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Einführung KPIs: Key Performance Indicators festlegen und in Dashboards verfolgen

Der Begriff „Key Performance Indicators“ (KPI) begegnet einem immer wieder, wenn es um Analytics geht und dieser Artikel erklärt sie umfassend. Erfahren Sie hier, was es mit diesen Leistungskennzahlen auf sich hat, wie man die passenden für den eigenen Anwendungsfall findet und wie man sie dann schließlich in individuell erstellten Dashboards verfolgt. Außerdem stellt dieser Beitrag den „Digital Performance Index“ vor: eine Kennzahl, die wie ein Börsenindex auf einen Blick eine grundlegende Tendenz abbildet.

Symbol Key Performance Indicators
(Illustration: © emojoez, Fotolia.com)

Dieser Beitrag ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Digital und Web Analytics“ von Marco Hassler, erschienen bei mitp. Mehr dazu am Ende des Artikels! Wir haben diesen Beitrag ursprünglich im Juni 2017 veröffentlicht und zuletzt im Dezember 2018 überarbeitet.

Einführung

Im Zusammenhang mit Analytics wird gerne und häufig von Key Performance Indicators (KPIs) gesprochen. KPIs bezeichnen in der Betriebswirtschaftslehre Kennzahlen, mit denen der Fortschritt oder der Erfüllungsgrad wichtiger organisatorischer Zielsetzungen gemessen werden kann. Speziell kommen KPIs dann zum Einsatz, wenn der Erreichungsgrad von Zielen selbst direkt kaum oder nur sehr schwierig messbar ist – in Analytics meist zutreffend.

Für die Abgrenzung von KPIs wird häufig das Akronym SMART verwendet. SMART definiert KPIs wie folgt:

  • Specific (spezifisch)
  • Measurable (messbar)
  • Achievable (erreichbar)
  • Result-oriented (ergebnisorientiert)
  • Time-bound (zeitlich gebunden)

Insbesondere ihre Ausrichtung auf organisatorisch wichtige Zielsetzungen gibt den KPIs eine individuelle Note je Unternehmen.

A N Z E I G E

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1. Identifikation und Selektion von KPIs

Leider haben sich KPIs in letzter Zeit dermaßen als Schlagwort verbreitet, dass die Bezeichnung häufig falsch eingesetzt wird. Der gebräuchlichste Fehler ist, sämtliche Kennzahlen, die zum Beispiel ein Analytics-System darstellt, als KPIs zu bezeichnen. Die meisten dieser Kennzahlen mögen zwar PIs, „Performance Indicators“, sein, aber eben keine „Key Performance Indicators“.

Den Unterschied macht das „Key“, nämlich dass es sich um „Schlüssel“-Indikatoren handelt. Um Schlüsselindikatoren kann es sich nämlich nur dann handeln, wenn sie den Schlüssel zum Erfolg darstellen – und das wiederum ist nur der Fall, wenn sie zielgerichtet sind. Würde man die Kennzahl „Seitenaufrufe“ zum Beispiel als KPI definieren, dann wäre dies in 99 Prozent der Fälle falsch, da die Seitenaufrufe kaum je einen Schlüsselfaktor im Hinblick auf eine Zielerreichung darstellen. Nur wer vielleicht Display Ads auf Basis von Seitenaufrufen schaltet und damit Geld verdient, kann die Seitenaufrufe als seinen Key Peformance Indicator bezeichnen.

Ein zweites, damit zusammenhängendes Fehlverständnis von KPIs ist der Glaube, dass es allgemeingültige KPIs gibt, die für jeden Website-Typ oder Kanal angewandt werden können. Für solche generischen KPIs müssten Unternehmen jedoch mit ihren Websites und anderen digitalen Kanälen auch alle dieselben Ziele verfolgen und dafür die gleichen Mittel einsetzen. Dies wiederum kommt praktisch nie vor, da es ja gerade im Internet besonders entscheidend ist, sich zumindest durch den Einsatz unterschiedlicher Mittel von seinen Konkurrenten zu differenzieren.

Es gibt deshalb keine allgemeingültigen und auch keine branchentypische KPIs, sondern nur individuelle auf die eigenen Ziele und Instrumente ausgerichtete KPIs. Demzufolge ist auch die Identifikation von KPIs eine spezifische und unter Umständen schwierige Aufgabe. Das Ganze wird jedoch zum Kinderspiel, wenn man die Hausaufgaben gemacht hat und sich über die Ziele, die man mit der Website, der App oder in Social Media verfolgt, im Klaren ist.

Hat man gar die Global-Ziele, Sub-Ziele, Aktivitäten und Messgrößen in einem Analytics-Framework notiert, dann bekommt man die individuellen KPIs praktisch geschenkt. Unter den in den Ziel-Pyramiden notierten Messgrößen sind nämlich die Key Performance Indicators enthalten – zielgerichtete, spezifische und messbare Größen, die den Ausprägungs- oder Erreichungsgrad von Erfolgsfaktoren und Zielen einer Website anzeigen.

Ausgehend von den im Analytics-Framework definierten Messgrößen identifizieren wir KPIs deshalb folgendermaßen:

  • Zielnahe Messgrößen, das heißt solche, die Global-Ziele oder Sub-Ziele selbst messen können, sind besonders wichtig. Wenn der online generierte Umsatz messbar ist und ein Website-Ziel „Online-Umsatz“ heißt, dann ist dies eine sehr zielnahe Messgröße und dementsprechend ein KPI.
  • Je größer der Einfluss von Aktivitäten auf die Zielerreichung ist, desto wichtiger ist auch die darunterliegende Messgröße. Wenn bekannt ist, dass eine 3D-Produktvisualisierung besonders ausschlaggebend für den Kaufentscheid ist, dann ist die „Durchschnittliche Verweildauer auf 3D-Visualisierung“ ebenfalls ein KPI.

