Interne Professionalisierung von Social Media: Effektive Strukturen, definierte Prozesse, richtige Kennzahlen

Social Media haben sich in den letzten Jahren zu einer festen Größe innerhalb des Kommunikationsmixes entwickelt. Dennoch zeigt ein Blick auf die interne Ausgestaltung der Social-Media-Aktivitäten in deutschen Unternehmen, dass noch viel wertvolles Potential verschenkt wird. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wo die häufigsten Optimierungspotentiale liegen, zeigt Möglichkeiten auf um sie auszuschöpfen und hilft Ihnen so dabei, Ihr Social-Media-Engagement zu professionalisieren.

Symbolfoto Social-Media-Team
(Foto: Rawpixel, depositphotos)

Hinweis: Dieser Artikel enthält Teile aus meinem Buch „Der Social Media Manager“. Mehr dazu am Ende des Beitrags.

Einführung

Social-Media-Strategien, die nicht vollständig im Unternehmen und deren bestehenden Prozessen integriert sind, können nie das gesamte Potential ausschöpfen, das sich durch die sozialen Medien eröffnet. Obwohl diese Erkenntnis schon 2011 das deutliche Ergebnis einer Altimeter-Studie über die Grundlagen erfolgreicher Social-Media-Engagements war, gibt es bis heute Unternehmen, die Social Media „nebenbei“ betreiben, oder ihre Strategie nicht über Facebook hinaus implementieren.

Dabei ist die Umsetzung einer Social-Media-Strategie mehr als nur die Umsetzung an sich. Social Media stößt idealerweise die Digitalisierung in Ihrem Unternehmen an, oder schafft zumindest eine nahtlose Verdingung zwischen der „neuen“ und der „alten“ Welt.

A N Z E I G E

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Um Ihr Social-Media-Engagement erfolgreich auf diese nächste Stufe der Professionalisierung heben können, müssen Sie insbesondere diese Faktoren im Blick haben:

  • Aussagekräftige Erfolgskennzahlen (KPIs)
  • Social Media Governance: Rahmenbedingungen festlegen
  • Etablierung von festen Schnittstellen und Prozessen
  • Führung durch ein dezidiertes und zentrales Team
  • Fortlaufendes Schulungsprogramm und Austausch von Best Practices

Die einzelnen Erfolgsfaktoren werde ich in den folgenden Abschnitten kurz erläutern und dabei Tipps zur Umsetzung, sowie Hinweise für weiterführende Informationen an die Hand geben.

1. Evaluation von aussagekräftigen KPIs

Viele Social-Media-Teams kämpfen nach wie vor um vernünftige Budgets und eine ausreichende Besetzung im Team. Einer der häufigsten Gründe dafür liegt erfahrungsgemäß in den falschen KPIs (Key Performance Indicators oder zu deutsch Erfolgskennzahlen) für die eigenen Leistungen. Wer mit Fans und Likes argumentiert hat es schwer, die eigene Relevanz für den Geschäftserfolg darzustellen. Deswegen ist es essentiell wichtig Kennzahlen zu evaluieren, die eben diesen Beitrag zu den Unternehmenszielen darstellen können und idealerweise auch einen monetären Äquivalenzwert haben.

Eine ausführliche Behandlung dieses Themenkomplexes würde hier den Rahmen sprengen, deswegen möchte ich Ihnen an dieser Stelle weiterführende Quellen ans Herz legen:

Abbildung 1: Ziele der Social-Media-Strategie ausgehend von Unternehmenszielen (Quelle: BVDW e.V.)

Relevante KPI abzuleiten ist nicht immer einfach, aber verhilft Ihnen zu mehr interner Anerkennung und Autorität, deswegen lohnt sich die Investition.

2. Social Media Governance

Der Begriff Governance bezeichnet im Allgemeinen das Steuerungs- und Regelungssystem einer Organisation. Demnach beschreibt der Begriff Social Media Governance die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Social Media. Darunter fällt neben einer übergreifenden Strategie insbesondere die Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Einsatz von Social Media. Das bedeutet, dass Social Media Guidelines existieren müssen, die den Mitarbeitern helfen, sich sicher im Social Web zu bewegen und das Unternehmen vor rechtlich bedenklichem Verhalten schützt. Falk Hedemann erklärt Ihnen in seinem UPLOAD-Beitrag, warum Social Media Guidelines wichtig sind und wie sie aufgebaut sein sollten. Darin finden Sie auch Tipps von mir, wie sie solche Guidelines erfolgreich einführen.

