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Kolumne: 7 haarsträubende Content-Ratschläge

Sie gehören zu den erfolgreichsten Inhalten im Internet: Listen mit hilfreichen Tipps zu einem bestimmten Thema, mit dem sich idealerweise möglichst viele Menschen beschäftigen. Kurios dabei: Listen-Inhalte, die Tipps für erfolgreiche Inhalte geben, stehen hier sehr weit oben. Dabei ist der beste Tipp gar nicht dabei, findet Falk Hedemann und rät in seiner Kolumne: Ignoriert die häufigsten Content-Tipps, denn sie sind haarsträubend.

(Foto: © SIphotography, depositphotos.com)

Einführung

Schreibtipps und Regeln, die du unbedingt befolgen musst, wenn du mit deinen Inhalten erfolgreich sein willst, gibt es wirklich reichlich. Sie stammen von bereits maximal erfolgreichen Autor:innen, die ihre Erfolgstipps nur allzu gerne weiterreichen, um auch dich endlich erfolgreich zu machen. Und es ist wirklich sehr einfach!

Allein bei Medium wird man förmlich von solchen Beiträgen überrollt. Aber auch bei LinkedIn finden sich immer wieder Schreib-Weisheiten, die geradezu gigantische Interaktionswellen erzeugen. Und das ist nur verständlich, denn wir alle suchen doch nach nützlichen und wertvollen Tipps, die uns weiterbringen. Und wenn diese dann noch extrem einfach sind und uns mit Abkürzungen den maximalen Erfolg versprechen – wer könnte da widerstehen?

Du! Denn du durchschaust diese Beiträge und verstehst, dass dich viele gängige Tipps gar nicht weiterbringen. Zumindest bringen sie dich nicht in die richtige Richtung, also voran, sondern eher zurück. Dabei besitzen viele Tipps durchaus einen wahren Kern, doch im Laufe der Zeit sind sie offensichtlich durch zu viele Ohren gegangen und haben einen ordentlichen Stille-Post-Offset bekommen.

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Schreibe täglich und werde automatisch besser

„Ich habe ein Jahr lang jeden Tag geschrieben, es ist unglaublich, wie leicht es mir jetzt fällt!“

Solche und ähnliche Aussagen hast du selbst bestimmt schon einmal gelesen. Sie sollen dir vermitteln, dass du nur jeden Tag etwas schreiben musst, um erfolgreich mit Inhalten zu werden. Tatsächlich kann es sich für dich so anfühlen, aber wirkt es auch nach außen? Werden deine Inhalte also wirklich automatisch besser, wenn du nur jeden Tag etwas schreibst?

Du kannst davon profitieren, wenn du dir eine Schreibroutine aneignest. Wie bei allen Dingen, die wir regelmäßig tun, entstehen auch beim Schreiben Muster und Automatismen. Sie geben dir das wohlige Gefühl einer Komfortzone und lassen dich effektiver werden.

Erfolgreiches Schreiben braucht aber mehr als eine Gewohnheit. Du musst zusätzlich deine Schwächen erkennen und systematisch an ihrer Beseitigung arbeiten. Aus 30 Minuten täglicher Schreibroutine werden dann schnell 60 Minuten und mehr. Zudem setzt du dich zeitlich und vor allem kreativ unter Druck, immerhin musst du dir auch überlegen, worüber du eigentlich sinnvoll schreiben könntest. Das kann die Qualität deiner Inhalte nachteilig beeinflussen.

Wenn du schlechte Inhalte kreierst, wirst du nicht automatisch besser, wenn du das regelmäßig tust. Vielleicht gewöhnst du dich nur an deinen Müll, so dass er dich nicht mehr stört.

Es kommt nicht auf die Menge an, sondern auf das, was du schreibst.

Schreibe möglichst einfach

Schreibe so, dass es auch Grundschüler:innen verstehen

Auch hier steckt ein klitzekleines Stückchen Wahrheit drin, doch wer die Aussage wörtlich nimmt, schreibt für die Zielgruppe Grundschüler. Das dürfte aber nicht für alle Content-Strategien erfolgversprechend und zielgerichtet sein. Gerade für den häufig erklärungsbedürftigen B2B-Bereich darf es gerne etwas spezifischer sein, wenn es nicht um einen Beitrag für die Sendung mit der Maus geht.

Schreibe, wie du sprichst

Schreibe so als würdest du es jemanden erzählen

Wer jemals ein Interview transkribiert hat, weiß, dass das nicht funktioniert. Menschen sprechen anders, als sie schreiben. Sie beenden Sätze nicht, konstruieren abenteuerliche Bandwurmsätze und drehen sich inhaltlich schon mal um die eigene Achse. Im Gespräch fällt uns das gar nicht großartig auf. Wenn wir die gleichen Wörter aber lesen würden, wäre das kaum zu ertragen, denn: Menschen lesen anders, als sie zuhören.

Der Wahrheitsgehalt liegt hier in der Tonalität. Wenn wir mit jemandem sprechen, begegnen wir uns auf einer persönlichen Ebene. In Texten verliert sich diese Ebene dann häufig. Dann muss aber nicht sein, wenn du deine Lesenden direkt ansprichst, so wie ich es hier gerade tue.

Zeigen, nicht erzählen

Show, don’t tell

Der wohl häufigste Schreibtipp, der sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag besitzt. Wenn euch das jemand sagen sollte, dann antwortet einfach mal mit: „Zeig mir mal, was das bedeutet und sag es mir nicht!“ Vergesst dabei aber bitte nicht das Augenzwinkern, denn die Wahrscheinlichkeit ist doch recht hoch, dass ihr keine wirklich gute „Show“ zu sehen bekommt.