Indem wir alle Messgrößen durchgehen und auf diese Weise gewichten, gelangen wir so zu unserer Handvoll an Key Performance Indicators. Die weniger hoch gewichteten Messgrößen verbleiben im Analytics-Framework als einfache Performance Indicators. Zum Gesamtbild der Zielerreichung sind sie auch Indikatoren – aber verfügen eben nicht über eine derartige Schlüsselfunktion. 
Wer sich nicht allein auf die individuelle KPI-Definition verlassen möchte, sondern Anhaltspunkte für gebräuchliche KPIs sucht, der sei auf Eric T. Petersons Buch The Big Book of Key Performance Indicators (PDF) verwiesen. Peterson beschreibt einige der je Website-Zweck häufig als KPIs eingesetzten Kennzahlen, die zusammengefasst in Tabelle 1 notiert sind. Vor einer unkritischen und nicht zielorientierten Verwendung solcher Kennzahlen-Sammlungen sei jedoch gewarnt.

E-Commerce-Site Inhalts-Site Marketing-Site Support-Site
% null Resultate bei Suchanfragen % Besuche geringer Dauer % null Resultate bei Suchanfragen % null Resultate bei Suchanfragen
% Besuche geringer Tiefe % Besuche geringer Tiefe % Besuche geringer Dauer % Besuche geringer Tiefe
% Besuche hoher Tiefe % Besuche hoher Dauer % Besuche hoher Dauer % Besuche hoher Tiefe
% Besuche mittlerer Tiefe % Besuche hoher Tiefe % Besuche mittlerer Dauer % Besuche mittlerer Tiefe
% Besucher mit niedriger Häufigkeit % Besuche mittlerer Dauer % Besucher in spezifischem Bereich % Besucher in spezifischem Bereich
% hohe Besucherzufriedenheit % Besuche mittlerer Tiefe % Besucher mit hohem Zeitabstand % Besucher mit Suchnutzung
% niedrige Besucherzufriedenheit % Besucher mit hoher Häufigkeit % Besucher mit mittlerem Zeitabstand % hohe Besucherzufriedenheit
% Umsatz von Neukunden % Besucher mit mittlerer Häufigkeit % Besucher mit niedrigem Zeitabstand % niedrige Besucherzufriedenheit
% Umsatz von bestehenden Kunden % Besucher mit niedriger Häufigkeit Homepage-Haftung Download-Rate
Bestellrate % Besucher mit Suchnutzung Kontaktgenerierungsrate Formular-Absenderate
Bestellrate für Kampagnen Homepage-Haftung Kontaktgenerierungsrate für Kampagnen ø Antwortzeit für E-Mail-Anfragen
Checkout Abschluss-Rate Inhaltsabonnierungsrate Landingpage-Haftung
Conversion Rate ab Suche Landingpage-Haftung Verhältnis neuer zu wiederkehrenden Besuchern
Conversion Rate neue Besucher Verhältnis neuer zu wiederkehrenden Besuchern ø Antwortzeit für E-Mail-Anfragen
Conversion Rate wiederkehrende Besucher ø Besuche je Besucher ø Besuche je Besucher
Homepage-Haftung ø Kosten je Besuch ø Kosten pro Conversion
Käuferrate ø Seitenaufrufe je Besuch ø Suchanfragen je Besuch
Landingpage-Haftung ø Umsatz je Besuch ø Umsatz je Besuch (geschätzt)
Verhältnis neuer zu wiederkehrenden Besuchern
ø Antwortzeit für E-Mailanfragen
Bestellwert
@ Kosten pro Conversion
ø Umsatz je Besuch

Tabelle 1: Gebräuchliche KPIs nach Hauptzweck einer Website gemäß Eric T. Peterson

Die KPIs, die wir so ausgehend von den Messgrößen in den Ziel-Pyramiden identifizieren, nennen wir „strategische Digital KPIs“. Strategisch sind sie deshalb, weil sie konsequent auf die Digital-Ziele ausgerichtet sind und demzufolge auch relativ konstant bleiben. Sie eignen sich insbesondere, um langfristige Ziele zu überwachen und im Auge zu behalten.

Bei kurzfristigen Aktivitäten, wie laufenden Kampagnen, oder auch bei akuten Problemen mit der Website-Performance wird man jedoch eher kurz- bis mittelfristige Zwischenziele verfolgen. Selbst wenn diese natürlich auch auf die Global-Ziele ausgerichtet sein können, haben sie eher temporären Charakter. Die dahinterstehenden Messgrößen können dann zum Beispiel die Kosten einer Online-Kampagne oder die durchschnittliche Ladezeit der Website sein. Solche temporären KPIs nennen wir „taktische KPIs“, da sie kurzfristig für die Bewältigung einer bestimmten Situation notwendig sind.

Zu verschwenderisch mit der Auflistung von KPIs sollten Sie allerdings nicht sein. Wer fünfzig Key Performance Indicators sein Eigen nennt, der kann wohl nicht mehr von „Schlüsselindikatoren“ sprechen, sondern nur noch von „Indikatoren“. Ein sparsamer Umgang mit KPIs bzw. eine gesunde Selektion der wichtigsten ist deshalb entscheidend. Schließlich soll man später ja die KPIs zyklisch überwachen und Ausreißer nach unten oder oben umgehend behandeln. Eine Handvoll KPIs, mit denen man die Ziele im Auge behält, ist daher wesentlich effizienter zu handhaben als eine große Anzahl unspezifischer Indikatoren. Als Faustregel sollte man sich zumindest zu Herzen nehmen, nicht mehr als 20 + 5, nämlich zwanzig strategische und fünf taktische KPIs zugleich überwachen zu wollen.

2. Implementierung von KPIs

Spätestens wenn man jetzt seine KPIs kennt, ist man an jenem Punkt, an dem man diese Messgrößen in einem Analytics-System abbilden muss. Dies ist zugegebenermaßen einer der härtesten Augenblicke. Denn wenn man sich wirklich auf die Ziele und deren Messung und nicht auf die Möglichkeiten des Analytics-Systems ausgerichtet hat – die einzig richtige Vorgehensweise –, dann werden die KPIs unter Umständen ganz schön kompliziert formuliert sein.

Exemplarisch können solche komplizierten KPIs dann wie folgt lauten:

  • Prozentsatz der neuen Besucher, die drei oder mehr Produktbroschüren innerhalb des letzten Besuchs betrachtet haben
  • Prozentsatz an neuen Besuchern, die Produkte in den Warenkorb gelegt, jedoch nicht bestellt haben
  • Prozentsatz der Besucher, die die Suchfunktion benutzt haben und genau ein Suchresultat der Trefferliste angeklickt haben
  • Prozentsatz an Besuchern, die während desselben Besuchs Seiten aus den Bereichen „Mobilfunk“ und „Festnetz“ betrachtet haben
  • Prozentsatz an neuen Besuchern, die über AdWords auf die Website gelangten und ein Online-Game mindestens zwei Minuten lang gespielt haben.

