Auf den ersten Blick ist die readbox eine Online-Lesecommunity, in der User Bücher von Independent-Verlagen sammeln, rezensieren und sogar komplett online lesen können. Im Interview erklärt uns Torsten Husemann dann aber, dass readbox noch mehr kann: Verlage auf ihren Weg ins mobile Zeitalter von Kindle, iPod und Co begleiten.
Screenshot von readbox.net. Seit Oktober ist die Seite offiziell online. Torsten Husemann: „Wir haben noch eine Menge Dinge auf der Liste, die teilweise gerade entwickelt werden.“
1. Hallo Torsten! Als ich vor einigen Monaten das erste Mal auf eure Seite kam, war die readbox etwa so groß wie eine Streichholzschachtel. Das hat sich erheblich verbessert und auch das Gesamtdesign ist schick. Wann gab es den ersten Relaunch?
Einen „Relaunch“ in diesem Sinne hat es nicht gegeben. Seit Juni 2008 waren wir in einer geschlossenen Betaphase, während der wir eine Menge Feedback bekommen und umgesetzt haben. In dieser Zeit haben wir verschiedene Dinge, Funktionen und Designs getestet und experimentiert. Erst seit Oktober 2008 ist readbox.net offiziell online. Seitdem hat sich am Gesamtdesign und -konzept der Site nichts Grundlegendes geändert.
Wir haben aber noch eine Menge Dinge auf der Liste, die bisher nicht live sind und teilweise gerade entwickelt werden. Insofern wird sich die Seite – oder bestimmte Teile innerhalb der Site – in Funktionalität und Design immer weiterentwickeln, aber einen Relaunch würden wir erst dann machen, wenn die Seite sich „abnutzt“, das sehen wir im Moment aber noch nicht.
2. Bei Dirk Bernemanns Werk „Ich hab die Unschuld kotzen sehen“ hab ich mal auf den „jetzt hören“-Button gedrückt und musste spontan schmunzeln: Automaten sind inzwischen erstaunlich gut, aber einen Vorlese-Wettbewerb können sie noch nicht gewinnen, trotzdem schönes Tool …
Ja, teilweise entstehen bei der Vorlese-Funktion recht witzige „Versprecher“, aber insgesamt glauben wir schon an den Nutzen der Funktion. Man muss einfach ganz klar sagen, dass der Anspruch hierbei nicht der ist, ausgebildete Sprecher und vernünftig produzierte Hörbücher ersetzen zu wollen. Gerade bei literarischen Texten hat es so ein „Text-to-Speech“-Tool natürlich auch besonders schwer. Das ist ja schon etwas anderes als sich eine „einfache“ Website vorlesen zu lassen. Vor diesem Hintergrund sind wir schon sehr zufrieden mit der erreichten Qualität.
Wir wollten eine Möglichkeit schaffen, neue Texte einfacher kennen zu lernen. Quasi nebenbei reinhören zu können, um zu entscheiden, ob das Buch auch wirklich gefällt und der Kauf sich lohnt. „Echte“ Hörbücher wird es in kurzer Zeit von neuen Verlagspartnern geben, die ihr Programm bei readbox.net veröffentlichen werden.
3. Gab es für die Readbox ein Vorbild und wo seht ihr den großen Nutzen für den User? Spontan gefiel mir z.B. das Sammeln und Online-Schmökern…
Ein Vorbild gab’s eigentlich nicht. Uns ist aufgefallen, dass unheimlich viel für die „neuen“ Medien gemacht wird. Video, Web-TV, Musik natürlich – da gibt es viele Angebote, die das technische und Vermarktungspotenzial des Internets nutzen, um auch für die Künstler Reichweite zu schaffen, die es auf der traditionellen Vertriebsschiene so nie geschafft hätten. Nur für Literatur gab’s sowas einfach noch nicht, trotz der Bedeutung des Mediums und zweistelligen Wachstumsraten für den Online-Kanal pro Jahr.
Und der Bedarf ist ganz deutlich erkennbar: Es gibt so viele unabhängige, kleinere Buchverlage (und unbekannte Autoren) allein im deutschsprachigen Raum, ohne deren Bücher der Markt ein ganz großes Stück ärmer wäre. Das Internet bietet hier eine echte Chance, es muss halt nur jemanden geben, der das Potenzial für die Verlage und Autoren nutzbar macht. Genau dort sehen wir die readbox.
Wir bieten Funktionen, um einfach, schnell und effektiv Bücher herzustellen (gedruckt und elektronisch), zu vermarkten und zu verkaufen. Ganz bewusst wenden wir uns mit diesem Angebot an Verlage und freie Autoren gleichermaßen. Wir haben schon einige Bücher von freien Autoren auf der Plattform, die den Vergleich mit verlegten Titeln nicht scheuen müssen.
Auf der anderen Seite ist die readbox vor allem für die Leser interessant, die stöbern und Bücher kennen lernen wollen, die sie nicht so einfach im „normalen“ Handel finden, weil sie eben nicht auf der Bestsellerliste neben den Dan Browns und Hape Kerkelings stehen.
Uns freut aber, dass dir bei der Beschäftigung mit unserer Site eher Features auffallen, die sich direkt an die Benutzer wenden und mit den Texten beschäftigen und die eben nicht Technologie-Features sind.
