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Den richtigen Influencer für eine Kampagne auswählen

Eine wesentliche Hürde beim Influencer-Marketing ist es, die richtigen Partner für eine Kampagnenidee zu finden. Philip Papendieck erklärt in diesem Beitrag die drei Schritte, nach denen er in seinem Unternehmen vorgeht. Dabei geht es einerseits um die nackten Daten, aber auch um den menschlichen Faktor. Denn noch mehr als bei anderen Formen des Marketings zählt hier, dass Botschafter und Produkt gut zusammenpassen.

Symbol Influencer
(Grafik: © Aratehortua, depositphotos)

Influencer sind schon lange kein neues Phänomen mehr, jedoch hat sich die anfangs noch belächelte Branche inzwischen zu einer eigenen Industrie entwickelt. Laut einer Studie von Goldmedia wird der Influencer-Markt bis 2020 auf eine Milliarde Euro anwachsen. Influencer-Marketing ist folglich mehr als nur ein Hype und zeigt ein kontinuierliches Wachstum auf. Die Phase des Experimentierens ist längst vorbei. 

Von allen Seiten wird mehr Professionalisierung in der Branche gefordert, denn Influencer werden immer mehr zum integralen Bestandteil der Marketingaktivitäten großer Marken und Konzerne. Es werden immer höhere Budgets für die Konzeption, Produktion und Media bereitgestellt und wie in der Werbung auch, versprechen sich die Firmen vor allem eines davon: ihrer Zielgruppe möglichst nahe zu kommen. 

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Dabei ist festzuhalten, dass Influencer-Marketing schon lange nichts mehr mit dem „Blick durch das Schlüsselloch“ der Influencer von nebenan zu tun hat, sondern vielmehr eine neue Art des Entertainments ist, die Marken und Konzernen bei einer guten Kampagne den optimalen Zugang zur Zielgruppe ermöglicht. Storytelling auf Augenhöhe ist hier entscheidend. Daher sollten Kampagnen auch nicht mehr nur in einzelnen Postings gedacht werden, sondern einen holistischen Ansatz verfolgen. So produzieren wir z.B. vermehrt auch Inhalte für die eigenen Kanäle der Kunden, kreieren und schalten Anzeigen mit Influencern oder erstellen Produkte und Kampagnen gemeinsam mit Kunde und Influencer.

Lesetipp: Das UPLOAD Magazin hatte bereits eine eigene Ausgabe rund ums Thema Influencer, die Sie auf der Website kostenlos lesen können.

Die Suche nach dem richtigen Influencer

Eine der größten Herausforderungen einer erfolgreichen Influencer-Marketing-Kampagne ist es, den oder die richtigen Influencer zu finden. Das mag sich zunächst offensichtlich anhören, jedoch gibt es in jeder Branche oder Nische hunderte, wenn nicht tausende potenzielle Kandidaten. Dazu kommen mehrere Einflussfaktoren, die beachtet werden müssen und Kundenbriefings, die mit diesen übereinstimmen sollten.

In der heutigen komplexen digitalen Welt mit all den verschiedenen Kanälen, auf denen sich Influencer und deren Follower bewegen, gelingt dies nicht ohne eine Analyse der Daten. Denn ohne wichtige Daten-getriebene Informationen lässt sich auch das kreative Feld der Influencer nicht mehr erfolgreich ausschöpfen. Trotzdem sollte natürlich der menschliche Faktor nicht zu kurz kommen, denn Influencer-Marketing funktioniert keinesfalls nur Daten-getrieben.

Schon bei der Kampagnenplanung ist es daher wichtig, die Charakteristika und besonderen Talente der Influencer, die Natur der jeweiligen Plattform und entsprechend passende Content-Formate zu verinnerlichen und mit dem Markenbriefing optimal zusammenzufügen. Es gibt eine Menge von Parametern, die in die Entscheidung mit einbezogen werden müssen, um einen Influencer richtig beurteilen zu können. Daraus ergibt sich ein mehrstufiger Prozess, bevor die Selektion der richtigen Influencer für die jeweilige Kampagne abgeschlossen werden kann.

Schauen wir uns diesen Prozess einmal genauer an.

Schritt 1: Anhand der Daten die ersten Kandidaten finden

Bei der Auswahl des richtigen Influencers ist bei der Masse an Optionen und den unterschiedlichen Anforderungen des Kunden ein extrem deduktives Vorgehen gefragt.

Im ersten Schritt sollte eine Daten-basierte Liste mit Influencern anhand der Anforderungen des Kunden erstellt werden. Diese können im Briefing eines Kunden folgendermaßen aussehen:

Instagram Influencer mit mindestens 150.000 Followern und zudem durchschnittlich mindestens 100.000 Views auf YouTube und einer Engagement Rate von mehr als 4%. Zudem sollte es keine Kooperationen mit einer anderen Marke aus derselben Branche in den letzten drei Monaten gegeben haben.

Basierend auf weiteren vorgegebenen demografischen Zielvorgaben, wie z.B. Herkunft und Alter der Follower, kann eine erste Auswahl getroffen werden.

