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Praxisbeispiel: Ein Weblog als unverzichtbares Content-Instrument

LinkedIn & Co. sind mächtige Plattformen für B2B-Unternehmen, die kaum Wünsche offen lassen. Welchen Stellenwert hat da noch ein klassisches Weblog? Oder ist es nur noch ein Relikt aus längst vergangenen Tagen? Bianca Gade ist Marketingleiterin bei der INTENSE AG und schildert, warum ein Weblog aus ihrer Content-Strategie nicht wegzudenken ist – trotz aller Unkenrufe und Herausforderungen.

Das Weblog der INTENSE AG ist ein wichtiger Kommunikationskanal für den B2B-Dienstleister.

Ausgangssituation: Content-Arten und -Kanäle hinterfragt

Als ich im Juni 2020, noch in den Anfängen der Corona-Pandemie, bei der INTENSE AG als Marketingleiterin anfing, übernahm ich von Tag eins an die Einführung des neuen Corporate Designs, das einher ging mit der Projektleitung für den Website-Relaunch. Neben typischen Onboarding-Fragen wie „Wer hat eigentlich Zugang zum Twitter-Account?“ und „Hallo IT, wie komme ich auf unsere Bilddatenbank?“ lag der Schwerpunkt meiner Arbeit bei der Content-Analyse auf den bestehenden Kanälen.

Als mittelständische IT-Beratung und Unternehmen für Softwareentwicklung hat die INTENSE, wie viele andere B2B-Unternehmen auch, die Herausforderung, dass die Dienstleistungen und Produkte oft erklärungsbedürftig sind. Und wie auch andere IT-Unternehmen tendierten wir in den Posts und Blogbeiträgen weitestgehend dazu, jene Leistungen werblich zu beschreiben, anstatt Content zu produzieren, der bei unseren Leser:innen Inspirationen oder Emotionen erzeugt und damit gewinnbringend und unterhaltsam ist.

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Zudem wurde mit der neuen Content-Strategie jeder Kanal kritisch hinterfragt: Welchen davon benötigen wir wirklich, um potenzielle und bestehende Kunden sowie Bewerber:innen zu erreichen? Auch unser Weblog samt bestehenden Inhalten stand auf dem Prüfstand: Welche Contentart hat für unsere Zielgruppen einen Mehrwert und ist ein Weblog überhaupt noch zeitgemäß?

Doch da waren zwei weitere Faktoren, die in einer solchen Strategie gerne übersehen werden und die für diese Fragen dennoch wichtig sind: Es sind die Menschen und die Unternehmenskultur. Warum das so ist, ist schnell erklärt: Durch den sehr spezifischen Fokus der INTENSE auf energiewirtschaftliche Organisationen wie Stadtwerke, Netzbetreiber und weitere, ist entsprechende Expertise erforderlich, um hochwertigen Content für diese Zielbranchen und deren Mitarbeitenden zu erstellen. Dass dieser Content von den INTENSE-Expert:innen kommt, oder zumindest für die spätere Nachbereitung entworfen wird, ist quasi unumgänglich. Doch Schreiben erfordert hauptsächlich eins: Zeit. Ein wertvolles Gut, das Berater:innen meist lieber in Kundenprojekte stecken, als in Blogbeiträge. Ein Dilemma für das Marketing, denn ohne Expertise keinen Content. Würde unser Blog das „überleben“?

Herausforderungen als IT-Dienstleister bei der Contenterstellung

  • Zeit investieren die Expert:innen lieber in die Projekte, weniger in Content.
  • Intensivierung durch Zielvereinbarungen funktioniert nur mäßig, da die Beitragskontinuität und Contentqualität dabei nicht berücksichtigt werden.
  • Will man Beiträge kontinuierlich veröffentlichen, benötigt dies Sicherheit bei der Contentlieferung – dies kann im Alltagsgeschäft jedoch nicht gewährleistet werden.

Kurz gesagt: Das Weblog würde nur dann am Ende funktionieren, wenn Mensch und Organisation zusammen gedacht werden. Doch wie soll das gehen?

Behalten wir den kritischen Faktor Zeit an dieser Stelle für eine Weile im Gedächtnis, während im folgenden Abschnitt auf die internen Gegebenheiten eingegangen werden.

