Zur eigenen Ich-Marke werden, das ist der Traum vieler Freiberufler und Freelancer, doch einfach und schnell lässt er sich nicht verwirklichen. Zumal der Reputationsaufbau bei Freelancern immer nur nebenbei stattfinden kann, denn immerhin müssen sie noch ihren Lebensunterhalt verdienen. Wie es trotzdem gelingen kann, soll dieser Beitrag zeigen.
Im Grunde unterscheiden sich die Markenbildung und der gezielte Aufbau einer Reputation bei Freelancern nicht sehr von den Mechanismen, die Unternehmen nutzen, um ihre Marke auf dem Markt bekannt zu machen. Der größte Unterschied liegt darin, dass Unternehmen es sich leisten können dafür ganze Abteilungen abzustellen. Bei Freelancern stehen solche Budgets natürlich nicht zur Verfügung. Die einzige Ressource, die sie verwenden können, ist ihre eigene Zeit. Und da auch die in der Regel sehr limitiert ist, sollte sich jeder Freelancer eine Strategie zurechtlegen, die er nach und nach umsetzt.
Spielt das Budget dagegen keine große Rolle, dafür aber der Zeitfaktor, dann gibt es mit Social Trademarks sogar eine Agentur, die das Reputation Management übernimmt: „Wir helfen Experten und Firmen ihr Wissen mit der Welt zu teilen. Als Experte, Künstler oder Organisation bauen Sie sich so Online Reputation und Personal Branding auf und machen sich zu einer Marke“.
Für die meisten Freelancer wird Social Trademarks aber keine Option sein, das Projekt richtet sich eher an Experten und kleinere Unternehmen, die Hilfe beim Reputationsaufbau benötigen. Hinter dem Projekt steht mit Ibrahim Evsan eine Person, die sich selbst perfekt als Marke aufgebaut hat und mit eigenen Projekten, Startups und zahlreichen Vorträgen immer wieder im Gespräch bleibt. Schaut man sich seinen Werdegang an, so sieht alles recht einfach aus, doch der Eindruck trügt gewaltig. Über Nacht und fast ohne Anstrengung wird niemand zu einer Marke. Es braucht jede Menge Geduld, Wissen und eine Strategie.
Inhaltsverzeichnis
Warum das Ich bei der Ich-Marke keinen Vorrang hat
Der Aufbau einer Ich-Marke ist kein Selbstläufer. Das werden Freelancer schnell selbst erfahren, wenn sie mit ihrem Blog, ihrer Fanseite bei Facebook und dem Twitter-Account nicht weiterkommen, weil die platzierten Botschaften einfach nicht wahrgenommen werden. Schaut man sich diese ersten Versuche zum Eigenmarketing etwas genauer an, so kann man oft beobachten, dass hier ein entscheidender Schritt ausgelassen wurde, ohne den die Personenmarke nicht auskommen kann: der Aufbau der Reputation. Oder anders ausgedrückt: Wer zur Marke werden will, sollte nicht schon wie eine Marke auftreten. Am Anfang sollte das eigene Ich zurücktreten und genügend Platz für das Wissen lassen. Es mag sich paradox anhören, ist aber ein wichtiger Punkt, der gerne missachtet wird: Die Ich-Marke definiert sich in erster Linie über die vermittelten Inhalte und das weitergegebene Wissen, erst danach kommen die persönlichen Botschaften.
Bevor die Meinungen von Personen für eine breite Masse interessant werden, sollte also eine gewisse inhaltliche Grundlage da sein, aufgrund derer die Person eingeschätzt und eingeordnet werden kann. Dazu gehört eine grundlegende Strategie, in der unter anderem festgehalten wird, in welchem Bereich man sich als Experte und damit letztlich auch irgendwann als Marke positionieren möchte. Soll sich die Reputation positiv auf das eigene berufliche Betätigungsfeld auswirken, sollte sich die Zielsetzung möglichst nahe an den angebotenen Leistungen orientieren. Wer für Unternehmen Webshops aufsetzt, sollte sich also entsprechend vorwiegend mit Shopsystemen und E-Commerce beschäftigen und nicht etwa mit Social-Media-Strategien oder Netzpolitik. Was sich in der Theorie sehr logisch anhört, gerät in der Praxis unter Umständen in Vergessenheit.
Gefällt dir dieser Artikel?
Dann trage dich jetzt ein ins „Update am Montag“ und bleibe über neue Inhalte auf dem Laufenden. Kein Spam! Bereits knapp 2.000 Leser:innen sind dabei.
