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Beruf Internet: Arbeitsfelder im Digital-Business

Wer im Social Web arbeitet, steht oft vor einem kniffligen Problem: Wie erkläre ich meinem wenig webaffinen Umfeld eigentlich, was ich beruflich mache? Leider wird sich dieses Problem in den nächsten Jahren eher noch verschärfen, denn aktuell entstehen viele neue Berufsbilder und -bezeichnungen. Wir geben einen beispielhaften Einblick und schauen außerdem in die Zukunft: Was bedeuten CCO, CDO oder CIO und welche Tätigkeitsfelder werden in unmittelbarer Zukunft wichtig werden?

Das Internet hat in den letzten Jahren zahlreiche neue Berufe hervorgebracht.
Das Internet hat in den letzten Jahren zahlreiche neue Berufe hervorgebracht (Bild: Serge Melki / flickr.com, Lizenz CC-BY-SA)

Der Grad der Professionalisierung eines Wirtschaftszweiges zeigt sich durch eine zunehmend etablierte Fachsprache und durch neue Berufsbilder mit neuen -bezeichnungen. Das ist eine normale Entwicklung und zeigt sich beispielsweise auch beim Entstehen einer neuen Disziplin in der Wissenschaft. Es geht dabei zum einen um eine logische Abgrenzung zu anderen, verwandten Bereichen und zum anderen um ein Signal nach außen: Hier ist etwas Neues entstanden. Zumindest im Digital-Business scheint dieser Prozess zusätzlich durch kleinere oder auch größere Profilneurosen befeuert zu werden. So wird ein Blogger auf seinem LinkedIn-Profil schon mal zum „CEO of blogname.de“.

Mit einem Augenzwinkern ist dann auch der Silicon Valley Job Title Generator zu sehen, den Freddie Campion, Senior Associate Editor beim GQ-Magazine, entworfen hat. Wer seinen Job-Titel nicht mag, klickt einfach auf den „Create Another Job“-Button und bekommt einen neuen Vorschlag.

Beruf Internet: Der Silicon Valley Job Title Generator nimmt die Entstehung neuer Arbeitsfelder nicht ganz so ernst.
Beruf Internet: Der Silicon Valley Job Title Generator nimmt die Entstehung neuer Arbeitsfelder nicht ganz so ernst.

Social Media Manager vs. Social Media Community Manager

Gerade im Social-Media-Bereich gibt es reichlich Jobtitel, die zum Teil auch schon etabliert sind. Dazu gehören sicher die oft vergebenen „Social Media Manager“ und „Social Media Community Manager“, dennoch fällt die Abgrenzung scheinbar noch schwer, denn beide Titel werden oft synonym verwendet. Mindestens der Arbeitgeber sollte allerdings genau wissen, worin sich beide Jobs unterscheiden, ansonsten gibt es kaum Aussichten auf erfolgreiche Bewerbungen.

Der Social Media Manager ist der Kopf der Social-Media-Strategie und die interne Schnittstelle für alle anderen Fachbereiche und Abteilungen. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen und er koordiniert unternehmensweit alle Aktivitäten im Social Web. Er gibt vor, welche Plattformen ein Unternehmen bespielt, welche Inhalte dafür notwendig sind und welche personellen und zeitlichen Ressourcen dafür geschaffen werden müssen. Zu seinen Aufgaben gehört zudem die interne Lobbyarbeit für die Social-Media-Aktivitäten des Unternehmens. Er muss erklären, aufklären, überzeugen. Das Change-Management ist gerade zu Beginn eine elementar wichtige Aufgabe, denn oft herrscht noch Unverständnis oder zumindest eine große Unsicherheit in Bezug auf die neue Ausrichtung der Kommunikation. Ohne die Mitarbeit von Schlüsselfiguren im Unternehmen wird die Neuausrichtung aber nicht funktionieren. Helfen kann dabei auch ein sinnvoll aufgesetztes Social Media Monitoring, das ebenfalls zum breiten Aufgabenfeld des Social Media Managers gehört. Nur wenn eine aussagekräftige Erfolgsmessung etabliert wurde, bekommt der Manager auch belastbare Fakten aus der täglichen Praxis in die Hand, die seine theoretischen Überlegungen stützen und fachfremden Mitarbeitern plausibel erscheinen lassen. Nicht zuletzt ist der Social Media Manager auch die erste und wichtigste Ansprechperson für das Community Management, das seine Strategie in praktische Workflows überführt.