Aus rechtlicher Sicht ist es mit Social Media Guidelines übrigens noch lange nicht getan. Die Rechtsanwältin Nina Dierks hat in ihrem UPLOAD-Beitrag sehr gut und verständlich erläutert, warum das so ist und welche Guidelines Sie zusätzlich im Unternehmen brauchen.

3. Etablierung von festen Schnittstellen und Prozessen

Bereits im Alltag braucht es einen definierten Workflow im Team, damit jeder Kunde abgeholt wird und nicht mehrere Personen gleichzeitig ein und denselben Kunden ansprechen. Dass so ein Workflow nicht auf das Social-Media-Team beschränkt ist, zeigt sich spätestens dann, wenn die erste kompliziertere Kundenanfrage eingeht oder sogar ein „Shitstorm“ über das Unternehmen hereinbricht. Hier zeigt sich die Bedeutung von unternehmensweiten, gut durchgeplanten Prozessen und Schnittstellen, damit Ihr Unternehmen in der Lage ist, adäquat, zeitnah und konsistent zu reagieren.

Abbildung 2: Für effiziente Zusammenarbeit müssen Schnittstellen(prozesse) zwischen bestehenden Unternehmensprozessen und Social-Media-Prozessen geschaffen werden. (Quelle: Der Social Media Manager, 2. Auflage)

Wo Schnittstellen und Prozesse geschaffen werden müssen

Eine Aufgabe, die nicht ganz trivial ist, ist die Analyse bestehender Prozesse, die für Social Media relevant sind. Hier gibt es kein allgemeingültiges Rezept, da die betroffenen Prozesse auch immer von der Social-Media-Strategie abhängig sind. Aspekte, die Sie sich aber in jedem Fall anschauen sollten, sind die folgenden:

  • PR: Die Themen Krisenkommunikation, Freigaben, sowie ein Teil der generellen Kommunikation des Unternehmens nach außen liegen in der Verantwortung der PR. Durch ein Social-Media-Engagement weicht die Kommunikationshoheit dieser Abteilung auf. Entsprechend müssen hier Schnittstellen und übergreifende Prozesse für eine enge Zusammenarbeit geschaffen werden.
  • Marketing: Ein weiterer Teil der Kommunikation zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit wird durch das Marketing geleistet. Auch hier ist ein enger Austausch nötig, um stetig über geplante Aktionen informiert zu sein und mögliche Synergien zu nutzen, wie zum Beispiel die im Bereich Content.
  • Kundenservice: Sie können sich nicht aussuchen, ob Ihre Kunden auf Ihrer Facebook-Seite Serviceanfragen stellen oder nicht. Wenn sie dies tun, sollten Sie vorbereitet sein und diese nicht an ein Kontaktformular verweisen. Schaffen Sie mindestens enge Schnittstellen zum Kundenservice, denn guter Service in den sozialen Medien kann maßgeblich zu einer Imagesteigerung im Social Web beitragen.
  • Sales (Verkauf): Kunden, die durch das Social-Media-Engagement so begeistert sind, dass Sie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung direkt kaufen möchten, sollten an einen konkreten Ansprechpartner verwiesen werden können. Auch hier gilt es, einen Prozess zu schaffen, der das gewährleistet.
  • Forschung und Entwicklung: Das Social-Media-Team lernt jeden Tag aufs Neue, was den Kunden des Unternehmens gefällt, sammelt Ideen für neue Produkte oder Dienstleistungen und weiß ganz genau, wo die größten Kritikpunkte liegen. Dieses geballte Wissen sollte hier nicht stecken bleiben, sondern geordnet in die entsprechenden Abteilungen weitergegeben werden.
  • Personalabteilung (Human Resources): Ob im Rahmen der Einstellung neuer Mitarbeiter oder der Zusammenarbeit im Bereich Employer Branding, auch in der Personalabteilung sollten Sie wissen, wer Ihr Ansprechpartner ist.
  • Rechtsabteilung und Datenschutz: Rechtsabteilung und Datenschutz sind zwei wichtige Partner für das Social-Media-Team. Die gemeinsamen Themen reichen hier von einer Prüfung der Social Media Guidelines über die Beurteilung von möglichen neuen Plattformen bis hin zur Beratung im Social-Media-Alltag.
  • Betriebsrat: Nicht jedes Unternehmen hat einen, aber wenn dieser existiert, sollten Sie auf keinen Fall den Fehler machen, diesen zu übersehen.
  • Fachabteilungen: Unter diesem Überbegriff fasse ich alle unternehmensspezifischen Abteilungen zusammen, die für Ihr Unternehmen relevant sein könnten. Dies kann beispielsweise die Logistik bei einem Versandhändler sein, das Labor in einem Chemiepark oder die Produktion bei einem Lebensmittelhersteller. Um einen guten Informationsfluss zu sichern, müssen auch hier Schnittstellen geschaffen werden, die sich bei Bedarf aktivieren lassen.

