Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Trendbegriffe „Change“ und „Storytelling“ nicht in den Medien auftauchen. Aber bedeutet das, dass sie auch immer verstanden werden? Und was haben die beiden Themen miteinander zu tun? Pia Kleine Wieskamp bringt mit ihrem Beitrag mehr Klarheit in das Begriffschaos und zeigt Argumente für den Einsatz von Storytelling im Change-Prozess auf.
Inhaltsverzeichnis
Ausgangspunkt: Digitale Transformation
Eines ist klar: Wir stecken mittendrin in einem Wandlungsprozess. Der Wandel in Richtung Digitalisierung und Künstliche Intelligenz ist zwingend notwendig, wenn wir in Europa wirtschaftlich überleben möchten. Oder wie Ossi Urchs es so richtig formulierte: „Digitalisierung und Vernetzung sind kein Schnupfen. Sie gehen nicht wieder weg!“
Auch das UPLOAD Magazin hat sich mit diesen Themen bereits in mehreren Schwerpunkten auseinandergesetzt. Siehe dazu die Ausgaben „Künstliche Intelligenz“, „Digitale Transformation“ und „Internet der Dinge“.
Die zweite Tatsache ist, dass der Wandel nicht – wie oft fälschlicherweise behauptet oder angenommen – nur den Wandel der Technik und der damit verbundenen Arbeitsprozesse betrifft. Nein, der Wandel ist zunächst ein Wandel des Denkens und Verhaltens.
Digitale Transformation benötigt einen Wandel der Kultur und der Gesellschaft. Zunächst wird ein Wandel zu mehr Offenheit, Dialog, Vielfalt und Raum für Innovationskultur benötigt.
Fehlender Wandel der Unternehmenskultur führt zum Scheitern
Jeder Wandel bedeutet deshalb auch einen Wandel der Unternehmenskultur. Meist stehen Fragen wie die Folgenden im Raum, die es zu beantworten gilt: Warum müssen wir uns wandeln? Worin lieg der tiefere Sinn der Veränderung? Worin verwandeln wir uns? Sind wir dann noch das bekannte wir, oder jemand anderes (Vision)? Welches Bild von der Zukunft sehen wir, wenn wir uns gewandelt haben? Wie sieht beispielweise unsere interne Zusammenarbeit aus? Wie und ab wann kommuniziere ich als Mitarbeiter den Wandel nach außen?
Die größte Herausforderung bei innovativen Change-Prozessen besteht darin, dass nicht mit Sicherheit überschaut werden kann, wohin die Reise geht. Nehmen wir beispielweise den Bereich der Künstlichen Intelligenz, die noch in den Kinderschuhen steckt. Mit Storytelling kann der Weg erläutert sowie die Milestones allen Stakeholdern eines Unternehmens erklärt werden, erwünschte Ziele herausgearbeitet und Zielanpassungen definiert werden. Dazu weiter unten mehr.
Ängste sorgen für Widerstände
Ich weiß sowohl aus eigener Erfahrung – als Beraterin einiger sich wandelnder Unternehmen – sowie auch aus vielen Erzählungen von Freunden, dass ein Wandel nicht einfach zu meistern ist.
Oft kommt es den den Beteiligten vor, als ob er eine Katastrophe sei. So erzählte mir ein Freund von einer Mitarbeiterversammlung, in der über diese Veränderungen in einem Atemzug mit Entlassungen und „Gesund schrumpfen“ gesprochen wurde. Zugleich war eine Beratungsfirma seit Monaten aktiv und sorgte mit ihren Fragen für negativen Flurfunk und Angst – Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren und schlicht Angst vor Veränderungen, die Unsicherheit bedeuten.
Häufig wird die Digitalisierung deshalb nicht akzeptiert oder gar mitgestaltet, sondern höchstens als notwendiges Übel toleriert, oft aber auch boykottiert.
Ängste sind das zentrale Thema bei Veränderungen: Einerseits sind sie Auslöser und Anlass manchen Wandels (wenn das Unternehmen sich nicht ändert, ist es nicht mehr wettbewerbsfähig) und andererseits sind Angst und daraus resultierende Verweigerungshaltungen und Widerstände der Mitarbeiter eine Gefahr für Change-Prozesse – siehe den Change-Barometer mit Einflussfaktoren auf Veränderungsprozesse von Mutaree (PDF).
