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Von Wearables bis Conversational Search: Vier Trends kurz vorgestellt

Pinterest, Instagram, Foursquare – all das ist im Web schon reichlich etabliert und das nächste große Ding zeichnet sich nicht unbedingt ab. Im Kampf gegen gewisse Ermüdungserscheinungen haben wir den Digital-Bereich mal weiter gesteckt und sind auf die Suche nach vier spannenden Themen gegangen, die in nächster Zeit für Abwechslung sorgen könnten: Herausgekommen sind Wearables, Conversational Search, Anticipatory Systems und das gute alte Gesture Control. Und natürlich wird auch diese Trend-Vorhersage von den tatsächlichen Entwicklungen mit einiger Wahrscheinlichkeit Lügen gestraft – doch auch das wäre ja schon Spannung genug …

Blick in die Sterne: Das nächste große Ding wird wohl keine Web2.0-Plattform sein. Photo: Stacy Lynn via Flickr, CC
Blick in die Sterne: Das nächste große Ding wird wohl keine Web2.0-Plattform sein. Photo: Stacy Lynn via Flickr, CC

Wearables – Wear was?

Genau, „Wearables“ heißt das jetzt, schon allein deshalb, weil das „Internet der Dinge“ irgendwie antiquiert klingt und mit Kühlschränken ohnehin keiner mehr reden will. Das Besondere an den Wearables ist, dass man sie – wie der Name schon sagt – bei sich trägt, sozusagen als modisches Accessoire wie eine Brille oder eine Uhr. Aha. Google Glass und Apple iWatch also, damit wird einiges klar.

Dabei hat das Thema „Wearables“ schon einige Dekaden auf dem Buckel, allerdings blieb der kommerzielle Erfolg in früheren Jahren aus. Das soll sich mit Google, Apple & Co. natürlich ändern und um den Trend zu beschreiben, pushed man am besten einen Begriff. Befeuert wurde die aktuelle Konjunktur des „Wearable“-Buzzwords unter Anderem durch einen Report von Forrester Research über „Smart Body, Smart World“ Ende 2012 (die Schlüssel-Aussagen gibt es hier), vor allem aber durch die Technik-Messe CES Anfang 2013, auf der die Wearables als ein Trend-Thema auserkoren wurden.

Dabei beschränken sich Wearable-Produkte keinesfalls nur auf Zukunftsprojekte von Apple und Google, sondern man kann sie sich schon heute anziehen. Dazu gehören die Pebble Smart-Watch und vor allem auch der ganze Sport, Fitness- und Quantified-Self-Bereich mit der Fuelband von Nike, Fitbit Flex und diversen anderen tragbaren Gadgets. Gleichzeitig streifen Geräte wie MYO auch noch einen anderen Bereich: Gesture Control und die nächste Generation der User-Interfaces. Die Bandbreite der Trends und Anwendungen ist auf den zweiten Blick also recht groß, auch wenn sich das Gefühl einschleicht, dass mit „Wearables“ dann doch alter Wein in neue Schläuche verpackt wird.

Google Glass
Google Glass: Bei Wearables wirken natürlich auch die Produkt-Bilder wie aus dem Mode-Katalog. Quelle: Google

Die Erwartungen, die in den Wearable-Bereich gesteckt werden, sind nicht gerade bescheiden: Bereits 2009 orakelte der ReadWrite-Gründer, dass Wearables den Smartphone-Sektor wegblasen werden, und ähnlich steile Thesen liest man auch aktuell. Ob die ganz große Revolution tatsächlich vor der Haustür steht, sei erst einmal dahingestellt.

Was mir dagegen am Begriff der Wearables gefällt, ist die Perspektiv-Wechsel weg von eher technozentrischen Trends (wie zum Beispiel die Trend-Themen Hardware, 3D-Druck, Maker und Co.) und hin zu einer stärker am Konsumenten und Nutzer orientierten Perspektive. Ob sich der Nutzer mit dem Begriff dann auch bereitwilliger Googles Brille aufsetzt, bleibt vorerst dahingestellt.

Conversational Search

Die Sprachsteuerung durch Siri & Co. hat bislang eine eher zweifelhafte Karriere hinter sich: Wirre Ergebnisse oder verstörende Szenen von Menschen, die in der U-Bahn mit ihrem Smartphone reden, wie andere mit ihrem Hund. Doch was wäre, wenn sich die Konversation mit einem Computer kaum noch von der Unterhaltung mit einem Freund unterscheiden ließe?

Man kann es noch nicht als realen Trend bezeichnen, doch genau in dieser natürlichen Unterhaltung sehen Suchmaschinen wie Google und Bing ihre Zukunft. Und diese Zukunft soll auch nicht in allzu weiter Ferne liegen, wie Googles Search-Chef Amit Singhal verrät: Schon in ein oder zwei Jahren könnte die Conversational Search eine größere Bedeutung bekommen, so seine Einschätzung.

Grundlage dieser neuen Suchart ist die erfolgreiche Referenzierung einer vorangegangenen Aussage, zum Beispiel die Referenzierung einer Person mit „Er“ oder „Sie“. Und auch wenn diese Conversational Search natürlich genauso mit normalen Sucheingaben funktioniert, bietet sich die Verbindung mit der Spracheingaben an.

