dazu kommen datenschutzrechtliche, sowie AGB-bedingte Herausforderungen, auf die ich im folgenden Abschnitt eingehen möchte.

Der Haken am Messenger-Marketing

Der große Haken an den vielen erfolgreichen Beispielen auf WhatsApp ist: Die „Terms of Service“ (Nutzungsbedingungen) untersagen die kommerzielle und gewerbliche Nutzung des Messengers. Unternehmen, die die App trotzdem für diesen Zweck nutzen, gehen damit das Risiko ein, dass ihnen jederzeit der Zugang entzogen werden kann. Zwar denkt Facebook laut darüber nach, WhatsApp ebenfalls mit den Unternehmensfunktionen auszustatten, die gerade im Facebook Messenger getestet werden, dies wäre aber eine langfristige Perspektive.

Darüber hinaus sorgte WhatsApp im Bezug auf Datenschutz und Sicherheit immer wieder für negative Schlagzeilen. Die datenschutzrechtliche Zulässigkeit für den Unternehmenseinsatz ist nicht abschließend geklärt. Der Rechtsanwalt Carsten Ulbricht hat die aktuelle Sachlage auf seinem Blog ausführlich diskutiert und kommt zu dem folgenden Fazit:

„Wie bei vielen neuen Möglichkeiten, die die Digitale Transformation bietet, muss jedes Unternehmen für das jeweilige Anwendungsszenario unter individueller Abwägung der Chancen und Risiken über die Nutzung entscheiden. Dabei sind einzelne Szenarien denkbar (z.B. mit aufgeklärter Einwilligung) bei denen sich der Einsatz von Whatsapp durch Unternehmen rechtskonform aufsetzen lässt. Der unkontrollierte Einsatz von WhatsApp erscheint derzeit im Hinblick auf die „gefühlte“ Vertraulichkeit der direkten Kommunikation und der anhaltenden Sicherheitsbedenken eher bedenklich.“

Die Datenschutzproblematik ist an dieser Stelle nicht auf WhatsApp begrenzt, sondern gilt ebenso für den Facebook-Messenger. Bei Letzterem ist jedoch die gewerbliche Nutzung erlaubt und wird sogar aktiv beworben.

Facebook-Messenger: Vom Textchat zum Allround-Talent

Der Facebook Messenger hat aktuell 700 Millionen Nutzer und ist direkt nach Facebook der zweithäufigste App-Download bei iOS-Geräten. Was als klassische Nachrichtenfunktion auf der Facebook-Plattform begann, ist mittlerweile ein wahres Allround-Talent der Kommunikation. Die Nutzer können den Chat mit Stickern verzieren, ihren Standort mit anderen teilen und Fotos, Audio- oder Videobotschaften sowie Dateien verschicken. Dazu kommen kostenlose Audio- und Videoanrufe über die App. In ausgewählten Regionen ist sogar eine Bezahlfunktion verfügbar, die sich nahtlos in die App einfügt. Darüber hinaus hat Facebook die Anbindung an den Messenger für Entwickler geöffnet, die so ihre Anwendungen integrieren können. Damit ist der Weg frei für Spiele und Co., aber eben auch Anschlüsse an CRM- oder E-Commerce-Systeme. Bei Letzterem ist Vorsicht geboten: Facebook untersagt die Speicherung vieler Daten, die in den Nutzerprofilen sichtbar sind. So werden Sie auf absehbare Zeit z.B. die Mobilnummer der Teilnehmer nicht speichern dürfen. Dies schränkt die Nützlichkeit in Bezug auf CRM deutlich ein.

Der Facebook-Messenger wird aktuell explizit auf die Nutzung durch Unternehmen vorbereitet und dabei als Plattform für den gesamten Verkaufszyklus positioniert. Ob die Beratung vor dem Kauf, die anschließende Paketverfolgung oder die Unterstützung bei Problemen nach dem Kauf – der Messenger bietet die Basis für die gesamte Kundenkommunikation.

Auf einer eigenen Seite zeigt Facebook bereits wie das aussehen könnte. So hat der Kunde die Möglichkeit, nach dem Kauf einen Chat mit dem Verkäufer zu eröffnen (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: So bewirbt Facebook den Messenger für den Business-Einsatz.
Abbildung 3: So bewirbt Facebook den Messenger für den Business-Einsatz.