Widerstände müssen erst gar nicht so stark aufgebaut werden. Ursache ist häufig die mangelnde oder zu späte Kommunikation und Einbeziehung der Stakeholder in den Veränderungsprozess. Laut Umfrage von Mutaree, bemängeln 61% Transparenz im Change. Das spreche für eine bislang nicht ausreichend gestaltete Change-Kommunikation über alle Phasen der Veränderung. Die Wertschätzung komme ebenfalls zu kurz, insbesondere für die bislang geleistete Arbeit.
Der Wandel beginnt bei den Menschen
Sinn und Zweck vieler Change-Storytellingansätze ist es deshalb, den beteiligten Menschen nicht nur Informationen über den Prozess verständlich näher zu bringen, sondern sie zugleich emotional zu erreichen, die Ängste zu nehmen und so Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Je positiver Stakeholder in den Prozess integriert werden, desto effektiver (und ohne große Widerstände) geht dieser von statten.
Bei der Capgemini-Studie „Culture First!“ (PDF-Download) stellte sich dazu passend unter anderem heraus: 62% der befragten Unternehmen (1.139 internationale Teilnehmer) sehen die eigene Unternehmenskultur als größte Hürde auf dem Weg zur erfolgreichen digitalen Transformation.
Wichtig zu verstehen ist: In erster Linie beginnt Veränderung, also ein Wandel, bei den Menschen. Die Kultur muss sich ändern, ebenso Vereinbarungen über bisherige Hierarchien, Verantwortlichkeiten, Arbeitszeiten und vieles mehr, wenn ein Wandel vollzogen und emotional getragen werden soll.
Menschen muss die Angst vor dem Unbekannten genommen werden, damit sie dann als Gesellschaft, in Organisationen wie Schulen und Staat sowie in Unternehmen solchen Veränderungen offen und positiv gegenüberstehen und sie aktiv mitgestalten.
Oft wird der Mensch aber vergessen oder geht im Change-Prozess verloren. Es werden stattdessen jüngere Mitarbeiter eingestellt oder „Design Labs“ in Firmen gegründet und somit letztlich eine neue Gesellschaft zur bestehenden geworfen. Das sorgt für Unsicherheit und einer unvollständigen Umgestaltung der Unternehmenskultur.
Das Ziel muss hingegen sein, zunächst die Stakeholder das Bedürfnis für den Wandel entwickeln und fühlen zu lassen.
Lesetipp: Siehe dazu auch den UPLOAD-Beitrag von Ingo Sauer: „Wie erfolgreiches Changemanagement die Menschen in den Mittelpunkt stellt“.
Sabine Bendiek, Managing Director Germany at Microsoft, bringt es in ihrem Artikel folgendermaßen auf dem Punkt:
„Eigentlich sind sich ja alle einig: Wir brauchen mehr digitale Bildung, eine bessere digitale Infrastruktur, Fortschritte in Sachen digitaler Staat, Investitionen in den Aufbau einer Industrie 4.0 etc.pp. Der Konsens ist an dieser Stelle fast schon überwältigend. Nur: es mangelt schlicht an Begeisterung.“
Denn Digitalisierung ist eine Chance; sie bietet Unternehmen die Chance zur Umgestaltung vorhandener Arbeitswelten, beispielweise eine Flexibilisierung von Arbeitszeiten, Möglichkeiten digitaler Home-Arbeitsplätze und vieles mehr. Storytelling ist eine Möglichkeit, den Wandel positiv mit anzutreiben.
Lesetipps: Falk Hedemann hat sich hier beim UPLOAD Magazin bereits mit dem Begriff des „New Work“ beschäftigt. Dort geht es um einen Kulturwandel auf mehreren Ebenen. Und Jan Tißler ist in einem weiteren Artikel auf „Arbeiten 4.0“ eingegangen. Dieser Begriff soll unsere neue Arbeitswelt in Zeiten „cyber-physischer Systeme“ beschreiben, also eben jenen Wandel, der durch Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und auch der Industrie 4.0 ausgelöst wird.
1. Was ist Storytelling?
Seit mehr als 40.000 Jahren erzählen wir Menschen Geschichten. Und in jeder Geschichte gibt es zwischen dem Anfang und dem Ende einen Wandel. Auf den ersten Blick erscheint das Erzählen von Geschichten deshalb sehr einfach und beinahe in der DNA der Menschen mitgegeben.
