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Warum IT-Projekte ohne Changemanagement scheitern

Wikipedia definiert „digitale Transformation“ als „langfristige Veränderung des Fundaments jedes Unternehmens in seiner Strategie, Struktur, Kultur und seinen Prozessen durch die Möglichkeiten und Potenziale digitaler Medien und des Internets.“ Doch was passiert, wenn man als Projektleiter genau solch ein Veränderungsprojekt in einem Unternehmen zu betreuen hat? Vor allem: Was passiert mit den Menschen? Der folgende Artikel soll das etwas näher beleuchten.

(Grafik: © PennaPazza – Fotolia.com)

Sonderveröffentlichung/Sponsored Special. Dieser Beitrag ist Teil des Extrablatts „Digitale Transformation“, präsentiert von Adobe. Mehr dazu am Ende des Artikels.

Der Beginn einer Veränderung: Die Vision

Wenn du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Leute zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem endlosen, weiten Meer. (Antoine de Saint-Exupéry)

Eine Vision ist die Beschreibung einer erstrebenswerten Zukunft für das Unternehmen oder die geplante Unternehmung. Eine Vision ist im Gegensatz zu einem Ziel nicht deterministisch mit Zahlen und Terminen gefüllt, sondern soll ein positives Bild der Zukunft, also der „Sonne am Horizont“, vermitteln, auf den man ruhigen Gewissens zusteuern kann.

John P. Kotter hat in seinem Buch „Leading Change“ die Eigenschaften einer effektiven Vision definiert:

  • Vorstellbar: Vermittelt ein Bild, wie die Zukunft aussieht.
  • Wünschenswert: Berücksichtigt die langfristigen Interessen der Mitarbeiter, Kunden, Aktionäre und anderer, die am Leistungsprozess beteiligt sind.
  • Fassbar: Umfasst realistische, erreichbare Ziele.
  • Fokussiert: Ist deutlich genug, um bei der Entscheidungsfindung Hilfestellung zu geben.
  • Flexibel: Ist allgemein genug, um unter dem Aspekt veränderlicher Bedingungen individuelle Initiativen und alternative Reaktionen zuzulassen.
  • Kommunizierbar: Ist einfach zu kommunizieren; kann innerhalb von 5 Minuten erfolgreich erklärt werden.

Oft existieren nur sehr allgemeine Visionen für ein Unternehmen. Je konkreter aber die Ausgestaltung einer Vision ist, um so wirkungsvoller ist sie für den Veränderungsprozess.

Projektmanagement im Veränderungsprojekt

In einem klassischen IT-Projekt umfasst das Projektmanagement meistens die Elemente Planung/Steuerung, methodisches Vorgehen, Risikomanagement und manchmal auch konstruktive Kommunikation. Was aber oft fehlt sind die (Projekt-) interne & externe Information, die Auswirkungen auf bestehende Prozesse werden nicht berücksichtigt und die Fach- und Führungskräfte werden nicht adäquat eingebunden. Dazu fehlt oft eine Vision der Auswirkungen.

Das Beratungsunternehmen Standish Group führt seit 1994 Langzeitstudien im Bereich Projektmanagement durch und hat dazu etwa 40.000 Einzelprojekte untersucht. Unter dem Namen „CHAOS Report“ veröffentlicht sie regelmäßig Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren in IT-Projekten. 2014 haben sie unter dem Abschnitt „Faktoren für den Erfolg eines Projektes“ Zahlen veröffentlicht (Abbildung 1)

Abbildung 1: Erfolgsfaktoren für Projekte
Der Projekterfolg hängt zu zwei Dritteln von Menschen ab, auf die sich die Veränderung auswirkt.

Daraus wird deutlich, dass mit dem eigentlichen Projektmanagement nur zirka ein Viertel der Erfolgsfaktoren für ein Projekt erfüllbar sind. Wenn man weiter die Zahlen analysiert und die (Projekt-) Beteiligten und die Zielgruppe des Projektes (aka „Betroffene“) zusammenzählt, kommt man auf 66% menschliche Faktoren! Der Projekterfolg hängt also zu zwei Dritteln von der adäquaten Einbindung der Menschen ab, auf die sich eine Veränderung auswirkt.