Will man solche KPIs in einem Analytics-System abbilden, kommt der Implementierer ganz schön ins Schwitzen. Aufgrund der Individualität der KPIs muss man sich auch keine großen Hoffnungen machen, dass solche Zahlen Out-of-the-Box verfügbar wären. Die Implementierung solcher KPIs ist ein tiefgreifendes Customizing eines jeden Produkts und erfordert eine intensive Zusammenarbeit mit dem technischen Integrator.

Grundsätzlich ist zwar alles implementierbar – aber im Endeffekt ist es meist eine Frage von Aufwand und Nutzen, inwieweit man dies tun möchte. Da Budgets selten unbegrenzt sind, wird man nicht darum herumkommen, gewisse Abstriche an den gewünschten KPIs zu machen und vielleicht auf etwas einfachere, dafür nicht ganz so aussagekräftige Kennzahlen ausweichen müssen. 


Als Best Practice hat sich erwiesen, wie folgt damit umzugehen:

  • Setzen Sie sich eine Budgetgrenze für die Implementierung der KPIs.
  • Priorisieren Sie die Wichtigkeit der einzelnen KPIs, und zwar ausgehend von der Wichtigkeit des Ziels, das die KPIs überwachen. Wenn Sie sämtliche KPIs mit monetären Werten versehen haben, dann priorisieren Sie absteigend vom höchsten Wert. Eventuell haben Sie auch gewisse KPIs, die ein „Must“ sind – dann stehen diese an oberster Stelle der Liste. Es empfiehlt sich jedoch, sehr zurückhaltend mit solchen „Musts“ umzugehen, da dies keine Priorisierung, sondern eine Bedingung darstellt.
  • Lassen Sie die Kosten für die Implementierung aller KPIs schätzen.
  • Verwenden Sie rund die erste Hälfte des Budgets, um KPIs gemäß Ihrer Priorisierung zu implementieren, ausgehend vom wichtigsten.
  • Nutzen Sie die zweite Hälfte des Budgets, um weitere KPIs der Priorisierung folgend umzusetzen. Versuchen Sie jedoch, gemeinsam mit dem Implementierer zu klären, wo bei diesen KPIs Vereinfachungen vorgenommen werden können, sodass die notwendigen Integrationsaufwände sinken. Ziel ist, mit einigen Abstrichen an den KPIs mit dem restlichen Budget noch möglichst viele KPIs zu implementieren.
  • Sparen Sie sich die innerhalb des Budgets nicht mehr implementierbaren KPIs für eine spätere Priorisierungsrunde auf, sobald Sie wieder über Budget verfügen.

3. KPIs überwachen und Dashboards erstellen

So schön die Vorstellung sein mag, alle KPIs vollständig in einem Dashboard eines Analytics-Systems integriert zu haben, so unrealistisch ist sie leider für die meisten Digital-Analysten. Denn neben den initialen Implementierungsaufwänden, um die KPIs überhaupt messen zu können, sind die Dashboards in Analytics-Systemen meist nicht uneingeschränkt anpassbar. Hinzu kommt, dass unter Umständen gar nicht alle KPIs allein im Analytics-System abgebildet sind, sondern gegebenenfalls nur in Drittsystemen vorhanden sind. Gerade wenn man Digital Analytics über verschiedene Kanäle betreibt, ist dies nicht selten der Fall.

Will man komplett flexibel mit Inhalt und Darstellungsform des Dashboards und trotzdem kostengünstig bleiben, dann gibt es aber noch einen Ausweg – und zwar Microsoft Excel oder Google Spreadsheets. Für die individuelle Berechnung von spezifischen Kennzahlen ist dies schlicht das Flexibelste und Günstigste, was es an Auswertungssystemen gibt – sofern man denn den manuellen Aktualisierungsaufwand nicht scheut. Eine Auswertung in Excel bedeutet nämlich, dass man in den gewünschten Berichtsintervallen mehr oder weniger manuell Zahlen aus dem Analytics-System in Excel überträgt und die KPIs dort zusammenstellt bzw. berechnen lässt.

So unattraktiv es vielleicht klingen mag, Metriken mit Excel zusammenzustellen, solche KPI-Berichte mit Excel sind jedoch etwas äußerst Effektives im Hinblick auf eine fortwährende Nutzung und Überwachung. Die Vorteile individueller Excel-Reports liegen insbesondere in:

  • Flexible Anpassungsmöglichkeit und Erweiterung bei neuen KPIs
  • Gruppierung von KPIs nach eigenem Gutdünken
  • Beliebig erweiterbar zum Beispiel um Vergleiche zu Vorwochen und Vormonaten
  • Ergänzbar um Kommentare und Erklärungen zwecks einfacherer Interpretation für die Empfänger

Wer natürlich über ein High-End-Analytics-System verfügt, das diese Dashboard-Konfigurationsmöglichkeiten direkt im System ermöglicht, dem sei dies gegönnt. Für alle anderen besteht zumindest die Gewissheit, dass ein hochgradig individuelles Dashboard auch mit einfacheren Mitteln wie Excel erstellt werden kann.

Manche Analytics-Systeme bieten zudem Excel- oder Spreadsheet-Plugins an, mit denen sich Daten aus den Systemen automatisch dort importieren und bestehende Berichte aktualisieren lassen. Das mühsame und repetitive manuelle Übertragen von Werten aus dem Analytics-System in Microsoft Excel lässt sich so umgehen.

Auch für Google Analytics gibt es verschiedene solcher Plugins von Drittanbietern – ein kostenloses und sehr empfehlenswertes ist jenes von Excellent Analytics. Mit wenigen Klicks lassen sich so aus Excel heraus die Google-Analytics-Daten anzapfen und anschließend beliebig in Excel formatieren.

