E-Learning als Geschäft: Konzepte, Formate, Technik, Plattformen

Auch im Bereich der Bildung und Fortbildung hat die Coronavirus-Pandemie den digitalen Alternativen einen enormen Schub verliehen. Das kann für so manche Fachperson eine Chance sein, sich ein neues Standbein aufzubauen, das zugleich Werbung in eigener Sache ist. Wie das aussehen kann und was es dabei zu beachten gibt, erklärt Jan Tißler in diesem Beitrag.

(Foto: Lukas, Pexels.com)

Online-Lernen als Chance und Bildung für alle

Es ist leicht, über die Entwicklung des Internets und seiner Rolle in der Gesellschaft frustriert zu sein. Vor 20 Jahren hatte sich so mancher erhofft, dass wir als Menschheit mehr zusammenwachsen würden, weil das Web es so einfacht macht, sich kennenzulernen und sich zu begegnen.

Stattdessen scheint es, als habe das Internet vor allem dazu geführt, dass sich Menschen noch mehr in ihre selbstgeschaffenen Gruppen und Grüppchen zurückziehen – Stichwort „Filterblase“.

Aber zum einen glaube ich persönlich nicht, dass man dieses pauschale Urteil so fällen kann. Gerade in der jüngeren Generation sehe ich persönlich viel Kommunikation und Zusammenarbeit über Ländergrenzen und Kontinente hinweg.

Und zum anderen ist das Internet definitiv zu einem Wissensschatz herangewachsen, der sich weiter und weiter vergößert. Und genau das finde ich so faszinierend wie ermutigend.

A N Z E I G E

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Bildung und Wissen sind wichtige Grundlagen, um sein eigenes Leben und das anderer Menschen zu verbessern. Kostengünstiger und einfacher Zugang zu Lehrmaterialien hat das Potenzial, uns als Menschheit langfristig voranzubringen.

Solange sie einen Internetzugang und Elektrizität haben, können Menschen überall in der Welt darauf zugreifen, sich weiterbilden und damit ihren Lebensunterhalt sichern, der eigenen Familie oder Gemeinde helfen und gemeinsam mit anderen für eine bessere Welt streiten.

Das mag für manche pathetisch klingen. Aber das Potenzial universell verfügbarer Bildung ist aus meiner Sicht enorm. 

Digitale Fortbildung als Business

Manchmal entstehen die passenden Lehr- und Schulungs-Angebote mehr durch Zufall und durch ein persönliches Bedürfnis. Ein Beispiel ist die Khan Academy, über die ich hier bei UPLOAD bereits 2012 geschrieben habe. 450.000 Abonnent:innen hatte deren YouTube-Kanal damals. Über 6 Millionen sind es heute, acht Jahre später. Die Khan Academy ist eine gemeinnützige Organisation und alle Angebote sind vollkommen kostenlos. Sie hilft vor allem Kindern und Jugendlichen mit Themen aus der typischen Schulbildung. Relevant ist das hier präsentierte Wissen aber für alle Altersgruppen.

Zugleich gibt es E-Learning natürlich als Geschäftsmodell. LinkedIn hat beispielsweise die Plattform Lynda gekauft und inzwischen unter dem Namen „LinkedIn Learning“ ins eigene Premium-Angebot integriert. Die Kurse werden hier professionell konzipiert und umgesetzt. Sie richten sich vor allem an Menschen, die im Beruf vorankommen wollen.

Oder man denke an einen Marktplatz wie Udemy, auf dem jede Fachperson Wissen in Form von Onlinekursen verkaufen kann. Hier finden sich etliche Themen, die vom Programmieren über persönliche Weiterentwicklung bis hin zum Brot backen reichen. Die Kursleiter sind dabei weitgehend auf sich allein gestellt. Entsprechend qualitativ unterschiedlich können die Kurse sein.

Andere Beispiele sind Plattformen wie Treehouse, Codecademy oder Udacity, die sich auf einen Themenbereich spezialisieren. Oder Coursera, die mit Universitäten zusammenarbeiten: Von einfachen, kostengünstigen Kursen bis hin zum mehrjährigen und entsprechend sagenhaft teuren Hochschul-Abschluss ist hier vieles möglich. Ähnlich funktioniert EdX.

Auch ein Angebot wie Iversity lebt von einer breiten Vielfalt an Angeboten: Manche sind kostenlos, andere kostenpflichtig, manche sind kurz und knapp, andere ausführlich, bei manchen lernt man für sich und bei anderen in einer virtuellen Gruppe.