Ursprünglich wurde dieser Schreibtipp an Schriftsteller:innen adressiert, die in ihrer Belletristik nicht aus der Erzählperspektive schreiben sollen, sondern lebendige Handlungen und Dialoge verwenden sollen.

Das Beispiel aus der Wikipedia zeigt (!) sehr schön, warum das für Romane ein guter Tipp ist, für das Content Marketing aber nur bedingt taugt:

Statt zu berichten …

„Frau Kleinschmidt war eine Klatschtante.

„Immer fand sie etwas, das sie weitertratschen konnte“.

… soll der Autor zeigen:

„Sie öffnete einen schmalen Spalt zwischen den Blättern der Jalousie, so dass sie den VW erkennen konnte, der in der Auffahrt hielt. Sie blinzelte, um den muskulösen Mann besser sehen zu können, der aus dem Auto gestiegen war und in Richtung der Eingangstür ging. Als er klingelte, rannte Frau Kleinschmidt zum Telefon: ‚Charlotte, du wirst nicht glauben, was ich gerade gesehen habe!‘“

Das ist die perfekte Überleitung zum nächsten Schreib-Mythos.

Storytelling ftw

Erzähle Geschichten, nutze Storytelling!

Storytelling im Content Marketing scheint beinahe schon eine eigene Disziplin zu sein, so wichtig wird es von verschiedenen Seiten genommen. Bei einigen Marken heißen Inhalte nicht mehr Blogbeitrag oder schlicht Artikel, sondern Story. Für sie muss alles in Geschichten verpackt werden, denn Menschen haben sich schon seit Urzeiten Geschichten am Lagerfeuer erzählt.

Soweit stimmt diese Geschichte auch, allerdings sitzen die Menschen nur noch sehr selten zusammen am Lagerfeuer. Für diese seltenen Anlässe gäbe es dann auch genügend gute Geschichten, denn der große Rest wurde einfach in eine Geschichte gepresst, obwohl es eigentlich gar keine ist.

Was ist denn nun eine Geschichte wert? Das Schema ist recht einfach: Es gibt eine Person, die auf ein Problem oder einen Konflikt trifft, eine Lösung dafür findet, die schließlich sein Leben verändert. 

In der Realität sieht das dann in etwa so aus (LinkedIn ist hier eine unendlich große Fundgrube):

Jemand findet zufällig ein altes Zeugnis. Darauf stehen wirklich schlechte Noten. Macht nichts, aus der Person ist trotzdem was geworden. Das kannst du auch!

Nutzt Geschichten, wenn es wirklich gute Geschichten sind. Konstruiert keine Geschichten, damit es Geschichten sind.

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Wir brauchen einen Content-Jahresplan

Plane dein Content-Jahr voraus, dann weißt du immer, was du schreibst!

Verplane nicht das ganze Jahr im voraus – das ist nicht das, was eine Content-Strategie ausmacht. Eine Strategie ist kein festes Schema sondern ein Koffer voller Möglichkeiten, aus dem du bei Bedarf eine auswählen kannst, um beispielsweise schnell auf ein Ereignis, eine Chance zu reagieren.

Und beim Schreiben ist es wie bei einem Speiseplan: An einem Tag hast du keine Lust auf Fisch, an einem anderen aber schon – an welchem von beiden bereitest du dir am besten Fisch zu? Auch für Themen gibt es gute und schlechte Tage. Nutze deine guten Tage.

Überoptimiere nicht

Schreibe und veröffentliche schnell und ohne Perfektionismus

Der Wahrheitsgehalt bei diesem Tipp: Wer zum Perfektionismus neigt, optimiert seine Inhalte zu Tode. So verwendest du zwar sehr viel Zeit mit dem Schreiben, aber es kommt am Ende nicht viel dabei heraus.

Das ist auf jeden Fall ein Problem, um das du dich kümmern solltest, wenn es dich betrifft. Wenn du aber eher zur Mehrheit derer gehörst, die ihrer Inhalte unbedingt nochmal überarbeiten sollten, weil der erste Entwurf tatsächlich ein erster Entwurf und noch lange kein reifer Artikel ist, solltest du auch diesen Tipp nicht befolgen.

Stattdessen solltest du dir Routinen für die Überarbeitung aneignen, die dir in allen Belangen helfen: Sie helfen dir bei der Optimierung und sorgen für einen klaren Zeitrahmen.

Schlusswort: Es gibt nicht den einen Weg

Was mich an diesen Content-Ratschlägen am meisten nervt, ist die Absolutheit: Du musst dies und jenes, wenn du erfolgreich sein willst.

Nein, musst du nicht. Du kannst viel mehr lernen, wenn du diese Ratschläge kritisch hinterfragst und aus deinen Erkenntnissen deinen eigenen, ganz persönlichen Stil kreierst.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 104

Die Welt der Content-Berufe wird größer und komplexer. Im Schwerpunkt dieser Ausgabe schauen wir uns an, welche Kenntnisse und Fähigkeiten gefragt sind, wie verschiedene Berufe in diese Bereich aussehen, was den Job als Content-Manager:in so spannend macht oder auch wie du als Freelancer:in erfolgreich und zufrieden wirst. Außerdem haben wir zwei Kolumnen, einen Blick auf die Content-Gewohnheiten der Generation Z und einen Beitrag dazu, warum „Metaverse“ und „Web3“ nicht etwa ein und dasselbe sind.

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