Abb. 14.1: Auswahl und Import von Google-Analytics-Kennzahlen in Excel mit dem Excellent- Analytics-Plugin
Abb. 1: Auswahl und Import von Google-Analytics-Kennzahlen in Excel mit dem Excellent-Analytics-Plugin

Für Google-Analytics-Nutzer sind Google-Spreadsheets überdies eine empfehlenswerte Lösung für Dashboards. Mittels eines von Google erstellten Add-ons lassen sich sehr einfach Google-Analytics-Daten in die Spreadsheets ziehen und automatisch aktualisieren. Da es noch weitere solcher Add-ons für andere Datenquellen gibt – z.B. Facebook oder Twitter –, lassen sich mit überschaubaren technischen Kenntnissen auch Dashboards erstellen, die verschiedene Quellen in einer Sicht integrieren.

Wer viele verschiedene Quellen in einem Dashboard integriert haben möchte, dem sei überdies eine dedizierte Dashboard-Software empfohlen. Diese optisch attraktiv gestalteten Tools bieten meist einfache Konnektoren für die Anbindung von verschiedenen Quellen wie Analytics-Systeme, Mailing-Systeme, Social-Media-Quellen und anderen. Klipfolio oder Geckoboard sind zwei gute Beispiele für solche Software.

Geckoboard-Dashboard
Abb. 2: Das Geckoboard-Dashboard mit frei konfigurierbaren KPI-Widgets

Unabhängig vom gewählten System ist es bei der individuellen Gestaltung eines Dashboards oder KPI-Reports sinnvoll, ähnliche KPIs zu gruppieren und so einen zusätzlichen Abstraktionslevel einzuführen. Insbesondere bei einer größeren Anzahl an KPIs hilft dies, den Überblick zu bewahren.

Wenn Unternehmen interne betriebswirtschaftliche Kennzahlen an das Management berichten, dann lauten solche Abstraktionslevels beispielsweise „Land“, „Abteilung“ oder „Produktsparte“. Für solche Bereiche werden anschließend ausgewählte Kennzahlen zusammengestellt, sodass je nach Adressaten des Berichts diese sich auf die für sie interessanten Bereiche fokussieren können. Der Gesamtüberblick bleibt jedoch auch dann noch bestehen. Für Analytics-Kennzahlen können solche Gruppierungsmöglichkeiten zum Beispiel „Untersuchungsthemen“, „Digital-Ziele“ oder „Customer Buying Cycle“ lauten.

3.1 Dashboards nach Untersuchungsthemen

Bei einer Gruppierung nach Untersuchungsthema unterscheiden wir KPIs, die Quellen, Besucher, ihr Verhalten, genutzte Inhalte oder Ziele beschreiben.

Struktur eines Dashboards
Abb. 3: Struktur eines Dashboards gruppiert nach Untersuchungsthemen

Der Vorteil einer solchen Anordnung liegt darin, dass man das Dashboard aufgabenorientiert nutzen kann. Liegt der Fokus der Bemühungen gerade darin, mehr Besucher auf die Website zu bekommen, kann man dem Bereich „Quellen“ höhere Aufmerksamkeit schenken. Überlegt man sich, die Website-Inhalte besser auf das Nutzerbedürfnis abzustimmen, adressiert man den Bereich „Inhalte“. Bei Zielgruppen- oder Technik-Betrachtungen beobachtet man eher den Besucher-Bereich und bei Usability-Überlegungen die Verhaltenskennzahlen.

Der gebräuchlichste Einsatz eines solchen Berichttyps ist eine eher defensive Website-Überwachung. Möchte man mit dem Dashboard hauptsächlich die Website im Auge behalten und auf hohem Level sämtliche ihrer Aspekte überwachen, ist eine solche Gruppierung geeignet. Weniger passend ist die Anordnung für eine zielgerichtete Optimierung der Website.

Beispiel eines Berichts
Abb. 4: Beispiel eines Berichts nach Untersuchungsthemen, erstellt in Excel mit Excellent Analytics

3.2 Dashboards nach Website-Zielen

Dashboards, die nach Website-Zielen aufgebaut sind, fokussieren auf unternehmensspezifische Zielsetzungen. Abbildung 5 zeigt eine solche Gruppierung entlang von fünf Global-Zielen.

Der Vorteil solcher Dashboard-Typen ist der klare Zielfokus. Der Leser des Reports kann jene Ziele, die er aktuell mit der Website verfolgt, auslesen und deren Fortschritt überwachen. Dadurch eignet sich das Dashboard auch dann, wenn er an unterschiedliche Adressaten geht, die jeweils eine etwas andere Zielsetzung verfolgen. Dank Nennung der Ziele und den zugehörigen KPIs ist das Ganze auch relativ leicht verständlich.

Nachteilig wirkt sich hingegen aus, dass einzelne KPIs mehrfach in dem Bericht vorkommen können, da sie vielleicht den Erfolg mehrerer Ziele zugleich bewerten.

Struktur eines KPI-Reports
Abb. 5: Struktur eines KPI-Reports gruppiert nach Website-Zielen

3.3 Dashboards nach Customer Buying Cycle

Besonders für Shopping- bzw. E-Commerce-Websites hat es sich bewährt, KPIs entlang des „Customer Buying Cycle“ (Kundenkaufprozess) auszurichten. Der Customer Buying Cycle nennt die unterschiedlichen Phasen, in denen sich ein Kunde rund um den Produktkauf befindet.

  1. In einem ersten Verkaufsschritt geht es darum, einem potenziellen Kunden überhaupt bewusst zu machen, dass es das Angebot oder das Unternehmen gibt. Dies wird mit „Reichweite & Reputation“ bezeichnet und beinhaltet Kennzahlen wie „Anzahl Seitenaufrufe“ oder „Anzahl referenzierende Links auf eigene Website“.
  2. In einem zweiten Schritt geht es darum, beim Kunden das Interesse zu wecken und ihn auf die Website zu bekommen. Diese „Akquisition“ wird durch KPIs wie „Anzahl betrachtete Seiten je Besucher und Quelle“ oder „Akquisitionskosten je Quelle“ ausgedrückt.
  3. Bei der „Conversion“ geht es darum, die Besucher zu überzeugen und Abschlüsse zu messen, so zum Beispiel Bestellraten oder Abbruchraten in Bestellprozessen.
  4. Bei der „Bindung“ geht es schlussendlich darum, den Erfolg von Kundenbindungsmaßnahmen wie Newsletter zu überwachen. Zu typischen KPIs in dieser Gruppe zählen Anteil wiederkehrende Besucher oder die Besuchshäufigkeit.