Mögliche Konzepte

Und auch wenn der Bildungsbereich an sich wächst und digitale Angebote dort nicht zuletzt durch die Coronaviruskrise einen Schub erhalten haben: Das Geschäft selbst ist nicht immer ganz einfach.

Die oben schon genannte Iversity musste beispielsweise 2016 Insolvenz anmelden und gehört inzwischen mit verändertem Konzept zur Verlagsgruppe Holtzbrinck. 

Udemy wiederum kämpft damit, dass die Preise auf dem eigenen Marktplatz immer weiter nach unten gehen. Diesen Effekt hat man mit zahlreichen und fast nahtlos aneinander anschließenden Preisaktionen allerdings selbst zu verantworten: Wenn die Nutzer:innen einmal mitbekommen, dass es fast alle Kurse irgendwann für 9,99 gibt, werden sie keine 99 oder gar 199 Euro mehr bezahlen. Selbst 19,99 scheint dann plötzlich teuer.

Ein Ausweg: eine Flatrate für Unternehmen alias „Udemy for Business“. Denn während Privatkunden und Einzelunternehmer sehr preissensitiv sind und sich eher nach kostenlosen Alternativen umschauen, sehen Unternehmen den Wert eines dauerhaften Zugangs zu Wissen und Fortbildung.

Überhaupt Flatrates, Mitgliedschaften und Abos: Wie an vielen anderen Orten auch, gibt es hier sehr viel Potenzial für den Bildungsbereich. Manche sehen es als zusätzlichen Bonus für ein bereits bestehendes Premium-Angebot an wie zum Beispiel LinkedIn Learning. Für andere hingegen kann es zum eigentlichen Kern des Geschäftsmodells werden.

Über die Möglichkeiten von Abo-Businessmodellen habe ich andernorts bereits geschrieben. Und auch hier bei UPLOAD gibt es einen Artikel zu „automatisierten Kunden“ von mir.

Für manchen werden Onlinekurse & Co. eher ein Nebeneinkommen sein oder sind vielleicht sogar in erster Linie als Werbung in eigener Sache gedacht. Denn so, wie ein Fachbuch zum eigenen Thema für Aufmerksamkeit und Prestige sorgen kann, ist das auch über Lernangebote möglich. Sie helfen dabei, von der potenziellen Zielgruppe im Netz gefunden zu werden. Und wer die Fachperson dann in diesem Umfeld erlebt und für gut befunden hat, ist eventuell eher daran interessiert, sich dieses Wissen persönlich ins Unternehmen zu holen – in Form einer Schulung, eines Workshops etc.

Darüber hinaus können sich solche Bildungsangebote eignen, um das eigene Fachwissen an jene Menschen zu vermitteln, die sich eine Schulung oder gar ein 1:1-Coaching nicht leisten könnten. Damit erweitert man also seine Reichweite und potenzielle Zielgruppe. Wichtig ist bei diesem Modell, dass man eine gute Abgrenzung schafft zwischen solchen Lernangeboten und anderen, höherwertigen Diensten.

Das kann aber schon allein durch die gewählten Formate geschehen.

Formate und ihre Vor- und Nachteile

Aus dem bereits gesagten und einigen weiteren Überlegungen ergeben sich unterschiedlichste Formate für Lernangebote.

Grundsätzlich ist dabei zu unterscheiden, inwiefern es eine persönliche Betreuung durch den Veranstalter des Angebots gibt. 

Selbstlernkurse

Am günstigsten sind deshalb Selbstlernkurse. Hier gibt es bisweilen die Möglichkeit, Fragen über ein Kommentarfeld oder in einem Forum zu stellen. Aber ansonsten sind die Teilnehmenden auf sich selbst gestellt. Sie können (und müssen) festlegen, was sie wann lernen möchten. Hier brauchen die Lernenenden also Disziplin und eine gehörige Portion Interesse am Thema. Dann werden Sie im Idealfall mit viel Wissen zum günstigen Preis belohnt.

Das Gute an Selbstlernkursen für die Anbieter ist, dass sie sich gut skalieren lassen: Sie sind weitgehend unabhängig davon, wie viele Teilnehmende es gibt. Der Umsetzungsaufwand für einen Kurs mit 10 Verkäufen ist prinzipiell erst einmal derselbe wie der für einen Kurs mit 10.000 Verkäufen.