Über diesen kann das Unternehmen jetzt einem Kunden auf Basis vorbereiteter Templates beispielsweise Bestellbestätigungen oder Updates über den Versand zuschicken. Der Kunde hat jederzeit die Möglichkeit mit dem Unternehmen Fragen zu klären. Der Facebook-Messenger ersetzt hier die klassische E-Mail und bietet zusätzliche Vorteile für beide Seiten: Der Kunde wird zum Beispiel per Push-Benachrichtigung direkt über jede neue Nachricht informiert, das Unternehmen bekommt so mehr Aufmerksamkeit. Darüber hinaus können beide Seiten sehen, ob eine Nachricht gelesen wurde. Auch im Hinblick auf die Skalierung ist der Facebook-Messenger vorbereitet: Aktuell besteht bereits eine Kooperation mit dem Kundenservice-Plattform-Anbieter Zendesk. Weitere Kooperationen sind in Planung.

Ein zusätzlicher Clou ist bereits absehbar, denn Entwickler haben in der Dokumentation für das Seiten-Plugin eine weitere Funktion entdeckt: Kunden können darüber direkt auf einer Webseite mit dem Anbieter auf Facebook in Kontakt treten. Damit wäre diese Art der Kontaktaufnahme nicht mehr nur im Anschluss an eine Transaktion möglich (s.o.), sondern wann immer der Kunde ein Anliegen an ein Unternehmen hat.

Darüber hinaus ist sicher, dass die erwähnte Payment-Funktion zukünftig den Kaufprozess in der App möglich machen wird. Ein Hinweis darauf findet sich in einem Screenshot aus Facebook M (siehe Abbildung 4), einen persönlichem Assistenten auf Basis des Facebook Messengers, der gerade in Entwicklung ist. Dieser auf künstlicher Intelligenz basierende Dienst soll dem Nutzer in Zukunft für seinen Nutzer alltägliche Aufgaben übernehmen. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie viele Unternehmen hier Interesse haben könnten, in einen derartigen Service integriert zu werden.

Abbildung 4: Facebook M, der persönliche Assistent hilft beim Aussuchen von Geschenken.
Abbildung 4: Facebook M, der persönliche Assistent hilft beim Aussuchen von Geschenken.

Ich bin sicher, dass wir rund um den Facebook Messenger in den nächsten Monaten noch viele Überraschungen erleben werden.

Blick über den Tellerrand: China zeigt die Zukunft

Was bei den Messengern aus der Facebook-Familie noch in den Kinderschuhen steckt, ist schon lange Alltag bei den Wettbewerbern im asiatischen Markt.

Insbesondere das chinesische WeChat ist mittlerweile ein wichtiges Marketing-Werkzeug für Unternehmen.  Im Folgenden möchte ich Ihnen WeChat und insbesondere dessen Unternehmensfunktionen vorstellen, denn hier lässt sich sehr gut zeigen, wohin die Reise der hiesigen Anbieter noch gehen könnte.

WeChat

WeChat, oder Wēixìn im Chinesischen, hat aktuell 500 Millionen aktive Nutzer. Die App ist dabei viel mehr als ein Messenger und verfügt über Funktionen, die typisch für Social Networks sind. Jeder Nutzer hat zum Beispiel eine eigene Chronik (Timeline), genannt „Moments“, in der Fotos, Videos, Audio-Nachrichten, Sticker und Texte mit sämtlichen Kontakten geteilt werden können. Natürlich stehen all diese Funktionen auch in Einzel- und Gruppenchats, sowie über eine Broadcast-Funktion bereit. WeChat ist seit Langem in der Webversion auch für Computer verfügbar. Neue Kontakte lassen sich anhand der WeChat-ID, über das Scannen eines QR-Codes oder durch die Empfehlung eines Kontaktes hinzufügen. Darüber hinaus kann man sich WeChat-Nutzer im Umkreis anzeigen lassen oder durch Schütteln des Smartphones einen Zufallsgenerator nutzen, um sich Kontakte vorschlagen zu lassen.  Ganz neu ist die Walkie-Talkie-Funktion, die dem klassischen Funk-Pendant oder dem Push-to-Talk entspricht. Ein weitere Besonderheit ist die WeChat Wallet, der hauseigene Paymentservice, mit dem die Nutzer Geld untereinander transferieren können, aber auch Services wie Taxi, Flugtickets oder Kinokarten beanspruchen können (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Das WeChat Wallet bietet dem Nutzer eine Reihe von Services an.
Abbildung 5: Das WeChat Wallet bietet dem Nutzer eine Reihe von Services an.