Der Social Media Community Manager fungiert quasi als Exekutive der grundlegenden Social-Media-Strategie. Er setzt die vom Social Media Manager festgelegte Strategie im Tagesgeschäft operativ um und betreut die aufgesetzten Kanäle im Social Web. Die Betreuung beinhaltet dabei nicht nur die Befüllung, sondern auch die Interaktion mit den Fans und Follower. Der Community Manager ist somit ebenfalls eine sehr wichtige Person innerhalb der externen Kommunikationskette, denn er steht im direkten Kontakt mit den Kunden und Interessenten. Er ist das Gesicht eines Unternehmens und die direkte Schnittstelle zwischen Stakeholder und dem Unternehmen. Eine gut geschulte Person, die sich im Unternehmen gut auskennt, ist daher Pflicht. Der Community Manager muss Informationswege bestens kennen, sie bei Bedarf verbessern und intern wie extern gut vernetzt sein. Spätestens in Krisensituationen ist auch das kommunikative Geschick gefragt. Daneben brauchen Community Manager ein hohes Maß an Plattformwissen, damit sie alle Kanäle der Brand entsprechend professionell bespielen können.

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Weitere wichtige Rollen im Unternehmen

CIO – Chief Information Officer

Er ist der Chef aller IT-Projekte und kümmert sich um deren Planung und Umsetzung. Der CIO ist zuständig für den reibungslosen Betrieb der gesamten IT eines Unternehmens. Er organisiert und reguliert die strategisch-operative Ebene, sorgt für eine ständige Optimierung von IT-Prozessen und plant Innovationen im Bereich der Informationsverarbeitung, die das Unternehmen zukunftsfähig machen.

CDO – Chief Digital Officer

Der CDO ist gerade in Unternehmen der Old Economy zu finden. Seine Aufgabe besteht vor allem in der Transformation des Unternehmens in das Zeitalter der Digitalisierung. Im Vergleich zum CIO ist sein Handeln nicht auf die Informationstechnologie beschränkt, sondern stellt Veränderungen auf den Märkten in den Mittelpunkt. Er sorgt für die Zukunftsfähigkeit seines Arbeitgebers, indem er die Auswirkungen der Digitalisierung analysiert und intern Prozesse in Gang setzt, die den neuen Anforderungen gerecht werden. Der Status Quo ist ihm gleichgültig, er denkt zukunftsorientiert und will für ein überdauerndes Wachstum sorgen.

CCO – Chief Content Officer

Schaut man sich die Historie der Unternehmensauftritte im Internet an, so wird schnell klar, warum immer mehr Unternehmen einen Chief Content Officer anstellen. Im Internet 1.0 reichte eine Homepage mit der Adresse und den Kontaktdaten zum Unternehmen. Im Internet 2.0 kamen dann weiterführende Informationen zum Portfolio dazu. Das Internet 3.0 brachte mit dem Social Web eine soziale Komponente und einen Rückkanal dazu. Das Internet 4.0, das gerade entsteht, rückt wieder den Kunden in den Mittelpunkt und beschäftigt sich mit dessen Erwartungen. Da diese nicht in Werbung liegen, sondern in nützlichen Inhalten, die im Nutzerkontext gehalten sind, wird echter, authentischer Content immer wichtiger. Genau das verbirgt sich hinter dem Hype „Content Marketing“. Unternehmen müssen sich hier auch personell neu aufstellen, denn PR und das klassische Marketing lassen sich nicht so einfach übertragen. Ein CCO bekommt daher die Aufgabe, Themen zu identifizieren und daraus Inhalte entstehen zu lassen, die die Zielgruppe erreichen und in erster Linie die Reputation des Unternehmens erhöhen. Dass daraus letztlich auch das Gesamtgeschäft positiv hervorgeht, ist ein nachgeordnetes Ziel, das primär vom herkömmlichen, kampagnengetriebenen Marketing befeuert wird. Der CCO muss intern viel Überzeugungsarbeit leisten und ein Gleichgewicht zwischen Image- und Sales-Kampagnen herstellen.

E-Commerce Manager

Jedes Unternehmen, dass Waren über das Internet vertreibt, braucht einen verantwortlichen E-Commerce Manager. Er kümmert sich um die komplette Anforderungspalette, von der technischen Ausstattung des Shops, über das Einpflegen des Sortiments bis hin zur Implementierung von Bezahlverfahren und deren Abwicklung. Zudem ist er die Ansprechperson für und die Schnittstelle zwischen allen Abteilungen, die mit dem E-Commerce zu tun haben (Produktion, Einkauf, Qualitätsmanagement, Logistik).