Unterschiedlich wird sicherlich der Support-Aufwand sein. Aber der lässt sich bei guter Planung recht gut abfangen. Und zudem kann man aus den Fragen und Problemen der Teilnehmenden lernen, um sie in Zukunft zu vermeiden oder auf andere Weise sofort zu beantworten.

Als Zwischenfazit bleibt: Der Aufwand eines solchen Kurses steigt nicht linear mit der Zahl der Teilnehmenden. Das macht das Modell gerade für Einzelunternehmer und kleine Teams interessant.

Nachteil dieser Art von Kursen ist, dass ihr Wert und möglicher Verkaufspreis auf lange Sicht sinken wird. Wie am Beispiel Udemy oben angedeutet, entwickelt sich in diesem Markt langsam aber sicher ein Konkurrenzkampf, der vielfach über den Preis ausgetragen wird – ähnlich wie es bereits mit selbstpublizierten E-Books passiert ist. 

Wer sich auf Udemy im englischsprachigen Bereich umschaut, wird hier Kurse mit etlichen Stunden Video, Zusatzmaterialien und in hochwertiger Aufmachung finden, die man für weniger als 20 Euro bekommt oder gar für die berühmt-berüchtigten 9,99. 

Im deutschsprachigen Markt wird der Konkurrenzkampf eventuell nicht ganz so hart ausfallen. Dafür ist das Potenzial hier allerdings auch ungleich geringer. Bedeutet: Man wird hier deshalb zwar höhere Preise erzielen können, aber längst nicht so viel verkaufen wie auf Englisch. Und die Aussage mit den höheren Preisen gilt auch nur für Zielgruppen, die sich mit einem englischsprachigen Kurs nicht anfreunden können. In manchen Themenbereichen wie Webentwicklung sollte es allerdings gang und gäbe sein, auch englischsprachige Quellen heranzuziehen.

Eine Gegenmaßnahme gegen den Preisverfall sind Zusatzangebote, die sich nicht so einfach nachmachen lassen und die im Zweifel ganz bewusst nicht „skalieren“. Beispiel: ein Selbstlernkurs, bei dem man für den Preis auch eine Stunde persönliche Beratung und Hilfe bekommt. Andere Beispiele für Zusatzangebote wären eine monatliche Sprechstunde nur für Teilnehmende, exklusive ergänzende Inhalte oder eine (möglichst lebendige!) Community. 

Web-Seminare

Etwas persönlicher, aufwändiger und daher auch preislich höher angesetzt sind Web-Seminare. Zwar gibt es auch vorher aufgezeichnete und automatisch abgespielte Varianten. Die sind aber eher für Marketing und Sales gedacht und nicht als Geschäft an sich.

Diese virtuellen Seminare können sehr unterschiedlich lang sein – von einer halben Stunde bis hin zu mehreren Stunden. Denkbar sind darüber hinaus Seminar-Reihen, die ein Thema ausführlicher behandeln. Da nähern wir uns dann schon dem Feld der Onlineklassen und MOOCs an – dazu gleich mehr.

In vielen Fällen besteht ein solches Seminar aus einem Vortrag und einer anschließenden Frage-Antwort-Runde. Im Gegensatz zum Onlinekurs (siehe oben) ist der Dozent also „live“ und direkt ansprechbar. Er oder sie kann so direkt auf Fragen eingehen.

Nachteil der Web-Seminare ist, dass sich in der vergleichsweise kurzen Zeit nicht immer sehr viel vermitteln lässt. Inhaltlich sind Onlinekurse oftmals deutlich umfassender. Dafür können die Seminare direkter und persönlicher sein.

Generell gilt: Jedes Format hat Stärken und Schwächen, die man als Veranstalter:in gezielt einsetzen sollte.

Onlineklassen & MOOCs

Onlineklassen und „Massive Open Online Courses“ (MOOCs) ahmen eher das Modell einer Schule, Akademie oder Universität nach: Sie haben beispielsweise ein festes Startdatum sowie Lehr- und Stundenpläne. Die Lernenden kommen dadurch regelmäßig zu Vorträgen zusammen oder auch zu virtuellen Arbeitsgruppen. Sie bekommen oftmals Hausaufgaben oder haben Prüfungsarbeiten.

