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Abmahnung – ein Überblick für Blogger

Es kann jedem passieren: Abmahnung. Das bedeutet in den meisten Fällen, dass auf einen Schlag mehrere hundert Euro zu bezahlen sind. Die Anlässe erscheinen dagegen oft erstaunlich banal. Schon ein winziger Stadtplan-Ausschnitt kann reichen. In diesem Artikel habe ich für Dich zusammengefasst, was oft abgemahnt wird, was passieren kann und wie Du am besten darauf reagierst.


Titelbild des PDF-Magazins von UPLOAD zum Thema „Abgemahnt“

Wie die Stammleser von UPLOAD bereits wissen, habe ich mich intensiv mit dem Thema Abmahnungen beschäftigt. Daraus entstand die erste Ausgabe des PDF-Magazins. In meinem Nebenjob als freier Journalist konnte ich einiges davon in einem Artikel verarbeiten, der zum Beispiel hier bei Spiegel Online erschienen ist.

Ausgangslage: Wie kommt es zu all dem Stress?

Wer vor zehn Jahren publizistisch tätig werden wollte, konnte das in der Regel nicht ohne Ausbildung und auf jeden Fall nicht auf eigene Faust. Es gab somit immer jemanden, der korrigierend eingreifen konnte, bevor ein Text veröffentlicht wurde.

Heute ist das nicht mehr so. Das jetzige Internet macht es für jeden möglich, etwas zu veröffentlichen: Texte, Bilder, Videos, Sounds. Nur über die damit verbundenen Pflichten und die rechtlichen Fallen wissen die wenigsten bescheid.

Das Problem ist außerdem: Das Internet macht es enorm einfach, bei solchen Fehltritten erwischt zu werden. Kopiere ich für den Aushang am Vereinshaus einen Stadtplan, wird wohl kaum jemand vom Verlag zufällig vorbeispazieren und es entdecken. Mache ich dasselbe online, sieht das schon ganz anders aus.

Grundlage: Was ist eigentlich eine Abmahnung?

Eine Abmahnung hat drei Funktionen:

  • 1. Sie soll ein Gerichtsverfahren vermeiden.
  • 2. Sie soll dem Geschädigten bei Urheberrechtsverstößen Schadenersatz ermöglichen.
  • 3. Sie soll verhindern, dass der Abgemahnte seinen Rechtsverstoß wiederholt.

Wer also eine Abmahnung bekommt, steht kurz vor einer Gerichtsverhandlung. Da das noch um ein Vielfaches teurer werden kann, lassen sich die betroffenen Blogger in der Regel auf nichts ein. Oft ist das auch das vernünftigste Vorgehen, denn solange die Abmahnung nicht tatsächlich komplett haltlos ist, hat man als Abgemahnter schlechte Karten.

Beispiel Foto. Es kann sogar sein, dass Du Dir ein Bild aus einer der vielen kostenlosen Bilddatenbanken geholt hast wie beispielsweise Photocase oder Pixelio. Zwar scheint dort auf den ersten Blick soweit alles in Ordnung zu sein. In Wirklichkeit kannst Du aber nicht wissen, ob wirklich der Fotograf selbst das Bild hochgeladen hat. Ist das nicht der Fall, sieht es schlecht für Dich aus.

Eine ganz schlechte Idee ist es, die Google Bildersuche zu benutzen. Die ist zwar bequem und liefert viele Ergebnisse. Aber die meisten der Fotos dort sind urheberrechtlich geschützt. Sprich: Du müsstest eigentlich für die Benutzung bezahlen. Tust Du das nicht und wirst erwischt, musst Du diese Lizenzgebühren im Nachhinein bezahlen. Und das ist noch der kleinste Posten.

Wie teuer wird eine Abmahnung?

Bei Fotos wird in der Regel die theoretisch fällige Lizenzgebühr herangezogen. Dabei ist es egal, wie unrealistisch das ist. Dass Du diesen Preis niemals bezahlt hättest, spielt also keine Rolle und kann nicht als Argument vor Gericht herhalten.

Hast Du beim Foto den Urheber nicht benannt, verdoppelt sich dieser Wert. Hinzu kommen die Kosten für den Anwalt des Fotografen. 600 bis 800 Euro Gesamtkosten der Abmahnung sind hier eher die untere Grenze.

Die Fotos müssen dabei nicht aufwändig und hochkünstlerisch sein. Alles, was nicht blindlings geknipst ist, fällt unter diesen speziellen Schutz. Und das oftmals zu Recht: Ein gutes und passendes Foto zu schießen, kostet Zeit und erfordert die entsprechende Ausrüstung, das Fachwissen und die Erfahrung. Das gilt selbst dann, wenn das Ergebnis am Ende sehr schlicht und banal aussieht. Das zählt nicht.

Denn wenn das Bild so einfach zu machen wäre, hättest Du es ja auch selbst machen können, nicht wahr? Hast Du aber nicht, weil’s so bequemer war.