Diese Liste von Schnittstellen und Prozessen erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Jedes Unternehmen ist anders, die Tätigkeit, Ausrichtung und sogar die Größe machen mitunter Prozesse in einem Unternehmen notwendig, die für ein anderes unwichtig bis irrelevant sind. Um eine sorgfältige Analyse kommen Sie entsprechend nicht herum.

4. Führung durch ein dezidiertes und zentrales Team

Eine fehlende übergeordnete Social-Media-Strategie in Kombination mit mehreren Abteilungen, die sich auf eigene Faust in den sozialen Medien engagieren, führt meistens zu einem höheren Verbrauch von Ressourcen und einer uneinheitlichen Repräsentation des Unternehmens nach außen. Diese Probleme lassen sich umgehen, wenn Sie in Ihrem Unternehmen ein sogenanntes Center of Excellence etablieren. Kern dieser Formation ist ein dezidiertes Social-Media-Team, das die bereichsübergreifende Verantwortung für sämtliche Social-Media-Aktivitäten Ihres Unternehmens trägt. Im Einzelnen sind dies die folgenden Aufgabenkomplexe:

  • Entwicklung der unternehmensweiten Social-Media-Strategie
  • Koordination des gesamten Engagements in den sozialen Medien
  • Ausführung des Monitorings inklusive Ausarbeitung einheitlicher Messwerte-Reportings
  • Etablierung und Verbesserung der Social Media Governance
  • Entwicklung und Durchführung von Trainings und Schulungsprogrammen
  • Forschung im Bereich der Kunden und des Wettbewerbs
  • Test und Auswahl für mögliche Tools, Partner und Agenturen
  • zentraler Ansprechpartner für alle Themen und Probleme rund um Social Media

Skalierung von Social-Media-Teams

Auch wenn einige Unternehmen dies gerne so hätten, mit einem einzelnen Social Media Manager ist die Arbeit in den meisten Fällen nicht getan. Ein gutes, ganzheitliches Social-Media-Engagement erfordert ein Team von speziell ausgebildeten Menschen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Nicht alle Aufgabeninhaber müssen zwangsläufig in der Social-Media-Abteilung sitzen, aber es muss klar sein, wer die Verantwortung für die jeweiligen Bereiche trägt. Ebenso können durchaus mehrere Positionen durch eine Person besetzt sein, oder umgekehrt mehrere Personen die gleiche Rolle verkörpern.

Wer gehört in das Social-Media-Team?

Laut der Umfrage des Berufsverbandes für Social Media und Community Manager (BVCM e.V.) agieren noch immer mehr als ein Drittel der Social-Media-Verantwortlichen ohne eigenständiges Team (siehe Abbildung 3). Darüber hinaus besteht nach wie vor ein Großteil dieser „Teams“ aus ein bis zwei Personen (siehe Abbildung 4).

Abbildung 3: Anteil der eigenständigen Social-Media-Teams (Quelle: BVCM e.V.)
Abbildung 4: Größe von Social-Media-Teams (Quelle: BVCM e.V.)

Entsprechend sollten Sie bei der folgenden Aufzählung im Hinterkopf behalten, dass es sich hier um eine idealtypische Skizze handelt. Lediglich besonders große Unternehmen können sich leisten, ein derart großes Team zu beschäftigen. Mit den richtigen Fähigkeiten, Kenntnissen, einer guten Portion Leidenschaft und der Zuarbeit aus anderen Abteilungen kann bereits ein Kernteam von zwei Personen ein sehr gutes Social Media Management abbilden. Bevor ein Engagement an die Öffentlichkeit geht, funktioniert sogar eine One-Man- bzw. One-Woman-Show, auf Dauer zeigt die Erfahrung aber, dass diese Einzelkämpferposition zu viel Stress und Frust führt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Ausrichtung und das Ziel Ihres Social-Media-Engagements. Diese bestimmen maßgeblich über die notwendigen Schwerpunkte der Teammitglieder. Grob lassen sich die Rollen im Social-Media-Team wie folgt aufteilen:

