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Wie Corona die Google-Werbelandschaft verändert

Die Corona-Krise verändert binnen kurzer Zeit nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Marketing-Kommunikation – und damit die Werbung mit Suchmaschinen. Maik Lehmann, Head of Product bei Smarketer, gibt Ihnen hier Tipps und Anregungen, wie Sie Ihr Unternehmen erfolgreich durch die Krise steuern – und was Sie bei Google Ads tunlichst vermeiden sollten.

(Illustration: © bloomua, depositphotos.com)

Krisengewinner und Krisenverlierer

Momentan ist fast nichts mehr wie früher. Die Einschränkungen, die sowohl durch die Politik als auch durch das Coronavirus selbst unser Verhalten bestimmen, verändern auch die Werbelandschaft. Die Krise stellt Unternehmen vor enorme Herausforderungen, die aber auch gleichzeitig Chancen bieten. Clevere Marketingstrategien, verzahnt mit innovativen Geschäftsideen sind das Gebot der Stunde. Dazu müssen Unternehmen vor allem eines beachten: kundenorientiert und zahlenbasiert handeln. Und zwar auch nach der Krise.

Durch die eingeschränkten Möglichkeiten der Menschen angesichts des Lockdowns und der Schließung von nicht-systemrelevanten Ladengeschäften ändert sich das Konsumverhalten massiv. Davon profitieren besonders die Online-Händler, welche aufgrund von hohen Warenbeständen oder unkritischen Lieferketten weiterhin ihre Produkte anbieten können. Dazu gehören Lebensmittelhändler, die Online-Lieferungen anbieten oder Lieferdienste für Restaurants. Anbieter von digitalen Produkten und Dienstleistungen, etwa Entertainment-Angebote, haben durch ihr Geschäftsmodell einen intrinsischen Heimvorteil. 

Es liegt auf der Hand, dass der E-Commerce-Gigant Amazon vom raketenhaften Anstieg der Nachfrage für Online-Angebote profitiert. Doch für informierte Online-Händler bietet sich gerade jetzt eine einmalige Chance: Amazon vollführt einen fast kompletten werblichen Rückzug für Produkte aus nicht-lebensnotwendigen Bereichen. Diese Lücke ist eine Steilvorlage für alle Online-Retailer, sie zu füllen eine große Chance auf langfristig erfolgreiche Werbeperspektiven. Aber: Dafür müssen Google Ads-Kampagnen optimal ausgesteuert sein und die verschiedenen Kampagnentypen korrekt genutzt werden.

Was bedeutet das nun für Werbetreibende auf Google? Hier gilt es die eigene Ausgangslage richtig einzuschätzen und daraufhin die eigene Strategie anzupassen. Im Grunde lassen sich zwei Richtungen feststellen:

  1. Liquide und lieferfähige Unternehmen haben jetzt die Chance neue Zielgruppen zu erreichen. Sind die Performance-Kampagnen voll ausgeschöpft, können Budgets für Upper-Funnel-Marketing aufgebaut werden. Hierzu gehören vor allem digitale Produkte und Retail-Segmente, die einerseits über Online-Shops verfügen und genug Lieferkapazität aufweisen.
  2. Auf der anderen Seite stehen jene Unternehmen, die sich durch starken Nachfragerückgang oder Lieferschwierigkeiten zu Einsparungsmaßnahmen gezwungen sehen. Dies betrifft am Ende selbstverständlich auch das Marketing-Budget. Ganz klar sollten hier die Performance-Kanäle im Vordergrund stehen, mit angepassten KPIs. Jeder Euro der als Ad Spend genutzt wird, muss hier auch dementsprechende Erfolge zurückbringen. Die Reisebranche steht zum Beispiel unter besonderem Druck und muss daher strenge Kennzahlen definieren. Eine Pausierung der Kampagnen sollte der letzte Schritt sein. Es kann sich lohnen, Budgets erst umzuschichten und innovative Geschäftsideen damit zu unterstützen.

Gut erkennbar war die Entwicklung des Budget-Shifts vom 9. bis 13. März: Zu dieser Zeit gab es einen Schock bei den Werbetreibenden, die Budgets fielen um bis zu 30 Prozent in die Tiefe. Inzwischen liegt das Niveau im Performance-Marketing aber wieder höher als zu Beginn der Krise.

Google-Werbestrategien anpassen

Wie sich die Google-Werbestrategien im Zuge der Corona-Krise positiv oder negativ verändern können, kann man exemplarisch an zwei Branchen verdeutlichen:

1. Pharma/gesundheitsrelevante Produkte

Diese Branche erhält momentan sehr viele Suchanfragen, im Jahresvergleich stiegen diese um 44 Prozent. Bedingt durch Corona werden natürlich Desinfektionsmittel, Mundschutz, Handschuhe und vergleichbare Begriffe besonders stark nachgefragt. Weiterhin ist eine starke Nachfrage aus dem Ausland zu beobachten. Der Export der betroffenen Produkte war jedoch zunächst gesetzlich verboten.

