Wie Barrierefreiheit zum Wachstumsfaktor wird

Barrierefreiheit für digitale Angebote sieht so manches Unternehmen als lästige Pflicht an. Dabei hat sie jenseits ihres moralischen und ethischen Wertes ganz klare wirtschaftliche Vorteile. Daniel Ludes zeigt dir in diesem Beitrag anhand von Zahlen und Fakten, warum sie sich die Investition in Accessibility auszahlt. Dabei wird bald klar: Sie hilft deutlich mehr Menschen, als es bei einem flüchtigen Blick aufs Thema scheinen mag.

(Illustration: © PantherMediaSeller, depositphotos.com)

Zusammenfassung

  • Über 1,3 Milliarden Menschen weltweit leben mit Einschränkungen und verfügen über eine globale Kaufkraft von 13 Billionen US-Dollar jährlich.
  • Barrierefreiheit kommt nicht nur Menschen mit permanenten Behinderungen zugute, sondern auch der viel größeren Gruppe mit temporären oder situativen Einschränkungen.
  • Unternehmen, die in Barrierefreiheit investieren, können eine Rendite von bis zu 25% durch erhöhte Kundenbindung und Markentreue erzielen.
  • Große Technologieunternehmen wie Apple und Microsoft sowie Sportvereine wie der FC Bayern München haben das wirtschaftliche Potenzial von Barrierefreiheit bereits erkannt und setzen entsprechende Maßnahmen um.
  • Klare und barrierefreie Inhalte können Supportanfragen um bis zu 50% reduzieren und schaffen damit direkte wirtschaftliche Vorteile.
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In einer Welt, in der sich alles um Wachstum dreht, übersehen viele Unternehmen eine gigantische Zielgruppe: Menschen mit sensorischen oder kognitiven Einschränkungen. Dabei ist dieser Personenkreis mit 1,3 Milliarden Menschen nicht nur riesig, sondern auch wirtschaftlich einflussreich: Ihre globale Kaufkraft wird auf 13 Billionen US-Dollar jährlich geschätzt.

Trotz dieses Potenzials behandeln viele Unternehmen Barrierefreiheit als Nebensache. Dabei hat sie für die Wirtschaft einen relevanten Wert jenseits moralischer Verantwortung: Sie ist ein Katalysator für Geschäftswachstum, Markenloyalität und Wettbewerbsvorteile.

Warum das so ist, erläutere ich in diesem Artikel.

Das Business-Potenzial von Barrierefreiheit

Zitat: „Die Kraufkraft von Menschen mit Einschränkungen in UK beträgt 24,8 Milliarden Pfund.“ Für die EU geschätzt: 220 Milliarden Euro. In den USA: 150 Milliarden Dollar.
Quelle: Click-Away Pound

Häufig wird Barrierefreiheit als Randthema abgetan, aber die Zahlen erzählen eine andere Geschichte: mehr als 70 % der Nutzer:innen verlassen Webseiten oder Apps, wenn sie auf Barrieren stoßen – und wenden sich der Konkurrenz zu. Im Wettbewerb um Kund:innen kann bereits ein schlechter Eindruck reichen, um eine eigentlich interessierte Person an den Wettbewerb zu verlieren. Allein in den USA entstehen dadurch jährlich wirtschaftliche Verluste von 6,9 Milliarden US-Dollar.

Im digitalen Zeitalter ist User Experience (UX) ein zentraler Erfolgsfaktor für Produkte und Dienstleistungen. Wenn du ein Produkt entwickelst, das benutzerfreundlich und inklusiv ist, erweiterst du deinen potenziellen Markt und stärkst darüber hinaus deine Marke.

Für Unternehmen bedeutet das: Eine breite und inklusive UX ist kein „Nice-to-have“, sondern eine wesentliche Investition in die Zukunftsfähigkeit.

Viele große Player wie Apple oder Microsoft haben das Potenzial lange erkannt und setzen sich auch dank ihrer barrierefreien Lösungen von der Konkurrenz ab. Und auch der FC Bayern München hat bereits im Oktober 2024 alle Auflagen des neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes erfüllt und seinen Markenauftritt überarbeitet.

Barrierefreiheit ist mehr als Inklusion

Visualisierung der folgend im Text genannten Zahlen
Quelle: Microsoft

Barrierefreiheit bedeutet nicht nur, Menschen mit Behinderungen einzubeziehen, sondern auch temporär oder situativ eingeschränkten Personen zu helfen.

Ein Beispiel: Ein Vater, der mit einem Baby auf dem Arm einhändig ein Smartphone bedient, profitiert von einfacher Navigation genauso wie ein Mensch mit motorischen Einschränkungen. Inklusive Produkte bieten also für alle ein besseres Nutzererlebnis.

Ein Zahlenbeispiel von Microsoft: In den USA erleiden 26.000 Menschen pro Jahr den Verlust eines Armes oder einer Hand (permanente Einschränkung). 13 Millionen erleiden eine temporäre Einschränkung durch einen gebrochenen Arm oder Ähnliches und weitere 8 Millionen haben längere, situative Einschränkungen wie im Beispiel mit dem Baby auf dem Arm.