Dieser Ansatz zur KPI-Gruppierung geht in ähnlicher Form auf den Analytics-Spezialisten Eric T. Peterson zurück, der in seinem Buch „Web Analytics Demystified“ KPIs entlang dem Customer Buying Cycle beschreibt.

Der Nutzen eines solchen Berichts liegt darin, unterschiedliche Verkaufsstrategien abzubilden. Wird beispielsweise ein Online-Service oder ein Produkt neu gelauncht, befindet sich die dazugehörige Website meist vorerst in einem „Akquise-Modus“. Das heißt, das Ziel der Website ist es, zuerst eine möglichst große Nutzerschar im Internet zu erreichen – sei es durch Verlinkungen von Blogs, Newssites oder Drittportalen. Dies gewährleistet, die Aufmerksamkeit oder eben Reichweite bei einer großen Publikumsschicht zu erhalten und diese auf die Website zu bringen.

Struktur eines KPI-Reports gruppiert nach dem Customer Buying Cycle
Abb. 7: Struktur eines KPI-Reports gruppiert nach dem Customer Buying Cycle

Bei einer gut etablierten Website geht es jedoch eher darum, effizient aus den Besuchern Kunden zu machen. Dann spielen der Conversion-Bereich und dessen KPIs eine zentrale Rolle.

Unternehmen mit einem beträchtlichen Kundenstamm nutzen ihre Website dagegen häufig im „Retention-Modus“. Dies bedeutet, dass das Ziel darin liegt, Kunden zu erhalten und zu Wiederkäufern werden zu lassen. In einem solchen Fall sind Kennzahlen aus den Bereichen „Conversion“ und „Bindung“ relevant.

Abbildung 8 zeigt, wie ein derart ausgefülltes KPI-Dashboard im täglichen Geschäft aussehen kann.

Beispiel eines wöchentlichen KPI-Dashboards
Abb. 8: Beispiel eines wöchentlichen KPI-Dashboards

4. Adressaten von Dashboards

Beim Erstellen von KPI-Berichten sowie auch bei der Nutzung von Dashboards in Analytics-Systemen bleibt zu beachten, dass je nach Aufgabenbereich des Nutzers des Berichts andere Kennzahlen interessant sind. Ein Verkaufsleiter wird sich nun mal herzlich wenig für KPIs aus dem Rekrutierungsumfeld interessieren, den IT-Leiter dagegen werden wohl die Verkaufszahlen weniger interessieren.

Versucht man so alle individuellen Bedürfnisse mit einem Report zu erschlagen, dann werden diese entweder nicht erfüllt – oder es artet in einer KPI-Schlacht mit Dutzenden von KPIs aus. Eine zielgruppengerechte Anpassung von KPI-Berichten ist daher bei einem größeren Empfängerkreis durchaus angebracht.

Für so eine zielgruppengerechte Report-Konfiguration besonders geeignet sind nach Zielen ausgerichtete Berichte wie in Abschnitt 3.2 ausgeführt. Je nach den Zielen, die dem Report-Empfänger wichtig sind, werden unterschiedliche KPI-Gruppen berichtet. Dank des modularen Aufbaus des Berichts lässt sich dies sehr einfach zusammenstellen, indem man die Kästen mit den gewünschten Zielen zusammenträgt.

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In Microsoft Excel ist dies zum Beispiel so lösbar, dass man sämtliche KPIs in einem zweiten Worksheet hinterlegt, und die KPIs zu den gewünschten Zielen auf dem ersten Worksheet referenziert. Das zweite Worksheet bleibt dann für alle Empfänger identisch und kann bei Bedarf für weitere KPI-Informationen genutzt werden. Die für den Adressaten wichtigen KPIs finden sich jedoch in aggregierter Form auf dem ersten Worksheet.

Eine Stufe detaillierter kann man KPI-Berichte gestalten, indem man jeden einzelnen KPI auf den Empfänger abstimmt. Würde man dies einfach so aus dem Stand heraus versuchen wollen, wäre es ein ungeheuerlicher Aufwand, bis jeder gewünschte KPI mit allen Adressaten einzeln abgestimmt ist. Hier helfen „Ziel-Workshops“, die in diesem Buch in Kapitel 12 beschrieben werden.

Im Ergebnis kann ein auf Zielgruppen abgestimmtes Dashboard dann zum Beispiel wie in Abbildung 9 aussehen. Das gezeigte „Performance Dashboard“ richtet sich auf Management-Ebene an die verschiedenen Unternehmensbereiche und zeigt die für den Bereich jeweils relevanten Kennzahlen. Auffallend ist, dass die Dashboard-Anwendung allgemeine Kennzahlen wie Besucher und Besuche komplett außen vor lässt.

Performance-Dashboard mit Business-relevanten KPIs
Abb. 9: Ein Performance-Dashboard mit Business-relevanten KPIs

5. Gestaltung von Dashboards

Gut gestaltete Dashboards erlauben es, sich in Kürze einen Überblick über einen Zustand zu verschaffen und dabei Zusammenhänge schnell zu erkennen. Das Ziel von Dashboards ist es, beim Adressaten das „Big Picture“ innerhalb weniger Sekunden zu vermitteln. Hierzu gehört auch, den Fokus auf spezifische Bereiche zu lenken und Unwichtiges wegzulassen. In der Definition von Stephen Few, Autor des Buches Information Dashboard Design, hat ein Dashboard folgende Aufgabe:

„Ein Dashboard ist eine visuelle Darstellung der wichtigsten Informationen, die benötigt werden, um eines oder mehrere Ziele zu erreichen, konsolidiert und zusammengefasst auf einem Bildschirm, damit die Information auf einen Blick erfasst werden kann.“

Nicht nur dem Inhalt, sondern auch der Gestaltung von Dashboards kommt damit eine tragende Rolle zu. Hierzu gilt es, einige Prinzipien zu beherzigen, um nicht Dashboards zu gestalten, die ablenken, schnell verleiden oder schlicht ihr Ziel verfehlen:

  • One Screen: Alle Informationen müssen gleichzeitig – ohne Scrollen – sichtbar sein. Nur dann ist gewährleistet, dass die Inhalte schnell in Kontext gesetzt werden können. Dashboards sollten zudem nach dem 2/20/200-Sekunden-Prinzip gestaltet sein: In zwei Sekunden sollte der Bericht-Empfänger erkennen können, ob die Gesamtsituation gut, durchschnittlich oder schlecht ist. In 20 Sekunden sollte er erkennen, auf welche Bereiche diese Gesamtaussage zurückzuführen ist. In 200 Sekunden sollten schließlich die genaueren Gründe dafür herauslesbar sein.
  • Kontext zu Daten geben: Es muss einfach ersichtlich sein, wie die Information einzustufen ist, bzw. ob diese gut, befriedigend oder schlecht ist. Zahlen sollten daher stets auch im Verhältnis zur Vorperiode stehen. Neben jede Zahl in einem Bericht gehört deshalb ihre prozentuale Veränderung gegenüber der Vorperiode. Dies gibt dem Leser eine wichtige Interpretationshilfe, um den Wert überhaupt einordnen zu können. Gegebenenfalls kann man auch mehrere Vergleichswerte angeben, zum Beispiel zur Vorwoche, zum Durchschnitt im Vormonat oder Durchschnitt im Vorjahr. Auch Maxima- und Minima-Werte in den vergangenen 52 Wochen helfen bei der Deutung eines Wertes.
  • Schwellenwerte definieren: Die Interpretation von Zahlen kann weiter vereinfacht werden, wenn man für die einzelnen KPIs Ziel- und Schwellenwerte definiert. Ein Zielwert bedeutet, dass man sich zum Beispiel für die Metrik „Bewerbungen“ zum Ziel setzt, pro Monat mindestens 20 davon zu erhalten. Als Schwellenwerte würde man dann vielleicht einen „grünen Bereich“ ab 90 Prozent dieses Ziels festlegen. Ein Schwellenwert für den „roten Bereich“ würde vielleicht bei 70 Prozent zu liegen kommen. Aus diesen zusätzlichen Informationen zu einem KPI können nun einfach verständliche Grafiken – zum Beispiel in Form eines Tachometers – generiert werden. Der Betrachter weiß auf einen Blick, ob der aktuelle Wert der Kennzahl gut oder schlecht ist.
  • Unnötige Präzision vermeiden: Zu präzise Informationen verhindern die schnelle Aufnahme. 3.2 Mio. Euro sind in in einem Dashboard zweckmäßiger als 3.237.723,75 Euro. Prozentwerte haben ebenfalls eine hohe Dashboard-Konformität.
  • Einheiten/Zahlen müssen verständlich sein: Viele Akteure, insbesondere die indirekten, beschäftigen sich nur einen beschränkten Teil ihrer Zeit mit Key Performance Indicators für die digitalen Kanäle. Das Wissen, was Kennzahlen wie „Absprungrate“ oder „Besuchstiefe“ bedeuten, kann deshalb nicht vorausgesetzt werden. Empfehlenswert ist es deshalb, je KPI-Gruppierung oder je Website-Ziel den Bericht um eine kurze Interpretationshilfe in Prosa zu ergänzen. In diesen drei bis vier Sätzen je Gruppierung interpretieren Sie die auf dem Bericht sichtbaren Informationen. Bei kritischen Veränderungen lässt sich hier auch gleich noch angeben, welche Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können oder gar schon geplant sind – dies erspart unter Umständen einen bösen Telefonanruf oder ein ungemütliches Meeting.
  • Geeignete Darstellung wählen: Die Wahl der geeigneten Darstellungsform von Zahlen in Tabellen, Charts usw. ist eine Disziplin für sich. Grundsätzlich gilt, dass Balkendiagramme für sehr viele Fälle eine geeignete Darstellungsform sind. Kuchendiagramme sind eher selten geeignet.
  • Darstellungen angemessen gestalten: Farben sollten zweckgebunden eingesetzt werden, ablenkende Effekte vermieden werden. 3D-Darstellungen oder Anlehnungen an Dashboards in der realen Welt (z.B. Flugzeug-Cockpits) sind daher ungeeignet.
  • Sinnvolle Anordnung der Daten auf dem Dashboard: Die Inhalte sollten entlang dem Lesefluss für die Interpretation angeordnet sein.
  • Wichtiges Herausheben: Wichtiges muss schnell herausstechen, unnötige Dekoration sollte vermeiden werden.
  • Usability-Fallgruben vermeiden: Bei der Auszeichnung mit Farben, Rot für schlecht und Grün für gut, muss zum Beispiel Rot-Grün-Blindheit bedacht werden.
  • Attraktives visuelles Design wählen: Trotz allem muss das visuelle Design aber ansprechend sein.
Gestaltung und mögliche Kontext-Informationen zu einem KPI
Abb. 10: Gestaltung und mögliche Kontext-Informationen zu einem KPI

Das Auto-Dashboard: Eine geeignete Analogie – oder hoffnungslos schlecht?

Beispiele von misslungenen Dashboards, an der sich übereifrige Designer ausgetobt oder unkundige Berater verewigt haben, gibt es zuhauf. Eines der meistgenutzten, breit akzeptierten, aber mitunter wohl schlechtesten Beispiele für ein Dashboard ist jenes im Auto – zu Deutsch das Armaturenbrett. Auch ein Auto-Dashboard sollte vom Gedanken her dem Fahrer die zentralen Kennzahlen für die erfolgreiche Fahrt von A nach B schnell lesbar darstellen. Wenn man sich so ein klassisches Auto-Dashboard anschaut, kann man sich aber durchaus fragen, ob denn z.B. die Motortemperatur ein KPI für die Zielerreichung der Fahrt darstellt. Im Laufe der Nutzung des Autos und des Dashboards hat sich ein Fahrer ja daran gewöhnt, dass sich die Motorentemperatur praktisch nie verändert. Und falls sie doch mal in den kritischen Bereich kommen sollte, dann gibt’s ohnehin eine andere Warnleuchte, die dann entsprechend blinkt. Auch aus Drehzahlmesser oder Kilometerstand lassen sich für den Fahrer kaum Aktionen ableiten, die zur sicheren, komfortablen und schnellen Erreichung des Fahrziels beitragen.