Google und Microsoft schränkten zusätzlich Werbung für Gesundheitsprodukte im Zusammenhang mit dem Coronavirus stark ein. Diese Einschränkungen werden aktuell teilweise jedoch bereits wieder abgebaut, weshalb das Segment insgesamt profitieren kann.

Unsere Befragungen ergaben, dass selbst bei anhaltender Krise fast die Hälfte der Befragten das Investment in Performance-Marketing-Kanäle unverändert lassen und reduzieren möchten. 9 Prozent der Befragten möchten das Budget weiter erhöhen.

Allgemeine Chancen und Risiken:

Die hohe Nachfrage nach Hygieneprodukten aller Art kommt den Umsätzen der Händler und Hersteller zugute, nach wie vor neigen Verbraucher zu starker Bevorratung aus Angst vor Knappheit. Die Situation sollte aber keinesfalls durch künstliche Verknappung oder Wucherpreise ausgenutzt werden. Solche Strategien sind nicht nur moralisch fraglich, sondern fügen der Reputation des Unternehmens langfristig Schaden zu.

Ebenfalls sollten Händler die Lieferschwierigkeiten der Produkte immer genau im Auge behalten, ebenso mögliche Storno wegen längerer Lieferzeiten. Zu beachten ist, dass die Nachfrage für Gesundheits- und Pharmaprodukte nach der Krise womöglich stark zurückgehen wird – das Interesse jedoch insgesamt auf einem höheren Niveau bleiben könnte als vor der Krise.

Strategie:

Aufgrund der starken Nachfrage lohnt es sich, mit den Anzeigen auch den generischen Bereich abzudecken. So können neue potenzielle Käufer erreicht werden. Eine wichtige Metrik ist hierfür der Impression Share: Wo stehe ich mit meinen Anzeigen im Vergleich zu allen möglichen Ausspielungen?

Gebotserhöhungen können sinnvoll sein, um den Anteil der Ausspielungen zu erhöhen, mehr Nutzer zu erreichen und schließlich in den eigenen Shop zu leiten. Doch auch hier können Unternehmen zu Verbesserungsmaßnahmen ansetzen. Die Verbraucher haben nun eine größere Shop-Auswahl und vergleichen nicht nur Preise, sondern auch User Experience.

Zu einer guten Werbestrategie zählt auch immer eine nutzerfreundliche Website. Es lohnt sich also den eigenen Verkaufsprozess genauer zu analysieren.                     

Kanäle:

Wer hier mit Search und Shopping wirbt, sollte täglich den Impression Share und die Conversion Rate einem gründlichen Monitoring unterziehen. Sowohl bei steigenden Konversionsraten als auch bei sinkenden Impression Shares ist es ratsam, die Budgets zu erhöhen. Vorsicht: Da das Suchvolumen hier tendenziell sehr stark ist, können sehr hohe Kosten entstehen. Werbetreibende sollten daher regelmäßig ihren Produkt-Feed aktualisieren, um verfügbare Produkte zu präsentieren und Conversions zu erzielen.

Das Display-Marketing eignet sich hervorragend dafür, speziell auf Produkte aufmerksam zu machen, die gefragt sind und vielerorts nicht mehr angeboten werden. Die einzelnen Zielgruppen müssen hier im Auge behalten werden, da mit steigender Nachfrage auch die Interessensgruppen wachsen können. Ist Ihr Budget begrenzt, macht es Sinn, sich auf Lower Funnel Kampagnen wie etwa Remarketing  zu fokussieren.

Bei YouTube schließlich steigen die Impressionen ebenfalls stark an, daher wird auch hier ein deutlich höheres Budget benötigt. Als Reichweitenkanal muss vorerst geprüft werden, ob die Videoplattform in den eigenen Marketing-Mix passt. Ist das Budget nicht vorhanden, gilt hier ebenfalls die Empfehlung für Lower-Funnel-Anzeigenformate.

2. Travel/Reisebranche

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Tourismus und damit auch auf Reiseanbieter oder Online-Reisebüros sind massiv. Damit steht das Segment Travel für ein besonders von der Pandemie betroffenes. Ein Blick auf die Suchvolumina zeigt nach einem noch relativ stabilen März-Anfang mit allerdings niedrigen Conversion Rates, dass die Nachfrage im Laufe des Monats stark zurückging. Klicks sanken um fast 70 Prozent, ähnlich verhielt es sich mit den durchschnittlichen CPCs.

Durch die starken Reisebeschränkungen kam es zu Stornierungen von Reisen, Flügen und Hotelbuchungen. Zudem fällt die Krise direkt in die Saison, in der viele Menschen ihren Sommerurlaub buchen. Gerade für die Reise- und Tourismusbranche ist es wichtig, jetzt die richtigen Strategien zu verfolgen. Die betroffenen Unternehmen sollten darauf achten, den Anschluss nicht zu verpassen, sobald die Nachfrage wieder anzieht. Unterdessen gibt es aber dennoch Möglichkeiten, das Beste aus der Situation zu machen.

