Hybride Eventformate entstanden zwar vor allem als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, aber ihr Potenzial ist groß. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass Veranstaltungen in Zukunft regelmäßig sowohl vor Ort als auch im virtuellen Raum stattfinden werden. Eva Folschweiller zeigt Ihnen in diesem Artikel, wie das funktionieren kann.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Besonders die Eventbranche hat sich aufgrund COVID-19-Pandemie weiterentwickeln und neu erfinden müssen. Große Herausforderungen, aber gleichzeitig auch ein spannender Wandel gehen damit einher. Viele Veranstalter haben die Zeit genutzt, um sich mit unterschiedlichsten Tools vertraut zu machen, mit deren Hilfe sich digitale Formate umsetzen lassen.
Speziell im Sommer 2020 waren Veranstaltungen unter den entsprechenden Hygienemaßnahmen wieder erlaubt, so dass es vermehrt zu hybriden Produktionen kam. Veranstaltungen also, die physisch stattfinden, gleichzeitig aber auch digital abgebildet werden, so dass Teilnehmer ebenso online involviert werden können, über den klassischen Livestream hinaus.
Laut einer Studie von eventmanagerblog.com planen über 70% der Eventveranstalter einen digitalen Anteil beizubehalten, auch wenn „Offline-Veranstaltungen“ wieder stattfinden können. Dieser Trend hat mehrere Gründe: Zum einen beherrschen Eventveranstalter das 1×1 der Hybridveranstaltungen jetzt, zum anderen wird vermehrt in Frage gestellt, ob der Aufwand der Anreise und der Präsenz vor Ort notwendig ist, wenn man doch nun weiß, dass es auch anders geht. Vor allem unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind Geschäftsreisen, was Konferenzbesuche nach wie vor vermehrt sind, mit Nachdruck in Frage zu stellen.
Aber sehnen wir uns nicht auch alle wieder nach „echten“ Events? Nach Networking, nach Erfahrungen und Erlebnissen, die sich digital schwer abbilden oder nachbilden lassen?
Die Schwierigkeit des hybriden Formats ist neben der bloßen Umsetzung vor allem die Verbindung beider Welten. Ziel ist es in der Regel nicht, zwei parallele Event-Welten zu schaffen, sondern ein gemeinsames Erlebnis, wobei Online-Teilnehmer und die Besucher vor Ort eigene Zielgruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen sind.
Wir möchten in diesem Artikel die wichtigsten Punkte ansprechen, die es bei der Umsetzung zu beachten gilt, auch, um diese Verbindung zu schaffen, denn hybride Veranstaltungen werden uns definitiv auch nach der Pandemie als festes Eventformat erhalten bleiben.
Das Format: Hybrid oder rein virtuell?
Nicht jedes Event ist für das hybride Format geeignet, weshalb wir uns vorab fragen sollten, ob sich der doppelte Aufwand lohnt. Nicht gut geeignet sind beispielsweise Veranstaltungen mit hoher „No-Show Rate“ (z.B. kostenlose Veranstaltungen) oder solche bei denen die Teilnahme vor Ort nicht absehbar ist.
Wenn also nicht sicher ist, wie viele der Ticketkäufer auch wirklich kommen möchten, sitzt man schnell in einer halbleeren Location oder die Leute stehen draußen Schlange.
Wer sich für ein hybrides Konferenzformat entscheidet, sollte darauf achten, ein ausgewogenes Maß an Speakern vor Ort und remote zugeschalteter Sprecher zu haben. Mehr als zwei virtuelle Redner sollten es bei einem Panel nicht sein, allein, um die technische Komplexität im Rahmen zu halten. Wenn also nur vereinzelte Speaker vor Ort sein können, ist ein rein virtuelles Format eventuell die bessere Wahl.
Wenn ein Moderator eingesetzt wird, sollte dieser beim hybriden Event in jedem Fall vor Ort sein. Er ist das tragende Element und verbindet im Grunde beide Welten. Ein direkter Kommunikationsweg zu ihm ist wichtig, da er bei diesem speziellen Format auch die Aufgabe hat, die Teilnehmer am Bildschirm zu erreichen und gleichzeitig die Stimmung der Veranstaltung vor Ort einzufangen. Er kann kleine Umfragen initiieren, Fragen der Online-Zuschauer auf der Bühne stellen und außerdem wiedergeben, was im Saal passiert, was die Kamera eventuell nicht einfängt.
