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Wie Lernen hilft, Transformationsprozesse zu meistern

Transformationsprozesse sind sehr viel erfolgreicher, wenn die Organisation erkannt hat, wie wichtig Wissen und Lernen dafür sind. Denn dann haben Ängste keine Chance mehr. Dennis Arntjen erklärt in diesem Beitrag, auf welches Wissen es dabei besonders ankommt und wie ein Unternehmen mehr Raum fürs Lernen schaffen kann.

(Foto: © weerapat, depositphotos.com)

Einführung

„Ich kann es nicht verstehen. Ich und alle Mitarbeiter sehen, dass unsere Zahlen rückläufig sind. Nicht erst seit Beginn der Covid-Krise, sondern schon lange davor. Und trotzdem möchte hier im Unternehmen niemand etwas ändern. Zumindest ist das mein Eindruck.“

Diese Aussage tätigte vor ein paar Tagen ein Geschäftsführer mir gegenüber. Er ist mit dieser Verwunderung nicht allein. Auch viele andere meiner Gesprächspartner beschreiben ähnliches: Mitarbeiter und Führungskräfte, die sich mit allem befassen nur nicht mit den Veränderungen die notwendig sind oder die gleich vollkommen erstarren, wenn sie mit Veränderung konfrontiert werden. 

Dieser Artikel handelt von genau solchen Geschichten und soll Sie auf konkrete Ideen für das Gelingen anstehender oder bereits laufender Transformationsprozesse bringen.

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Warum Veränderung ein so schwieriges Geschäft ist

„Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“

Dieses Zitat aus dem Handbüchlein der Moral von Epiktet bringt es auf den Punkt.

Für jeden Menschen im Unternehmen ist die Veränderung, die wir anstreben erst einmal beunruhigend. Nicht weil wir wirklich wissen was sie bewirkt, sondern wegen der Vorstellung, die wir von dieser Veränderung haben.

Hinzu kommen die ebenfalls im Zitat angesprochenen Meinungen. Diese basieren auf eigenen und den Erfahrungen dritter. Oft spielen im Rahmen von Transformationen Meinungen über vergangene Veränderungsprozesse eine große Rolle.

Wen wir diese beiden Punkte etwas näher beleuchten, stoßen wir schnell zu den eigentlichen Herausforderungen vor.

Vorstellungen von Dingen die passieren könnten, basieren oft nicht auf Wissen oder gar Übung sondern vielmehr auf bloßen Annahmen zu einer Sache. Diese Annahmen sind, weil uns die Zukunft ungewiss erscheint, eher negativ behaftet.

Meinungen wiederum basieren oft auf eigener Erfahrung oder den Erfahrungen dritter. Sehr oft werden diese sogar aus Erleben im Unternehmen gespeist.
Sie drücken sich in Aussagen wie: „Das haben wir doch schon einmal versucht. Ist nicht so gut gelaufen.“ Oder: „Unsere Kunden werden das nie akzeptieren, die wollen immer x und y.“

Beides zusammen führt zu Ängsten und damit zum eigentlichen Problem.

Angst löst vereinfacht gesagt entweder einen Fluchtreflex aus oder führt dazu, dass wir in Starre verfallen und uns – bildlich gesprochen – nicht mehr bewegen können. Beide Reflexe sind sehr nachvollziehbar, haben sie uns doch in den letzten Jahrtausenden sehr oft davor bewahrt gefressen zu werden oder anderweitigen Schaden an Leib und Leben zu erleiden.

Das Problem ist nur, dass diese Reflexe heute eher unangebracht sind und außerdem im Kontext von wirtschaftlichem Handeln eher schaden als nutzen.

Deshalb ist es wichtig dass Sie darüber nachdenken, wie Sie es schaffen, die Menschen um Sie herum zu befähigen, auch in Situationen großer Ungewissheit den Mut zu beweisen den es für erfolgreiche Transformation braucht.

„Die Geschwindigkeit mit der sich die Welt um uns herum verändert ist enorm hoch. Aber sie wird nie wieder so langsam sein wie heute.“

Dieser Satz verdeutlichen ein weiteres Problem, das wir haben, wenn wir Transformationsprozesse begleiten: Um uns herum geht alles immer ein wenig schneller. Jeden Tag.