Seit Storytelling vor ca. 25 Jahren „wiederendeckt“ wurde, wird der Begriff geradezu inflationär für viele Bereiche genutzt – von Marketingkampagnen über Sketchnotes bis hin zu PowerPoint-Präsentationen. Entsprechend der verschiedenen Einsatzgebiete, gibt es auch die unterschiedlichsten Definitionen von Storytelling.
Zunächst einmal setzt sich der Begriff Storytelling aus den englischen Wörtern für Geschichte (story) und Erzählen (telling) zusammen. Durch die Verknüpfung von Informationen und Emotionen wird beim Storytelling langfristig Aufmerksamkeit erzielt und Informationen im Langzeitgedächtnis des Publikums gespeichert. Denn Storytelling ist der bewusste und zielgerichtete Einsatz von Geschichten – egal, ob Sie Storytelling im Online-Marketing, in der internen oder externen Kommunikation, im Marketing, im Vortrag oder Training oder im Change-Prozess einsetzen.
Storytelling ist eine interaktive Form der Kommunikation, in der es zu einem Dialog und Austausch zwischen Publikum und Erzählern kommen kann.
Doch warum sollten Sie Storytelling gerade im Change-Prozess und Change-Management einsetzen? Bisher setzen Unternehmen Geschichten hauptsächlich strategisch ein,
- um Unternehmenswerte zu vermitteln;
- ihre Vision, wohin die Reise des Unternehmens geht, vorstellbar zu machen;
- Konflikte bildhaft erfahrbar zu machen;
- oder auch Lösungswege aufzuzeigen.
Dabei ist Storytelling viel mehr: Es ist eine interaktive Form der Kommunikation, in der es zu einem Dialog und Austausch zwischen Publikum und Erzählern kommen kann. Zusätzlich kann Storytelling nicht nur Inhalte vermitteln, sondern innovative neue (Konflikt-)Lösungen erarbeiten.
Storytelling als Haltung
Mittels Storytelling werden Fakten und Informationen nicht nur einfach und konkret vermittelt, sondern sie sprechen uns Menschen zusätzlich emotional an. Aus der Hirnforschung wissen wir, dass emotional aufgeladene Informationen, die uns als Adressat berühren, weitaus nachhaltiger wirken als reine Fakten und so ihren Weg ins Langzeitgedächtnis finden.
Darin liegt großes Potential für Unternehmen. Doch ist das alles, was Storytelling ausmacht? Nein, denn Storytelling ist viel mehr als eine Methode oder ein Werkzeug: Storytelling bedeutet, eine Haltung einzunehmen, die fest in der Kultur und der Strategie eines Unternehmens verankert sein muss.
Storytelling bedeutet, eine Haltung einzunehmen, die fest in der Kultur und der Strategie eines Unternehmens verankert sein muss.
Genauer betrachtet ist das Erzählen von Erfahrungen, Erlebnissen, Überlieferungen, Ideen und Visionen die Grundlage aller menschlicher Kommunikation, in der Wissen, Geschichte und Regeln gesellschaftlichen Zusammenhalts – wie Religion, Moral, Rechtsprechung – vermittelt, erlebbar gemacht und somit weitergereicht werden.
Geschichten zu erzählen bedeutet, die Bedürfnisse derjenigen, an die sie sich wendet (Publikum) in den Vordergrund zu stellen. Wer Geschichten von sich als Person oder seiner Firma erzählt, erlaubt einen Blick hinter die Kulissen. Das schafft Nähe – sowohl bei den Mitarbeitern und Partnern als auch bei den Kunden.
Somit ist Storytelling eine strategische Kommunikationsentscheidung und Teil der Unternehmenskultur: Faktoren wie Authentizität, Transparenz, Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind gefragt.
Denn Unternehmensgeschichten erzählen von Werten, Haltungen und Visionen. Sie vermitteln, wohin die Reise des Unternehmens geht und warum das Unternehmen samt aller Mitarbeiter, Partner und Teilhaber das macht, was es macht.
Was macht gute Geschichten aus?
Wirkungsvolle Geschichten können Überzeugungen und Einstellungen bei der Zielgruppe verändern oder sie zu einer bestimmten Handlung bewegen. Sie verleihen Sachverhalten einen Sinn und bringen Fakten in einen Zusammenhang, wecken die menschliche Neugierde, sind unterhaltsam und steigern die Aufmerksamkeit.