Online-Projektmanager

Was ein Entwickler oder Designer macht, versteht jeder auf Anhieb. Aber wie erklärt man Außenstehenden, was ein Online-Projektmanager macht? Weil Außenstehende die Komplexität hinter der Web-Oberfläche nur selten verstehen, können sie sich die Arbeit eines Projektmanagers nur schwerer vorstellen. Dabei macht er eigentlich das gleiche, wie ein Offline-Projektmanager: Angebote erstellen, Anforderungen aufnehmen und formulieren (das so genannte Requirement Engineering), Zeitpläne erstellen, Ablaufpläne erstellen, Budgets kontrollieren, Ressourcen steuern, Aufgaben verteilen und die Kommunikation zwischen Kunden oder Stakeholdern übernehmen. Und je nach Erfahrung und Stellenzuschnitt kommen noch weitere Aufgaben hinzu.

Es gibt keine feste Ausbildung zum Online-Projektmanager, wohl aber klare Fortbildungen. Bei den Fortbildungen geht es vor allem um die Vermittlung von Projektmanagement-Methoden und -Standards wie PMBOK, PRINCE2, ICB oder das V-Modell.

Online-Projektmanager sind überall zu finden, wo es komplexere Webseiten gibt: In Online-Agenturen, aber auch in den IT-Abteilungen von Unternehmen. Je nach Charakter des Online-Projekts findet man unter den Projektmanagern sehr oft auch Quereinsteiger und nicht unbedingt nur ausgebildeten Entwickler oder IT-Experten.

Product Owner oder Produktmanager

Der Product Owner ist ein Begriff aus dem Scrum-Framework und vor allem in der jungen IT- und Online-Szene weit verbreitet. Ohne das ganze Scrum-Framework zu erläutern kann man den Unterschied zum Projektmanager vielleicht so erklären: Der Projektmanager soll das Projekt erfolgreich zum Abschluss bringen, also dafür sorgen, dass das Projekt in der vorgegebenen Zeit und zum vorgegebenen Budget realisiert wird. Der Product Owner ist auf ein anderes Ziel verpflichtet: Er trägt die Verantwortung für den Erfolg des Online-Projektes und steigert den Wert des Produktes. Das ist natürlich ein anderes Commitment, denn tendenziell kann es einem Projektmanager egal sein, ob das einmal abgeschlossene Projekt im Markt erfolgreich ist oder nicht. Hauptsache es steht.

Die Arbeit des Product Owners ist daher stärker inhaltlich orientiert und weniger formal. Das zentrale Werkzeug des Product Owners ist zum Beispiel das Product Backlog, eine priorisierte Liste mit Anforderungen an das Produkt. Auch das Visioning gehört oft zu seinen Aufgaben, also die Produkt-Vision, die in der Regel gemeinsam im Team und mit den Stakeholdern entwickelt wird.

Ähnlich wie beim Projektmanager gibt es beim Product Owner keine formale Ausbildung, wohl aber spezielle Weiterbildungen und Zertifizierungen. Da die Arbeit des Product Owners stärker Business-getrieben ist, kommen als Quereinsteiger oft auch Experten mit Marketing- und Business-Hintergrund in Frage.

Scrum-Master

Wie der Name schon sagt, kommt der Scrum-Master nur im Scrum-Umfeld zum Einsatz, also in Unternehmen, die nach dem Scrum-Framework arbeiten. Da das inzwischen sehr viele machen, sind Scrum-Master vielleicht gefragter denn je.

Der Scrum-Master ist eine Art Coach, der in einem Unternehmen die Einhaltung der Scrum-Regeln sicherstellt und produktivitätshemmende Hindernisse aus dem Weg räumt. Er coached die Mitglieder eines Scrum-Teams, also den Product Owner und die Scrum-Developer, und hilft ihnen dabei, das Scrum-Framework richtig einzusetzen. Gleichzeitig sorgt er dafür, dass es keine Störungen des Scrum-Teams von außen gibt, also nicht plötzlich der Marketing-Leiter das Ruder übernimmt und den Entwicklern sagen will, was sie zu tun haben.

Ebenso wie für den Product Owner gibt es für den Scrum Master spezielle Fortbildungen und Zertifizierungen, die auf die Rolle vorbereiten. Nicht selten übernehmen Entwickler die Funktion des Scrum-Masters in Personalunion, man kann aber auch auf Scrum Master treffen, die keine Zeile Code beherrschen, dafür aber ein ausgesprochenes Coaching-Talent besitzen.