Das führt dazu, dass Reaktionen auf Herausforderungen die heute noch richtig sind, morgen schon vollkommen falsch sein können.
Einmal erworbenes Wissen kann also nicht mehr unbedingt unendlich oft angewandt werden.

Diese Tatsache erschwert Veränderung enorm. Denn wir können den Transformationsprozess nicht vorausplanen und außerdem wissen wir nicht, ob die Veränderung die wir umsetzen eine lange Halbwertzeit hat oder übermorgen schon wieder veraltet ist.

Dies führt sehr oft zu dem Gefühl, dass Transformationsprozesse, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, nicht sonderlich erfolgreich gewesen sind. Die Menschen im Unternehmen sind von der Geschwindigkeit überfordert.

Aber was machen Sie jetzt aus diesen beiden Erkenntnissen? Gar nichts tun ist ja auch keine Option. Zumindest dann nicht, wenn Sie noch etwas länger eine Rolle am Markt spielen möchten.

Mehr Wissen oder mehr Können, was hilft wirklich?

Meine These in diesem Artikel: Lernen kann dabei helfen, Transformationsprozesse erfolgreich zu gestalten.

Es geht also augenscheinlich darum, Wissen zu erwerben und mit dem erworbenen Wissen die richtigen Dinge umzusetzen. Aber auch nur augenscheinlich.

Denn ganz so leicht ist es nicht. Vorher müssen wir noch darauf blicken, welches Wissen Menschen in Unternehmen heute eigentlich benötigen, damit sie bestmöglich auf die Dinge vorbereitet sind, die passieren.

Explizites vs. Implizites Wissen

Um das zu spezifizieren ist ein kleiner Ausflug bzw. eine kurze Erläuterung der beiden Begriffe „Explizites Wissen“ und „Implizites Wissen“ notwendig.

  • Explizites Wissen ist Wissen das dokumentieret, gespeichert, abgelegt und in Form von Anleitungen, Handlungsanweisungen, Wikis und Prozesshandbüchern weitergegeben werden kann. Die Funktionsweise einer mechanischen Uhr lässt sich so zum Beispiel gut erklären und erlernen.
  • Implizites Wissen dagegen kann nicht abgespeichert und in schriftlicher Form erlesen werden. Vielmehr handelt es sich um reflektierte Erfahrung, die uns befähigt uns auf die richtige Art und Weise zu verhalten oder Dinge intuitiv richtig zu machen. Fahrradfahren ist implizites Wissen. Wir tun es (wenn wir es einmal beherrschen) intuitiv und ohne exakt wiedergeben zu können, wie wir es tun.

In der heutigen Welt, die immer komplexer wird und in der explizites Wissen nur noch eine geringe Halbwertzeit hat, bzw. an jedem Ort der Welt zu jeder Zeit erlesen werden kann, ist diese Art von Wissen nicht mehr so erfolgsentscheidend.

Es kommt vielmehr darauf an, sich auf die richtige Art und Weise zu verhalten und Dinge intuitiv anzuwenden. Solches Wissen erwerben wir durch Erfahrung, Kopieren und Imitation.

Damit ist die Antwort auf die Frage nach „Mehr Wissen oder mehr Können?“ gegeben. Denn gut verinnerlichtes und reflektiertes Erfahrungswissen ist „Könnerschaft“. Wir beherrschen etwas und wenden es intuitiv richtig an.

Was aber nicht heißt, dass explizites Wissen vollkommen wertlos ist. Oftmals brauchen wir beide Wissensarten bzw. beginnen damit explizites Wissen zu verinnerlichen und daraus implizites Wissen zu entwickeln.

Keine Angst: Wir wissen genug!

Wie hilft uns aber nun Wissen (egal ob explizit oder implizit) dabei, erfolgreicher zu transformieren und Veränderung begeistert anzunehmen?

Der Kern der Sache ist, dass wir immer dann am mutigsten sind, wenn wir darauf vertrauen, dass am Ende alles gut wird. Und dieses Vertrauen entwickeln wir am ehesten dann, wenn wir das Gefühl haben, die Kontrolle nicht zu verlieren.