Geschichten helfen dem Unternehmen, sich glaubhaft und einzigartig zu positionieren.
Erfolgreiche Geschichten haben folgende Basiselemente:
- Jede Geschichte hat eine eindeutige Botschaft (Ziel).
- Jede erfolgreiche Story orientiert sich an den Bedürfnissen des Publikums (Zielgruppe = beim Change Stakeholder) und nicht an den Vorstellungen des Erzählers.
- Die Geschichte braucht einen Konflikt (eine Herausforderung).
- Eine gute Story ist so einfach, dass sie, einmal vom Publikum aufgenommen, als eigene adaptiert und weitererzählt werden kann.
- Eine gute Story hat einen klaren Helden (Identifikationsfigur: das Publikum, die Marke, das Produkt).
2. Was bedeutet Change?
Wer an Wandel in Unternehmen und Organisationen denkt, hat zunächst den Einsatz innovativer Technologien oder neuer Arbeits- und Vertriebsprozesse vor Augen. Das ist aber nur die Oberfläche des Change-Prozesses, denn auch die beste Technologie oder Idee ist sinnlos, wenn Mitarbeiter sich weigern, sie einzusetzen.
Aufgabe eines jeden Change-Projektes ist es, einen Wandel der Denkweise – und somit einen Wandel der Unternehmenskultur – zu bewirken und zu etablieren. Jeder Wandel bedeutet zunächst einmal eine Veränderung des gewohnten Alltags. Das verursacht bei vielen Menschen zunächst Angst, denn der gewohnte Alltag ist bekannt und das neue unbekannt.
Mitarbeiter, Partner und Kunden mögen im Grunde keinen unbekannten, offenen Veränderungen. Sie möchten sich lieber in Sicherheit wiegen und stellen sich Unrealistisches vor, beispielweise dass die Umorganisationsphase nur einen kurzen Zeitraum einnimmt und dann wieder alles beim Alten ist. Viele Mitarbeiter möchten wissen, ob sie ihren Arbeitsplatz behalten oder mit der Neuorganisation Arbeitsplätze wegfallen werden. Oder inwiefern zum gewohnten Arbeitspensum zusätzliche Schulungen und Einarbeitungszeiten kommen.
Gemeinsame Nenner von Storytelling und Change-Prozess
Es ist sinnvoll Storytelling im Change-Prozess zu verwenden, da in beiden Fällen sowohl Mut als auch Kreativität benötigt wird. Beides kann den Stakeholdern eines Unternehmens zugleich Orientierung und eine Sinnhaftigkeit geben:
- Einerseits dient der bewusste Einsatz von Storytelling dazu, neben Wissen auch Werte und Moral weiterzugeben, Lebenserfahrung zu vermitteln und zu bewahren, Problemlösungen aufzuzeigen, Denkprozesse einzuleiten, Rollenerwartungen zu definieren, zum Handeln zu motivieren, Zukunftsszenarien zu verdeutlichen und selbstverständlich auch zu unterhalten.
- Ein weiteres Plus für Storytelling im Change-Prozess ist, dass beim Erzählen von Geschichten, der Identifikation mit Situationen und Protagonisten, bewusst Emotionen ausgelöst werden können.
- Zusätzlich spricht man beim Storytelling von Immersion, also dem aktiven Einbeziehen und Eintauchen in das Geschehen.
Gemeinsame Nenner bei Change-Prozess, Innovationen und Storytelling sind einerseits die Menschen und andererseits die Notwendigkeit neuer Ideen.
Zur Entwicklung neuer Ideen helfen Modelle, wie die Heldenreise oder Design Thinking oder eine Kooperation beider Modelle.
Lesetipp: In einem weiteren UPLOAD-Artikel stellt Stephanie Kowalski zahlreiche Storytellingformate vor. Sie macht das zwar aus dem Blickwinkel des Marketings. Die grundsätzlichen Aussagen dort treffen aber ebenso auf das Storytelling in einem Change-Prozess zu.
