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FREE BURMA: vom Luxus des Protests und der Macht der Blogs

Innerhalb weniger Tage wurde die politische Aktion „FREE BURMA“ aus dem Boden gestampft und zahlreiche Blogs und andere Webseiten haben gestern ihre Solidarität mit denen signalisiert, die in Burma für ihre Freiheit ihr Leben aufs Spiel setzen. Wir hier hingegen sitzen schön im Warmen und Trocken und streiten uns über Plugins in der neuesten Version der Blogsoftware WordPress oder stöhnen darüber, dass die Milch teurer wird. Wie glaubwürdig ist eine Aktion wie „FREE BURMA“? Und kann sie mehr als ein Strohfeuer sein?

Wir in Deutschland leben im Luxus. Bei uns gibt es keinen Krieg, die Versorgung mit Lebensmitteln ist mehr als gesichert, Strom und Wasser fließen rund um die Uhr und wir müssen uns nicht vor der Willkür unseres Staates fürchten – wir können uns höchstens mal ärgern, wenn die Politesse uns einen Strafzettel verpasst hat, obwohl wir doch wirklich nur ganz, ganz kurz auf dem Behindertenparkplatz gestanden haben. Aber es ist nicht zu erwarten, dass es gleich an der Tür klingelt und Dich die Geheimpolizei abführt.

Zugleich aber wollen sich viele Blogger nun für Burma engagieren. Ist das mehr als reflexhafte Betroffenheit? Ist das mehr als die millionenschweren Geldspenden nach einer Naturkatastrophe? Ist es mehr als ein Symbol ohne echte Langzeitwirkung?

Burma wird in diesem Blog wie in vielen anderen wohl kaum wieder eine Rolle spielen. Ebenso die hunderten oder tausenden anderen Konflikte und Ungerechtigkeiten auf dieser Welt. Mit ein bisschen Glück haben wir jetzt aber ein, zwei Blogger mehr, die sich für politische Themen interessieren. Und vielleicht werden die sich dann genau damit beschäftigen: alle diese Diktatoren, diese Kriege, Morde, Folter. Oder auch Hunger und Elend. Oder meinetwegen Umweltzerstörung. Oder auch Vorratsdatenspeicherung, damit uns unser kleines Paradies nicht Stück für Stück weggenommen wird. Es gibt so viele Bereiche, in denen man sich engagieren kann.

Bisweilen las man dieser Tage, diese ganze Aktion sei Heuchelei, denn mit alldem könne man überhaupt nichts erreichen.

Kann man nicht? Ich wäre mir da gar nicht so sicher. Öffentlichkeit zu schaffen, bedeutet Macht und Einfluss. Wir leben in einem Land, dessen Bürger sich sehr leicht und gern von dem beeinflussen lassen, was in den Medien berichtet wird. Und das Internet ist ein Teil davon. Blogger sind ebenfalls Medien. Sicher: Jeder einzelne von ihnen ist klein. Alle zusammen aber können sie Öffentlichkeit schaffen.

Und das ist es, was ich an dieser Aktion interessant finde: Wie schnell man mit den heutigen Mitteln Menschen zusammentrommeln kann – und das weit über Landesgrenzen hinaus. Und es ist spannend zu sehen, wieviel Aufmerksamkeit man auf diese Weise für eine Sache bekommen kann, die einem wichtig ist.

Beim Thema WordPress hat der Protest funktioniert. Die Macher haben eingelenkt und das Plugin ist nicht mehr Bestandteil der aktuellen Version. Sie sind natürlich auch direkter von der Meinung der Blogger abhängig. Die „BILD“ hingegen treibt beispielsweise munter weiter ihr journalistisches Unwesen, obwohl sie ausdauernd und hartnäckig vom Bildblog beobachtet und immer wieder bloßgestellt wird. Und Milch wird auch nicht wieder billiger.

Die Machthaber in Burma werden zudem nicht plötzlich zurücktreten – noch nicht. Aber wie viele Menschen wussten vor zwei, drei Wochen, wie es in Burma zugeht? Wie viele deutsche Blogger hatten sich bis dahin mit dem Thema beschäftigt? Und wie viele sind es jetzt? Die Welt hat sich ein klein wenig verändert und die Blog-Aktion hatte zumindest einen kleinen Anteil daran.

Die Macht der Blogs hat Grenzen. Das ist klar. Aber diese Grenzen sind viel weiter gesteckt, als manche vermuten würden.