Ein großer Vorteil von hybriden im Vergleich zu rein virtuellen Events ist natürlich der Kontakt vor Ort zu einem Teil der Teilnehmer. In Tools wie Brella und Hopin können Sponsoren, Partner oder Aussteller präsentiert werden. Sie können Videos und Infomaterial hochladen oder im Chat mit Teilnehmern in Kontakt treten und deren Fragen beantworten.
Natürlich ersetzt das nicht in vollem Maße den persönlichen Kontakt vor Ort, aber es bietet die Möglichkeit, auf zwei Kanälen aktiv und ansprechbar zu sein. Vielen Partnern ist der Offline-Anteil immer noch bedeutend wichtiger.
Die passende Location online und offline
Der Mittelpunkt einer jeden offline stattfindenden Veranstaltung ist die Location. Groß genug muss sie sein, mit der richtigen Raumaufteilung und dem passendem Ambiente. Wenn dann noch der Preis stimmt, ist man der perfekten Location schon ein Stück näher.
Auch online kommt es auch die Plattform an: Die bereits erwähnten Tools Brella und Hopin bezeichnen sich beispielsweise als „virtuelle Veranstaltungslocations“. Wie im echten Leben kann sich der Besucher auf einer solchen Plattform durch die verschiedenen Bereiche bewegen und findet dort die verschiedenen Angebote und/oder Thematiken vor.
Die Plattform bietet also idealerweise eine intuitiv dargestellte Übersicht an Bühnen, Networking Möglichkeiten und Partnership-Angeboten.
Durch die Coronaviruskrise haben sich einige der Prioritäten aktuell drastisch verschoben. Eine Location muss genügend Platz bieten, um die vorausgesetzten 1,5 Meter Abstand einzuhalten und ein individuelles Hygienekonzept vorweisen.
Neben der stark reduzierten Teilnehmerzahl werden dann auch Bühnensituationen zur Herausforderung. So müssen beispielsweise bei Konferenzen Redner im Idealfall im Einbahnstraßen-Verfahren die Bühne betreten und verlassen. Außerdem muss sichergestellt sein, dass zwischen den Sitzen der Mindestabstand eingehalten wird. So kommen bei vier Speakern und einem Moderator (der auch einen festen Platz benötigt) ca. acht bis neun Meter zusammen, die die Bühne in der Breite messen muss (Mindestabstand plus Breite der äußeren Sitze und etwas Platz zum Bühnenrand).
Sollte es einen festen Cateringpartner vor Ort geben, muss dieser ebenfalls die gängigen Schutzmaßnahmen umsetzen. Ob einzeln verpackt oder als Bento-Box: Die meisten Caterer haben hierfür bereits kreative Konzepte entwickelt. Sprechen Sie mit ihnen, um Überraschungen zu vermeiden.
Die richtigen Tools & das passende technische Setup
Wichtig ist es, zunächst die Ziele und das Vorhaben einer Veranstaltung klar zu benennen. Prinzipiell nichts neues für routinierte Veranstalter, aber diese Zielsetzung ist hier viel entscheidender, weil Sie die Online-Teilnehmer deutlich zielgerichteter ansprechen, abholen und geleiten müssen.
Wie hoch ist die Teilnehmerzahl? Worauf liegt der Fokus? Wie wichtig ist es, dass die Teilnehmer auch untereinander interagieren und kommunizieren? Ist es etwa die Vernetzung der Teilnehmer, die am Ende des Tages zählt oder steht die Informationsvermittlung im Vordergrund? Je präziser dieser Kriterienkatalog definiert ist, desto besser lässt sich das geeignete Tool bestimmen.
Je nach Konzept müssen Sie dafür gegebenenfalls mehrere Tools miteinander kombinieren. Planen Sie auf jeden Fall ausreichend Zeit für die Recherche, Demo-Vorstellungen mit den Anbietern und für die technische Konzeption ein und bedenken Sie, dass für die rein technische Umsetzung (Video- und Audio-Aufnahmen, Schnitt etc.) in der Regel auch externe Dienstleister hinzugezogen werden müssen.
Lesetipp: Die Auswahl eines oder mehrerer Tools ist entscheidend für den Erfolg eines jeden Events mit virtuellem Anteil. Diese Thematik haben wir bei Openers ausführlich in einem White Paper behandelt.
Wie eingangs erwähnt, ist es wichtig, Online- und Offline-Publikum zwar separat zu betrachten, aber auch an möglichst vielen Stellen Synergien herzustellen.