Heldenreise als roter Faden in Change-Prozessen
Gute und erfolgreiche Geschichten besitzen eine archetypische Grundstruktur, welche auch als Monomythos bezeichnet wird. Der Mythenforscher Joseph Campbell („The Hero with a Thousand Faces“) gilt als Entdecker der Heldenreise: Er erforschte weltweit Märchen, Sagen und Legenden von Naturvölkern und entdeckte folgende Gemeinsamkeiten:
- Alle Völker lernen durch Geschichten (Wissenstransfer)
- Alle Geschichten weisen einen ähnlichen Situationsablauf (Grundmuster) auf
- In alles Storys tauchen ähnliche Charaktere (Archetypen) auf.
- Alle Geschichten durchlaufen von der Ausgangssituation bis zum Ende einen Wandel. (Change)
Diese Erkenntnis fasste er in der Heldenreise zusammen, die gleichzeitig als Grundstruktur für Geschichten und als Konzept für Veränderungen dient: Der Held durchläuft einen Change-Prozess, indem er in der gewohnten Welt startet, Herausforderungen meistert, sich seinen Ängsten stellt und kommt, aufgrund seiner gesammelten Erfahrungen, immer verändert an.
Das Grundprinzip der Heldenreise ist schnell erzählt: Der Protagonist bricht oft aus der gewohnten Welt auf, um sich – angeleitet von einem Mentor – seinen Ängsten und Gefahren zu stellen. Nach kleineren Prüfungen und Überwindung der Schwierigkeiten ist er dann gerüstet, um in den entscheidenden Kampf zu ziehen und zu siegen. Oft kämpft der Held für höhere Werte, um die Welt vor dem Bösen zu retten (Harry Potters Kampf gegen Lord Voldemort), für eine Vision (Ziel) eines besseren Lebens. Um das Ziel zu erreichen, entwickeln Helden häufig übermenschliche Kräfte; sie überschreiten Grenzen und überwinden Hindernisse und wachsen über sich hinaus. Dabei wandelt sich der Protagonist – in Ihrem Fall ein „normaler“ Mitarbeiter – in einen Helden: Er erntet Ruhm und Erfahrung und erhält eine Belohnung. Schlussendlich kehrt der Held immer, von dem Erlebten verändert, zurück in eine (von ihm) veränderte Welt.
Das Erzählmodell der Heldenreise hat sich bewährt, um Stärken zu fördern, Widerstände aufzulösen, Neuerungen zu meistern und Visionen zu leben. Deshalb lässt es sich auch so gut auf Unternehmen anwenden: Die Reise beziehungsweise der Weg von der bisherigen Welt zu einer geänderten Welt wird beim Storytelling häufig als Suche (Quest) bezeichnet. Bei der Suche steht nicht nur das Ziel im Fokus, sondern gleichberechtigt der aufreibende und risikoreiche Weg, der sich während des Wandels verändert. Der Held ist bei diesen Veränderungen der Mensch als Teil einer Organisation, sei es der Mitarbeiter, der Partner und später auch der Kunde. Dabei ist der Held ein Sinnbild für diejenigen Menschen und Organisationen, die bereits den Weg der Prüfungen und Wandlungen gegangen sind.
Ganz wichtig: Beim Storytelling steht der Mensch im Fokus. Es gilt, die Bedürfnisse des Publikums, also der Adressaten, an welche sich die Geschichte wendet, zu kennen und das Auditorium so in die Geschichte mit einzubeziehen, dass es sich identifiziert und mitfühlt. Häufig können Unternehmen mittels „Storyliving“ eine Haltung vorleben und Menschen dazu animieren, über das Vorgelebte nachzudenken, es für sich aufzunehmen. Mittels „Storydoing“ schaffen Story-Architekten eine Umgebung und Struktur, um die Zielgruppe zu motivieren, als aktive Storyteller die Geschichte mit zu entwickeln und zu erzählen.
Binden Sie Mitarbeiter rechtzeitig ein, und gehen Sie in den Dialog. Erklären Sie Ziele und Visionen möglichst lückenlos auf Basis der Change-Story. Vermitteln sie Zusammenhänge, den Sinn der Maßnahmen und geben Sie Orientierung.
Veränderung braucht Zeit – Akzeptanz braucht schnelle Erfolge und Erfolge machen Spaß.