Onlineklassen bieten oftmals einen ähnlichen inhaltlichen Umfang wie Onlinekurse, aber sie kombinieren das mit den Vorteilen der Web-Seminare: Die festen Termine helfen dabei, tatsächlich zu lernen, die Dozenten sind persönlich ansprechbar und in der Regel können (und sollen) sich die Teilnehmenden untereinander austauschen.

Es entsteht also sehr viel mehr das Gefühl, des gemeinsamen und geordneten Lernens.

Während eine traditionell angelegte Onlineklasse eine ähnliche Größe wie ein Hörsaal an der Uni haben kann, sind MOOCs grundsätzlich nicht beschränkt. Je größer die Klasse, desto eher werden sich die Lernenden untereinander helfen und desto weniger werden die Lehrkräfte persönlich in Kontakt treten können.

Natürlich bedeuten solche Onlineklassen einen klaren Zeitaufwand für die Teilnehmenden, der sich meist nicht  individuell aufteilen lässt, wie das bei Onlinekursen möglich ist. Stattdessen muss die Zeit für die Live-Angebote, die Aufgaben und das Lernmaterial im vorgesehenen „Semester“ vorhanden sein.

Manche Anbieter weichen diese strenge Regel insofern auf, als dass einmal eingeschriebene Teilnehmende im Fall der Fälle die aktuelle Klasse abbrechen und den Faden in einer späteren Klasse wiederaufnehmen können.

Solche Angebote sind ebenso für die Anbietenden aufwändig umzusetzen – sowohl inhaltlich als auch technisch. Zudem sollte hier eine aktive Betreuung eingeplant sein, die nicht nur Fragen in einem Forum beantwortet, sondern zum Beispiel persönliche Sprechstunden beinhaltet.

Aufgrund dieses Aufwands, der umfangreichen Materialien und der 1:1-Betreuung haben solche Klassen zugleich eine hohe Wertigkeit für die Teilnehmenden.

Workshops

Bei Workshops wiederum steht die aktive Arbeit an einem Thema im Vordergrund. Sie finden in der Regel in kleinen, überschaubaren Gruppen statt. Bisweilen werden sie auch Unternehmen für ihre Teams angeboten.

Ähnlich wie Onlineklassen gibt es auch hier einen klaren Zeitrahmen und feste Termine. Im Gegensatz zu den Klassen wird hier aber die persönliche Betreuung deutlich mehr im Vordergrund stehen. Die Teilnehmenden sind nicht allein selbst dafür verantwortlich, dass sie alles verstehen und anwenden können. Auch die Dozent:innen achten darauf.

Workshops sind praktisch angelegt und haben einen klaren thematischen Fokus. Das macht sie sowohl für die Teilnehmenden als auch für die Veranstalter:innen einfacher überschaubar. Den Aufwand sollte man allerdings als Dozent:in nicht unterschätzen, da Workshops meist sehr in die Tiefe gehen, es viele Übungsaufgaben und Fragerunden geben sollte und außerdem die persönliche Betreuung wichtig ist.

1:1 Coaching und Beratung

An der Spitze der Wertigkeitsskala stehen dann Coaching und Beratung. Sie wird in der Regel für einzelne Personen angeboten. Hier steht also der persönliche Kontakt ganz klar an erster Stelle. Zudem sollten die Dozent:innen auf die individuellen Fragen und Bedürfnisse ihrer Kund:innen eingehen.

Während Onlinekurse allgemein gehalten sind und entsprechend übergreifend wichtiges Wissen vermitteln, werden Workshops und erst recht Coaching und Beratung auf die jeweilige Situation angepasst.

Ein genereller Hinweis zum Thema „E-Learning“

Ein Begriff des Jahres 2020 ist „Zoom Fatigue“: Diese spezielle Form der Erschöpfung, die digital-virtuelle Kommunikation mit sich bringt. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen dazu, wie dieses Phänomen zustande kommt. Wichtig ist: Ja, das ist ein ernstzunehmender Faktor.