4. Euer Geschäftsmodell basiert vermutlich auf Provisionen?
Unser Geschäftsmodell ist eigentlich zweigeteilt. Auf der einen Seite verdienen wir unser Geld über die Plattform durch Provisionen. Das heißt, wir verdienen am Umsatz der Bücher über readbox.net. Das Veröffentlichen, Schmökern, Sammeln, Kommunizieren über die Plattform ist kostenlos, wir sind somit sehr interessiert daran, dass die Autoren und Titel, die bei uns präsentiert werden, auch erfolgreich sind (d.h. verkauft werden). Erst dann sind auch wir erfolgreich.
Auf der anderen Seite haben wir eine Technologie entwickelt, die automatisiert aus Standard-Druckdateien (PDF) eine Reihe ganz verschiedener E-Books herstellt (u.a. für iPhone/iPod touch, Blackberry oder unterschiedliche E-Book-Reader und -Leseprogramme wie mobipocket, Stanza, E-Reader und noch andere).
Dem E-Book Markt wird ein deutliches Wachstum in den kommenden Jahren vorausgesagt und ein Großteil der Verlage ist dabei, Konzepte zu entwickeln und in die Tat umzusetzen, die sie von diesem Wachstum profitieren lassen. Da sind wir mit unserem Know-how und der entwickelten Technologie natürlich schon ein gefragter Partner.
D.h. wir sehen auch ein entsprechendes Umsatzpotenzial für uns im B2B-Bereich der Verlagsdienstleistungen, die mit der Plattform readbox.net zunächst einmal gar nichts zu tun haben müssen. Dazu gehören neben der E-Book-Konvertierung und -Distribution auch Projekte wie Podcast-, Hörbuch- und Buchtrailerproduktionen.
Readbox-Stand in Frankfurt. Torsten Husemann: „Besonders im Bereich E-Book ist die Unsicherheit bei den Verlagen noch recht groß.“
5. Bislang haben fünf Verlage ihr Programm eingestellt, Independent- neben BoD-Verlagen. Wohin soll sich das Programm künftig entwickeln und trifft man bei den Kleinverlagen auch auf Berührungsängste?
Das Programm muss ganz sicher noch in Breite und Tiefe wachsen, um umfassend genug zu sein, die für einen langfristigen Erfolg nötige Masse an Lesern zu erreichen. Dafür sind weitere Verlagspartner von großer Bedeutung und wir werden in den kommenden Tagen und Wochen hier auch noch einiges zu vermelden haben.
Die Inhalte sind momentan noch recht Krimi-lastig, aber durch Verlage wie UBooks z.B. bekommt das readbox-Programm noch einmal einen ganz anderen, sehr interessanten Anstrich. Wir werden laufend neue Genres auf der Plattform bedienen, indem wir mit weiteren Verlagen kooperieren. Was Genres anbetrifft, sind wir dabei aber völlig frei und ungebunden. Darüber hinaus bringen auch die freien Autoren, die direkt bei uns publizieren, Inhalte und Literatur in die Plattform, die es so woanders eben nicht gibt.
Am Ende wollen wir dem Leser völlige Wahlfreiheit bieten. Egal welches Format, ob gedruckt oder elektronisch, ob zum Lesen oder Hören, unsere Leser sollen bei uns immer das passende Format finden.
Auf Berührungsängste treffen wir bei einigen – kleinen und größeren – Verlagen, allerdings in wesentlich geringerem Maße, als wir ursprünglich und noch vor einem halben Jahr befürchtet hatten. Besonders im Bereich E-Book ist die Unsicherheit noch recht groß. Einige Verlage und Autoren wollen lieber noch abwarten, bevor sie in irgend eine Richtung tätig werden.
Interessanterweise wird das E-Book auch teilweise als Bedrohung gesehen. Wir haben schon Dinge gehört wie: „Unsere neuen Bücher können wir Euch aber nicht als E-Book vermarkten lassen, weil wir die Bücher ja gedruckt verkaufen wollen“. Für uns ist das nicht so recht nachvollziehbar. Wir glauben, dass Verlage und Autoren vom E-Book profitieren, weil sie dadurch neue Leser- und Käuferschichten erreichen. Eine Substitution des gedruckten Buches durch E-Books sehen wir so eigentlich nicht – eher eine Erweiterung der angebotenen Medienformate ein und desselben Werkes.
Außerdem ist die Veröffentlichung bei readbox ja auch völlig risikolos – Autoren und Verlage zahlen ja nicht, bevor nicht die Bücher auch verkauft werden. Die Konvertierung und den Distributionskanal gibt’s ja quasi gratis dazu …
Über den Interviewer
Die Fragen stellte Sebastian Schürmanns. Er lebt als freier Texter und Verlagslektor in Hamburg und bloggt in der Trendschau zu den Themen Schreiben – Publizieren – Informieren.
Sebastian lebt seit 20 Jahren seinen Beruf als Redakteur, Product Owner und Web-Entwickler. Mit Trendschau Digital unterstützt er kleine Unternehmen und Fach-Autoren beim web-basierten Publishing mit dem Open Source CMS Typemill. Mit dem System betreibt er unter anderem cmsstash.de , eine Fach-Publikation zum Thema Content Management Systeme.
A N Z E I G E
1 Gedanke zu „5 Fragen an readbox, die innovative Bücherplattform“
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