Es gibt immer wieder Themen, die gerade einen aktuellen Bezug haben oder durch eine große Interessentengruppe viel Aufmerksamkeit bekommen. Die Versuchung hier auf einen schon fahrenden Zug aufzuspringen, statt sich in mühsamer Handarbeit mit der Draisine selbst Schwung zu geben, ist groß, aber letztlich nicht zielführend. Wer klare Ziel verfolgt, sollte diese aufschreiben und sie sich immer wieder vor Augen halten. Schnelle Aufmerksamkeitserfolge in fremden Themengebieten verwässern nur das Bild über eine Person, selbst wenn sie nicht immer direkt schädlich sind. Wer sich ansonsten schwer motivieren kann, weil die Bemühungen zum Reputationsaufbau nur schleppend Erfolge zeigen, kann sich auch links und rechts seiner Themen umschauen, wenn dort die Zielgruppe größer ist. Doch im Grunde ist eine Nische gar kein Problem, sondern eher eine Chance. Zwar ist die Zielgruppe, bei der man sich als Experte positionieren kann, sehr viel kleiner, doch dafür ist die Aussicht dort Gehör zu finden entsprechend größer. Je mehr Marktbegleiter sich um ein Thema bemühen, um so schwerer wird es, sich von diesen positiv abzusetzen.
Reputationsaufbau durch Mehrwert-Inhalte
Einen goldenen Weg, der mit Sicherheit zum Erfolg führt, gibt es nicht. Es lassen sich zwar Empfehlungen aussprechen, die auf Erfahrungswerten beruhen, doch im Endeffekt geht es zum größten Teil um menschliche Interaktionen, bei denen auch die Persönlichkeit eine wichtige Rolle spielt. Zunächst geht es aber darum, mit seinem Expertenwissen zu punkten. Dafür wird ein Content-Anker benötigt, der aus einer Website oder einem Blog bestehen kann. Natürlich können ebenfalls Social Networks zur Veröffentlichung von Expertenwissen eingesetzt werden, doch so richtig funktioniert das erst ab einer gewissen Reichweite – und die soll ja erst aufgebaut werden. Wer keine großen Webentwickler-Fähigkeiten mitbringt, sollte für seine Inhalte ein Blog nehmen. Mit modernen Blogsystemen wie dem weiterverbreitetem WordPress ist ein persönliches Blog schnell aufgesetzt. Über WordPress.com oder Medium kann man nach der Registrierung sogar sofort loslegen, hat dafür aber auch weniger Gestaltungs- und Vermarktungsspielraum. Die bessere Alternative ist ein selbstgehostetes Blog. Wer sich das Aufsetzen nicht selbst zutraut, sollte dafür einen Spezialisten anheuern.
Steht das Blog, sollte es nach und nach mit Inhalten gefüttert werden. Hier bietet es sich an, gleich am Anfang eine Themenliste zu erstellen, die dann kontinuierlich abgearbeitet wird. So behält man seine Ziele im Auge. Dabei gilt die Maxime „weniger ist mehr“ und nicht „viel hilft viel“. Statt also viele kurze und oberflächliche Blogposts zu schreiben, lieber weniger Beiträge schreiben, die dafür in die Tiefe gehen und den Lesern einen Mehrwert vermitteln. Reputation entsteht nur dann, wenn die Besucher nach dem Lesen eines Artikels etwas davon im Kopf behalten, weil es sehr interessant war und einen Nutzen transportiert. Oberflächliche Vielschreiber werden das nicht erreichen können, weil sie sich nicht die Zeit nehmen, etwas zu schreiben, was es woanders nicht schon im Dutzend gibt. Das Blog eines Freelancers dient nicht zur Verbreitung von Nachrichten, sondern zur Vermittlung von Wissen. Hilfreich kann hier auch der Verzicht auf den Einbau von Werbung sein. Zum einen wird dadurch die Ausrichtung des Blogs deutlicher und zum anderen ist die Konzentration auf reputationsgerechte Inhalte einfacher, wenn sich der Blogger keine Gedanken über die Zugriffszahlen macht, weil sie im ersten Schritt egal sind. Nicht die Zahl der Visits ist wichtig, sondern die Qualität der Besucher.
Soziale Kanäle sorgen für die Verbreitung der Inhalte
Um Besucher auf das Blog zu bekommen, sollten im nächsten Schritt soziale Kanäle aufgebaut werden. Dazu ist es wichtig zu wissen, wo man seine Zielgruppe erreichen kann. Je nach Thema bieten sich Facebook, Twitter, Google+ sowie die Business Netzwerke Xing und LinkedIn an. Während sich die drei großen Social Networks vor allem zur Verbreitung der Inhalte und zum Starten von Diskussionen und Gespräche eignen, können Xing und LinkedIn als digitale Visitenkarten und als Kontaktplattform genutzt werden. In die Profile sollten Freelancer entsprechend Zeit investieren, so dass sich Besucher einen möglichst guten ersten Eindruck verschaffen können. Als Ergänzung bieten sich virtuelle Visitenkarten wie About.me oder Flavors.me an, die Sebastian Schürmanns im Artikel „Profile und Portfolios für Journalisten, Designer und Kreative“ vorgestellt hat.