Bei hybriden Konferenzen bieten etwa Q&A- und Umfrage-Tools wie Sli.do eine Möglichkeit hierfür: Teilnehmer online oder vor Ort können während der Vorträge und Diskussionen ihre eigenen Fragen stellen, andere nach oben voten oder auf Umfragen antworten. Sofern gewollt, können Speaker jene Fragen und Antworten direkt auf der Bühne einbinden. Hierfür kann, je nach Konzeption des Ablaufs, der Chat und Fragen etwa vom Moderator vorgetragen werden. Es bietet sich also an, ein Tablet bereitzustellen, dass dauerhaft auf der Bühne für diesen Zweck bereit steht.
Wir raten dazu, die eingehenden Fragen und Kommentare zu filtern, um Dopplungen und redundante oder unpassende Beiträge zu löschen. Wenn diese Aufgabe live auf der Bühne geschieht, kann es schnell unsouverän wirken.
Virtuelles Networking & Publikumsintegration
… oder wie Sie es schaffen, dass virtuelle Teilnehmer dran bleiben, und nicht von stillen Zuhörern zu „Weghörern“ werden? Diese Frage ist es, die Veranstalter seit dem Jahr 2020 nachts wach hält. Die Antwort sei vorweggenommen: Es gibt keine Patentlösung. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein virtuelles Event so aufzubauen, dass auch Teilnehmern zu Hause einiges geboten wird.
Der zentrale Aspekt vieler Events ist natürlich Networking. Die genannten Tools Brella und Hopin bieten integrierte Lösungen an:
- Hopin arbeitet mit Speed Networking (man wird zufällig mit Gesprächspartnern verbunden) und darüber hinaus besteht die Möglichkeit, in sogenannten „Sessions“, vergleichbar mit einem Workshop oder Roundtable, sehr gezielt zu einem bestimmten Thema zu diskutieren und zu interagieren.
- Brella bietet Networking per Algorithmus: Es werden passende Profile anderer Teilnehmer vorgeschlagen, die man dann mit mit einer Anfrage für kurze Calls anstelle eines Meetings kontaktieren kann.
- Möchten Sie die Publikums-Interaktion über die Plattform hinaus steigern, bietet sich zum Beispiel die Möglichkeit, ein browserbasiertes Mini-Tool wie Rambly oder Gather einzubinden. Diese Tools erinnern an Computerspiele, zielen aber darauf ab, sich online zu treffen und auszutauschen. Da sie intuitiv zu bedienen und gleichzeitig spielerisch sind, sind sie eine gute Lösung um die Aufmerksamkeit des Teilnehmers über Panel-Talks und Präsentationen hinaus neu zu wecken.
- Aber auch bekannte Tools wie Zoom bieten die Möglichkeit, sich zu Networking-Zwecken integrieren zu lassen.
Am wichtigsten ist wohl: Informieren Sie die Teilnehmer rechtzeitig und lieber einmal zuviel über die Networking-Möglichkeiten. Per Mail, im Infotext, über die Moderation. Und vergessen Sie die Teilnehmer vor Ort nicht, lassen Sie den Moderator erwähnen, welches Tool sie nutzen und wie es sich vor Ort nutzen lässt, oder verwenden Sie Aufsteller und Plakate dafür, damit die Teilnehmer sich untereinander vernetzen.
Bei Konferenzen gilt: Suchen Sie sich einen geübten Moderator, der vor allem gut improvisieren kann! Der Moderator eines hybriden Events ist in der Regel am Ort der Produktion und interagiert sowohl mit den Speakern vor Ort, als auch mit den virtuellen. Für den Fall einer Verzögerung oder einer technischen Panne muss der Moderator in der Lage sein, charmant, ruhig und gelassen einen solchen Moment zu überbrücken. Panik oder Unsicherheit führen dazu, dass die virtuellen Teilnehmer sich meist ebenso unsicher fühlen und abschalten.
Verschiedene Perspektiven & Präsentationen
Bei virtuellen Events sind alle Speaker remote zugeschaltet und sehen dieselbe Ansicht: In der Regel das Interface eines Online-Meetings oder einer Meeting/Webinar-Software wie Zoom.
Beim hybriden Format ist das anders, einige sind vor Ort auf der Bühne manche remote zugeschaltet. Das bedeutet, die Speaker brauchen ein funktionierendes Bild-Ton-System ohne zeitliche Verzögerung von der Bühne.
Gleiches gilt andersherum für die Besetzung vor Ort (über einen Monitor in ihrer Blickrichtung) und auch die Zuschauer im Raum (etwa über eine Projektionsfläche). Eine Kombination der verschiedenen Bilder wird dann an die virtuellen Zuschauer gesendet.