Dazu einige Tipps:

  • Teilen Sie das Lernen in klare, überschaubare Abschnitte auf. Sorgen Sie also dafür, dass Sinn und Zweck jeder Lerneinheit immer deutlich ist.
  • Vermitteln Sie Ihr Wissen in kurzen Einheiten. 45 Minuten oder mehr am Stück vorzutragen funktioniert schon in der „analogen Welt“ nicht wirklich. In der digitalen Variante wird es schwer erträglich. Schauen Sie, was Sie in 20 Minuten vermitteln können – oder weniger. Das hilft Ihnen zugleich dabei, jedem Lernabschnitt einen klaren Fokus zu geben (siehe oben).
  • Machen Sie sich Gedanken um Abwechslung. Versuchen Sie, Ihr Wissen und die wesentlichen Punkte auf verschiedene Weisen zu erklären. Ändern Sie, wie Sie Informationen auf Ihren Folien präsentieren.
  • Dazu gehören auch interaktive Elemente. Fragen, Umfragen, Aufgaben zum Abarbeiten einzeln oder in der Gruppe.
  • Pausen nicht vergessen! Die Teilnehmenden sollten regelmäßig von ihren Rechnern aufstehen und das auch vorab wissen.

Denken Sie an das „Pomodoro“–System, das mit der eigenen Produktivität hilft. Das lässt sich prima auf solche Angebote übertragen. Demnach teilen Sie die Aufgabe in 25-Minuten-Blöcke auf. Sie kümmern sich in diesem Block um nichts anderes. Nach jedem Block folgt eine fünfminütige Pause. Nach vier Blöcken sind es 20 Minuten.

Während Workshops vor Ort beispielsweise gern an einem Tag umgesetzt wurden, ist das für einen digitalen Workshop wahrscheinlich keine gute Idee. Nutzen Sie die Flexibilität des Mediums und treffen Sie sich lieber an zwei Terminen oder gar drei Terminen. Dann bleibt auch genug Zeit dazwischen, um an Aufgaben zu arbeiten.

Hardware und Software

Wer sich ins Thema E-Learning einliest, stellt fest: Es wird oftmals mehr über die beste Kamera, das beste Mikrofon und die beste Software philosophiert und viel seltener darüber, wie man sein Fachwissen besonders wirkungsvoll und interessant vermittelt.

Mein Ratschlag ist daher, diesem Punkt gerade am Anfang nicht zu viel Gewicht zu geben. Sie können bereits mit sehr einfachen Mitteln eine Qualität erreichen, die gut genug ist um erste Erfahrung zu sammeln und um ein besserer Lehrer oder eine bessere Lehrerin zu werden.

Wenn Sie feststellen, dass Sie Ihr Lernangebot ausbauen möchten, dann können Sie nach und nach in eine bessere Ausrüstung investieren. Es gilt aber hier wie in anderen Technik-Bereichen auch: Je besser Ihre Ausstattung wird, desto schwieriger wird es, überhaupt noch eine warhnehmbare Verbesserung zu erreichen. Der Unterschied zwischen einem 10-Euro-Mikrofon und einem 100-Euro-Mikrofon kann deshalb sehr deutlich sein. Aber ein 1000-Euro-Mikrofon wird für Ihre Zuschauer dann sehr wahrscheinlich kaum noch eine Verbesserung darstellen.

Tipps für einen guten Ton

Ich führe den Ton hier nicht zufällig als erstes auf. Wenn der nicht stimmt, dann nützt das tollste Bild nichts. Auch wenn es unlogisch scheint: Ein gutes Video beginnt mit gutem Ton.

  1. Achten Sie als allererstes auf die Raumakustik. Zu oft wird der Fehler gemacht, Hall und schlechten Ton durch ein sündhaft teures Mikrofon zu verbessern oder mühsam in einer ebenso sündhaft teuren professionellen Software nachzubearbeiten. Dabei können die oftmals auch nicht ausgleichen, was der Raum nicht hergibt. Siehe dazu auch …
  2. Achten Sie beim Mikro auf die Charakteristik. Es gibt Modelle, die rundherum alles einfangen („Kugelcharakteristik“) und es gibt solche, die speziell dafür gedacht sind, eine sprechende Person einzufangen und Umgebungsgeräusche nicht („Niere“). Ich sehe oft, dass sich Leute scheinbar hochwertige Mikrofone kaufen, die aber überhaupt nicht für ihren Anwendungsfall gedacht sind. Und dann wundern sie sich, warum jedes kleinste Geräusch aus dem eigenen Zuhause (oder sogar von draußen) eingefangen wird. Mehr dazu in diesem Artikel …
  3. Wenn Sie sich beim Erzählen viel bewegen, brauchen Sie hingegen entweder ein Mikro, das so etwas verzeiht oder eines, das Sie sich anstecken.