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3. Mit Kreativität und Konzept zur Storytelling-Idee
Wirklich guten Ideen sind das Ergebnis von arbeitsintensiven und gezielt gesteuerten Prozessen, wie beispielweise dem Design Thinking oder der Entwicklung einer Story. Design Thinking ist eine in Standford entwickelte Arbeitsmethodik, die mithilfe verschiedenster Werkzeuge Ideenfindung und Innovationen in einer Gruppe bestmöglich fördern soll.
Lesetipp: In einem UPLOAD-Artikel von Jens Jacobsen bekommen Sie eine praktische Einführung in die Design-Thinking-Methode.
Was hat Design Thinking mit Storytelling zu tun? Die Antwort ist einfach: Beide orientieren sich an den Bedürfnissen und eignen sich, um Fragen zu stellen, Denkprozesse anzukurbeln sowie innovative Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln.
Der Design-Thinking-Prozess hilft Ideen zu entwickeln, die die Befriedigung menschlicher Erwartungen und Bedürfnisse in den Vordergrund stellen und bis zum ersten Testprototypen (Storyboard) weiterzudenken.
Ein möglichst heterogenes und abteilungsübergreifendes Team durchläuft dabei einen klar strukturierten Prozess aus sechs Schritten:
1. Verstehen: Recherchieren ist das A und O jeder Story: Die Recherche-Phase umfasst jedoch nicht nur das „Verstehen“, sondern auch das „Beobachten“. Beim Design Thinking geht es darum, Probleme aus der Sicht von Kunden zu lösen.
2. Beobachten: Es geht um den Menschen: In diesem Schritt dreht sich alles um diejenigen, für die die Story gedacht ist: das Publikum (Adressaten). Es geht um ein tieferes Verständnis dieser Adressaten, deren Bedürfnisse, Wünsche, Zweifel.
Persona als genauere Zielgruppenbeschreibung
Design Thinking richtet sich ähnlich wie optimales Storytelling vor allem an den Bedürfnissen des Publikums aus. Wie genau kennen Sie Ihre Kollegen, Mitarbeiter, Partner, Kunden? Normalerweise werden Menschen nach gemeinsamen Nennern, zum Beispiel nach soziodemografischen Daten wie Alter, Geschlecht usw., in (Ziel)Gruppen kategorisiert. Das reicht aber nicht! Nach diesen Daten gehören sowohl Ozzy Osborne als auch Prinz Charles einer Zielgruppe an – beide sind Briten, in einem Alter, haben Kinder, sind geschieden, sind nicht arm. Wenn Sie kein Bild eines typischen Vertreters Ihrer Zielgruppe vor Augen haben, fällt Ihnen auch schwer diese mit allen Ängsten, Ideen und mehr zu verstehen und zu motivieren Teil des Wandels zu sein.
Mit Personas geben Sie der anonym wirkenden Zielgruppe ein realistischeres Bild. Je konkreter die Beschreibung der Persona erfolgt, desto besser. Daher muss sie aus realen Daten gebildet werden und nicht etwa einem Wunschtraum entsprechen.
Entwickeln Sie einen Fragebogen zum Start Ihres Change-Prozesses:
- Welche Haltung habe ich Veränderungen im Allgemeinen?
- Ist der Wandel notwendig?
- Welche persönliche Haltung habe ich zum Wandel in zu den Veränderungen in meinem Unternehmen?
- Welche (inneren und äußeren) Widerstände blockieren mich, um festgefahrene Strukturen aufzubrechen bzw. unbekannte Wege zu gehen?
- Welches Wissen (Kompetenzen) stehen mit auf dem Weg des Wandels zur Verfügung?
- Welche zusätzlichen Fähigkeiten (Skills) benötige ich?
- Welche Ressourcen und Quellen müssen und können aktiviert werden?
3. Standpunkt definieren: In dieser Phase werden die gesammelten Informationen ausgewertet, auf Post-it-Zetteln notiert und zur Übersicht an eine Wand geheftet. Die Zettel werden gruppiert und in neue Zusammenhänge gebracht. So können Muster in einer Informationsflut sichtbar, Bedürfnisse geclustert und zu Themen geordnet werden.
4. Ideen finden: Anhand der gewonnenen Ergebnisse und mit dem recherchierten Hintergrundwissen folgt die Entwicklung der Ideen. Dafür kann jede beliebige Kreativitätstechnik angewendet werden. Hat die Persona beispielsweise ein Bedürfnis nach Sicherheit und hat zugleich Angst, den Job zu verlieren, können dies Ausgangideen für Storys sein. In dieser Phase sollen möglichst viele Ideen produziert werden. Nach der Sammlung der Ideenvorschläge werden diese strukturiert und in Themen und Gemeinsamkeiten zusammengefasst. Nun werden aus der Ideensammlung die vielversprechendsten bezüglich Attraktivität, Umsetzbarkeit und Budget ausgesucht.