Ein Probelauf hilft allen Beteiligten, einen guten Eindruck für das Setup zu bekommen. Auf diese Weise vermeiden Sie Probleme im Ablauf und geben der Crew und den Speakern ein besseres Gefühl, da sie sich natürlich auch außerhalb ihrer Komfortzone bewegen.
Auch hinsichtlich der Präsentationen ist das ein wichtig Faktor. Die Speaker vor Ort bekommen ihre Präsentation meist über einen Monitor zu sehen und haben entweder die Möglichkeit, selbst über eine Fernbedienung die Folien zu navigieren oder die Regie erledigt dies. In der neuen Situation sitzt der Vortragende vor seinem Rechner und teilt den Bildschirm, gleichzeitig wird ihm der direkte Blickkontakt zum Zuschauer und somit ein Feedback-Kanal genommen.
Grundsätzlich gilt für Präsentationen bei Hybrid-Events: Weniger ist mehr! Die Folien sollten so simpel wie möglich und gerne bildgewaltig gestaltet sein; dafür lieber eine größere Anzahl.
Gerade Online-Teilnehmer neigen dazu, eher den Text auf den Folien zu lesen, als dem Redner zuzuhören, andere wiederum schauen zwischendurch in ihre Mails, weshalb die Folien das gesprochene Wort nur unterstützen sollten. Stellen Sie außerdem sicher, dass das Material im Nachgang versendet wird.
Gefällt dir dieser Artikel?
Dann trage dich jetzt ein ins „Update am Montag“ und bleibe über neue Inhalte auf dem Laufenden. Kein Spam! Bereits knapp 2.000 Leser:innen sind dabei.
Fazit
Wir sind uns sicher, dass hybride Eventformate einen festen Stellenwert einnehmen und auch ihre volle Daseinsberechtigung errungen haben, wenn auch eine reine Übersetzung von Events in den virtuellen Raum sich wohl kaum durchsetzen wird. Zu wichtig sind reale Begegnungen etwa im Bereich Networking und gemeinsam geteilte Erlebnisse und Erfahrungen.
Gleichzeitig bringen (teilweise) virtuelle Formate auch viele Vorteile mit sich: etwa die schier unendliche Reichweite, die zumindest geographisch nicht begrenzt ist – wobei Sie natürlich u.a. Zeitzonen beachten sollten! Außerdem sorgen virtuelle Formate für einen reduzierten Reiseaufwand, der sich finanziell, aber auch ökologisch niederschlägt.
Jetzt ist die Zeit, sich diese neuen Techniken und Erkenntnisse anzueignen. Nicht nur, weil wir flexible Lösungen brauchen, sondern weil die gesamte Branche ein riesiges Momentum erlebt und sich aktuell stark bewegt und weiterentwickelt. Wer sich (berechtigterweise) noch unwohl auf dem neuen Terrain fühlt, sollte sich einen Partner suchen, der Unterstützung bieten kann.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 88
Digitale Konferenzen, BarCamps, Workshops und Teammeetings bekamen einen erheblichen Schub durch die Coronaviruspandemie 2020. Die Macher:innen haben inzwischen viel dazugelernt. Die Werkzeuge sind besser geworden. Und auch wenn die virtuellen Veranstaltungen ihre Vorbilder nicht ersetzen werden, so können sie doch eine Ergänzung sein. Tatsächlich haben sie das Potenzial, in den nächsten Jahren vollkommen neue Formate hervorzubringen. In diesem Schwerpunkt schauen wir auf die Zukunft digitaler Events, geben Tipps für gelungene Online-Veranstaltungen, haben eine ausführliche Anleitung für virtuelle BarCamps und schauen, wie hybride Events gelingen können, die digital und analog vereinen. Unser Bonus-Artikel dreht sich um „Contentklau“: So entdecken Sie, wenn jemand Ihre Inhalt unerlaubt verwendet.
- Weitere Artikel aus dieser Ausgabe kostenlos auf der Website lesen ...
- Bleib auf dem Laufenden über neue Inhalte mit dem „Update am Montag“ …
Schon gewusst? Mit einem Zugang zu UPLOAD Magazin Plus oder zur Content Academy lädst du Ausgaben als PDF und E-Book herunter und hast viele weitere Vorteile!
Eva Folschweiller verantwortet bei Openers, dem Facilitator für Entrepreneurship, Innovation und Digitalisierung aus Berlin, im Eventteam die Konzeption, Planung und Produktion – auch für virtuelle und hybride Events. Openers hat kürzlich ein White Paper zur Planung hybrider Konferenzen publiziert.