Offizielle Accounts

WeChat bietet unterschiedliche Unternehmenszugänge an, die sich in den Funktionen und in der Erreichbarkeit unterschieden. Zunächst einmal wäre hier das Unterschiedungskriterium: chinesisch oder international. Der wichtigste Unterschied hier ist, dass internationale Accounts für Nutzer aus China nicht erreichbar sind. Eine geschickte Methode des WeChat Mutterkonzerns Tencent, den strengen chinesischen Internet-Regeln für die Gesundheit des chinesischen Internets zu entsprechen.

Die zweite Unterscheidung ist zwischen einem Abonnement- (Subscription) oder einem Service-Account.  Subscription-Accounts funktionieren ähnlich wie die Broadcast Listen bei WhatsApp.  Dabei können die Accounts eine Nachricht pro Tag an unlimitierte Empfänger versenden. Der größte Unterschied und damit auch Nachteil dieses Accounts: Er liegt in einem speziellen Unterordner, den der Nutzer aktiv aufrufen muss, um zu sehen, was in den einzelnen Abonnements passiert ist. (siehe Abbildung 6)

 

Abbildung 6: Links der Servicekanal zwischen den privaten Chats, Rechts die Abonnements.
Abbildung 6: Links der Servicekanal zwischen den privaten Chats, rechts die Abonnements.

Service-Accounts dagegen sind direkt zwischen den privaten Chats positioniert und informieren den Nutzer per Push-Notification über jede neue Nachricht. Dafür ist die Anzahl der Nachrichten ohne Bezug zur Serviceleistung auf vier pro Monat limitiert.

Die finale Unterscheidung liegt zwischen verifizierten und nicht verifizierten Accounts. Verifizierte Accounts sind bisher, bis auf wenige Ausnahmen, nur für chinesische Unternehmen verfügbar.

Unabhängig von der Art des Zugangs stehen allen Unternehmen die folgenden Basis-Funktionen zur Verfügung:

  • Nutzer-Management: Einblicke in die Profile der Nutzer, inklusive der Möglichkeit ein Alias hinzuzufügen.
  • Analytics: Detaillierte Auswertungen über die Follower, Interaktion mit den Inhalten, Anzahl der Nachrichten und mehr.
  • Broadcast Messaging: Das Versenden von Nachrichten an alle Abonnenten oder eine spezielle Zielgruppe.
  • Content Management: Bilder, Audio- und Videodateien hochladen und Multimedia Cards erstellen.
  • Auto-Reply: Einrichtung einer Willkommensnachricht, Antworten auf spezielle Schlüsselbegriffe, sowie eine Standartantwort auf alle anderen Nachrichten.

Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Funktionen für verifizierte Accounts. Darunter fallen:

  • Individuelles Menü: Ähnlich der Reiter bei Facebook können sich Unternehmen in WeChat individuelle Unterseiten bauen.
  • Umfrage-Karten: Eine Multiple-Choice-Umfrage kann an die Nutzer versendet und eine Auswertung der Antworten im Backend eingesehen werden.
  • Gutschein-Karten: Unternehmen können ihren Kunden Gutscheine, Kundenkarten, Coupons oder sogar einen Boarding-Pass direkt in der App erstellen.
  • Werbung: Unternehmen können Ihren Account mit einem genauen Targeting bewerben und das inklusive Ad-Manager und Reporting.

Letztendlich gibt es für den verifizierten Service-Account noch diese besonderen Funktionen:

  • Service-Software: Eine eigene Servicekonsole, die es mehreren Agenten gleichzeitig ermöglicht, auf Anfragen zu antworten. Inklusive Standardantworten und Benachrichtigungen.
  • Payment: Die Möglichkeit Zahlung über WeChat zu erhalten – online und sogar offline über das Scannen eines QR-Codes.
  • WeChat Store: Eine Komplettlösung für einen Onlineshop innerhalb von WeChat.
  • Transaction-Messaging: Eventbasierte Nachrichten für Buchungs-, Bestell- oder Bezahlungsbestätigungen und Status Updates.
  • Hardware-Interface: Smart Devices wie zum Beispiel Wearables können mit offiziellen Accounts innerhalb von WeChat interagieren.

Wie Sie vielleicht bemerkt haben, finden sich unter den Funktionen eine Reihe von Möglichkeiten wieder, die Facebook in den letzten Monaten auf der Plattform selbst oder in den Messenger integriert hat. Ich gehe davon aus, dass wir in Zukunft weitere Funktionen sehen werden, die für den westlichen Markt adaptiert werden.

Beispiele auf WeChat

Um die aufgezählten Möglichkeiten plastischer zu gestalten, möchte ich Ihnen zum Abschluss ein paar gute Beispiele vorstellen.