Schritt 2: Die Kandidaten genauer unter die Lupe nehmen

Im nächsten Schritt muss das bisher ausgewählte Portfolio dann auf Einzel-Account-Ebene noch einmal weitergehend untersucht werden. Dazu analysieren wir die Kanalentwicklung der jeweiligen Influencer, bei der dargestellt wird, inwieweit die Entwicklung der Communities auf den einzelnen Socials vorangeschritten ist und mit welcher Häufigkeit in letzter Zeit überhaupt gepostet wurde.

Für eine umfangreiche Einschätzung sollten auch die Entwicklung der Engagement-Raten und die durchschnittlichen View-Raten im Verhältnis zu den Abonnenten betrachtet werden. Hier müssen sowohl die allgemeine Tendenz, als auch Ausreißer genau unter die Lupe genommen werden.

Bei der „Audience Credibility“ sollte vor allem auch auf den Wert der Fake-Follower bzw. „toten“ Follower geachtet werden und zudem der Prozentwert der aktiven Follower angegeben werden. Diese Zahlen sind extrem wichtig, um das Potential des Influencers und des dazugehörigen Kanals einschätzen zu können.

Mit der Bewertung der Top-Kommentare der letzten zehn Beiträge lässt sich ein Gefühl dafür entwickeln, wie die Akzeptanz und das inhaltliche Feedback der Community sind. Ein weiterer Wert, der bei der Analyse eine Rolle spielt ist die Product-Placement-Rate. Sie bildet die Anzahl von Kooperationen mit Marken der letzten Beiträge ab.

Auch werten wir aus, wie hoch die Überschneidung der Follower der Influencer ist. Wollen wir bspw. mit lediglich zwei Influencern ein neues Produkt entwickeln und starten, macht es für unsere Kunden einen signifikanten Unterschied, ob Influencer A und B 30% oder 90% deckungsgleiche Follower haben.

Die richtigen Tools

Der Kunde kommt mit einem teils sehr konkreten Briefing (inkl. Kampagnenziele, Zielgruppen, Wunsch-Influencern) oder aber auch mit einem sehr groben Briefing (nur Produkt und Marke) auf die Agentur zu. Auf der Grundlage der Briefings können dann die einzelnen Parameter, die den Wünschen der Kunden entsprechen, in die jeweiligen Tools eingegeben werden. Die Tools filtern anhand der eingegebenen Daten die Influencer heraus, die den Briefings der Kunden entsprechend am nächsten kommen. Dadurch hat man eine erste datenbasierte Liste an Influencern erstellt, die als Vorauswahl und Grundlage für die weiteren Schritte dient.

Bei uns nutzen wir ein eigens entwickeltes Tool für die datenbasierte Auswahl, dessen Nutzung kostenfrei ist. Die Plattform wird jedoch nicht als Self-Service-Datenbank betrieben, sondern liefert Kunden hier Daten mit Hinblick auf die jeweilige Anfrage zu, inkl. eines Tool-basierten Zugangs zu diesen Accounts.

Abseits dessen gibt es noch öffentlich zugängliche Tools mit unterschiedlich umfangreichen Daten, wie bspw. Socialblade, Influencer Wiki oder Influencer DB, wobei letzteres Tool ebenfalls kostenpflichtig ist.

Schritt 3: Qualitativer Feinschliff

Die gerade beschriebene Datenanalyse ist wichtig, um eine effiziente Vorauswahl treffen zu können, doch am Ende des Tages haben wir es hier natürlich mit Menschen zu tun. Somit ist der dritte und letzte Schritt unumgänglich: Ein qualitativer Check durch das Projektteam, in dem vor allem die weichen Faktoren berücksichtigt werden. Dabei sollten Themen wie die Political Correctness des Influencers beachtet werden, die visuelle Qualität des Contents mit Hinblick auf die Bildsprache der Kunden und ob bereits Kooperationen mit möglichen konkurrierenden Marken bestehen. 

Natürlich spielt hier das viel diskutierte Thema Authentizität eine große Rolle. Passt der Influencer mit seiner politischen Einstellung, mit seinen Werten oder mit Meinungen, die er über seine Kanäle geäußert hat, zu denen der Marke? Entspricht der visuelle Content und die Bildsprache, der bisher bei den jeweiligen Influencern zu finden ist, dem Briefing der jeweiligen Kampagne? Passen die Marken, für die der Influencer bisher Kampagnen unterstützt hat, in das Portfolio oder stehen diese in Konkurrenz zum Kunden? Oder stellen bisherige Kampagnen vielleicht etwas dar, mit dem andere Firmen nicht in Verbindung gebracht werden wollen? Es gibt also etliche Faktoren, die mit Daten oder einem Tool schwer einzuschätzen sind, sondern einer menschlichen Einschätzung bedürfen.