A N Z E I G E

thekey.ACADEMY

 

19 Gedanken zu „FREE BURMA: vom Luxus des Protests und der Macht der Blogs

  1. Bei Euch ist mir gestern als auch heute wieder einmal mehr aufgefallen, warum Werbung in Bloggs ein schwer zu händelndes Thema sind.

    Gestern macht Ihr bei der Free Burma!-Aktion mit und im Feed-Reader steht unterhalb des BannersAnzeige: Bei LinkLift können Blogs mit „Links“ Geld verdienen. Wie das geht?

    Dito heute unter dem – an sich sehr gelungenem Text zur Aktion – und das macht ihn erst mal unglaubwürdig, solche Texte in Kombination mit nicht zur Sache passendem Kommerz wirken nicht auf den Leser wie sie wirken könnten. Schade. Manchmal muss man Werbung auch ausschalten.

  2. Wie kann die Blogosphäre in einem Moment lamentieren, dass sie nicht wahrgenommen wird (Geklagt wird z.B. so gern über den Internet-Autismus der klassischen Medien und Politiker die wissen was ein Browser ist) und dann eine Woche später glauben, dass sie etwas erreichen kann, indem sie ein paar Bilder in ihre Blogs klatscht.

    Ein Bild hochladen und posten braucht keine 60 Sekunden und keine 10 Mausklicks. Das ist näher am Nichtstun dran als am Handeln und das wird dadurch, dass es tausende gleichzeitig tun, nicht besser.

  3. Nachtrag: Einen Effekt hat diese „Aktion“ allerdings, denn die Beteiligten glauben, sie könnten sich jetzt wieder zurücklehnen und sagen „ich habe wenigstens etwas unternommen!“

  4. Ich stimme meinen beiden Vor-Kommentatoren zu: „FREE BURMA“ und dann im Feed schön Werbung anzeigen, passt schonmal gar nicht zusammen und ist, wenn schon nicht heuchlerisch, dann zumindest eher gedankenlos, finde ich.

    Und das Hochladen eines Bildes inklusive Verlinkung führt auch nicht zu mehr „Öffentlichkeit“, so ein Blödsinn. Entschuldigt bitte die relativ deutlichen Worte, aber in diesem Falle finde ich die ganze Aktion einfach nur sinnlos, da sie *nichts* bewegt.

    Raus gehen und demonstrieren vielleicht, Gesicht zeigen und sich real mit Menschen austauschen, auch wenn es „nur“ zum Beispiel in Deutschland auf einer Demo ist, aber in einem Blogpost mit einer Grafik? „Ich würde gern was tun, kann aber irgendwie nicht, also poste ich was in mein Blog!“, indem ich auf den Stöckchen-für-Burma-Zug aufspringe.

  5. Ganz so kann ich die Kritik nicht stehen lassen. Das Upload-Magazin gehört zu den stark frequentierten Blogs in Deutschland. Da „einfach mal so“ ein Banner zugunsten von Burma hochladen mag zwar tatsächlich schnell bewerkstelligt sein, hat aber doch auch eine Signalwirkung, weil das Blog eine relativ hohe Reichweite hat.

    Jan Tißler zeigt also mit einem solchen Banner mehr „Gesicht“, als wenn er in Schwerin an einer Demo zugunsten desselben Anliegens (als einfacher Besucher) teilnehmen würde.

  6. ich denke, da haben die werbungsgegner, sprich gutblogger, einfach wiedermal ne chance gefunden, rumzumaulen.
    ich kann absolut nicht verstehen, was das eine mit dem anderen zu tun hat.
    und leute, die durch die blogs laufen und meckern, dass ein einfaches banner nix nützt, selbst aber nichtmal das schaffen, die sind unglaubwürdig.
    machts besser, dann habt ihr das recht zu kritisieren. ist ganz einfach.

    >>Jan Tißler zeigt also mit einem solchen Banner mehr “Gesicht”, als wenn er in Schwerin an einer Demo zugunsten desselben Anliegens (als einfacher Besucher) teilnehmen würde.

  7. Matthias: Für wen hat das denn Signalwirkung? Die Leser von Upload dürften doch mehrheitlich selbst der bloggenden Zunft angehören. Die lesen dann von der „Aktion“ um sie dann selbst zu bloggen und den Banner posten… Wenn Jan einer von 20.000 Demonstranten wäre und die Sache in der Tagesschau landet, bekommen auch die Internet-Autisten von Politik und klassischen Medien etwas von einem Protest mit. So bleibt das ganze unter Bloggern und verpufft wie eine 1-Mann-Demo auf einem Hinterhof in Herne.