Beim Einsatz der Social Networks ist ebenfalls eine Strategie sinnvoll, die sich um die eigenen und aus anderen Quellen kuratierten Inhalte strickt. Nur eigene Inhalte zu verbreiten ist nicht sehr empfehlenswert, weil das schnell wie reine Eigenwerbung wirkt. Besser ist es da, die eigenen Inhalte mit ähnlichen Themen aus dem gleichen Bereich zu vermischen. So positioniert man sich als Experte für ein Thema und profitiert auch noch von den fremden Inhalten. Zudem wird so die Vernetzung mit Marktbegleitern angeregt, die durch die Verbreitung ihrer Inhalte aufmerksam werden und mit etwas Glück und Geschick beim Reputationsaufbau helfen, indem sie interagieren und gegebenenfalls auch Inhalte teilen.
Vernetzung ist aber beim Aufbau einer Ich-Marke nicht nur im Social Web wichtig, sondern auch im „real life“. Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an:
- Themenstammtische
- BarCamps
- Branchenevents
Wer selbst zur Marke werden möchte, kommt an solchen Treffen kaum vorbei. Sobald man mit den Gepflogenheiten vertraut ist, kann dabei eine aktive Rolle eingenommen werden. Auf einem BarCamp kann beispielsweise eine Session angeboten werden und man bringt sich in Diskussionen ein, macht sich mit anderen BarCampern bekannt, bietet Hilfe an. Wichtig ist es in jedem Fall genügend Zeit einzuplanen. Meist gibt es auf solchen Veranstaltungen im Anschluss noch eine Gelegenheit zum Netzwerken, bei dem man gute Kontakte knüpfen und die eigene Bekanntheit steigern kann. Rund um das Event können Hinweise auf die Teilnahme hilfreich sein, so dass es vielleicht schon im Vorfeld zu ersten Verabredungen kommt. Auch eine Nachbetrachtung ist wichtig für die Darstellung der Branchenzugehörigkeit.
Inhalte geschickt platzieren
Nicht nur mit Inhalten auf der eigenen Website lässt sich die Reputation steigern. Gerade am Anfang, wenn die eigene Reichweite noch nicht allzu groß ist, bietet es sich an, Inhalte ebenfalls außerhalb zu platzieren: Kontakte zu bloggenden Kollegen können für Gastbeiträge genutzt werden. Auch bieten digitale und unter Umständen ebenso Printmagazine die Möglichkeit, Gastbeiträge zu veröffentlichen. Allerdings ist das stark von den Themen abhängig und eine bestimmte Expertise wird ebenfalls oft vorausgesetzt. Sehr hilfreich sind dann Kontakte in der Redaktion, so dass bei Bedarf eine Anfrage von dort kommt. Natürlich kann man sich selbst anbieten, doch die Chancen angenommen zu werden, sind dann deutlich geringer.
Auch für die Platzierung von Inhalten auf anderen Seiten und Magazinen spielen Offline-Kontakte und Networking wichtige Rollen. Eine gelungene Session auf einem BarCamp oder ein Vortrag auf einer Fachkonferenz können sich sehr positiv auswirken, Kontakte entstehen lassen und zu Einladungen führen. Bleiben solche Möglichkeiten zunächst aus, können auch kostenlos zur Verfügung stehende Inhalte eine gute Option sein. Hier bieten sich vor allem E-Books und Whitepaper an, die bei guter Qualität in Fachkreisen schnell die Runde machen. Allerdings ist dabei der Aufwand nicht zu unterschätzen, so dass es eine weitere Idee sein kann, sich mit anderen Experten zusammen zu schließen. Das hilft unter Umständen auch bei der Verbreitung des fertigen Werks. Als Formate sind beispielsweise Checklisten, Guidelines oder Anleitungen gut geeignet. Sie zeigen nicht nur die Expertise des Verfassers, sondern helfen den Lesern bei einem Problem, bieten Orientierung oder zeigen einen Lösungsweg auf.