Neben der Frage, ob die richtigen KPIs auf dem Dashboard stehen, gesellen sich Mängel in der gewählten Darstellungsform für die Kennzahlen dazu. Die Darstellung der Geschwindigkeit zum Beispiel in der Form eines Tachometers ist im heutigen Gebrauch völlig ungeeignet. Mit der gewählten Form lässt sich zwar schnell erkennen, ob die Geschwindigkeit eher bei 200, 100 oder 30 km/h ist. Allerdings dürfte dies kaum je eine Information für den Fahrer sein, die ihm nicht schon anderweitig bewusst wäre. Dagegen wäre es für ihn sehr wohl relevant, zu wissen, ob die Geschwindigkeit in der 30er-Zone eher bei 30 oder 35 liegt – das ist aber kaum erkennbar, ohne die Augen länger als der Sicherheit gebührend von der Straße zu nehmen.

Würde man für die Konzeption und Gestaltung eines Auto-Dashboards dieselbe Methode anwenden, wie hier vorgestellt, dann könnte dies wie folgt aussehen:

  • Nutzergruppe des Dashboards: Als primäre Nutzergruppe stellen wir uns den routinierten, nicht-sportlich-fahrenden Arbeitsweg- und Wochenendfahrer vor.
  • Ziele: Das Haupt-Ziel der Nutzer ist schlicht eine „gute Reise“.
  • Erfolgsfaktoren: Erfolgsfaktoren oder Sub-Ziele einer „guten“ Reise sind 
Komfort, Sicherheit und Schnelligkeit/Pünktlichkeit.
  • Aktivitäten: Auf die Erfolgsfaktoren einzahlende Aktivitäten sind z.B.
    • Angepasste Geschwindigkeit (für Schnelligkeit/Pünktlichkeit, Sicherheit)
    • Geeignete Routenwahl / Kein Verfahren (für Schnelligkeit/Pünktlichkeit)
    • Unfall-/Pannenfreiheit (für Sicherheit, Schnelligkeit/Pünktlichkeit)
    • Ausreichend Treibstoff (Schnelligkeit/Pünktlichkeit, Komfort)
    • Stauvermeidung (Komfort, Schnelligkeit/Pünktlichkeit)
  • Key Performance Indicators: Metriken, die dann die Zielerreichung indirekt messen und daher auch als KPIs bezeichnet werden können, sind damit beispielsweise:
    • Aktuelle Geschwindigkeit Navigationsrichtung
    • Voraussichtliche Ankunftszeit
    • Fahrzeit bis Tankfüllung
    • Allgemeiner Fahrzeugzustand

Als ausgefüllte Zielpyramide dargestellt würde sich dies wie folgt ausprägen:

ausgefüllte Zielpyramide

Würde man nun ein Auto-Dashboard mit diesen KPIs befüllen und entsprechend gestalten, könnte dies somit folgendermaßen aussehen:

Auto-Dashboard mit KPI

Sämtliche KPIs auf dem Dashboard sind aktionsorientiert: Der Fahrer weiß unmittelbar, was er zu tun hat. Fährt er innerorts zu schnell, ist das Tempo zu drosseln.

Ist der Ankunftstermin knapp oder gar verspätet, liegt keine Kaffeepause drin. Reicht das Benzin nicht, ist noch ein Tankstopp notwendig. Dank GPS- oder Fahrzeugkamera-Informationen sind heute erlaubte Geschwindigkeiten, berechnete Fahrzeit usw. im Auto verfügbar. Eine entsprechende Ergänzung des Dashboards bringt die zentralen Informationen dahin, wo sie der Fahrer häufig überprüfen soll. Die Darstellungsformen werden insoweit angepasst, als dass die Erreichung des Solls über eine farbliche Ausprägung sogleich ersichtlich wird.

6. Dashboards und KPI-Berichte nutzen

Genau so, wie man Kennzahlen in Analytics-Systemen zyklisch konsultieren muss, erfordert dies auch der Umgang mit Dashboards und KPI-Berichten. Wer einen KPI-Bericht oder Dashboard nur monatlich oder quartalsweise erstellt und verteilt, dem entgehen die kleinen und großen Erfolge und Misserfolge in den digitalen Kanälen. Der Nutzen aus dem Aufwand für die Dashboard-Erstellung ist denn auch erst gegeben, wenn man in kurzen Intervallen die Berichte konsultiert und Veränderungen prüft. Das geeignete zeitliche Intervall für die Berichtsintervalle lässt sich über folgende Faktoren erörtern:

  • Je größer der über die Website erwirtschaftete Umsatz ist, desto häufiger sollten KPI-Berichte oder Dashboards erstellt und genutzt werden. Bei Unternehmen, die mindestens 20 Prozent ihres Umsatzes digital erwirtschaften oder direkt darüber generieren, ist ein wöchentliches Reporting angebracht. Bei noch größeren Umsatzanteilen ist sogar ein tägliches Reporting zweckmäßig.
  • Nach dem Launch einer Website oder nach größeren Änderungen sind kürzere Zyklen zu wählen. Nach einem Website-Launch empfiehlt es sich, mit einem wöchentlichen Zyklus zu beginnen und diesen dann langsam dem langfristigen Bedürfnis anzugleichen.
  • Für eine durchschnittliche Unternehmenswebsite ist ein zwei- bis vierwöchentlicher Rhythmus zu empfehlen. Keinesfalls sollte eine Messung aber weniger als einmal im Monat erfolgen – die Reaktionsdauer auf eventuell auftretende Ereignisse wäre dann zu groß.

7. Digital Performance Index – der Meta-KPI

Bei der bisherigen Betrachtung zu Dashboards und KPI-Berichten sind wir davon ausgegangen, dass es eine Handvoll KPIs gibt, die man überwachen möchte. Wäre es nun nicht spannend, wenn es einzig und allein eine Kennzahl gibt, die aussagt, wie es um die Website oder gar sämtliche digitalen Kanäle steht?

7.1 Index-Bildung

Wer sich schon länger mit Analytics auseinandersetzt, mag nun denken „totaler Humbug“ – schließlich sind es verschiedene Faktoren, die den Erfolg einer Website ausmachen, und die lassen sich nicht einfach so auf eine einzelne Kennzahl reduzieren. Die Gegenthese dazu lässt sich mit einer Analogie aus einem weit komplexeren Gebiet aufbauen, nämlich der Bewertung von Unternehmen oder des ganzen Wirtschaftsganges eines Landes.