Vom Wandel der Muss- zur Kann-Strategie bei der Content-Erstellung

Selbstbestimmtes und -verantwortliches Handeln ist bei der INTENSE fest in den Werten verankert. Basis dieser Kultur ist großes Vertrauen in alle Mitarbeitende, dass jede und jeder sein Bestes gibt. Den Willen, immer eine Idee voraus zu sein, unterstützt eine sehr hohe Selbstdisziplin, die jede:r von uns ohne Frage hat. Die Priorität dabei liegt ausnahmslos beim Kunden – sowohl bei den Expert:innen in den Projekten als auch im Marketing und in der Kommunikation. Doch da, wo wir alle den gemeinsamen Nenner haben, liegt auch das Dilemma: Es ist die zur Verfügung stehende Zeit – denn wir alle haben nur begrenzte Kapazitäten.

Durch die hohe Eigenverantwortung und Selbstbestimmung impliziert das gleichermaßen: Niemand schreibt irgendjemandem vor, ob und wie oft Content beigetragen werden soll. Von Incentivierungsmaßnahmen haben wir darüber hinaus Abstand genommen, da diese meist geballt am Jahresende viel Content einbrachte und über das restliche Jahr Flaute herrschte. Am Ende waren durch die Incentives auf allen Seiten die Gesichter lang: Die Kolleg:innen hatten viele Stunden für den Beitrag investiert, doch der Erfolg blieb durch mangelnde Kontinuität und fehlende Planung trotzdem aus. So konnte sich ein ungesunder Gedanke festsetzen: Content macht nur Arbeit, bringt aber nichts. Für mich im Marketing war dies ein Knoten, der gelöst oder zumindest gelockert werden musste. Dies war der Initialgedanke, von jetzt an auf die Freiwilligkeit der Kolleg:innen zu setzen.

Ihr mögt euch fragen: Wie soll Freiwilligkeit funktionieren, wenn Incentivierung schon nicht den erwünschten Erfolg brachte? Muss man nicht noch mehr in Incentives stecken, um mehr und besseren Content zu erhalten, damit das Weblog überhaupt eine Chance hat?

Wie wichtig ist ein Weblog noch neben LinkedIn & Co.?

Fangen wir zunächst mit der Beantwortung der letzten Frage an, bevor ich später zu den Herausforderungen in der Umsetzung komme.

Seit sich Weblogs für Unternehmen etabliert haben, wird der Tod dieses Kanals vorhergesagt. Und die Diskussionen sind durchaus nachvollziehbar: Die Stärke von LinkedIn im B2B ist nicht zu missachten, genauso wenig deren Features, die von umfangreichen Postings, Artikeln und Newslettern kaum Wünsche offenlassen. Wir selbst nutzen die Plattform konsequent und mit wachsenden Zahlen. Unsere Kunden und Partner schätzen die persönlichen Einblicke in das Unternehmen und natürlich unterstützen wir uns thematisch gegenseitig, um die Netzwerke auszubauen. Hier sieht und „trifft“ man sich, es ist unkompliziert in der Handhabung und ja, kein Unternehmen muss sich Gedanken zum Hosting machen oder mit technischen Problemen kämpfen. Solche Plattformen funktionieren einfach. Da darf die Frage durchaus gestellt werden: Warum braucht es noch ein eigenes Weblog?

Für uns gibt es dafür genau zwei Gründe: Unabhängigkeit und Nachhaltigkeit. Sowohl jetzt als auch für die Zukunft.

Welche Alternativen gäbe es zum Weblog?

Wir setzen auf unseren Blog, allein schon im Hinblick auf die Alternativen:

  1. Nur auf Plattformen zu posten, macht uns als Unternehmen abhängig von den jeweiligen Algorithmen.
    Keine Frage: Auch Google passt seine Regeln fortlaufend an. Trotzdem bleibt im Vergleich eine Plattform immer eine in sich geschlossene, respektive proprietäre Lösung, dessen Algorithmus plattforminterne Beiträge immer bevorzugen wird.
  2. Social Ads: Schon jetzt teuer und der Preis steigt kontinuierlich weiter.
    Je größer das Monopol einer Plattform, desto größer die Ausgaben bei den Ads. Ist so.
  3. Das „Plattformen-SEO“ reicht nicht aus, um eigene Themen zu positionieren.
    Solange Google führende Suchmaschine ist, solange lohnt sich das Investment in ein selbst gehostetes Weblog. Zwar werden auch LinkedIn-Artikel in den Suchergebnissen gelistet – aber wer kann schon sagen, dass Google das in dieser Form beibehalten wird. Und wie hoch sie in den Rankings erscheinen, ist auch fragwürdig.
  4. Die Content-Arbeit wird kontinuierlich mehr, obwohl die Reichweite gleich bleibt oder gar rückläufig ist.
    Beispiel Facebook bzw. Meta: Zuckerberg machte vor ein paar Jahren dramatische Einschnitte für Unternehmensseiten und reduzierte die Reichweite spürbar. Dies erhöhte den Druck, noch mehr Content zu publizieren. Für kleinere Unternehmen ist dies ohne Aufstockung von Personal kaum leistbar.
  5. Die Halbwertszeit von Posts ist extrem gering.
    Ein gut geschriebener Beitrag auf der eigenen Seite kann über Jahre auf das Unternehmen einzahlen. Wohingegen Posts im Social Web sehr kurzlebig und in wenigen Tagen „verschwunden“ sind.

Letzten Endes entschieden diese Punkte dafür, das Weblog als digitales Zuhause weiter auf- und auszubauen. Dies reduziert unser Risiko an Reichweitenverlust insgesamt und zahlt in unsere Unabhängigkeit ein. Doch wo jetzt klar ist, dass dieser Kanal bestehen bleibt: Wie gewährleisten wir regelmäßig Content?

Das Weblog und die Customer Centricity

Kommen wir zurück zur Frage, was unser Weblog mit der Freiwilligen-Strategie der INTENSE zu tun hat. Wie ich oben bereits schrieb, wurde in den Jahren gelernt, dass Content zeitaufwendig ist und wenig bis keine Ergebnisse liefert. Dass sich dies nun ändert und weiter ändern kann, verdanken wir einer organisatorischen Systemanpassung: Anstatt in thematisch getrennten Abteilungen zu arbeiten, sind wir nun in Clustern organisiert.

Beim Cluster ist besonders, dass es markt- und kundenzentriert agiert – wenn man so möchte, ist ein Cluster ein kleines Unternehmen innerhalb des Unternehmens, mit allen Aufgaben, die dazugehören. Und da jedes Unternehmen bekannterweise auch seine Dienstleistungen verkaufen und bewerben muss, ist dies der organisatorische Hebel für zielgruppenrelevanten und qualitativ hochwertigen Experten-Content, der über das gesamte Jahr kontinuierlich veröffentlicht werden kann.

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Ist ein Weblog auch zukunftsfähig?

Wer Vertriebserfolge verzeichnen möchte, muss weg von Produkt- und Dienstleistungsbeschreibung und hin zu Kontext und Personalisierung. Beides ist nur dank der Datenanbindung zwischen unseren Systemen wie CRM samt Newsletter und Weblog möglich – auch in Zukunft. Stichwort: „Google beendet Nutzung von Third-Party-Cookies in Chrome bis 2023“. Das bedeutet für uns wie auch für viele andere Unternehmen, den Fokus auf eigene Daten zu setzen, sie zu verbinden und intelligent an die jeweiligen Anspruchsgruppen auszuspielen. Die eigenen Daten sichern uns daher auch mittel- bis langfristig die Unabhängigkeit, die den Weblog zukunftsfähig bleiben lässt.

Fazit

Unser Weblog bleibt aus vielerlei Gründen wichtig. Den Content rein auf externen Plattformen zu veröffentlichen, brächte mittel- bis langfristig Nachteile durch Abhängigkeiten. Wenn wir es schaffen, die eigenen Daten bei uns zu halten und sie sinnvoll mit dem CRM und anderen Marketing- und Vertriebstechnologien zu verbinden und kundenzentriert zu nutzen, sind wir unabhängiger – und bleiben es vor allem.

Somit ist und bleibt ein Weblog kein Relikt aus alten Tagen, sondern noch immer ein, wenn nicht sogar der wichtigste Kanal für uns als B2B-Unternehmen.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 103

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