Gleiche Rechnungen lassen sich für mentale (Stress, Erkältung) oder sensuale (z.B. Augenerkrankung) Einschränkungen aufmachen – das Potenzial ist also gewaltig.

Die wirtschaftlichen Vorteile von Barrierefreiheit

1. Marktvergrößerung: Unternehmen, die Barrieren abbauen, können eine völlig neue Zielgruppe erreichen. In den USA leben beispielsweise 23 Millionen Menschen mit Dyskalkulie, in der EU 31 Millionen.

2. Kundenzufriedenheit und Loyalität: Barrierefreie Produkte schaffen Vertrauen. Vertrauen führt zu Loyalität, und Loyalität zahlt sich in höherer Markenbindung und Umsatz aus.

3. Kostensenkung: Klare und barrierefreie Inhalte reduzieren Supportanfragen um bis zu 50 %, wie Studien zeigen.

4. Return on Investment: Laut Schätzungen erleben Unternehmen, die in Barrierefreiheit investieren, eine Rendite von bis zu 25 % durch erhöhte Kundenbindung und Markentreue.

5. Rechtskonformität: Die Zahl der Klagen wegen Barrierefreiheit wächst. In den USA gab es 2022 über 4.000 Web-Accessibility-Klagen. Unternehmen, die hier proaktiv handeln, schützen sich vor rechtlichen Risiken.

Zitat von Deloitte: „Barrierefreiheit schafft Vertrauen. Vertrauen schafft Loyalität. Loyalität schafft Gewinn.“
Quelle: Deloitte

Die unterschätzten Zielgruppen im Detail

Trägst Du eine Brille? Dann hast du bereits eine Einschränkung, für die es jedoch mit der Brille eine einfache Lösung gibt. Viele Menschen haben jedoch keinen „Quick Fix“ für ihre Herausforderungen – sie leben mit kognitiven, motorischen oder sensorischen Einschränkungen, die ihre Interaktion mit digitalen Produkten erschweren.

Zu dieser Gruppe zählen nicht nur Personen mit offensichtlichen Behinderungen wie Blindheit, sondern auch Menschen mit Dyslexie, ADHS, Farbsehschwäche, ältere Menschen mit altersbedingten Einschränkungen und auch Kinder und Jugendliche.

Ältere Menschen

Ältere Menschen sind eine bedeutende Zielgruppe mit über einer Milliarde Menschen weltweit, die zunehmend technikaffin sind, aber in digitalen Strategien oft übersehen werden. Altersbedingte Einschränkungen wie Seh- oder Hörverlust sowie kognitive Herausforderungen lassen sich durch gezielte Anpassungen adressieren.

Größere Schaltflächen, bessere Kontraste und klar strukturierte Inhalte schaffen Barrierefreiheit und erleichtern die Nutzung digitaler Angebote. Unternehmen profitierendavon doppelt: Ältere Nutzer:innen entwickeln eine starke Markenbindung und bringen eine hohe Kaufkraft mit – ein Potenzial, das es zu nutzen gilt.

Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche stellen mit rund 30 % der Weltbevölkerung eine bedeutende Zielgruppe dar und haben enormen Einfluss auf die Haushaltsausgaben. Trotz ihres Potenzials werden sie oft in digitalen Strategien nicht ausreichend berücksichtigt.

Typische Herausforderungen wie kurze Aufmerksamkeitsspannen, Schwierigkeiten bei komplexen Abläufen und impulsives Verhalten erfordern besondere Ansätze. Lösungen wie interaktive und spielerische Inhalte, klare Erfolgserlebnisse und schnelle Ladezeiten schaffen ein ansprechendes Nutzererlebnis.

Unternehmen, die diese Bedürfnisse gezielt adressieren, können diese junge, einflussreiche Zielgruppe erfolgreich an sich binden.

Siehe ergänzend dazu den UPLOAD-Artikel: „Generation Alpha: Wie man die Jüngsten mit Content erreicht“

Menschen mit Dyslexie und Dyskalkulie

Dyslexie betrifft weltweit 6–10 % der Menschen und bringt Herausforderungen wie Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben und Verarbeiten von Informationen mit sich.

Gleichzeitig kämpfen etwa 7 % der Bevölkerung mit Dyskalkulie, die Probleme im Umgang mit Zahlen und Zeitmanagement verursacht.

Unternehmen, die auf diese Bedürfnisse eingehen, können barrierefreie Lösungen schaffen, wie klare Sprache, visuelle Unterstützung oder alternative Wege zur Informationsverarbeitung. Durch solche Anpassungen lassen sich nicht nur Hindernisse abbauen, sondern auch eine stärkere Bindung zu diesen oft übersehenen Zielgruppen aufbauen.

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Menschen mit Farbsehschwäche

Etwa 300 Millionen Menschen weltweit leben mit einer Farbsehschwäche, die es ihnen erschwert, farblich kodierte Informationen wie in Diagrammen oder aber auch Call to Action Buttons (Buy now!) zu unterscheiden.

