Startup-Interview payever: „Die Hemmschwelle zu scheitern habe ich über die Jahre abgebaut“

Das Startup payever bietet Onlinehändlern einen wachsenden Baukasten, der vor allem unterschiedlichste Zahlarten enthält. Aber auch ein Facebook-Shop ist bereits enthalten. Spannend an dem jungen Unternehmen ist darüber hinaus seine Entstehungsgeschichte. Die ersten zwei Jahre haben es die beiden Gründer ohne Investorengelder aufgezogen. Das hat sich jetzt geändert, denn der High-Tech Gründerfonds stellt ihnen Geld für weiteres Wachstum zur Verfügung. Artur Schlaht hat uns die folgenden Fragen im E-Mail-Interview beantwortet.

Payever Gründer
Artur Schlaht (li.) und Viktor Butsch von payever.

Erklären Sie doch als erstes bitte einmal unseren Lesern, was payever eigentlich macht – an wen Sie sich wenden und was Sie Ihren Kunden anbieten.

Mit payever möchten wir jedermann Verkaufen einfacher machen. Das muss man sich wie einen Lego-Baukasten voller bunter Apps vorstellen. Dabei ist eine App eine bestimmte Problemlösung. Zum Beispiel kann ich mit einer App alle Zahlarten im eigenen Onlineshop anzubieten. Mit einer anderen auf Facebook verkaufen. Die dritte App versendet eine Rechnung per E-Mail, die sofort per PayPal, Kreditkarte, Lastschrift oder Sofortüberweisung bezahlt werden kann. Und so weiter. Irgendwann möchten wir alle Apps anbieten, die man im Tagesgeschäft benötigt. Dabei richten wir uns an alle Geschäftskunden: Es begann mit kleinen Händlern und selbstständigen Dienstleistern. Inzwischen nutzen payever aber auch große Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind.

Wie kam es zu dieser Idee und wie lief die Gründung ab?

Vor meinem Studium war ich selbst jahrelang Händler und habe mich gefragt, weshalb es keine Lösung gibt, die mir die gängigsten Prozesse vom Verkauf, über die Bezahlung bis hin zur Abwicklung aus einer Hand anbietet. Da sich in den letzten zehn Jahren nichts geändert hat, habe ich zusammen mit meinem Studienkollegen Viktor Butsch payever gegründet, damit auch kleinere Händler die gleichen Lösungen und damit Möglichkeiten erhalten, wie sie beispielsweise ein Amazon oder Zalando heute haben.

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Sie haben payever zunächst ohne Investoren auf die Beine gestellt und aufgebaut. Wie muss man sich das konkret vorstellen und wie kam es dazu? War das eine bewusste Entscheidung, eine Notwendigkeit oder eine Mischung aus beidem?

Wir machten alles selbst und arbeiteten auch am Wochenende

Der Aufbau einer solchen Lösung die wir im Kopf hatten, ist natürlich sehr kompliziert und benötigt Jahre. Das haben auch schon andere mit Millionen an Euro versucht und sind gescheitert. Einen solchen Zugang zu der Investorenlandschaft hatten wir nicht und mussten uns etwas einfallen lassen. Deshalb starteten wir mit einer eher unerwarteten Lösung für ein Teilproblem unserer Idee: dem einfachen Ratenkauf für Onlineshops. Das machte die Welt nicht unbedingt zu einem besseren Ort, aber es war eine echte Marktlücke. 2013 gab es praktisch keinen Ratenkauf in kleineren Onlineshops und wir hatten vom Start weg hunderte Händler die uns nutzten. Dadurch konnten wir viele Innovationspreise und Businessplanwettbewerbe gewinnen, schafften es in das Microsoft Ventures Accelerator-Programm und konnten uns über das EXIST-Gründerstipendium und das Innorampup-Förderprogramm der IFB Hamburg über Wasser halten. Das ging fast zwei Jahre so. Wir machten alles selbst und arbeiteten auch am Wochenende – das sparte Personalkosten und wir waren nah an unserer Community dran.

Jetzt aber hat payever das erste Mal Geld bekommen und zwar vom High-Tech Gründerfonds. Wie kommt man denn dort ran? Welchen Weg mussten Sie gehen und womit konnten Sie da vor allem punkten?

Wir hatten durch den eigenen Umsatz und die staatlichen Fördermittel die gängigen Zahlungsarten einbinden können, aber die Community fragte ständig nach weiteren Lösungen. Wir entschlossen uns deshalb für eine Wachstumsfinanzierung. Wir hatten mit vielen Investoren gesprochen. Den High-Tech Gründerfonds kannten wir gut über Microsoft Ventures und die früheren Wettbewerbe. Es ist der Fonds mit den meisten Beteiligungen (über 400) in Deutschland und aus unserer Sicht der ideale Partner mit viel Erfahrung und einem großen Netzwerk. Wir konnten vor allem damit punkten, dass wir mit über 3.000 Händlern bereits sehr viel Traktion haben. Auch unsere Partnerschaften mit E-conomic, Debitoor und der Santander Consumer Bank AG waren entscheidend. Letztlich setzte man aber auf das Team, denn ich glaube, dass es dem HTGF gefiel, dass wir seit Jahren keinen Urlaub gemacht haben.

Website von payever
Website von payever

Wenn Sie auf den bisherigen Weg zurückblicken: Über welche Entscheidungen sind Sie auch heute noch froh? Bei welchen würden Sie mit der heutigen Erfahrung zu einem anderen Schluss kommen?

Ich habe bereits als Schüler angefangen zu gründen

Vor payever hatte ich einen multilateralen Marktplatz zur Allokation von Finanztiteln gegründet. Sogar ich verstehe nicht genau, was ich damit wollte. Davor war es „Das Netzwerk für Webseiten im World Wide Web“. Davor ein Servicemarktplatz – den ich nicht mal launchte. Über Andre Kostolany habe ich gelesen, dass er seinen Erfahrungsschatz nicht gegen die Jugend eintauschen würde. Das sehe ich ähnlich. Ich habe wahnsinnig viele Fehler gemacht, aber dadurch bin ich es gewohnt, unterschiedliche Geschäftsmodelle zu erproben und besser darin zu werden. Die Hemmschwelle zu scheitern habe ich über die Jahre abgebaut. Bei payever konnten wir dieses Wissen nutzen, um sofort in den Markt zu gehen, die Lösung gemeinsam mit der Community zu entwickeln und nur wenige Anteile herauszugeben. Das hatte ich vorher alles falsch gemacht.

Und nach vorn geblickt: Was sind aktuell Ihre größten Herausforderungen? Welche Ziele haben Sie als nächstes im Blick?

Wir möchten natürlich unsere Vision verwirklichen. App für App. Händler für Händler. Ich hatte bereits als Schüler angefangen zu gründen. Damals war ich der Einzige. Ich wünsche mir, dass sich das ändert und mehr Menschen den Weg in die Selbstständigkeit wagen. Ich glaube die neue Generation sieht das ähnlich und wir versuchen mit payever dazu beizutragen.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 25

Die fünf Beiträge des Schwerpunkts drehen sich um Themen wie Schleichwerbung, Datenschutzerklärung oder auch rechtliche Fallstricke bei mobilen Apps. Aber das ist natürlich längst nicht alles, was wir im Angebot haben. Außerdem erfahren unsere Leserinnen und Leser, wie man mit einem Shitstorm umgeht, wie relevant YouTube noch ist oder was es mit der Netzwerk-Illusion auf sich hat.

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