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Erfolgsfaktoren von Buchhandlungen ins Internet übertragen

Was ist für den Erfolg einer Buchhandlung aus Kundensicht wichtig? Nicht in erster Linie der Preis, der in Deutschland für Bücher bekanntlich gebunden und somit für alle Händler gleich ist. Es gibt zwei andere Faktoren, die den Erfolg einer stationären Buchhandlung stärker beeinflussen und diese lassen sich aus meiner Sicht sehr gut auf das Internet übertragen.

Logo zu Leander Wattigs Buchnotizen

Auf den Erfolg einer klassischen stationären Buchhandlung haben aus Kundensicht die beiden Faktoren Lage und Beratung besonderen Einfluss:

  • Lage – Die Menschen kaufen nur in den Läden ein, die sie leicht finden und gut erreichen können. Je besser die Buchhandlung liegt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, viele Kunden in den Laden zu locken. Die gute Lage ist also fast schon eine Erfolgsvoraussetzung.
  • Beratung – Natürlich ist die Zusammenstellung des Sortiments vor Ort sehr wichtig. Doch quasi jedes Buch ist binnen Tagesfrist über den Zwischenbuchhandel bestellbar. Das Problem ist aber, dass der Kunde oft gar nicht weiß, was er kaufen sollte. Daher kauft er häufig dort, wo er persönlich gut beraten und bei der Suche nach passenden Büchern unterstützt wird.

Seit vielen Jahren werden papierne Bücher über das Internet verkauft und dieser Vertriebskanal wird tendenziell immer wichtiger. Zudem ist spätestens seit der diesjährigen Leipziger Buchmesse und der dortigen Präsentation zahlreicher eBook-Reader klar, dass sich auch die deutsche Buchbranche zunehmend der digitalen Welt öffnet. Daher ist aus meiner Sicht die Frage interessant, was eine Übertragung der Erfolgsfaktoren Lage und Beratung aus dem stationären Buchhandel auf das Internet bedeuten könnte?

Lage

Das Äquivalent der 1A-Lage im stationären Handel ist im Internet die erste Ergebnisseite bei der Google-Suche nach wichtigen Schlüsselwörtern. Diese Art der 1A-Lage kann man sich jedoch nicht einfach kaufen. Man erreicht sie durch einen hohen Page-Rank, der im Kern auf einer hohen Zahl an Verlinkungen basiert. Verlinkt wird hingegen meist auf attraktiven Content.

Wie attraktiver Content aussehen kann, zeigt der Weinhändler Gary Vaynerchuk in seinem Videoblog Wine Library TV, der ihm seit dem Start im Jahr 2006 viel Bekanntheit und zuletzt einen millionenschweren Buchvertrag beschert hat. Doch Buchhändler haben eine Menge weiterer Möglichkeiten, auf ihre Tätigkeit bezogenen Content zu erstellen. Da sie beispielsweise viele Bücher lesen, liegt es nahe, dass sie über diese Bücher bloggen und twittern. Doch auch der Buchhändleralltag und Kundenwahnsinn ist ein Blog-Thema, das viele interessiert. Wenn im Laden Lesungen oder andere Veranstaltungen stattfinden, können Fotos geschossen und auf Flickr eingestellt sowie Videos gedreht und bei YouTube veröffentlicht werden. Vieles mehr ist möglich, um die „Lage“ einer Buchhandlung im Internet Stück für Stück zu verbessern.

Beratung

Im Internet kann potenziell jeder Händler jedes Buch verkaufen. Bücher anzubieten reicht nicht zur Unterscheidung vom Wettbewerb. Umso wertvoller kann eine gute Reputation auf dem Felde der Beratung sein, da diese nicht leicht kopierbar ist. Als gedankliche Hilfe hierbei können typische Beratungssituationen aus dem stationären Buchhandel auf das Internet übertragen werden.

Im Buchladen gibt es zwei Vorgehensweisen. Zum einen beantwortet der Buchhändler Fragen und nimmt Anmerkungen auf, die an ihn herangetragen werden. Er hört zu und versucht, den Wünschen nachzukommen, um in der Folge etwas zu verkaufen. Das ist jedoch nicht alles, was der Buchhändler tut. Er wartet nicht nur, bis er angesprochen wird, sondern geht auch aktiv auf die potenziellen Kunden zu, die sich im Laden befinden. Er spricht sie insbesondere dann an, wenn sie Signale aussenden, die dem Buchhändler zeigen, dass er helfen und somit seinen Umsatz potenziell erhöhen kann.

