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Mediatheken: Von Wassereimern und dem weiten Meer

Man stelle sich eine Situation am Meer vor. An einem langen Strand sind viele, viele Menschen und vergnügen sich kostenlos und fröhlich in den Wellen. Zwei, drei Dünen landeinwärts und von dornigen Sträuchern durch Blicke gut geschützt steht hier und da ein Wassereimer. Manche sind gut bewacht und man darf nur einen Blick auf den Eimer werfen, wenn man sich vorher darum beworben hat. Mitnehmen darf man den Eimer nicht und die Hand kann man auch nur leicht ins Wasser stecken. Bei einigen muss man bezahlen, um bis auf den Boden runtergehen zu dürfen. Aber das lohnt sich oft nicht, weil sowieso nur wenig Wasser drin ist. Was der Vergleich soll? Ganz einfach: Das Meer ist das Internet. Ein Eimer Wasser ist die Mediathek eines Fernsehsenders.

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Ostseestrand. Foto: Mario Thiel, thiema.com. Lizenz: CC BY-SA

Das alte Medium und das Meer

Das Verhältnis der alten Medien zum neuen Übertragungs- und Kommunikationsweg Internet ist noch immer schwierig. Entweder wird das Web als eine Art unendlich große Müllkippe betrachtet: Man lädt einfach seine Inhalte ab und hofft, dass irgendwie Leute vorbeikommen und sich etwas aus dem Abfall rausziehen. Wozu das dann gut ist, weiß keiner so genau. Oder aber man denkt wie Dieter Gorny, das Internet sei im Prinzip ein Kaufhaus und man müsse an seine Inhalte nur ein Preisschild dranpappen und schon verdiene man Geld.

Besonders beliebt ist die Kombination aus beidem: die Müllkippe mit Eintritt.

Weil das natürlich nicht funktioniert, macht man die Internetnutzer verantwortlich oder den Staat oder irgendwen anderes, der gerade ungünstig im Weg rumsteht. Dann müssen Gesetze her oder Strafen oder Zwangsgebühren oder am Besten alles gleichzeitig.

Hauptsache, man verdient irgendwie was mit seinem Zeug. Und hat man nicht das beste Zeug von allen?

Warum das die Internetnutzer nicht interessiert

Jedenfalls wiederholen Vertreter der alten Medien gebetsmühlenartig, dass nur sie qualitätvolle Inhalte produzieren können. Das stimmt sogar gelegentlich. Nur heißt das noch lange nicht, dass sich irgendwer für die Masse der TV-Inhalte außerhalb des TV interessiert. Was für ein Nebenbeimedium und als Hirnberieselung nach einem anstrengenden Arbeitstag gerade noch durchgeht, hat im aktiv und bewusst genutzten Medium Internet selten eine Chance. Denn es ist doch so: Wenn ich nicht wirklich hinschauen will und den durchs TV ausgelösten Trance-Zustand haben möchte, habe ich einfach andere Ansprüche, als wenn ich gerade auf der Suche nach etwas Interessantem, Witzigen oder Spannenden bin, was ich mir genau jetzt anschauen will.

Eigentlich logisch, oder?

Die TV-Inhalte, die auch noch bei bewusstem Konsum funktionieren (also wenn das Gehirn eingeschaltet ist), sind selten. Und nicht nur das: Sie sind außerdem kaum zu finden, weil sie im Besten Fall in einer „Mediathek“ auf Zuschauer warten.

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Foto: daveynin. Lizenz: CC BY

Wie man im Internet Zuschauer erreicht

Im TV reicht es, vor sich hin zu senden. Natürlich macht man ordentlich Werbung auf dem eigenen Kanal für sich selbst. Dazu noch Reklame an anderen Orten. Dann klappt es schon mit dem Zuschauer (oder auch nicht).

Im Internet liegen die Dinge anders. Niemand zappt vorbei. Es gibt keine festen Sendezeiten. Und statt 30 Kanälen scheint die Auswahl geradezu endlos.

Hier kommen die Zuschauer nicht zur Sendung, sondern die Sendung kommt zum Zuschauer. Das ist es, was YouTube in so rasanter Zeit groß gemacht hat: Die Möglichkeit, die Videos überall einzubetten.

Wer Reichweite bekommen will, muss seine Inhalte freigeben – und nicht in der eigenen Mediathek einsperren. Wer Leute kennen lernen will, geht ja auch nach draußen anstatt sich in den Keller zu setzen.

Nur wer überall ist, kann gefunden werden. Und nur wer gefunden wird, kann auch empfohlen werden. Das ist immens wichtig, denn Empfehlungen sind im heutigen Web ein wichtiger Faktor.

Fazit

Mediatheken sind eine feine Sache. Es gibt auch gute Beispiele dafür beim ZDF oder bei Arte. Das macht schon Spaß, sich dort durchzuklicken. Aber letztendlich sind Mediatheken die Hinterhöfe des Internets – oder eben der Wassereimer hinterm Dornenbusch. Der lebendige Strand sind Portale wie Facebook und YouTube oder auch die zahlreichen Blogs. Hier muss man mit seinen Inhalten hin.

Und wenn man es ernst meint mit dem Internet, muss man die Inhalte frei zirkulieren lassen. Dann hat man eine reale Chance, auch in diesem Medium wahrgenommen zu werden. Videos wollen eingebettet werden – ohne Einschränkungen. Über solche Kleinigkeiten wie RSS-Feeds reden wir dann gar nicht mehr, denn die kommen dann von ganz allein.

Als Beispiel für einen Kompromiss könnte Hulu in den USA herhalten. Es entspricht zwar nicht in allen Punkten der Idealvorstellung, aber es ist wenigstens ein gut gemachtes Portal. Hier müssen dann TV-Sender über ihren eigenen Schatten springen und mit anderen Sendern zusammenarbeiten – anstatt dass jeder sein eigenes Miniportal aufzieht.

Aber, mal ganz im Ernst: Das ist doch alles nichts Neues. RTL benutzt doch auch im klassischen TV dieselbe Technik wie ProSieben. Im Netz aber versuchen sie immer lieber als erstes, ihren eigenen kleinen Standard durchzusetzen. Das wäre so, als wenn man sich für jede Sendergruppe einen eigenen Fernseher anschaffen müsste.

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Foto: Paulpod. Lizenz: CC BY

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2 Gedanken zu „Mediatheken: Von Wassereimern und dem weiten Meer

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