5. Prototyp oder Storyboard entwickeln: Nun geht es an die Verfeinerung der ausgewählten Ideen. Erstellen Sie skizzenhaft den Ablauf der Storyidee (Storyboard) etwa in Papiermodellen, Rollenspielen oder ähnlichem. Diese Phase hilft, die Idee konkret zu durchdenken und in Gruppen zu diskutieren. Ziel ist es, die Story-Idee zu verstehen und weiterzuentwickeln.
6. Testen: Sobald die Prototypen konkret sind, erfolgt ein offener Dialog sowohl mit anderen Teammitgliedern, mit Kollegen außerhalb des Projektteams und mit Vertretern der Zielgruppe.
Grundbausteine für Stories
Anhand folgender Grundelemente können Sie Geschichten entwickeln:
1. Analyse: Ohne den genauen Ist-Zustand festzustellen, können Sie auch keine klaren Ziele definieren und nicht feststellen, ob das Ziel erreicht wurde. Greifen Sie hier auf Modelle wie das SMART-Modell zurück.
2. Recherche: Bevor Sie nun loslegen und Ihre Geschichte aufbauen, starten Sie eine breit gefächerte Recherche über das Thema, die Adressaten (Publikum), das Ziel, den Prozess, Mitbewerber und mehr.
Tipp: Vor dem Erzählen kommt das Zuhören; hören Sie auf die Erzählungen, Alltagsberichte, Ängste, Erwartungen und aller am Change-Prozess beteiligten Gruppen.
3. Die Mission: Am Anfang der Prozessüberlegungen steht immer das Warum: Warum müssen wir uns ändern? Und wohin soll es gehen (Ziel)? Was wollen wir erreichen?
4. Festlegung der Ziele (Milestones): Wer kein Ziel hat, kommt auch nirgendwo an! Ohne Ziel ist die Story eine bedeutungslose Aneinanderreihung von Ereignissen. Mit einem klaren Ziel oder Problem erhält das Publikum einen Grund, die Bedeutung der Geschichte zu verstehen. Ein wesentlicher Bestandteil bei der Festlegung der Ziele sollten die Emotionen sein, die Sie bei Ihrer Zielgruppe hervorrufen möchten.
Ziele einer Change Story
Vergessen Sie in der Heldenreise Ihres Unternehmenswandels nie, Bestehendes zu würdigen, ein Zukunftsbild (Vision) zu skizzieren, Werte (Sinn & Nutzen) zu vermitteln und während des bestehendes Change-Prozesses eine Orientierungshilfe (Kontext) zu geben.
Hierzu gilt es folgende Fragen zu beantworten:
- WOHER kommen wir, wo stehen wir heute was ist daran gut?
- WOHIN wollen wir gehen und was wollen wir erreichen?
- WAS ändert sich im Kern?
- WORIN besteht der Unterschied zu früher?
- WARUM wollen wir dorthin?
- WOZU dient der Wandel uns als Unternehmen?
- WOZU dient der Wandel mir als Person?
- WAS wird von mir als Person, als Rolle innerhalb des Unternehmens erwartet?
- WELCHE Emotionen möchte ich hervorrufen?
5. Recherche – Bedürfnisse des Publikums: Definieren Sie genau die Zielgruppe und fertigen Sie eine Beschreibung der typischen Hauptcharaktere (Personas) an. Versuchen sie so viele Informationen wie möglich von Ihrer Zielgruppe zusammenzutragen.
6. Themenfindung: Viele Themen und Teilzielen begegnen uns Tag für Tag. Sie zeigen sich bei der Analyse der Bedürfnisse der Personas.
In der Regel geht es um Problemlösung
Der Begriff „Kreativität“ stammt vom lateinischen Wort „creare“ für schaffen oder erzeugen. Eine eindeutige Definition scheint es nicht zu geben, jedoch treten in Zusammenhang mit Kreativität folgende Erklärungsmodelle auf:
- Kreativität hilft Lösungsansätze bei kniffligen Problemen zu finden.