  8. @Peter: Wenn das Bannerposten so sinnlos ist, warum hast Du dann das Schäuble-2.0-Eck in deinem Blog? Warum postest Du die Story mit dem BKA? Dann ist doch deine ganze Kategorie „Kommentar“ so ziemlich für den…

    Demonstrieren gegen Vorratsdatenspeicherung wäre doch viel besser. Da würde die Tagesschau etwas mitbekommen.

    Apropos Medienwirkung: Heise-Newsticker, Telepolis, Sueddeutsche Zeitung sind wohl nicht „old-school“ genug?

    Egal, ich hab bei der Sache ja nicht mitgemacht, um Dir zu gefallen…

  9. @Dani
    Schwachsinn. Es gibt Momente, da ist Werbung ein no go. Punkt. Das heißt nicht, das sie nicht im nächsten Moment wieder okay ist.

    Kritiker, die anmerken, dass die Werbung bei so einer Aktion nicht gerade taktvoll ist mit Werbungsgegner per se in einen Topf zu schmeissen, das ist wenig zu Ende gedacht. Tut mir leid, wenn ich das so harsch schreiben muß.

  10. Stefan Waidele: Der Schäuble-Banner usw. ist lediglich Begleitung für die zahlreichen Artikel die ich im Laufe der Monate über den Überwachungswahn geschrieben habe. Da steckt viel Schreib- und Recherchearbeit drin und dazu kommen dann diverse andere Dinge wie von mir erstellte Schäublonen. Das damit zu vergleichen, dass anderswo ein Burma-Banner in’s Blog geklatscht wird und 24 Stunden später wieder die Tagesordnung regiert, finde ich etwas… unangemessen.

    Nur auf der Demo gegen die Vorratsdatenspeicherung war ich tatsächlich nicht – keine Kohle, kein Auto. Aber ich kann ja auch nicht alles machen.

    Zur Medienwirkung schieße ich mal eine Gegenfrage ab: Reicht das denn? Bricht man damit aus diesem Blogger-Kreis aus?

    Der Punkt ist ja gar nicht so sehr, dass Protest generell nichts bringen würde. Es geht mir mehr darum, dass DIESER Protest in DIESER Form nichts bringt, auch weil die überwiegende Mehrzahl der Teilnehmer einfach nur ein Bild hochlädt und sich dann zurücklehnt. Selbst meine Mutter macht sowas jeden Tag. Ein Bild ins Internet zu stellen ist alltäglicher als ein Aldi-Einkauf. Und das ist jetzt, weil es halbwegs koordiniert auf Websites die kaum einer liest passiert, plötzlich der weltbewegende Protest?

    Ich hab wirklich Schwierigkeiten das zu verstehen.

  11. Das mit der (fehlenden) Medienwirkung hat auch viel damit zu tun, dass sich „die Blogger“ eben nicht einig waren und sind bei dieser Aktion. Welche Wirkung sollte es schon haben, wenn „die Medien“ diese Fundamentaldiskussionen betrachten und lesen?

    Ein Haufen gesellschaftlich irrelevanter und zerstrittener geeks + eine Aktion. Wahrlich kein Thema für die Medien.

    Über Sinn und Unsinn der Aktion (oder ihrer Wahl der Mittel=Banner) liesse sich weiter vortrefflich diskutieren. Meine Frage zum Schluss bleibt: Muss immer alles etwas bringen? Brauchen wir für alle unsere Handlungen immer einen Lohn, bzw. „muss es immer etwas bringen“?

    Vielleicht reicht diese Aktion ja auch dazu, dass sie eine Diskussion provoziert. Für mich schon ein Erfolg. Denn dann „hat sie doch etwas gebracht“.

  12. creezy…erstens tut es dir nicht leid, sonst hättest du es nicht geschrieben…zweitens musst du nicht so harsch schreiben, du tust es freiwillig. lass uns mal ehrlich sein, ist ok ;)

    jan hatte die werbung rausgenommen, er hat ja selbst gesagt, dass er nur das eine ding vergessen hat. wenn jemand schon was zugibt, dann tritt man nicht drauf rum. weißt du ja eigentlich mit deiner brandlöschmetalität ;)

    also seien wir mal froh darüber, dass es eben doch eine recht umfangreiche aktion geworden ist und dass es so viele menschen gibt, die ihr mitgefühl offen zeigen…zumal es mitgefühl mit sehr friedliebenden, buddhistischen menschen ist, die ihrerseits auch mit der ganzen welt mitgefühl haben. ich denke unter free-burma-befürwortern muss man sich nicht an den kragen gehen wegen kleiner meinungsverschiedenheiten über die modalitäten in den blogs. das kann eh jeder halten wie er will. oder? ;)

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