Nehmen wir also nun an, dass ein Buchhändler das ganze Internet als seine Buchhandlung betrachtet. Dann sollte er aus meiner Sicht zunächst bestrebt sein, die gleichen Kommunikationsmittel wie seine Kunden technisch zu beherrschen und zu nutzen, damit er sich mit ihnen wie bisher in der stationären Buchhandlung unterhalten kann. Das heißt u.U. aber auch, dass man mehr Kontaktmöglichkeiten als nur eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse bieten sollte. Wenn also die Kunden im Internet gern ihr Feedback in Form von Kommentaren auf der Website hinterlassen oder mit ihrem Gegenüber via Twitter, Instant Messaging o.ä. kommunizieren möchten, spricht viel dafür, dass der Buchhändler über diese Kanäle auch erreichbar ist.

Ein Buchhändler sollte aber auch im Internet nicht darauf warten, von einem potenziellen Kunden angesprochen zu werden. Schließlich unterhalten sich die Menschen ja bereits andernorts im Netz über die Themen, die für ihn und sein Geschäft relevant sind. Diese Gespräche sollte er zum einen beobachten und sich zum anderen bei Bedarf auch daran beteiligen. So kann der Buchhändler über Google, Twitter Search, Technorati und andere Suchmaschinen Monitoring für seine Themen betreiben und gegebenenfalls reagieren. Er kann zudem in anderen Blogs, Foren oder Social Networks durch kluge Kommentare auf sich aufmerksam machen.

Auch auf dem Felde der Beratung ist noch vieles mehr möglich. Das Entscheidende aber ist, dass der Buchhändler die Gespräche im Internet mit seiner Sach- und Beratungskompetenz bereichert und dadurch einen echten Mehrwert bietet, damit die anderen Gesprächspartner ihm auch zuhören.

Fazit

Ich kenne keinen Buchhändler, der die oben beschriebenen Gesichtspunkte schon konsequent umsetzt. Daher würde ich, wenn ich heute eine Buchhandlung zu gründen hätte, mich voll auf das Internet konzentrieren und auf ein Ladengeschäft und die damit verbundenen Kosten im Zweifel verzichten. Vor allem würde ich mir im Sinne des Ansatzes Community First einen Weg überlegen, wie ich durch den Fokus auf die Lage und Beratung die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden erlangen kann. Viele andere Aspekte wie bspw. die Ausgestaltung des Verkaufsprozesses sind natürlich auch wichtig. Sie sind letztlich aber nicht so erfolgskritisch wie die Beantwortung der Frage, auf welche Weise man im Internet die Menschen erreicht.

Ich denke, dass ein Buchhändler, der sich hierzulande im Internet auf die Faktoren Lage und Beratung konzentriert, binnen Jahresfrist sehr bekannt werden könnte. Er hätte die Möglichkeit, aufgrund des noch immer vorhanden First-Mover-Vorteils die Basis zu legen für einen langfristigen geschäftlichen Erfolg. Dieser Buchhändler müsste allerdings regelmäßig sehr guten Content veröffentlichen, die wesentlichen Instrumente im Internet technisch beherrschen und vor allem ein hervorragender Kommunikator sein. Ist das zuviel verlangt für eine große Chance?

Über den Autor

Leander Wattig schreibt für UPLOAD die monatliche Kolumne „Buchnotizen“ zu den Veränderungen der Buchbranche durch das Internet und die Digitalisierung. Darüber hinaus führt er einen Blog über Trends in neuen und alten Medien.

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13 Gedanken zu „Erfolgsfaktoren von Buchhandlungen ins Internet übertragen

  1. Pingback: ats20.de
  2. Gut gebloggt Leander,

    was ich mich aber noch frage: wie entgehe ich dann der Falle, dass sich Menschen von mir beraten lassen, wegen eines evtl. Preisvorteils dann aber doch bei amazon kaufen?

  3. Danke!
    Gegenfrage: Wie entgeht ein stationärer Buchhändler der Falle, dass sich Menschen von ihm beraten lassen, dann aber doch bei Amazon kaufen?
    Außerdem würde ich Amazon nicht unbedingt nur als Wettbewerber, sondern auch als Partner sehen.