Wenn wir einen Blick in die Wirtschaft werfen, dann ist es gang und gäbe, die Entwicklung des Börsenwerts einer Unternehmung mit dem aktuellen wirtschaftlichen Befinden eines Unternehmens gleichzusetzen. Dies ist zwar eine gewisse Abstraktion, aber dennoch beurteilt der Markt ein Unternehmen hinsichtlich dessen aktueller Ausrichtung und zukünftigem Potenzial recht treffend im Aktienkurs. Auf einem Abstraktionslevel höher lässt sich die gleiche Betrachtung auch für die Wirtschaft von ganzen Ländern vornehmen. Die Aktienkurse der wichtigsten Unternehmen eines Landes werden dann zu Indizes zusammengefasst. Solche Indizes sind zum Beispiel der DAX (Deutscher Leitindex) oder der Dow Jones und Standard & Poor’s in den USA.

Wenn nun so ein Leitindex am Tagesende im Plus oder Minus schließt, ist dies jeweils ein guter Indikator dafür, wie sich der Markt in einem Land gerade entwickelt hat. Jedenfalls kann ein breites Publikum mit einer Aussage wie „der DAX hat mit 3,24 Prozent im Plus geschlossen“ etwas anfangen. Selbst wenn einzelne Unternehmen oder gar ganze Branchen vielleicht einen anderen Trend aufweisen, schmälert dies die Kernaussage nicht. Als allgemein verständliches Stimmungsbarometer sind solche Indizes also durchaus gut geeignet und aussagekräftig.

Genau ein solches Barometer wäre auch für eine Website sinnvoll – eine einzelne Kennzahl in universal verständlicher Form – idealerweise mit prozent- und punktmäßiger Abweichung zum Vortag. Diesem Anspruch kommt keine der bekannten Analytics-Metriken wie Besucher, Besuche oder Seitenaufrufe nach – diese haben zu wenig Bedeutung für den Digital-Erfolg. Die Lösung ist der „Digital Performance Index“, eine Metrik, die analog zu Aktienindizes mehrere erfolgsorientierte Kennzahlen gewichtet und in einer umfassenden Indexzahl zusammenfasst.

Nimmt man sich einen Aktienindex zum Vorbild, dann werden die einzelnen Aktien dort meistens entsprechend der Marktkapitalisierung eines Unternehmens gewichtet. Vereinfacht ausgedrückt haben große, gewichtige Unternehmen eines Landes einen großen Einfluss auf den Index-Wert, kleinere entsprechend weniger.

So ist der Einfluss von Siemens auf den DAX z.B. bei rund zehn Prozent – während jene der 29 anderen DAX-Unternehmen meist im tiefen einstelligen Prozentbereich liegen.

7.2 Berechnung des Digital Performance Index

Überträgt man das Index-Modell auf eine Website oder einen anderen digitalen Kanal, bedeutet dies, dass statt der Aktienkurse von Unternehmen verschiedene relevante Website-Kennzahlen ausgewählt werden. Entsprechend ihrer Bedeutung für den Digital-Erfolg werden die Kennzahlen gewichtet, analog den Aktienkursen in einem Börsenindex. Daraus lässt sich anschließend mathematisch recht einfach ein Index berechnen.

Üblicherweise verwendet man für die Indexberechnung die Formel von Etienne Laspeyres, die im Wesentlichen die Summe der gewichteten Metriken ist – im Verhältnis zu einem Basiswert eines früheren Vergleichszeitpunkts.

Vereinfachte Formel für die Berechnung des Digital Performance Index
Abb. 11: Vereinfachte Formel für die Berechnung des Digital Performance Index

Eine relative Gewichtung von ausgewählten Metriken einer Website, typischerweise den KPIs, ist also der Kerngedanke hinter dem Digital Performance Index. Zur Berechnung des Index müssen daher zwei Fragen geklärt sein, nämlich welches die messbaren Erfolgsfaktoren einer Website sind – und in welchem Verhältnis diese zueinanderstehen.

Bringt man nun diese Überlegungen zusammen, dann ist es ein Leichtes, die Formel des Digital Performance Index mit Zahlen zu füllen. Leichter, als den Index händisch zu berechnen, ist es aber natürlich, ihn gleich in einem Analytics-System zu hinterlegen. Voraussetzung hierfür ist ein sogenannter Formel- oder Metrik-Editor, wie dies manches Enterprise-Analytics-System anbietet (z.B. Adobe Analytics). Im Ergebnis lassen sich dann zum Beispiel Verlaufsgrafiken mit dem Digital Performance Index generieren, die jenen von Börsencharts gleichen.

Berechnung des Digital Performance Index im Formel-Editor von Adobe Analytics
Abb. 12: Berechnung des Digital Performance Index im Formel-Editor von Adobe Analytics

Im täglichen und wöchentlichen Verlauf gibt der Index nun barometermäßig und grob zusammengefasst den aktuellen Erfolgsstatus der Website wieder. Natürlich ist der Wert täglichen wie auch zyklischen Schwankungen unterworfen, die den Index mal auf- und dann wieder absteigen lassen – ähnlich wie wir dies von der Börse her kennen. Dennoch lassen sich damit spannende Tendenzen herauslesen, nämlich zum Beispiel, ob man es über einen längeren Zeitraum hinweg schafft, den Indexwert in die Höhe zu treiben und so den Wert der digitalen Kanäle nachhaltig zu steigern. Auch bietet einem der Index immer einen ganzheitlichen Blick auf die Website und die restlichen Kanäle, der sich nicht so leicht durch kurzfristige Maßnahmen beeinflussen lässt. Wenn zum Beispiel ein Online-Wettbewerb zwar viele Besucher oder Teilnehmer bringt, aber nur wenige effektive Leads generiert, dann lässt sich dies im Index nicht kaschieren – eine wahre Management-Kennzahl also.

Ergebnis einer Digital-Performance-Index-Berechnung
Abb. 13: Ergebnis einer Digital-Performance-Index-Berechnung

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BMA - Business Management Akademie

 

2 Gedanken zu „Einführung KPIs: Key Performance Indicators festlegen und in Dashboards verfolgen

  1. Hallo,

    vielen Dank für diesen tollen, ausführlichen Artikel, der das Thema als Einführung schon mehr als gut beschreibt. Danke auch für den Tipp bzgl. des Plugin Excellent Analytics:

    „Mit wenigen Klicks lassen sich so aus Excel heraus die Google-Analytics-Daten anzapfen und anschließend beliebig in Excel formatieren.“

    Das kannte ich noch nicht, sehr hilfreich.

    VG

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