Allgemeine Chancen und Risiken:

Unternehmen können nun Gutscheine mit mehrjähriger Gültigkeit erstellen, um Kunden langfristig zu binden und damit sich selbst, sowie den Kunden Sicherheit zu geben. Auch in Anzeigentexten sollte auf zukünftige Reisen hingewiesen werden. Vorerst liegt der Fokus auf der Reiseplanung Ende 2020 und für das Jahr 2021.

Aber auch hier gilt es, sensibel den Markt zu beachten. Kunden könnten nämlich je nach Einschränkung durchaus auch noch Buchungen stornieren, die weit in der Zukunft liegen. Kalkulationen der Anbieter sind dadurch gefährdet, da Werbekosten und eventuell weitere Investitionen bereits auf Basis historischer Umsatzwerte getätigt wurden und dann revidiert werden müssen.

Strategie:

Eine vorausschauende Strategie bedeutet hier unter anderem, den Traffic auf Städte-Keywords genauer zu beobachten, da Nutzer künftig vielleicht nicht nach „Städteurlaub“, sondern nach dem „Stand zu Corona in Sevilla“ suchen. In Kampagnen für Länder, die besonders stark von der Pandemie betroffen sind, sollte angesichts des rückläufigen Suchvolumens nicht viel investiert und gegebenenfalls eine Pause eingeschoben werden. Sobald die Kontaktbeschränkungen Urlaub in hiesigen Erholungsorten zulassen, können Reiseanbieter sich auf entsprechende Angebote konzentrieren.

Die Trendwende wird für die Reisebranche allerdings wohl länger dauern als bei anderen. Kampagnen und Budgets müssen schon während der Krise beobachtet und bei positiven Entwicklungen rasch angepasst werden. Dann sehen wir ein enormes Potenzial in der Reisebranche, da viele Menschen ihren Urlaub dennoch nachholen möchten. Es ist daher wichtig, jetzt und mittelfristig alle Vorkehrungen zu treffen, um nach der Krise den Anschluss nicht zu verlieren.

Kanäle:

Im Bereich Search sollten Unternehmen für ihre Anzeigen auf Städte als Reiseziele genau im Auge behalten unbedingt Begriffe mit Bezug zu „Coronavirus” auf die Liste für negative Keywords setzen. Ebenfalls unerwünschte Keywords könnten „Storno“ oder „Reiserücktritt“ sein, um nicht unnötig dafür Budget zu verbrennen. 

Für den Werbebereich Shopping lautet die Empfehlung, gegebenenfalls die Budgets der Kampagnen zu verringern. Auch Gutschein-Käufe müssen nämlich angesichts der massiven Planungsunsicherheit im gesamten Reise-Segment nicht zwangsläufig zunehmen. Insbesondere hier ist empathisches und kundenorientiertes Handeln gefragt: Lockere Storno-Regelungen und erweiterte Gutscheingültigkeiten wirken verkaufsfördernd.    

Für Display erscheint es ebenfalls angemessen, angesichts aktuell abnehmender Conversion Rates die Budgets der Kampagnen herunter zu fahren.

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Fazit

Wer via Google Ads/Search Engine Advertising wirbt, muss für die Zeit nach der Krise unbedingt das Suchvolumen der Keywords im Auge behalten. Aus gutem Grund: Denn wer werblich den Wiedereinstieg verpasst, wenn die gebremsten Märkte wieder anziehen, gehört zu den Verlierern der Krise. Doch das muss nicht passieren, wenn Kampagnen rechtzeitig wieder gestartet werden und all dem ein konstantes und systematischen Monitoring der Kampagnenrendite zugrunde liegt. Dann macht es Sinn, auch die so genannten „Krisen-KPIs“ wieder der Normalität anzupassen.

Wer auf Smart Bidding setzen möchte, sollte damit nicht in Krisenzeiten starten, da sich der Google-Algorithmus an außergewöhnlichen Zahlen orientiert und somit „falsch lernt“. Wer für den Lernprozess vergangene Daten heranziehen möchte, sollte die Krisenzeit explizit ausschließen lassen. Zudem  müssen Werbetreibende bei Smart Bidding ein bis zwei Wochen Vorlaufzeit einplanen, um dann auch wirklich Reichweite und Performance zu erzielen.

Ganz klar: Stand heute kann niemand zuverlässig vorhersagen, wie lange uns die Corona-Krise in Atem halten wird. Doch eines ist sicher: Unternehmen, die jetzt ein solides digitales Fundament gebaut haben oder bauen, werden gestärkt aus ihr hervorgehen. In der Krise sind beim Verbraucher nämlich Erwartungen entstanden, die wir für die Zeit danach in unsere Geschäftsmodelle strategisch einarbeiten müssen. Schönwetter-Segeln kann jeder, aber die wahre Kunst ein Schiff zu lenken zeigt sich bei stürmischer See!