Erfolgreiche Social Media Inhalte leben von drei Eigenschaften: Information, Hilfestellung und Unterhaltung. Grundsätzlich sollte jeder Inhalt mindestens eine dieser Eigenschaften aufweisen. Im zweiten Schritt geht es dann darum, wie kreativ diese umgesetzt werden. Gerade bei unterhaltenden Inhalten spielt Kreativität eine entscheidende Rolle. Doch wie wird Kreativität belohnt? Wie wird Kreativität durch Algorithmen bewertet? Kreative und außergewöhnliche Inhalte funktionieren, aber oft entscheiden Algorithmen darüber. Dementsprechend werden Inhalte immer häufiger für Algorithmen optimiert und die Kreativität bleibt auf der Strecke, schreibt Jan Firsching in seiner neuen Kolumne
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Etwas Neues ausprobieren, oder lieber Bewährtes kopieren?
Social Media Marketing ist voll von vermeintlichen Best Practices und Cases, die zeigen sollen, was in den verschiedenen sozialen Netzwerken funktioniert und was nicht. Nicht falsch verstehen, ein paar Grundregeln sind wichtig. So ist die Zeit der langen Intros in Videos längst vorbei. Untertitel und Schnitte sind Pflicht.
Das ist alles richtig und wichtig, kann aber auch dazu führen, dass die Kreativität und der damit verbundene Mut, etwas Neues auszuprobieren, leiden. Denn wer etwas Neues ausprobiert, kann natürlich auch scheitern. Das wollen viele Unternehmen nicht oder trauen sich nicht.
Das Ergebnis ist eine angezogene Handbremse und der Versuch, die eigenen Inhalte für die Algorithmen der sozialen Medien zu optimieren. Das funktioniert bis zu einem gewissen Grad.
Doch wie entstehen Trends auf TikTok? Warum werden Inhalte oft viral? Weil sie etwas anders machen und ausprobieren. Der Kreativität wird freien Lauf gelassen und so entstehen neue Trends. Inhalte, die nach Schema F produziert werden, haben mit Trends nichts zu tun.
Und seien wir ehrlich, die meisten Trends entstehen durch Zufall. Kreativität und kreative Techniken sind erlernbar, aber keine Garantie. Das ist ja gerade das Spannende an kreativen Inhalten.
Je mehr man den Algorithmen der sozialen Netzwerke folgt, desto mehr beraubt man sich seiner eigenen Kreativität. Die Kunst besteht dann darin, die Rahmenbedingungen von sozialen Netzwerken und Algorithmen zu kennen, sich aber nicht davon leiten zu lassen. Wer dagegen nur in Rankingfaktoren denkt, produziert Fließbandinhalte, aber sicher keine kreativen Inhalte.
Content-Wahn führt zu Austauschbarkeit
Allein auf Instagram werden täglich rund 100 Millionen Fotos, Reels und Stories veröffentlicht. An Inhalten mangelt es nicht.
Das führt aber auch dazu, dass derjenige mehr Sichtbarkeit hat, der mehr Inhalte veröffentlicht oder mehr Budget in Anzeigen investiert. Und dieses Spiel müssen wir mitspielen. Das heißt, wir brauchen regelmäßig neue Inhalte und Assets für Anzeigen, um im Kampf um Aufmerksamkeit bestehen zu können.
Und genau hier liegt oft das Problem bzw. gibt es zwei Philosophien: Einerseits den Ansatz, so viel Content wie möglich zu veröffentlichen, am besten fünf Videos am Tag, oder man bewahrt Ruhe und setzt auf Qualität statt Quantität.
Die Wahrheit liegt in der Mitte. Sieht man einmal von Medienunternehmen ab, gibt es nur wenige, die eine Frequenz von fünf Videos pro Tag oder Woche erreichen. Müssen sie auch nicht. Auf der anderen Seite reicht es aber auch nicht, ein Video in einem Monat zu veröffentlichen oder eine Anzeige ewig ohne Variationen laufen zu lassen.
Eine gewisse Frequenz und Variation ist notwendig. Wer wirklich kreativ ist, wird nicht auf zehn Videos pro Woche kommen. Deshalb sind Clips aus Longform-Content so beliebt. Sie sorgen für eine höhere Frequenz und je nachdem, wie kreativ der Longform-Content umgesetzt wurde, ist das ein feines Mittel. Hier findet die kreative Arbeit nur an anderer Stelle statt.
Wer aber nur auf Masse produziert, ohne Story und ohne kreativen Ansatz, der hat vielleicht viele Assets, verliert aber an Kreativität und in der Regel auch an Relevanz für die eigenen Zielgruppen und Communities. Ich bin ein klarer Verfechter der Philosophie Qualität vor Quantität.
Qualität ist jedoch nicht zwangsläufig mit Kreativität gleichzusetzen. Zudem hat sich die Definition von Qualität bei Social-Media-Inhalten in den letzten Jahren deutlich verändert. Inhalte, die kanalspezifisch und auf die Interessen der eigenen Zielgruppen zugeschnitten sind, sind für mich auch hochwertige Inhalte. Die Produktionsqualität spielt dabei zunehmend eine untergeordnete Rolle. Kanal- und Zielgruppenfit schlägt Produktionsaufwand.
Kreativität ist keine Checkliste
So wichtig Social Media Basics, kanalspezifische Features und Zielgruppenverständnis sind, so weit sind sie oft von der kreativen Umsetzung entfernt. Das Problem ist, dass ähnlich wie bei den Faktoren der Algorithmen in Checklisten gedacht wird. „Mit diesen sieben Schritten wird dein Content auf dem Social Media Kanal XY erfolgreich“ – das ist Quatsch und wird es nicht. Und sie werden auch nicht kreativ.
Das Wissen über Kanäle, Algorithmen und Zielgruppen ist die Basis, aber das führt nicht zu Kreativität. Im Gegenteil, es engt oft ein, oft unbewusst, weil man versucht, sich an Prozessen zu orientieren. Diese Strukturen helfen, aber sie sollten unterstützen, ohne die eigenen Inhalte einzuengen.
Aber müssen Social-Media-Inhalte immer super kreativ sein?
Nein, müssen sie nicht. Wiedererkennbarkeit und Vorhersehbarkeit sind auch für Menschen, die Inhalte in sozialen Netzwerken konsumieren, sehr wichtig. Man kennt das von sich selbst: Ich weiß, was mich erwartet, es gefällt mir und ich will mehr davon.
Aber irgendwann ist diese Phase vorbei und deshalb sollte man sich als Marke, aber auch im Personal Branding fragen, wann es Zeit ist, etwas Neues auszuprobieren.
Social-Media-Trends und neue Features können dabei helfen. Die entscheidende Frage ist dann aber, wie kreativ man mit diesen Neuerungen umgeht. Ich finde den Mut zum Risiko deutlich spannender und erfolgversprechender als das „business as usual“. Auch wenn das bedeutet, die eigene Komfortzone immer wieder zu verlassen. Es lohnt sich und Eure Gemeinden werden es Euch danken. Amen!
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![Jan Firsching](https://ea6hycghkso.exactdn.com/wp-content/uploads/2019/04/jan-firsching.jpg?strip=all&lossy=1&resize=100%2C100&ssl=1)
Jan Firsching ist Senior Social Media Manager bei der STRATO AG mit Sitz in Berlin. 24/7 online mit großer Leidenschaft für Social Media Marketing und digitale Kommunikation.
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