Generell finde ich viele Ansteckmikrofone (auch als „Lavalier“ bekannt) perfekt. Hier gibt es Modelle, bei denen Sie Ihr Smartphone als Aufnahmegerät nutzen können. Ich selbst habe das Røde SmartLav, das ich sowohl am iPhone/iPad als auch via Adapter an meiner Kamera nutze.

Manchmal haben sogar Webcams ein gutes Mikrofon. Probieren Sie das einfach einmal aus.

Mehr Tipps für gelungenes Audios finden Sie in diesem UPLOAD-Artikel aus dem Jahr 2012 – weiterhin aktuell und hilfreich!

Tipps für ein gutes Bild

Auch beim Bild ist es als erstes wichtig, dass die Grundlagen stimmen. Und die fangen an mit der Beleuchtung. Dabei gilt:

  • Sie wollen keine Lichtquelle (wie ein Fenster) direkt hinter sich haben. Damit wird Ihr Gesicht unweigerlich dunkel sein. Sehr unvorteilhaft ist zudem Licht von oben (Deckenleuchte) oder von unten.
  • Stattdessen möchten Sie eine Lichtquelle leicht schräg vor sich haben, in etwa auf Augenhöhe. Beliebt sind auch Ringlichter, die Sie direkt vor sich platzieren können, da sie ein vorteilhaftes und weiches Licht produzieren.
  • Profis setzen auf eine Drei-Punkt-Beleuchtung: Ein Hauptlicht wird wie beschrieben schräg vor der Person aufgestellt. Ein zweites Licht wird auf der anderen Seite platziert, aber entweder abgedimmt oder weiter weg platziert. Ein drittes Licht beleuchtet den Hinterkopf und/oder die Rückwand. Einen solchen Aufwand müssen Sie am Anfang aber definitiv nicht betreiben.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist es, wo Sie die Kamera platzieren. Meine Faustregel ist u.a.: Wenn man die Decke sieht, ist die Kamera zu niedrig aufgestellt. Gerade bei Laptops passiert das häufig. So eine Perspektive von unten sieht sehr unvorteilhaft aus. Zugleich fühlt es für die Zuschauer:innen so an, als würden Sie auf sie herab schauen.

Die Kamera sollte auf Augenhöhe sein oder eventuell einen Tick höher.

Achten Sie zu guter Letzt auf den Bildausschnitt. Sie können sich beispielsweise in der Mitte platzieren. Ihre Augen sollte in etwa auf der Höhe einer gedachten Linie sein, die das obere Drittel markiert. Zugleich sollte man den oberen Teil Ihres Oberkörpers sehen.

In Sachen Hardware: Für Live-Events bietet sich eine gute Webcam an. Die können Sie sogar für aufgezeichnete Angebote wie Onlinekurse nutzen. Dort können Sie aber auch mit Ihrer Smartphone-Kamera experimentieren. Die haben heute oftmals eine sehr gute Qualität – vor allem, wenn die Beleuchtung stimmt.

Wer weiter in den Bereich E-Learning einsteigen will, wird sich über kurz oder lang eine Kamera anschaffen. Sie brauchen hier aber nicht sofort eine Profi-Kamera für viele tausend Euro, mit der andere TV-Sendungen, Serien und Filme aufnehmen. Es gibt sehr gute Film- und Fotokameras für deutlich unter 1.000 Euro. Ich selbst habe eine Panasonic G81 und die ist für viele Anwendungsfälle perfekt (und ist außerdem noch eine tolle Kamera für Fotos, nicht nur für Video). Es gibt andere Modelle zum Beispiel von Sony, die ebenfalls bestens geeignet sind. Generell sind „spiegellose“ Kameras besser. Es würde allerdings zu weit führen, das im Rahmen dieses Beitrags zu erklären.

Videos bearbeiten

Wer mit aufgezeichneten Formaten experimentieren möchte, muss ebenso nicht sofort in eine Profi-Software investieren. Selbst Profis machen das nicht immer. Denn was diese teuren und komplexen Programme können, geht oftmals weit über das hinaus, was man für diesen Anwendungsfall braucht. Anders gesagt: Nur weil Logistik-Profis einen Schwerlast-Lkw fahren, müssen Sie sich keinen anschaffen, um Ihre Einkäufe nach Hause zu bringen …

Es gibt zahlreiche kostenlose oder sehr günstige Programme fürs „Screensharing“. Die bieten sich immer dann an, wenn Sie direkt etwas auf Ihrem Rechner vorführen und erklären möchten. Auch eine Präsentation können Sie darüber aufzeichnen.