Growth Hacker

Der Growth Hacker ist eine sehr junge Erscheinung, die sich seit einiger Zeit um den Durchbruch bemüht. Recht wohl fühlt er sich in der Umgebung von Rock-Stars und Feel-Good-Managern, also eher im jungen, hippen Startup-Umfeld. Was allerdings ein Growth Hacker so ganz genau ist, verstehen wohl nur die wenigsten. Auf jeden Fall geht es um Wachstum, was an sich keine neue Erfindung ist. Die spezifische Fokussierung auf Wachstum vielleicht schon eher. Eine der vielen Definitionsversuche besagt, dass der Growth Hacker das Wachstum in das Produkt selbst zu integrieren versucht, anstatt es wie im Marketing oder in der PR vornehmlich von Außen über Werbe-Anzeigen oder Nennungen zu erzeugen. Als Beispiel wird gerne das Einschleusen von AirBNB bei Craigslist über eine API oder die Abgabe von zusätzlichem Space gegen Empfehlungen bei Dropbox genannt. Dennoch fällt die scharfe Abgrenzung des 2010 von Sean Ellis geprägten Begriffs zu klassischen Social-Media-Experten, Conversion-Optimierern, SEOs oder Online-Marketing-Managern schwer. Entsprechend findet man Stellenanzeigen in Deutschland nur sehr selten und wenn, dann verbergen sich hinter dem hippen Begriff meist alt-bekannte Aufgaben. Aber das kann ja noch werden…

Ein Blick in die Zukunft: Jobs für morgen

Alle bisher vorgestellten Berufsbilder gibt es im Digital-Business bereits, die einen länger, die anderen wie beispielsweise den kurz angesprochenen Feel Good Manager erst seit kurzer Zeit. Wie groß die Aussichten auf eine überdauernde Etablierung sind, lässt sich heute schwer einschätzen. Was man aber auf jeden Fall prognostizieren kann, ist, dass wir weitere neue Berufsbilder sehen werden. Der digitale Wandel ist längst noch nicht abgeschlossen und bis es soweit ist, werden weitere Problemfelder aufgemacht, die wieder abgedeckt werden müssen. Eine zentrale Rolle wird dabei auch das Recruiting einnehmen, denn schon jetzt gibt es in bestimmten Bereichen einen Fachkräftemangel – das wird durch neue Anforderungen an Tätigkeitsbereiche nicht entschärft sondern noch ausgeprägter werden.

Chief of Employer Branding & Chief Talent Scout

In der Digitalbranche herrscht schon heute ein harter Kampf um die talentiertesten Köpfe. Für den „War on Talents“ müssen sich Unternehmen neu ausrichten. Personaler, die Stellen ausschreiben und dann auf einen Korb voller Bewerbungen warten, um daraus die Idealbesetzung zu fischen, müssen komplett umdenken. Die besten Fachkräfte können sich heute aussuchen, in welches Unternehmen sie gehen. Nicht sie müssen sich dort bewerben, sondern das Unternehmen muss sich bei ihnen bewerben. Als Konsequenz daraus könnte es ein Berufsbild wie den Chief of Employer Branding geben. Er sorgt für die unternehmensstrategische Umsetzung der Arbeitgebermarke, mit der sich das Unternehmen bei Fachkräften als attraktiver Arbeitgeber positioniert. Ziel seiner Arbeit ist es, das Anwerben neuer Mitarbeiter zu erleichtern und gleichzeitig die Mitarbeiterbindung zu erhöhen, um die Personalfluktuation möglichst gering zu halten.

Stimmt das Employer Branding, so kann der Chief Talent Scout an die Arbeit gehen und hochqualifizierte Talente auf dem Arbeitsmarkt identifizieren und ins Unternehmen holen. Auf den ersten Blick klingt das einfach, doch das ist es keinesfalls. Neben der großen Konkurrenz durch Mitbewerber und Marktbegleiter ist die Identifizierung keine einfache Aufgabe. Der Talent Scout muss dafür nicht nur sehr gut vernetzt sein, er muss auch ein Gespür für den richtige Moment haben, in dem er genau die richtige Ansprache findet. Er muss Perspektiven aufzeigen können, das Unternehmen attraktiver machen als die Konkurrenten und die Gehaltsvorstellungen der Kandidaten möglichst genau einschätzen können.

Sicherlich wird es in den nächsten Jahren noch weitere Berufsfelder im Digitalbusiness geben, von denen wir heute noch gar nichts ahnen. Einige von ihnen gibt es vermutlich heute schon, doch entweder werden sie noch anders benannt oder es fehlt noch der passende Trend, damit sie den Durchbruch in der Masse schaffen. Nicht nur Unternehmen müssen hier beweglich bleiben (oder werden), auch für die Arbeitnehmer bieten sich im „Beruf Internet“ vielfältige Möglichkeiten und spannende Chancen.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 18

„Was machst du eigentlich?“ In dieser Ausgabe stellen wir nicht nur verschiedene Online-Berufsbilder und berufliche Fortbildungsmöglichkeiten vor, sondern fragen auch nach dem „Warum“: Warum wird man heute eigentlich noch Online-Journalist? Und warum machst du nicht einfach das, was dich wirklich erfüllt?

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