Weitere Faktoren, die neben den harten KPIs eine wichtige Rolle spielen, sind z.B. die Zuverlässigkeit im Zuge einer Zusammenarbeit, die Response-Time oder die Kompromissbereitschaft bei Anpassungswünschen des Kunden. Als Agentur haben wir eine Verantwortung gegenüber unseren Kunden, da diese auch abgesehen von den eingesetzten Budgets eine hohe Professionalität erwarten. Dieselbe Professionalität erwarten wir auch von den Influencern und möglichen Agenturen und Managements, von denen sie vertreten werden. Daher untersuchen wir auch diesen Faktor vor einer möglichen Zusammenarbeit so gut es geht.

Zudem beobachten wir bestehende Content-Formate der Kandidaten, um diese mit dem Kundenbriefing zu verweben und so optimal zum Kanal passenden Content zu erstellen. Auch aktuelle Trends, die sich gegebenfalls adaptieren lassen und so positiv auf den View-Algorithmus bei YouTube oder eine gute Aussteuerung in den Instagram Stories auswirken, berücksichtigen wir bei der Analyse.

Immer relevanter wird zudem der Faktor des Konkurrenz-Ausschlusses. Es ist für Marken unattraktiv, wenn sich Influencer beispielsweise zu Automarke X aussprechen, zwei Tage später dann jedoch vor Automarke Y posieren. Eine Möglichkeit, dies zu umgehen, sind vertraglich festgelegte (Teil-)Exklusivitäten und ein etwaiger Konkurrenzausschluss. Dies lässt sich ein Influencer natürlich extra vergüten, insbesondere bei umfänglicheren Kampagnen macht eine solche Klausel jedoch viel Sinn. Bei uns geht der Trend jedoch ohnehin mehr und mehr zu holistischeren Kampagnen, bei denen ein Influencer über ein einziges Instagram Posting hinausgehend langfristig und umfassend mit der Marke kooperiert.

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Influencer und Kampagne zusammen bringen

Auch die Diskussion rund um die Reichweite bzw. den Bekanntheitsgrad eines Influencers kommt immer wieder auf. Micro-Influencer werden immer beliebter und bringen sicherlich einige Vorteile mit sich. Insgesamt haben diese vielleicht nicht so eine große Fangemeinde, sind hinsichtlich ihres Contents aber oft sehr spezifisch, weisen in der Regel höhere Engagement Rates und ein stärkeres, relatives Wachstum auf. Suchen wir beispielsweise einen Yoga-Lehrer oder einen Grill-Account, treffen wir meist auf kleinere Influencer. Genau wie Triathleten in einem Nischen-Sport unterwegs sind, ist auch deren Follower-Base kleiner und wir finden sie eher im Bereich der kleineren Influencer.

Nichts desto trotz sehen wir uns bei kleinen Accounts allerdings auch weniger Kontrolle oder aber einer höheren Aktivierungsgebühr bei hoher Einflussnahme gegenüber. Wir betreuen sehr große Kunden, denen neben einem hohen Maß an Professionalität und validen Daten auch das Thema Brand Safety extrem wichtig ist. Dementsprechend arbeiten wir anhand klarer Briefings, in enger Abstimmung während der laufenden Produktion und über Freigaben des Contents, bevor dieser veröffentlicht wird.

Dieser intensive Austausch mit dem Kunden ist mit vielen Mico-Influencern oder über eine reine Plattform-basierte Lösung natürlich nicht in dem Maße gegeben. Zudem ist der Content keinesfalls qualitativ hochwertiger, nur weil er von kleineren Accounts erstellt wird. Betrachten wir dann, dass große Marken auch eine gewisse Mindestreichweite erzielen wollen, macht es gegebenfalls mehr Sinn, auf größere Accounts zu setzen. Die Entscheidung muss letztendlich auch nicht immer zwingend zwischen Top-Influencern und Micro-Influencern fallen. Es kann auch zweckdienlich sein, zwanzig mittelgroße Accounts zu aktivieren und so eine größere Auswahl unterschiedlicher Gesichter bei hoher Reichweite zu erzielen.

Daran orientiert sich dann auch oft das Budget. Denn grundsätzlich wird die Reichweite der Influencer auf Basis eines TKPs bemessen. Da die Kampagnen und Anforderungen allerdings immer komplexer werden, fließen auch Faktoren wie Nutzungsrechte, Exklusivitäten oder erweiterte Media-Kosten mit in die Angebote. Zudem werden die Content-Formate hochwertiger, sodass auch hier gesonderte Produktionsbudgets kalkuliert werden müssen.

Schlusswort

Neben der Selektion der Influencer ist auch die Kreation der Kampagne maßgeblich erfolgsentscheidend. Wir sehen uns einer maximal mobilen Zielgruppe gegenüber, die eine extrem kurze Aufmerksamkeitsspanne hat. Gewinnen wir ihre Aufmerksamkeit nicht in den ersten Sekunden, ist sie weg.

Ist der Content erstmal produziert,  stellen wir über eine klare Freigabe der Kunden sicher, dass der Output auch den Vorstellungen der Marke entspricht. Last but not least sollten die wichtigsten Faktoren in klar definierten Verträgen mit den Influencern festgehalten werden, in denen Verstöße, z.B. gegen werbliche Kennzeichnungspflicht, und viele weitere Faktoren geregelt sind.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 64

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