Dem Fotografen aber entgeht der Lohn für seine Arbeit. Und deshalb bekommst Du dann teure Post vom Anwalt.

Dass manche ihre Abmahnungen schon gewerbsmäßig automatisieren, steht auf einem anderen Blatt. Das ist nicht rechtens und dagegen könntest Du vorgehen. Die entscheidende Frage aber: Kannst Du einen Richter davon überzeugen, dass Du im Recht bist?

Was muss ich tun?

Als erstes ist die in dem Schreiben angegebene Frist einzuhalten. Passiert das nicht, kann es zu einer Gerichtsverhandlung kommen. Du solltest also auf jeden Fall aktiv werden.

Eine Abmahnung ist im Kern eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“. Das heißt, Du versicherst, nie wieder das zu tun, was zu der Abmahnung geführt hat. Tust Du es doch, wird eine heftige Strafe fällig. Diese Strafe muss hoch angesetzt sein, weil sie abschreckend sein soll.

Nicht jede Abmahnung ist berechtigt. Nicht alle Anwaltskosten sind korrekt berechnet. Und nicht jede Unterlassungserklärung sollte sofort unterschrieben werden. Ich persönlich würde in solchen Fragen sicher immer einen Anwalt aufsuchen.

Was sind häufige Fallen?

Bei Weblogs sind es tatsächlich meistens Bilder, die einfach von einer anderen Website genommen werden. Es spielt dabei übrigens keine Rolle, ob man das Bild einfach einbindet („hot linking“) oder ob man eine Kopie auf den eigenen Server lädt.

Eine andere Falle sind die schon erwähnten Stadtpläne. Auch sie werden mit viel Aufwand erstellt und von den entsprechenden Verlagen mit Argusaugen behütet. Schon kleinste Ausschnitte können für eine Abmahnung reichen. Die Frage hier auch wieder: Wenn der Stadtplan so simpel ist, warum hast Du ihn dann nicht selbst gezeichnet?

Es geht dabei gar nicht so sehr darum, welcher Schaden dem Rechte-Inhaber wirklich entstanden ist. Der dürfte schwer zu beziffern sein. Aus meiner Sicht geht es mehr darum, grundsätzlich das Urheberrecht zu schützen. Auch wenn uns dieses Recht oftmals auf die Nerven geht: Ohne es gäbe es die meisten Dinge nicht, die wir so mögen.

Texte fallen übrigens auch darunter. Zitieren ist erlaubt, aber es muss wirklich bei einem Zitat bleiben, also einem Ausschnitt aus dem Text. Es ist nicht erlaubt, einen Artikel oder ähnliches einfach zu kopieren und zu benutzen. Da nützt dann selbst der Verweis auf die ursprüngliche Quelle nicht viel. Siehe ergänzend dazu diesen Artikel bei Advisign.

Auch jenseits des Urheberrechts gibt es die eine oder andere Gefahr. Beispielsweise den schmalen Grat zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung. Einerseits ist die freie Meinungsäußerung im Grundgesetz verankert. Andererseits steht schon dort, dass sie ihre Grenze in anderen Gesetzen findet. Und das ist auch gut so.

Wenn ich etwas nicht genau weiß, dann muss ich das auch so darstellen. Ich darf nicht eine Vermutung, ein Gefühl oder eine Meinung so darstellen, als wäre es eine feststehende Tatsache. Das ist wichtig, weil andernfalls jeder ungestraft eine Menge Lügen erzählen könnte. Dabei kommt es auf feinste Formulierungen an. Wenn Du etwas schreibst, was in dieser Hinsicht schwierig ist, musst Du Dir überlegen: Kann ich das beweisen, was ich da schreibe? Kannst Du es nicht, musst Du es umformulieren.

Wie aktuell der Fall „Kalle Schwensen“ zeigt, kann ich mich allerdings auch mit Dingen in die Nesseln setzen, die ich für völlig selbstverständlich halte. Hier haben sich Blogger eine teure Abmahnung eingefangen, weil sie ihn bei seinem öffentlich weit verbreiteten und häufig genutzten Spitznamen genannt haben…

Kann ich mich wehren?

Wenn eine Abmahnung tatsächlich haltlos oder auf eine andere Weise nicht rechtens ist, kann der Betroffene eine „negative Feststellungsklage“ anstreben. Dann muss der Abmahnende nachweisen, dass alles korrekt ist. Ist das nicht der Fall, muss er alle Kosten tragen.

Ob es sich um einen solchen Fall handelt, würde ich persönlich nie allein entscheiden wollen. Wer sich einmal mit der Justiz beschäftigt hat, der weiß, dass es hier auf einzelne Formulierungen ankommt und vieles auch dann noch Auslegungssache ist.

Tipps zum Weiterlesen

Rechtsanwalt Johannes Richard hält auf seiner Website eine Menge Informationen zum Thema bereit. Nicht sehr übersichtlich, aber eine wahre Fundgrube.

Dr. Web hat hier einmal eine Liste mit nützlichen Artikeln und anderen Webseiten zusammengestellt.