Google Conversational Search
Wird laut Googles Suchchef vielleicht schon in ein bis zwei Jahren unsere Suchgewohnheiten verändern: Die Conversational Search. photo credit: Johan Larsson via photopin cc

Auch die Conversational Search hat bereits eine lange Tradition, die bis in die 90er Jahre reicht, doch offensichtlich nähert man sich bei dem Thema so langsam der Marktreife. Und im Zusammenhang mit dem Aufkommen neuer User Interfaces könnte sich dadurch die Interaktion mit technischen Geräten in Zukunft noch ein Stück weiter ändern.

Anticipatory Systems

Auch das Konzept der Anticipatory Systems reicht bis in die 90er Jahre zurück, doch erst in der aktuellen Zeit wird das Konzept langsam Realität, wie ReadWriteWeb in einem interessanten Beitrag zusammengefasst hat. Der etwas sperrige Begriff meint, dass ein System nicht auf die Eingabe des Nutzers wartet, sondern aus einer Fülle von Daten und Sensoren intelligente Vorschläge macht, die zur aktuellen Situation des Nutzers passen. Das können zum Beispiel intelligente Kalender-Manager sein, die den Tagesplan automatisch der Situation anpassen, wenn man zum Beispiel unerwartet im Verkehrsstau festhängt.

Behavio Anticipatory Systems
Die Übernahme des Teams der Vorhersage-App Behavio durch Google ist ein weiteres Indiz, dass antizipatorische Systeme in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Screenshot via NiemanLab.

Auch hier ist Google mit Google Now wieder das größte Referenz-Projekt, doch das einzige ist es nicht: Foursquare versucht in seiner neuen Version, die Vorlieben seiner Nutzer zu antizipieren und darauf aufbauend aktive Vorschläge zum Beispiel für den Mittags-Lunch zu machen. Möglicherweise ist auch die heutige Nachricht von der Übername des Teams der Vorhersage-App Behavio durch Google ein weiterer Beleg dafür, dass die Bedeutung solcher antizipatorischen Lösungen in Zukunft zunehmen wird.

User-Interfaces und Natural Interaction

Das Thema Gestensteuerung war bislang eher eine Angelegenheit von Spielkonsolen und wurde ganz ausschlaggebend von Microsofts Kinnect-System angetrieben. Allerdings dringen solche Technologien langsam auch in andere Bereiche ein und lösen möglicherweise Tastaturen und Touch-Oberflächen in nicht allzu ferner Zukunft ab oder ergänzen sie zumindest.

Ganz aktuell hat das Samsung Galaxy IV mit der Smart Pause oder der Air Gesture für Aufmerksamkeit gesorgt: So werden zum Beispiel Videos je nach Blickkontakt pausiert und das Blättern per Geste über die Kamera ermöglicht. Auch wenn solche Features häufig noch als Spielereien angesehen werden, trifft das Schlagwort einer natürlichen Interaktion die künftige Richtung ganz gut.

leapmotion
Eine der derzeit erfolgreicheren Gesture-Anwendungen ist LeapMotion, allerdings bewegt sich auch dieses Gadget noch auf Nischen-Niveau. Bild: LeapMotion.

Ein weiteres Beispiele für solche umfassenderen Interaktionen ist das Startup Cube26, auch wenn sich die Technologie noch im Beta-Stadium befindet. Unter dem Stichwort „Presence Detection“ pausiert die TV-Sendung oder der PC verfällt in Tiefschlaf, sobald der User den Raum verlässt oder sich abwendet. Seinen umfassenden Interaktions-Ansatz umschreibt Cube26 mit „Natural Gesture Detection“, die unter anderem die Präsenz, das Alter und das Geschlecht, Gesichts-Erkennung, Eye-Tracking und Hand-Gesten zur Steuerung von Programmen nutzt.

So ganz reif ist die Entwicklung mit der Gestensteuerung noch nicht, aber Erfolge wie das Gesten-Gadget Leap Motion oder die Integration von Gesture Control in weit verbreiteten Geräten zeigt doch, dass in Zukunft aus dieser Richtung noch mehr erwartet werden kann.

Fazit

Zugegeben, die Trends wurden nur kurz gestreift und ob sie das digitale Leben tatsächlich in naher Zukunft nachhaltig beeinflussen steht eher in den Sternen. Dennoch bekommt man den Eindruck, dass die wirklich spannenden Entwicklungen derzeit eher abseits der klassischen Webseite passieren. Die letzte große Social-Media-Plattform war vermutlich Pinterest, Neuerungen von Facebook provozieren kaum noch große Begeisterungsstürme, kleiner Hypes um MOOCS oder um Mobile-Apps wie Snapchat sorgen allenfalls in der Nische für etwas Disruption. Wer in solchen Nischen lebt und von solchen kleineren Entwicklungen profitiert, für den wird auch im Web noch viel Neues und Spannendes zu entdecken sein. Aber das nächste große Ding wird vermutlich doch aus anderen Richtungen kommen.