  4. Ähm … gar nicht? ; ) Klar besteht die Hoffnung, dass nach all dem Mehrwert der potentielle Kunde nicht abwandert. Aber was ist denn mit den kleinen Geschäften passiert die Schrauben und Werkzeug verkauft haben? Ersetzt durch Baumärkte. Elektrofachgeschäfte? Ersetzt durch Mediamarkt & Co. Klar, Bücher sind etwas anderes, aber das gibt schon zu denken.
    Anders sicher, wenn Amazon (Vertriebs-)partner ist. Aber wie viele Affiliate-Conversions braucht man, damit ein Buchladen der nur davon lebt brummt? Eine Menge, oder?

    Nichtsdestotrotz glaube ich auch: bei den First-Movers könnte es klappen.

  5. Letztlich ist die Frage, wer eine Zielgruppe binden kann. Der kann die Aufmerksamkeit auch in Geld verwandeln. Dafür wird er sicherlich eine Kombination verschiedener Erlösquellen benötigen.

    Bisher haben wir aber meines Wissens keinen Gary Vaynerchuk oder Sascha Pallenberg der deutschen Buchbranche… Oder doch?

  6. Gute Analyse in Bezug auf Sichtbarkeit und Dialog im Internet, diese aus der Offline-Welt (Lage, Beratung) zu transformieren macht Sinn. Am wichtigsten aber ist hier wohl wiedermal die Nische (Stichwort Long Tail). Die Feuchtgebiete hol ich mir am Bahnhof. Erst bei der Spezialisierung wird es für den Einzelhändler spannend, sowohl on- wie offline. An Platzhirschen wie Amazon oder Thalia ist sonst nur schwer ranzukommen. Aber eine Buchhandlung nur für Krimis, spanische Literaten oder Kriegsepen kann ich mir durchaus in der realen und virtuellen Welt vorstellen (am besten in ihrer Verbindung). Naturgemäß ist das eher was für Ballungsgebiete, die Provinz schaut in die Röhre…

  7. Die Vorschläge passen meiner Meinung nach nicht nur auf Buchhändler, sondern auch auf andere Einzelhandelsgruppen – sind also eher allgemein und nicht sehr Buchhändler-spezifisch.
    Der „Content“, der die Beratung im Web ersetzt, sollte Geschichten erzählen und mehr sein als eine Sammlung von Rezensionen (die aber auch notwendig sind). Im Vorteil ist der Nischenspezialist, der nicht nur über die Bücher, sondern auch die Nische als Community berichtet. Der kann seine spezielle „Lage“ dann auch viel besser bekannt machen als der Generalist.

  8. Sehr interessanter Bericht.Sie haben sich echt viel Mühe gegeben, das so gut zu formulieren.Bravo!Ich bin kein Buchhändler,aber interessiere mich schon sehr für das Thema.Danke für diese Infos.

  9. Besondere Beratung braucht besondere Expertise. Diese kann nur zum Tragen kommen, wenn die Nische ausreichend eng und speziell ist, dann aber mag sie einen wirklichen Kundenvorteil bieten.

    Konkret: Amazon führt ein sehr umfangreiches Sortiment zu fast allem. Es kommt nicht oft vor, dass der durchschnittliche Nutzer nicht fündig wird. Aber: bei selten gefragten Werken gibt es keine Kundenrezensionen, die jedoch – neben Bequemlichkeit, Verfügbarkeit, Schnelligkeit und Preis – den größten Wettbewerbsvorteil von Amazon darstellen. Der kleine, hochspezialisierte Online-Händler könnte diesen Nachteil durch eigene Rezensionen im Blog, Beratung via e-Mail, Skype etc. und vielleicht den Aufbau einer eigenen Community wettmachen. Genauso wichtig ist allerdings das Angebot selbst. Er sollte in seiner Nische ein Sortiment zusammentragen können, das sich auch im Netz sonst kaum findet, neu und antiquarisch, von populär bis Miniauflage. Der Bereich Krimis wäre dafür sicher schon deutlich zu weit, Kriegsepen könnte es eher treffen. So kann der Kunde nach erfolgter, guter Beratung auch weniger abwandern.

    Der Buchhändler der realen Welt wird sich dagegen auf die Erlebnisqualität des Bucheinkaufs konzentrieren müssen. Denn über kurz oder lang werden nur noch die besonders bibliophilen Kunden kommen, denen das Blättern, die Haptik, der Geruch, also kurz das Schmökern in Büchern sowie die inspirative Atmosphäre einer Buchhandlung wichtig sind.

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