Abbildung 7: UNICEF auf WeChat.
Abbildung 7: UNICEF auf WeChat.

Die Hilfsorganisation UNICEF Hong Kong war der erste Partner für WeChat Payment außerhalb des chinesischen Festlandes. In der App können die Nutzer nicht nur die Arbeit von UNICEF verfolgen, sondern auch gezielt für einen guten Zweck ihrer Wahl spenden (siehe Abbildung 7). Eingeführt wurde der Account im Rahmen des Erdbebens in Nepal, um unbürokratische und schnelle Hilfe zu ermöglichen.

Abbildung 8: Im LINQ Hotel & Casino lässt sich das Zimmer per WeChat bedienen.
Abbildung 8: Im LINQ Hotel & Casino lässt sich das Zimmer per WeChat bedienen.

Pilotanwendungen mit dem Internet der Dinge gibt es ebenfalls schon. Beispielsweise konnten Gäste des LINQ Hotel & Casino im Rahmen der CES 2015 ein smartes Hotelzimmer über WeChat steuern. Dafür konnten die Gäste ihre Suite per QR-Code mit ihrem WeChat Account koppeln und anschließend innerhalb der App das Licht dimmen, die Jalousien und die Temperatur regeln oder die Tür öffnen und schließen (siehe Abbildung 8). Im Video können Sie sich das hier ansehen:

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Ein deutlich weniger spektakuläres, aber umso gängigeres Beispiel kommt von Watsons, der führenden Drogeriekette in Asien. Diese bildet die eigene Kundenkarte in WeChat ab, für die die Nutzer sich mit dem Senden einer Zahl registrieren können. Diese ist sofort in der App verfügbar und muss nur an der Kasse vorgezeigt werden. Natürlich werden auch stetig neue Angebote über WeChat verschickt (siehe Abbildung 9, linke Seite). Dazu bietet Watsons einen Store-Locator an, der dem Kunden auf Basis seines Standortes den am nächsten gelegenen Markt zeigt. Für Aktionen greift Watsons gern auf die Shake-Funktion zurück. Zum Neujahresfest konnten sich Nutzer beispielsweise Rabatte erschütteln.

Abbildung 9: Watsons informiert über neue Angebote, China Airlines lässt seine Kunden über WeChat einchecken.
Abbildung 9: Watsons informiert über neue Angebote, China Airlines lässt seine Kunden über WeChat einchecken.

China Airlines aus Taiwan bietet auf ihrem WeChat Account sämtliche Informationen zu Flugplänen und -zeiten an. Kunden können direkt in der App für ihren Flug einchecken, ihren Sitz aussuchen und sich einen Boardingpass ausstellen lassen (siehe Abbildung 9, rechte Seite). Fragen zu Reservierungen können direkt in der App an den Kundendienst gestellt werden, darüber hinaus können sich die Nutzer in WeChat für das Bonusprogramm registrieren und ihre gesammelten Meilen verwalten. Natürlich dürfen auch Angebote und Neuigkeiten nicht fehlen.

Abschließende Gedanken

China Airlines selbst positioniert die Präsenz innerhalb von WeChat als Ersatz für die hauseigene App.  Folgt man diesem Gedanken, werden Messenger in Zukunft als eine Art Betriebssystem oder allgemeine Plattform für Serviceleistungen und Apps dienen. Der Facebook Messenger hat den Weg für diese Möglichkeit ebenfalls schon geöffnet, es bleibt spannend, welche Evolution wir hier im nächsten Jahr miterleben können.

Messenger werden ein spannendes Spielfeld für Unternehmen

Eine Sache steht für mich fest: Messenger werden ein spannendes Spielfeld für Unternehmen, das Sie aus strategischer Perspektive gut beobachten sollten. Aktuell würde ich aufgrund der problematischen datenschutzrechtlichen Lage, sowie der Grauzone im Bezug auf die WhatsApp-Nutzungsbedingungen noch ein wenig abwarten. Sehen Sie es so, wie bei den neuesten iOS-Updates: Dort gibt es die Gruppe, die sich sofort auf die neueste Beta-Version stürzt und die, die abwartet, bis die Kinderkrankheiten auskuriert sind. Letztere kann vielleicht nicht direkt mitreden, erspart sich dafür aber oft eine Menge Stress und Nerven.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 27

„Mobile Social“ ist das Titelthema dieser Ausgabe. Gemeint ist damit einer der großen Trends dieses Jahres: Die steigende Nutzung von Mobilgeräten macht die sowieso bereits mächtigen Social Networks noch wichtiger. Und dabei ist die nächste spannende Plattform schon am Horizont zu sehen: Messenger.