Ich selbst nutze seit vielen Jahren ScreenFlow, das es nur auf dem Mac gibt. Eine vergleichbare Software ist Camtasia, für es sowohl Windows- als auch Mac-Varianten gibt. Die sind aber beide schon eher für Fortgeschrittene gedacht. Ich finde sie einfach zu verstehen, aber die Investition ist für manchen eventuell am Anfang noch zu viel. Es gibt viele Alternativen – viel zu viele, um sie hier vorzustellen.

Ähnlich ist es bei Videoschnitt-Software. Auf dem Mac kommen Sie mit iMovie schon sehr weit. Selbst professionelle und erfolgreiche YouTuber setzen diese App ein – weil sie so ziemlich alles bietet, was man im Alltag braucht. 

Mein genereller Ratschlag ist: Sorgen Sie als erstes dafür, dass Ton und Bild gut sind (siehe oben). Dann besorgen Sie sich eine möglichst simple und kostengünstige Software für den Anfang.

Aufrüsten können Sie später immer noch! Es ist nicht die Hardware oder Software, die ein gutes Video oder eine gute Lernveranstaltung ausmacht. Viel wichtiger sind Ihr Fachwissen, Ihre Persönlichkeit und dass Sie sich darum kümmern, das Wissen interessant und vielseitig zu vermitteln.

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Plattformen und Dienste

Eine andere wichtige Entscheidung ist, wie das eigene Angebot denn überhaupt die Zielgruppe erreichen soll. Dort gibt es jeweils grob unterschieden drei mögliche Wege:

  1. Sie nutzen eine Plattform, bei der Sie sich weder um die Technik noch um das Marketing kümmern müssen. Siehe Udemy: Dieser Marktplatz stellt Ihnen alles zur Verfügung, um Ihren Kurs zu veröffentlichen und Kunden zu gewinnen. Sie können sich selbst darum kümmern und sollten es vielleicht auch. Es gibt aber ebenso erfolgreiche Beispiele für Dozenten, die sich voll und ganz auf ihre Inhalte konzentrieren und alles andere der Plattform überlassen. Nachteil: Sie haben keine direkte Beziehung zu Ihren Kursteilnehmenden und unterwerfen sich den (wechselnden) Regeln des Anbieters.
  2. Sie nutzen einen Dienst, der Ihnen die Technik abnimmt, aber ums Marketing kümmern Sie sich selbst. Beispiel Teachable, Thinkific, New Zenler: Hier finden Sie alles, um Ihre Kurs anzulegen und zu vermarkten, aber es gibt keinen angeschlossenen Marktplatz. Sie kümmern sich also selbst um Ihre Verkäufe. Vorteil: Sie haben direkte Kundenbeziehungen und sind weniger abhängig vom Anbieter. Sie bezahlen allerdings einen monatlichen/jährlichen Preis und eventuell weitere Gebühren für Verkäufe als Gegenleistung dafür, dass Sie sich um die Technik keine Gedanken machen müssen.
  3. Sie setzen ein eigenes Angebot auf und kümmern sich um alles selbst. Beispiel WordPress mit WooCommerce und Sensei LMS: Hier haben Sie alles selbst im Griff, müssen aber zugleich alles selbst verantworten oder sich im Zweifel Hilfe dazuholen. Auch hier fallen Kosten und Gebühren an fürs Hosting der Website, für zusätzliche Funktionalitäten über kostenpflichtige Erweiterungen sowie Gebühren der Zahlungsanbieter. Vorteile: direkte Kundenbeziehung, maximale Flexibilität. Nachteile: viel Aufwand.

Mein grundlegender Tipp: Wer erst noch ausprobieren möchte, ob solche Lernangebote ein mögliches Geschäftsmodell sind, sollte so simpel wie möglich starten. Eine Plattform wie Udemy stellt alle Werkzeuge bereit und man kann sofort loslegen. Sie können sogar selbst Teilnehmende gewinnen und bekommen 97% des Nettoverkaufspreises gutgeschrieben.

Sollte sich das Geschäft gut entwickeln und Sie möchten es auf die nächste Stufe heben, können Sie immer noch auf eine eigene Website oder spezialisierte Angebote zurückgreifen.