Unternehmen können hier mit einfachen Maßnahmen wie kontrastreicheren Designs oder der Ergänzung von Textlabels und Mustern große Fortschritte erzielen. Solche Anpassungen verbessern nicht nur die Zugänglichkeit, sondern steigern auch die Kundenzufriedenheit und fördern die Loyalität gegenüber der Marke – ein kleiner Aufwand mit großem Nutzen.

Menschen mit ADHS

Rund 5 % der Kinder und 2,5 % der Erwachsenen sind von ADHS betroffen. Diese Menschen haben oft mit Herausforderungen wie Vergesslichkeit, Impulsivität und einer eingeschränkten Wahrnehmung von Zeit zu kämpfen.

Um ihnen die Nutzung digitaler Produkte zu erleichtern, können Unternehmen klare, kurze Anweisungen geben, flexible und anpassbare Layouts anbieten und Systeme einbauen, die Belohnungen für erreichte Ziele bieten. Solche Maßnahmen verbessern nicht nur das Nutzererlebnis, sondern schaffen auch stärkere Bindungen zwischen Marke und Kunden.

Du siehst, es gibt enorm viele Menschen, die irgendeine Form von Einschränkung haben, für die es keine einfache Lösung gibt.

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Fazit: Barrierefreiheit als Wachstumsmotor

Barrierefreiheit ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit – sowohl aus moralischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen, Kundenzufriedenheit zu steigern und sich im Wettbewerb abzuheben.

Das Beste daran: Die meisten Maßnahmen, um digitale Produkte barrierefrei zu gestalten, verbessern das Nutzererlebnis für alle – nicht nur für Menschen mit Einschränkungen. Der Return on investment ist klar: Mit einfachen, inklusiven Lösungen lässt sich sowohl Wachstum generieren als auch gleichzeitig die Welt ein Stück besser machen.

Zahlen & Fakten

Hier ein paar knackige Zahlen & Fakten zum Thema Barrierefreiheit und ihr Einfluss auf die Wirtschaft:

1. Jeder vierzehnte Mensch lebt mit einer Form von Dyskalkulie. In den USA leben schätzungsweise 23 Millionen potentielle Konsumenten mit Dyskalkulie. In der EU 31 Millionen und in Deutschland 8 Millionen. (Quellen: The Treetop, Number Dyslexia)

2. Menschen mit Dyskalkulie haben Schwierigkeiten mit folgenden Dingen: Zahlen, Zeit, Rechnen, Messen, Zählen, Gedächtnis. (Quelle: University of Warwick)

3. Barrierefreiheit führt zu Vertrauen, Vertrauen zu Loyalität, Loyalität zu Gewinn. (Quelle: Deloitte)

4. Online-Einkaufsmacht von Menschen mit Einschränkungen: In Großbritannien beträgt die Kaufkraft von Menschen mit Behinderungen im Internet, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind, 24,8 Milliarden Pfund jährlich. (Quelle: Click-Away Pound)

5. Abbruchrate bei nicht barrierefreien Webseiten: Mehr als 70 % der Nutzer:innen mit Behinderungen verlassen eine Website, wenn sie auf Barrieren stoßen. Dies führt zu erheblichen Umsatzeinbußen. (Quelle: Click-Away Pound)

6. Weltweite Wirtschaftskraft von Menschen mit Einschränkungen: Weltweit verfügen Menschen mit Behinderungen über eine kombinierte Kaufkraft von 13 Billionen US-Dollar. (Quelle: World Economy Forum)

7. Anteil der Bevölkerung mit Einschränkungen: Etwa 15 % der Weltbevölkerung, also über 1,3 Milliarde Menschen, leben mit einer Behinderung. Die meisten von ihnen stoßen im digitalen Raum auf Barrieren. (Quelle: WHO)

8. Wirtschaftliche Verluste durch Inaccessibility: Laut Schätzungen verliert der Einzelhandel in den USA jährlich 6,9 Milliarden US-Dollar an Umsätzen, weil seine Webseiten nicht barrierefrei sind. (Quelle: Nucleus Research)

9. Verbesserte Nutzererfahrung reduziert Supportkosten: Unternehmen, die ihre Websites in einfacher Sprache gestalten, haben bis zu 50 % weniger Supportanfragen, da die Inhalte klarer und verständlicher sind. (Quelle: Plain English Foundation)

10. Zunehmende Relevanz der älteren Zielgruppe: Die Zahl der Menschen im Alter von über 60 Jahren liegt bei über 1 Milliarde weltweit, und viele von ihnen sind finanziell gut aufgestellt und gesund. (Quellen: WHO, World Economic Forum, Federal Reserve)

11. Anstieg der Barrierefreiheits-Klagen: Im Jahr 2022 gab es in den USA über 4.000 Klagen wegen Verstößen gegen die Barrierefreiheit im Web, was zeigt, dass Accessibility inzwischen nicht nur eine moralische, sondern auch eine rechtliche Notwendigkeit ist. (Quelle: UsableNET)

12. Rendite auf Investitionen in Barrierefreiheit: Unternehmen, die in Barrierefreiheit investieren, erleben eine Rendite von bis zu 25% durch eine verbesserte Kundenbindung und höhere Markentreue. (Quelle: Bureau of Internet Accessibility)


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 118

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