Die Phasen der Veränderung

Diese Menschen, die zu zwei Dritteln für den Projekterfolg wichtig sind, unterliegen bei Veränderungen bestimmten Phasen. Sie folgen den „Sieben Phasen der Veränderungen“. Die auf der nächsten Seite dargestellte Kurve gibt die gefühlte Kompetenz bei einer Tätigkeit wieder, zum Beispiel dem Bedienen einer Software im Verlauf eines Veränderungsprozesses. Auslösender Faktor für die Phasen ist die Information über eine kommende Änderung („Jetzt NEU!“).

Abbildung 2: Sieben Phasen der Veränderung

Phase 1 – Schock: Dieser tritt zeitnah zum Bekanntwerden der Veränderung ein. Bedingt durch die Unsicherheit „Was da wohl kommen wird“ sinkt die gefühlte eigene Kompetenz auf ein Mindestmaß.

Phase 2 – Ablehnung: Die zweite Phase ist bestimmt von einem „Jetzt erst recht Gedanken“. Hierbei wird das Bestehende oft glorifiziert und mit „Bis jetzt hat es doch immer gut geklappt!“ beschrieben. Die gefühlte Kompetenz ist fast wieder auf Normalniveau, und es gesellt sich eine starke Oppositionshaltung gegen „das Neue“ hinzu.

Phase 3 – Rationale Einsicht: Mit vorschreitender Beschäftigung mit der Möglichkeit der Veränderung tritt dann eine rationale Einsicht ein, dass das alte System ggf. doch nicht so performant ist oder dringend benötigte Änderungen nicht mehr realisiert werden können. Die gefühlte Kompetenz sinkt wieder.

Phase 4 – Emotionale Akzeptanz: Nachdem der Kopf schon in der vorherigen Phase akzeptiert hat, dass etwas „Besseres“ vor uns liegt, beginnt mit der emotionalen Akzeptanz auch die Zeit des „Loslassens“ und der Orientierung hin zum „Neuen“. Erst ab dieser Phase ist der Mensch wirklich bereit für einen Neuanfang.

Phase 5 – Lernen: Hier beginnt die Beschäftigung mit dem neuen Zustand bzw. der neuen Umgebung oder Software; idealerweise noch nicht in einer Produktivumgebung, sondern im Rahmen von Schulungen und Testsystemen. Die wahrgenommene Kompetenz steigt wieder – abhängig von den Lernerfolgen.

Phase 6 – Erkenntnis: Ab dieser Phase erkennt der Mensch (hoffentlich) den Nutzen der Neuerung und kann so langsam mit der Integration in den Alltag beginnen, die in der nächsten Phase folgt.

Phase 7 – Integration: Der Mensch ist angekommen – im neuen System und mit wieder erstarkter Souveränität in der wahrgenommenen Kompetenz. Er kann seiner Arbeit ohne große Unsicherheit nachgehen und hat das neue System erfolgreich adaptiert.

Die Phasen der Veränderung und der „Going Live“-Termin

Bei klassischen Projekten – also ohne Changemanagement-Unterstützung – findet aufgrund einer sehr zögerlichen Informationspolitik das „Going Live“ für den Betroffenen oft noch während der Phase 3 (Rationale Einsicht) statt. Dies führt dazu, dass ein produktiver Einsatz im Tiefpunkt der emotionalen Akzeptanz kaum zielführend ist.

Bei der Unterstützung durch Changemanagement beginnt die Betreuung früher (durch frühzeitige Information), beinhaltet dadurch mehr (z.B. das Sicherstellen von Erfolgsfaktoren, wie Anwenderbeteiligung und eindeutige Aufgabenanalyse) und stellt durch eine nachlaufende Betreuung den Projekterfolg sicher. Changemanagement mittels systematischer Involvierung der Betroffenen und Beteiligten (66%) ist daher die logische Erweiterung des klassischen Projektmanagements zur Erfolgssteigerung von Projekten.