Fazit: Die Ich-Marke braucht Charakter
Das Blog mit tollen Inhalten, dazu passende und zielgruppengerechte Kanäle zur Verbreitung und Interaktion im Social Web, digitale Visitenkarten, regelmäßige Teilnahmen bei Branchenevents und BarCamps mit persönlichem Networking und kostenlose Mehrwert-Inhalte – wenn es dann trotzdem nicht recht vorwärts gehen will, stimmt vielleicht die Außenwirkung nicht. Wie so oft im Leben macht auch hier der Ton die Musik: Authentizität, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Expertise und großes Engagement sind unbedingte Voraussetzungen, um eine positiv besetzte Ich-Marke aufzubauen. Wer das dann geschafft hat, darf sich freuen, aber nicht darauf ausruhen. Der Reputationsaufbau ist ein langer, zeitaufwendiger Prozess, der quasi nie endet. Verwaiste Blogs und soziale Kanäle sind sehr viel schneller vergessen, als sie bekannt geworden sind. Auch die Nichtbeachtung der Netiquette kann schnell zu einem Personal-Fail werden, der die Reputation nachhaltig bedroht. Was also zum Erfolg geführt hat, sollte auch im Erfolg nicht geändert werden.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 8
Zwei Beiträge drehen sich um das Shopping von morgen. Dazu: Reputationsaufbau für Freelancer, welche Faktoren Inhalte viral werden lassen und wie man Reiseblogger wird.
- Weitere Artikel aus dieser Ausgabe kostenlos auf der Website lesen ...
- Bleib auf dem Laufenden über neue Inhalte mit dem „Update am Montag“ …
Schon gewusst? Mit einem Zugang zu UPLOAD Magazin Plus oder zur Content Academy lädst du Ausgaben als PDF und E-Book herunter und hast viele weitere Vorteile!
Falk ist Freier Journalist und Blogger und berät zudem Unternehmen bei ihrer digitalen Kommunikation, der Content Strategie und der Distribution von Inhalten im Social Web. Online zu finden ist er auf seinem privaten Blog, bei Twitter und LinkedIn.
Sehr informativer Artikel, der mir dann doch den einen oder anderen Hinweis gegeben hat, warum es bei mir mit Etablierung meines Ichs als marke bisher so überhaupt nicht klappen will. Danke dafür!!
Alles in allem eine Anleitung, um das Leben eines „Freien“ zu einer vergleichbar öden Maloche zu machen, wie es die 9to5-Jobs sind, von denen man ja weg wollte!
Quasi alles öffentliche Bewegen – online und offline – wird unter das Primat beruflicher Effizienz gestellt.
Viel Spaß dabei – aber jammert dann nicht über BurnOut, Sinnkrise und so….
Hallo Falk,
die Begriffe BarCamps und auch der Tip zu den about.me Visitenkarten war mir neu und wird direkt in meine Agenda für den Aufbau der eigenen „Ich-Marke“ eingebaut.
Danke dafür.
Das eigene gehostete Weblog z.B. von WordPress hat auch den entscheidenden Vorteil, daß in Anlehnung an seine eigene Strategie, Blogbeiträge als Entwürfe abgelegt und zum gegebenen Zeitpunkt veröffentlicht werden können. Gerade der Freelancer kann hier den großen Zeitdruck etwas abpuffern. 10 bis 20 vorgeschriebene Beiträge, je nach Thema geben viel Ruhe und zeigen immer wieder auch die eigene Marschroute. In Kombination mit interessanten, themenähnlichen Beiträgen von anderen Blogs lassen sich hier schon längere Zeiträume „überbrücken“.
@Chris B.: Deinen Eindruck kann ich irgendwie so überhaupt nicht nachvollziehen. Der Artikel fasst lediglich Tipps zusammen, was man machen kann und was man unterlassen sollte, wenn man sich selbst besser positionieren will. Was genau empfindest du daran als „Maloche“? Wem das alles zu anstrengend ist, anstatt dass es Spaß macht, wird wohl nicht viel Freude am Dasein als Freelancer haben, fürchte ich.
Danke für diesen sehr lesenswerten Artikel. Er unterscheidet sich von den üblichen Beiträgen im Web, die oft so tun als wenn man bloss schnell ein WordPress- und ein Twitter-Acount anmelden braucht und dann gleich zum Millionär wird.
Vor allem die angelsächsischen Ratgeberlein geben einem das Gefühl, wenn man sich Blogger nennt ist das schon die Vorstufe um dann automatisch Millionär zu werden. Manche Leute machen sich daraufhin selbständig und müllen das Web mit Retweets und Copy-Paste-Content zu oder schliessen sich Follow-Back-Aktionen an um schnell tausende (völlig wertlose) Follower zu haben. Das ist reine Zeitverschwendung. Ein Sachbearbeiter-Job würde mit weniger Zeitaufwand erheblich mehr ROI bringen.
Auch die oben erwähnte „Social Trademarks“-Agentur steht noch ganz am Anfang (wenig Follower, totale Standard-Website ohne viel Gehalt, …).
Im Web gilt das gleiche, was jeder erfolgreiche Freelancer ohnehin schon weiss: Ohne Fleiss kein Preis. Diese Einsicht ist alt, uncool und ewig wahr.
Herzliche Grüsse,
Brigitte Ilsanker