- Bei Kreativität wird vorhandenes Wissen in ungewöhnlicher Weise kombiniert.
- Kreativität ist eine Fähigkeit, produktiv gegen bestehende Regeln zu denken und zu handeln.
- Grundlegend ist anzuraten: Lassen Sie sich inspirieren! Das ist sehr leicht, wenn man sich öffnet – und für seinen Kopf und seine Sinne auf den „Aufmerksamkeitsaufnahmeknopf“ drückt.
- Lernen Sie aus Fehlern: Kreativität bedeutet „trial and error“. Es ist ein Prozess von Ideen, Versuchsballons und Irrtümern bis die passende Lösung gefunden wird.
7. Konzeptions- & Planungsphase: Hier werden unter anderem Grob- und Feinziele festgelegt, ein Zeitplan erstellt, die Geld- und Personalmittel festgelegt, Umsetzungstools sowie Maßnahmen zur Durchführung wie die Verbreitungs- und Kommunikationsstrategie definiert.
8. Kreation: Nun nimmt die Story Gestalt an: In einem Script, einem Drehplan, einer Storymap und einem Storyboard wird der Ablauf und Aufbau der die Geschichte genau festgelegt und skizziert.
9. Umsetzungsphase:
- Konzeption und Planung: Nun wird die Story umgesetzt. Je nach Storyart und Medium, wo und wie es veröffentlicht werden soll, ist die Umsetzung der Geschichte nun anhand des Storyboards möglich.
- Präsentation und Verbreitung: Es wird ernst und die erarbeitete Story wird auf Medien wie dem Intranet, internen Mailings, Gesprächen, Briefings, Präsentationen verbreitet. Es beginnt die Phase der Verbreitung und Kommunikation mit der Zielgruppe.
10. Auswertungsphase: Der Erfolg einer Story kann nur dann erkannt werden, wenn Reichweite oder die Erreichung der Ziele gemessen werden. Gerade bei ganzen Storywelten, sollte immer geschaut werden, was wann und bei wem gut bzw. nicht so gut ankommt. Monitoringtools geben Aufschluss, wann und wo die Story verbreitet wurde und was darüber gesprochen wird.
Fazit
Unternehmen wandeln sich auch permanent, wie die Umwelt und die Menschen – das ist der Lauf der Dinge.
Menschen erleben ständig einen vorbestimmten Wandel, beispielweise das Heranwachsen von einem Säugling zu einem Schulkind, einem Erwachsenen usw. Wenn der Wandel als positives Ziel definiert wird, etwas, was der Mensch unbedingt erreichen möchte – wie ich meinen 18. Geburtstag kaum erwarten konnte, um endlich einen Führerschein machen zu können und unabhängig zu werden – wird der Wandel gerne und vorangetrieben. Mittels Teilhabe an Entwicklungen oder Belohnungen kann der Mensch motiviert werden den Wandel nicht als störend zu empfinden, ihm Steine in den Weg zu legen oder einfach zu missachten.
Daher sollten außer den harten Fakten, die einen Change notwendig machen, niemals die Menschen vergessen werden, die ein Unternehmen vorantreiben. Eine gut ausgearbeitete Erzählung hilft dabei, die Transformation zu visualisieren und gemeinsam mit den Stakeholder ein Zukunftsbild zu malen.
Egal wann Sie die ersten unbewussten Hinweise zu einem eventuellen Wandel Ihres Unternehmens feststellen, ziehen Sie sofort die Stakeholder in diese Überlegungen mit ein. Die meisten Change-Prozesse funktionieren nicht, da sie den Bereichen Kommunikation und Mitbestimmung zu wenig Beachtung schenken.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 55
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Pia Kleine Wieskamp trainiert und coacht seit einigen Jahren Firmen sowie Fach- und Führungskräfte in den Themen digitale Kommunikation sowie Marketing. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Blogs, Storytelling, Visual Storytelling und Social Media. Einen großen Erfahrungsschatz erhielt Pia Kleine Wieskamp in ihren Tätigkeiten als PR- und Marketingmanagerin, Bloggerin, Journalistin und Redakteurin für TV, Magazine und Verlage. Ihre Fachbücher „Visual Storytelling im Business“ sowie „Storytelling: Digital – Multimedial – Social“ sind im Hanser Verlag erschienen.
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