Und falls Du es noch nicht hast: Die erste Ausgabe des PDF-Magazins vom Juni 2007 beschäftigt sich in seinem Schwerpunkt mit dem Thema „Abmahnungen“. Hier kannst Du das Magazin nach einer kurzen Anmeldung kostenlos herunterladen.

A N Z E I G E

BMA - Business Management Akademie

 

47 Gedanken zu „Abmahnung – ein Überblick für Blogger

  1. Hallo Jan!

    Eine sehr gute und verständliche Übersicht!
    Ein kleiner Hinweis zu diesem Punkt: „Eine Abmahnung hat drei Funktionen: … Sie soll dem Geschädigten bei Urheberrechtsverstößen Schadenersatz ermöglichen.“

    Viele Rechtsanwälte verbinden eine Abmahnung mit einer Schadensersatzforderung, um den Abgemahnten unter Druck zur Zahlung zu bewegen: „Unterschreiben Sie unverzüglich die Unterlassungserklärung und erkennen den Schadensersatzanspruch an, sonst …“.

    Dabei sind die Unterlassungserklärung und der Schadensersatz zwei verschiedene Dinge.
    Nur die Unterlassungserklärung muss man unverzüglich abgeben (Frist i.d.R. 2-5 Tage). Bei dem Schadensersatz wäre diese Frist jedoch zu knapp. Damit kann man sich mehr Zeit lassen.

    Jetzt kommt es vor, dass man sich sicher ist einen Rechtsverstoß begangen zu haben, aber den Schadensersatz für unangemessen hält. In diesem Fall gibt man nur die Unterlassungserklärung ab und schreibt dem Anwalt, dass der Schadensersatz überprüft wird.

    P.S. Das Problemen der „angeblich“ kostenlosen Bilder gab es letztens bei Flickr – hier meine Stellungnahme..

  2. Doch bevor man selbst gewisse Passagen aus einer Abmahnung rausstreicht, ergänzt oder abändert, sollte man in jedem Fall den Anwalt seines Vertrauens dazu befragen es sei denn, man weiss was man tut :)

  3. Pingback: blariog.net
  4. Absolut. Als Nicht-Jurist ist einem oftmals gar nicht klar, welche Konsequenzen hinter einer bestimmten Formulierung stecken. Da wäre ich persönlich auch sehr, sehr vorsichtig.

  5. Hi Eva!

    Wenn Du „die Fußgängerzone“ fotografierst, ist das erlaubt. Auch wenn auf dem Bild Fußgänger zu sehen sind. Wenn Du einzelne Fußgänger fotografierst, dann nicht.
    D.h. das tragende Motiv des Fotos darf nicht eine Einzelperson sein.

    Damit würdest Du deren Recht am eigenen Bild § 22 Kunsturhebergesetz verletzen.

    Mehr dazu findest Du bei mir oder noch ausführlicher im law-blog.

    Gruß,
    Thomas

  6. Danke für die Info zu „Fremde Leute sind auf dem Foto“. Wie schön ist es doch, miteinander sprechen (schreiben) zu können.
    Ich liebe bloggen!
    (Und Dein Magazin finde ich klasse!)

  7. Pingback: basscake | 911
  8. Ich finde man sollte Abmahnungen vom Staat her vom Gegenstandswert beschränken. Ein Fehler im Netz kann einem schon einen haufen Geld kosten.

    PS: Ja, das foto ist echt klasse

    gruss

    chris

  9. Es wäre sicherlich richtig, wenn der Gegenstandswert realistisch eingeschätzt werden würde.

    So wäre dem Geschäftsmodell „Eine schnelle Mark für den profitorientierten Juristen“ sofort die Grundlage entzogen.

  10. Gute Zusammenfassung, Danke. Das mit dem Foto aus der öffentlichen Datenbank hatte ich noch gar nicht bedacht. Mann es ist wirklich heftig, was hier läuft… Aber stimmt schon, das Urheberrecht muss irgendwie gewahrt bleiben. Vorsicht ist hier die Mutter der Porzelankiste! Am besten nurnoch Text bloggen,grrr.

  11. Finde die Zusammenfassung auch sehr gut. Auch ich kann Freunden, jungen Mitarbeiter und Studenten immer wieder nur darauf hinweisen, dass sie die Finger von anderen Werken nehmen sollen.
    Grüße aus L.E. = Leipzig ;-)

  12. Ich würde gerne mehr erfahren über Wörter oder Beschreibungen die man z.B. bei Ebayauktionen benutzt, aber auf keinen Fall verwenden sollte. Was für Fehler sollte man unbedingt vermeiden ?
    MfG
    Frank

  13. Ehrlich gesagt finde ich Abmahnfälle aufgrund von Rechtsverletzungen bei Photocase oder Pixelio ziemlich assozial. Denn es ist schlechtweg fast unmöglich herauszufinden, ob der Uploader die Rechte tatsächlich hat. In diesem Fall sind meiner Meinung nach die Anbieter in der Pflicht.

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