In einem ist sich die Webgemeinde einig: Mit Nachrichten wird sich auf absehbare Zeit kein Geld mehr verdienen lassen. Originäre Inhalte, Analysen und Reportagen sind es, für die Medien – siehe die aktuelle Paid-Content-Debatte – möglicherweise noch zur Kasse bitten können. Hier ein kleiner und natürlich extrem subjektiver Ausschnitt bzw. Überblick, wie mit Nachrichten im heutigen Web umgegangen wird.
Inhaltsverzeichnis
Google News
Google News ist wohl der bekannteste Nachrichtenaggregator – und die Verträge zwischen Google und Nachrichtenagenturen sowie die Aufnahme zahlreicher Pressemitteilungs-Publisher zeigt, wohin die Reise geht: Pressemeldungen stehen gleichberechtigt neben originären Medieninhalten und finden ihren direkten Weg zum Leser. Durch die Konkurrenz im Web ist allerdings auch die Hauptwährung von Nachrichten gefallen – die Geschwindigkeit. Das wiederum setzt klassische Nachrichtenagenturen unter Druck, manche meinen gar, sie seien bereits zum Distributionskanal verkommen.
Pressefächer
Newsaktuell (dpa) ist wohl einer der bekanntesten Anbieter unter den unzähligen Presseservices. Über sie können die Pressestellen ihre Meldungen absetzen und in Google News einschleusen. Trotzdem richten sich diese Services in erster Linie an Journalisten zu Recherchezwecken und weniger an den Leser. Inzwischen treten jedoch mehr und mehr offene Publikationsdienste in Konkurrenz.
Pressemitteilungs-Mags
Eine der vielen Endleser-orientierten Publishing-Dienste ist z.B. der Innovations-Report. Die Meldungen sind nach Themen sortiert und werden vermutlich so gut wie vollautomatisch über RSS integriert. Der Innovations-Report ist allerdings kein reiner Publisher, sondern eher ein Aggregator, der sich anderen Publishern wie z.B. dem Hochschul-Nachrichtendienst IDW oder dem englischsprachigen Pendant Eurekalert! bedient. Trotz der breiten Streuung ist der Dienst auch in seiner Tiefe schon recht gut, kann allerdings mit thematisch enger zugeschnittenen Nachrichtendiensten nicht mithalten.
Auch Sciencedaily tut so, als sei es ein Magazin, faktisch ist die Seite jedoch ebenfalls ein Pressemitteilungs-Publisher mit marginaler redaktioneller Eigenarbeit. Für einen thematisch extrem spitz zugeschnittenen Magazin-Typ seien Bionity & Co. genannt, ebenfalls reine PM-Publisher, die in ihren Themenfeldern kaum Konkurrenz haben, schon gar keine frei zugänglichen, journalistischen Inhalte. Die einzigen redaktionell gut aufbereiteten und frei zugänglichen Inhalte zum Thema Biotechnologie findet man nach meiner Kenntnis auf biotechnologie.com, einem vom Bundesministerium beauftragen Informationsportal. Das heißt allerdings auch, dass schon heute in vielen Nischen die Free-Angebote mehr oder weniger ohne Journalisten und Redakteure auskommen – sie möglicherweise nicht einmal vermisst werden?
Personalisierte Aggregation
Relativ brauchbar sind inzwischen auf semantischen Techniken basierende Anbieter, die Nachrichten nach Suchbegriffen aggregieren und filtern. Ein bekanntes Beispiel ist das Startup Nandoo, das über eine intelligente Suchmaschine bereits erstaunlich gute Ergebnisse liefert. Wer den Informations-Overkill liebt, der wird vermutlich von Alltop begeistert sein. Der Dienst von Guy Kawasaki greift auf angeblich 30.000 Quellen zurück, mit denen sich User ein personalisiertes Magazin zusammenstellen können. Einen Mittelweg aus technischer und menschlicher Intelligenz beschreitet das kanadische Startup eqentia. Der Dienst befindet sich noch im Entwicklungsstadium und ändert sich ständig, grundsätzlich geht es jedoch um die Einrichtung und Betreuung von Newsportalen durch einen Kurator, wobei die News und Quellen dann über semantische Technologien gefunden und aggregiert werden.
Kollaboratives „Newsfiltern“
Zum Schluss noch ein letztes News-Modell: Bei allen vorgenannten technischen Lösungen fehlt ein entscheidendes Moment: Die Relevanzbewertung der Inhalte. Das inzwischen auch nicht mehr ganz neue Startup Socialmedian hat dieses Potenzial erkannt und lässt Usergruppen diese Aufgabe übernehmen. Sicherlich auch ein heißer Kandidat für ein Vermittlungskonzept der Zukunft. Klar ist allerdings auch, dass in vielen der zuletzt genannten Anwendungen nicht mehr zwischen „Nachricht“ und anderen Medieninhalten unterschieden wird.
Ihr kennt weitere interessante Ansätze? Einfach in den Kommentaren vorstellen und verlinken…
Über den Autor
Sebastian Schürmanns lebt als freier Texter und Verlagslektor in Hamburg und bloggt in der Trendschau zu den Themen Schreiben – Publizieren – Informieren.
Sebastian lebt seit 20 Jahren seinen Beruf als Redakteur, Product Owner und Web-Entwickler. Mit Trendschau Digital unterstützt er kleine Unternehmen und Fach-Autoren beim web-basierten Publishing mit dem Open Source CMS Typemill. Mit dem System betreibt er unter anderem cmsstash.de , eine Fach-Publikation zum Thema Content Management Systeme.
Feiner Artikel, für meinen Geschmack aber nen Tick zu wissenschaftlich ;) Mir fehlt z.B. die Beleuchtung von Aggregatoren wie Rivva und Techmeme sowie Social News Sites wie Digg, Yigg, Webnews…
Aktuell am spannendsten finde ich die Aufbereitung bzw. Aggregation von News mit Hilfe von Tweets. Rivva ist mit einer Mischung aus Blog und Tweets gut dabei, aber auch Tweetmeme wird immer spannender.
@andy: Danke für die Ergänzung! Da du gerade die Aggregation mittels Twitter ansprichst, setze ich hier nochmal einen Link auf martin weigelt von Netzwertig: Twingly will so etwas wie socialmedian jetzt mit Twitter machen: Twingly-Channels