  • Social Media Manager: Der Social Media Manager ist für die übergreifende Strategie und die Koordination des Social-Media-Engagements zuständig.
  • Community Manager: Der oder die Community Manager führen den direkten Dialog mit den Kunden. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Aktivierung und der Weiterentwicklung der Community.
  • Social Media Agents (Social Media Customer Support): Kundendialoge mit Serviceinhalten sind die Spezialität der Social Media Agents. Diese Position besteht idealerweise aus Spezialisten für den Kundenservice, die speziell für die Interaktion im Social Web ausgebildet wurden.
  • Social-Media-Analyst(en): Die Meister hinter den Zahlen und des Monitorings. Der Social-Media-Analyst wertet die Daten zu der Beobachtung des Unternehmens und des Wettbewerbs aus, erstellt Reportings und gibt umgehend Bescheid, wenn Besonderheiten auftreten.
  • Social-Media-Redakteur(e): Die Profis für Texte und Inhalte sorgen immer für den passgenauen Nachschub auf allen Plattformen.

Nicht zu vergessen ist außerdem: Das Team im Social-Media-Management muss menschlich gut zusammenpassen. Der Zusammenhalt ist eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Leistung. Achten Sie also bei der Auswahl der einzelnen Mitarbeiter gut darauf, ob die Charaktere zusammenpassen, und holen Sie bereits bestehende Teammitglieder mit in die Auswahlgespräche.

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5. Fortlaufendes Schulungsprogramm und Austausch von Best Practices

Social Media hat nach wie vor eine hohe Dynamik, deswegen ist es wichtig, dass die Mitarbeiter in diesem Bereich ihre Fähigkeiten und ihr Wissen stetig ausbauen. Das Lernen in diesem Bereich hört niemals auf: neue Netzwerke kommen hinzu, bestehende Netzwerke ändern Funktionen und Spielregeln, oder ein neuer Bereich möchte ebenfalls in die sozialen Medien eintreten. Unternehmen, die erfolgreich in Social Media agieren, sorgen entsprechend dafür, dass ihr Social-Media-Team in ein fortlaufendes Schulungsprogramm eingebunden ist. Dies beginnt bei einem organisierten Austausch untereinander, reicht über den Besuch von Konferenzen und Barcamps bis hin zu der Förderung einer Lernkultur.

Wer seinen Mitarbeitern während der Arbeitszeit Raum zum Lernen gibt, wird mit mehr Energie, sowie neuen Ideen für die Optimierung und Ausweitung des Social-Media-Engagements belohnt. Darüber hinaus sind Mitarbeiter, die in Ihrer Weiterentwicklung durch den Arbeitgeber gefördert werden, glücklicher und loyaler. Ein wichtiger Faktor, denn erfahrene Social-Media- und Community-Manager sind am Markt gefragt.

Fazit

Eines steht fest: Der Aufbau von derartigen idealtypischen Strukturen innerhalb Ihres Unternehmens wird Sie eine Menge Zeit, Nerven und Ressourcen kosten. Dennoch sollten Sie in die fünf hier genannten Erfolgsfaktoren investieren, denn ein perfekt koordiniertes Social-Media-Engagement mit klar definierten Prozessen, Verantwortlichkeiten und gut ausgebildeten Mitarbeitern, die von einem starken Team geführt und geleitet werden, zahlt sich langfristig doppelt und dreifach aus. Die obigen Ausführungen helfen Ihnen dabei, eine Roadmap dafür zu entwickeln, wie Sie Ihr Unternehmen auf den richtigen Weg bringen.

Tipps zum Weiterlesen

Buchtipp

Dieser Artikel enthält Ausschnitte aus dem Buch „Der Social Media Manager“, erschienen im Rheinwerk-Verlag. Sie finden es als gedrucktes Buch oder E-Book direkt bei Rheinwerk. Oder zum Beispiel bei Amazon.*

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Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 52

In fünf Beiträgen zeigen wir Ihnen in dieser Ausgabe auf, wie Sie Ihre Social-Media-Aktivitäten rundum verbessern. Dabei geht es um die interne Professionalisierung, die richtige Social-Media-Strategie, drei Einsatzfelder fürs Monitoring, Ratschläge für sinnvolle Guidelines sowie die geschickte Automatisierung.

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