Ziel der Changeunterstützung: Kulturwandel herstellen

Darüber hinaus möchte Changemanagement aber vor allem einen Kulturwandel herbeiführen, denn mit der einfachen Einführung von „Neuem“ ist es oft nicht getan. Daher braucht es neben der Notwendigkeit der Unterstützung durch die Führungskräfte auch eine kritische Betrachtung, ob diese die Veränderung auch selbst mittragen (können): Veränderung ist ureigene Führungsverantwortung! Denn wen fragen Mitarbeiter bei Unsicherheiten zu einer kommenden Veränderung als erstes? Genau: ihre jeweilige Führungskraft. Steht diese nicht zu 100% hinter der geplanten Veränderung, kann das u.U. zum Verlust eines Teils der Mitarbeiter führen, mindestens aber zu erschwerten Bedingungen bei der Einführung in diesem Teil des Unternehmens. Weitere Möglichkeiten, um einen Kulturwandel herzustellen sind:

  • Symbole zur Identifikation schaffen: Logo, Maskottchen, Motto
  • Trainings durchführen: Nicht nur Frontalunterricht, sondern Gruppenlernen anbieten, Raum zum Ausprobieren schaffen, Großveranstaltungen („Wir-Gefühl“ erzeugen)
  • Akzeptanz des neuen Zustands sicherstellen durch z.B.: Use-Cases (Was kann ich genau damit machen?), Managementinvolvment (Vorgesetzte leben vor), Integration in Betriebs- und Zielvereinbarungen, Mobility Solutions

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen, die mit unterschiedlichen Anspruch an Reichweite („Mail an alle“) und Maß der Verhaltensänderung („Einzeltraining“) – um nur zwei Extrempunkte zu nennen – punkten können. Das Wichtige ist der richtige Mix, um bei der konkreten Situation ein optimales Ergebnis erzielen zu können.

Was kann ein Projektleiter tun?

Zusammenfassend kann man sagen: Sich nicht allein auf seine Expertise in puncto Projektmanagement verlassen, sondern der Besonderheiten von Veränderungen Rechnung tragen und „den Change“ mit einplanen.

Changemanagement einbinden

Haben die Projektverantwortlichen verstanden, dass die Erfolgschancen für ein Projekt steigen, wenn man Changemanagement mit einplant, dann sollte so schnell wie möglich ein Experte für den Change ins Boot geholt werden. Da diese oft auch Kommunikationsfachleute sind, ist der erste Schritt zur sauberen Erstkommunikation gelegt. Diese muss nun vorbereitet, geplant und abgestimmt werden. Dabei ist eine vorhandene oder zu erarbeitende Vision äußerst hilfreich und zugleich wichtig für den Projekterfolg.

Führungskräfte auf Ihre Verantwortung hinweisen

Wie schon erwähnt, ist Change eine klassische Führungsaufgabe. Aber man muss die Führungskräfte auch gezielt an Bord holen und zum Beispiel Workshops zur praktischen Umsetzung der durch das Projekt verursachenden Veränderungen durchführen („Was bedeutet das genau für mich / meine Mitarbeiter“).

Auch ist die Erstellung eines Kommunikations-Toolsets (Welche Geschichte steckt hinter der Veränderung? Wie lautet die Vision? Gibt es eine FAQ? etc.) zusammen mit und speziell für die Führungskräfte äußerst sinnvoll.

Möglichkeit zum Lernen schaffen

Bei der Planung und Konzeption von Trainings ist darauf zu achten, dass man nicht nur Frontalunterricht vorsieht, sondern auch Gruppenunterricht und andere Möglichkeiten zum Ausprobieren schafft. Der Mensch lernt am Besten bei der Tätigkeit, also sind Schulungseinheiten mit praktischen Übungen am effektivsten. Auch sollte genügend Zeit für das Lernen vorhanden sein.

Zusammenfassung oder tl;dr

  • Jedes (IT-) Projekt bedeutet Veränderungen
  • Die damit zusammenhängende Vision ist für die Menschen nötig
  • 66% des Projekterfolgs hängt von Betroffenen und Beteiligten ab
  • Frühe und umfängliche Kommunikation ist ein Schlüsselfaktor
  • Lernen ist ein wichtiges Element für den Erfolg
  • „Alle erreichen“ bedeutet nicht „bei Allen etwas bewirken“
  • Changemanagement macht man nicht „nebenbei“

Dieser Beitrag ist Teil des Extrablatts „Digitale Transformation“

Adobe präsentiert ein Extrablatt des UPLOAD Magazins. Veröffentlicht zum Adobe Symposium 2016 in München und Hamburg.