Um dieses Gefühl des Kontrollverlusts zu vermeiden, braucht es eine Kombination aus verschiedenen Dingen:

  • Zum einen möchten Menschen mitgestalten und Einfluss nehmen. Das ist in Veränderungsprozessen noch einmal wichtiger als im Arbeitsalltag allgemein.
  • Außerdem hilft es, wenn Menschen das Vertrauen in sich tragen, alles zu beherrschen was sie brauchen, um eine Veränderung erfolgreich zu meistern. Sie sollten also das Gefühl haben, genug gelernt zu haben.

Beides ist erreichbar, wenn Menschen das richtige Wissen erwerben und verinnerlichen. Hinzu kommt: Wissen, das wir erworben haben und anwenden, können wir um reflektierte Erfahrung anreichern. Dadurch sind neu auf uns zukommende Herausforderungen leichter handhabbar.

Wissenserwerb ist also aus mindestens drei Gründen ein wichtiger Baustein erfolgreicher Transformationsprozesse:

  1. Wissen hilft dabei, besser mitgestalten zu können.
  2. Durch Wissen trauen wir uns und anderen mehr zu.
  3. Wenn wir viel über etwas wissen, ist uns die Sache an sich nicht mehr so unheimlich.

Für jeden Menschen, der Veränderungen in Unternehmen herbeiführen möchte, sollten also die Antworten auf die Frage zentral sein, was Mitwirkende wissen und können müssen.

Wir schaffen das, denn wir wissen die richtigen Dinge

Bleibt noch die Frage danach, wie Menschen in die Lage versetzt werden, sowohl explizites als auch implizites Wissen zu erwerben. Die eine oder andere Andeutung in diesem Text hat Ihnen vielleicht bereits eine Idee dazu vermittelt.

Alles das was wir als explizites Wissen beschreiben, können Menschen im Selbststudium erlernen in dem sie Fachbücher lesen, Podcasts hören usw. Denn wie Sie gelernt haben, handelt es sich hierbei um Wissen, das sich sehr einfach aufbereiten und strukturiert darstellen lässt.

Als treibende Kraft eines Transformationsprozesses sollten Sie dafür Sorge tragen, dass Mitarbeiter Zugang zu genau dem expliziten Wissen bekommen, das sie benötigen um den Transformationsprozess erfolgreich mitzugestalten. Dies schließt neben im Unternehmen verankertem Wissen auch solches Wissen ein, das aus Fachbüchern, Vorträgen usw. gewonnen werden kann.

Deshalb ist meine Empfehlung: Sehen Sie ein Budget vor, das Mitarbeitern erlaubt, dieses Wissen einzukaufen und schaffen Sie einen Rahmen, in dem Hinweise auf entsprechendes Wissen untereinander ausgetauscht werden können. 

Implizites Wissen zu erlangen ist da schon ungleich schwerer. Aber – auch das haben Sie gelernt – in der heutigen Zeit essenziell, wenn Transformationsprozesse gelingen und Aufgaben erfolgreich gemeistert werden sollen.

Diese Art von Wissen zu erwerben, gelingt ausschließlich im Dialog mit anderen, durch reflektiertes Anwenden (Erfahrung) und Nachahmung unter Beobachtung der erreichten Ergebnisse.

Die Erfahrung aus vielen Transformationsprozessen zeigt, dass deshalb kontinuierliche begleitende Trainings und Coachings absolut erfolgskritisch sind.

In diesen Trainings können Experten Wissen vermitteln und Mitarbeiter untereinander die Anwendung des Wissens üben. Außerdem helfen solche Trainings dabei, das Zutrauen ineinander zu stärken und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln.

Zusätzlich zu Trainingsmaßnahmen für alle Mitarbeiter, sollten Sie die Möglichkeit bieten, mit Coaches situativ in kurzen Einheiten zu arbeiten. Entweder in selbst gewählten kleinen Gruppen oder auch allein. Das schafft zusätzlichen Raum für Dialoge, die dabei helfen implizites Wissen zu erlangen und individuelle Herausforderungen zu meistern.