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8 Gedanken zu „Messenger-Marketing: Was heute geht, was morgen kommt

  1. Zuest wollte ich ja schimpfen als ich anfing den Blogbeitrag zu lesen. Ich hatte ihn auf einen Linux-Client geöffnet, der wohl mit dem Schriftcode nicht zurecht kam und damit die Zeile und Wortumbrüche in einer Qualität lieferte, die „weh“ tat.

    Habe dann aber auf das iPad gewechselt und das kannte dann auch dudenkonforme Worttrennungen und Zeilenumbrüche.

    Inhaltlich habe ich aber gar nichts einzuwenden. Eine schöne Zusammenfassung der gebräuchlichsten Messenger und ihrer Einsatzmöglichkeiten im Bereich des Marketings. Ich bin gespannt wo der Weg weiter geht.
    Gegenwärtig drängt gerade im Bereich der Unternehmenskommunikation ja noch SIMsme auf den Markt, der Datenschutz führt dazu, gerade dort eine Kommunikation mit diesen Intrumenten vorzuschreiben. Es gibt auch Bereiche, die sogar über einen eigenen Messengerdienst nachdenken (Sicherheitsbehörden).

    Ich werde die Beiträge weiter mit Spannung verfolgen ?

  2. Mich würde interessieren, wie Outfittery und Zalando das ganze Thema technisch abbilden. Soweit ich weiß, benötigt man für Whatsapp jeweils eine Handynummer. Whatsapp bietet nicht die Möglichkeit, dass mehrere Mitarbeiter auf die Anfragen gleichzeitig antworten können (mal abgesehen davon, dass eine kommerzielle und gewerbliche Nutzung untersagt ist!). Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass bei Zalando ein paar hundert oder sogar tausend Anfragen pro Tag reinflattern, wie soll man das bearbeiten?

    Für uns wäre eine solche Service/Beratungs-Möglichkeit auch sehr interessant, aber sobald die Anzahl der Serviceanfragen über Whatsapp mehr würden, könnten wir diese nicht mehr bewältigen bzw. nur noch mit einer sehr langen und kundenunfreundlichen Reaktionszeit.

  3. Sehr schöner Artikel zu einem Thema, das mir sehr am Herzen liegt… Ich befasse nämlich mich als Mitgründer der smoope GmbH bereits seit mehreren Jahren sehr intensiv damit. Leider ist der aktuelle Hype rundum WhatsApp etwas zu kurz gedacht – wie ich finde. Es ist natürlich verständlich, dass jedem Marketing-Entscheider geradezu die Dollar-Zeichen ins Gesicht geschrieben sind, wenn man auf die Reichweiten von WhatsApp schaut, gleichzeitig handelt es sich beim Messaging um ein Thema, das zu viel Potential mit bringt, um nicht gleich auf eine richtig Basis gestellt zu werden. Bedenken Nr. 1: Was passiert, wenn es nicht nur ein paar mutige First Mover-Unternehmen auf WhatsApp zieht und es nicht mehr der geschützte Bereich bleibt, der es heute ist? Bedenken Nr. 2: Wie soll das Thema – insbesondere, wenn es um Kundendaten geht – mit geltendem Datenschutz in Einklang gebracht werden? Bedenken Nr. 3: Braucht qualitativer Service nicht auch Funktionen und Schnittstellen zu bestehenden Systemen? Das sind nur 3 Punkte, die aus meiner Sicht eine Nutzung von WhatsApp im B2C-Kontext zu einer „zu kurz gedachte“ Vorgehensweise machen. Auch nur in Einbahnstrassen zu denken, wie es beim Broadcasting der Fall ist, vernachlässigt das Potential für sinnvolle Kundendialoge. Die ersten Mutigen haben sich bereits die Finger verbrannt, so geschehen in diesem Fall, von dem kürzlich berichtet wurde: http://derstandard.at/2000023847311/Support-per-Whatsapp-Online-Haender-sorgt-fuer-Privacy-Debakel . Die gute Nachricht ist, wenn sich der ganze Hype wieder etwas gelegt, werden Entscheider schnell erkennen, dass es sinnvolle Alternativen gibt, die die Chancen des neuen Kanals öffnen und gleichzeitig Risiken minimieren, weil sie zu Ende gedacht wurden. So beispielsweise bei http://www.smoope.com aus Deutschland, das auf B2C-Messaging spezialisiert ist ;)

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