Das richtige Preismodell

Apropos Geschäft: Wie bepreisen Sie Ihre Angebote eigentlich richtig? Grundsätzlich gibt es dort zwei Modelle:

  1. Sie setzen auf den Einzelverkauf der Angebote.
  2. Sie bieten es als Abo/Flatrate/Mitgliedschaft an.

Letztlich ist häufig eine Kombination aus beiden Modellen anzutreffen. Auf diese Weise können Sie durch Einzelverkäufe das Vertrauen gewinnen und dann später eine Mitgliedschaft anbieten. Mehr dazu in meinem bereits erwähnten Artikel zu den Möglichkeiten von Abo-Businessmodellen.

Wie anfangs ebenfalls erwähnt, können solche E-Learning-Angebote verschiedene Rollen spielen. Sie sind dann ein Element eines umfassenderen Angebots:

  • Die Angebote sind zum Beispiel (auch) Werbung in eigener Sache. In dem Fall ist der Umsatz daraus nicht so entscheidend. Sie setzen eher darauf, Ihren Namen bekannter zu machen.
  • Die Angebote erreichen eine neue Zielgruppe, die sich Ihre teureren, regulären Dienste nicht leisten könnte. Sie erweitern also den Kreis Ihrer potenziellen Kundschaft.
  • Oder umgekehrt: Die Angebote sind ein erster Schritt im Zuge einer Marketingstrategie, bei der Sie durch die vergleichsweise preisgünstigen E-Learning-Produkte Vertrauen aufgebaut wird. Später können Sie höherwertige Dienste verkaufen wie beispielsweise eine individuelle Beratung.

Ansonsten gilt, was auch andernorts gilt: Ihre Preis muss in einem guten Verhältnis zum erhofften Erkenntnisgewinn für die Teilnehmenden stehen. Hier orientieren Sie sich einerseits daran, was am Markt üblich ist. Und Sie sollten andererseits darüber nachdenken, durch welche Zusatzangebote Ihre Dienste höherwertiger und wertvoller werden.

Oben bei den Formaten hatte ich bereits erwähnt, dass eine persönliche Betreuung etwas ist, worüber Sie sich von anderen Anbietern unterscheiden können und was einen höheren Preis rechtfertigt.

Schlusswort

Dieser Artikel war ein Parforce-Ritt durch ein sehr umfangreiches und komplexes Thema. Viele Fragestellungen konnte ich hier nur anreißen. Ich könnte leicht einen Ratgeber dazu schreiben und vielleicht mache ich das auch noch.

Was mir aber wichtig ist: Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken um nebensächliche Dinge wie die Technik. Schon eine gute, aber einfach Webcam kann vollkommen ausreichen, um die ersten Schritte zu unternehmen. Ist sie mit einem externen Mikro und einer Beleuchtung wie einem Ringlicht kombiniert, haben Sie bereits alle wesentlichen Grundlagen zusammen.

Viel entscheidender ist, dass Sie sich Gedanken darüber machen, wie Sie Ihr spezielles Wissen vermitteln können und wollen. Lassen Sie sich dort auch nicht entmutigen, falls Sie auf Marktplätzen wie Udemy bereits viele Angebote zu Ihrem Thema finden. Es ist fast immer genug Platz für weitere Optionen! Wer sich in einen Bereich einarbeiten will, kauft in der Regel nicht nur einen Kurs. Und Ihre Angebote werden sich alleine schon durch ihre individuelle Machart und ihre ganz persönliche Stimme unterscheiden.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 87

Lebenslanges Lernen ist heute aktueller denn je – definitiv in dem Themenbereich, über den wir berichten. Es gibt zugleich noch mehr Aspekte und einige möchten wir in dieser Ausgabe genauer ansehen und erklären. So dreht sich ein Beitrag darum, wie wir unser eher analoges Hirn in der modernen Welt fördern und nicht etwa überfordern. Ein weiterer Artikel zeigt, wie wichtig Lernen und Wissen gerade in Transformationsprozessen sind. Und außerdem zeigen wir, wie sich ein Geschäftsmodell im Bereich E-Learning aufbauen lässt. Dazu haben wir zwei Bonus-Beiträge: Wir erklären darin, was es mit Googles „Core Web Vitals“ auf sich hat, die 2021 wichtig werden. Und wir geben Beispiele für Startups, die sich voll und ganz dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben. Nicht zuletzt stellen wir das E-Recruiting-Startup Lionstep vor.

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