Und wenn Sie dann die Erfahrung gemacht haben, dass diese Maßnahmen helfen, gehen Sie davon aus, dass die immer schneller aufeinander folgenden Veränderungen immer neues Wissen erfordern. Deshalb meine dritte Empfehlung: Schaffen Sie Freiräume zum Lernen im Alltag und stellen Sie auch hierfür Zeit, Raum und Geld zur Verfügung.

Dies gelingt immer dann besonders gut, wenn Sie die Möglichkeiten die es für den Wissenserwerb gibt, in der vollen Bandbreite ausnutzen: Bücher, Podcasts, Hörbücher, Vorträge, Trainings online und in Präsenz, Coachings …

Damit bereiten Sie sich und Ihr Unternehmen auf die sicher kommenden Herausforderungen optimal vor. Und nur mit dieser Vorbereitung wird es Ihnen gelingen, die immer weiter steigende Komplexität als Chance für den Erfolg Ihres Unternehmens zu nutzen.

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Lernen als Erfolgsfaktor in ungeplanten Veränderungsprozessen

Auch wenn dieser Artikel sich im Wesentlichen auf geplante Transformationsprozesse beziehen soll, kann ich die durch Corona verursachte Situation nicht vollkommen außen vor lassen.

Das was wir seit ca. Mitte März 2020 erleben, ist eine Krise, die in diesem Ausmaß noch niemand von uns miterlebt hat. Da geht viel in den Köpfen vor und niemand hatte von Anfang an die richtigen Lösungen.

Das was seit März an notwendigen Veränderungen umgesetzt wurde, ist enorm. Es zeigt, dass Transformation oft dann am besten funktioniert, wenn es nicht mehr anders geht. Aber dennoch fehlt es nach meinem Dafürhalten bei vielen Unternehmen am großen Plan.

Den kann und soll in dieser Situation nicht eine Person allein oder ein Gremium aus Führungskräften aufstellen. Das muss Gemeinschaftsaufgabe sein. Eine Gemeinschaftsaufgabe, die mit Wissen besser zu bewältigen ist.

Deshalb ist das, was ich bei einigen Unternehmen beobachte, richtig: Diese Unternehmen haben sehr schnell Trainings wieder aufgenommen, stellen ihren Mitarbeitern im Home Office ein Zeitkontingent zur Verfügung um eigenverantwortlich zu lernen, und sie ermöglichen den regelmäßigen Austausch aller Mitarbeiter.

So orchestrieren diese Unternehmen die verschiedenen Lernmöglichkeiten, fördern das Erlernen expliziten und impliziten Wissens und nutzen gleichzeitig diese Erfahrungen, um Mitarbeitern zu zeigen, dass sie die Krise durch eigene Kraft meistern und die Unternehmensentwicklung selbstverantwortlich und im Team trotz Krise positiv gestalten können.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Chancen nutzen, die sich durch Lernen auftun – für den persönlichen Erfolg und den Ihres Unternehmens.

Möglichkeiten zu lernen gibt es viele. Finden Sie für Ihr Unternehmen die richtige Mischung und legen Sie los. Es lohnt sich!


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 87

Lebenslanges Lernen ist heute aktueller denn je – definitiv in dem Themenbereich, über den wir berichten. Es gibt zugleich noch mehr Aspekte und einige möchten wir in dieser Ausgabe genauer ansehen und erklären. So dreht sich ein Beitrag darum, wie wir unser eher analoges Hirn in der modernen Welt fördern und nicht etwa überfordern. Ein weiterer Artikel zeigt, wie wichtig Lernen und Wissen gerade in Transformationsprozessen sind. Und außerdem zeigen wir, wie sich ein Geschäftsmodell im Bereich E-Learning aufbauen lässt. Dazu haben wir zwei Bonus-Beiträge: Wir erklären darin, was es mit Googles „Core Web Vitals“ auf sich hat, die 2021 wichtig werden. Und wir geben Beispiele für Startups, die sich voll und ganz dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben. Nicht zuletzt stellen wir das E-Recruiting-Startup Lionstep vor.

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