Metaverse und Künstliche Intelligenz bestimmen die Diskussionen derzeit zwar oft. Es besteht auch kein Zweifel, dass man diese Themen als Content-Marketer im Blick behalten sollte. Aber wenn es darum geht, was unsere Arbeit in diesem Jahr am meisten beeinflusst, stellen sich andere Trends als noch wichtiger heraus. Falk Hedemann stellt sie dir in diesem Artikel vor.
Inhaltsverzeichnis
Welche Trends sind wirklich relevant?
Im Content-Bereich gibt es verschiedene Kategorien von Trends. Zum einen tauchen in den zahllosen Listen-Beträgen immer wieder die gleichen Einträge auf. Aktuell sind das beispielsweise Personalisierung, Mobile First oder Video-Inhalte. Ja, das sind alles valide Aufgaben, doch neu sind sie sicher nicht.
Dazu gesellen sich häufig Zukunftsvisionen, die erst in den nächsten Jahren wirklich relevant werden. Das beste Beispiel dafür ist das Metaverse. Natürlich kann es nicht schaden, sich als Content Marketer schon heute zu fragen, was diese neue Ausrichtung des Internets für die Arbeit mit Inhalten bedeutet. Doch für die unmittelbare operative Umsetzung ist das Metaverse noch nicht weit genug entwickelt.
Es gibt darüber hinaus eine weitere Kategorie, bei der Trends eher als Entwicklungen begriffen werden. Es geht hier weniger um technische Aspekte, sondern um die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die für bestimmte Entwicklungen sorgen können. Eine wichtige Rolle spielen hier beispielsweise Krisen wie die Covid-19-Pandemie, die Energiekrise oder der Ukraine-Krieg.
Welche wichtigen Content-Trends sich daraus ergeben, möchte ich nun folgend aufzeigen.
Drei Entwicklungen, die 2023 für den Contentbereich wichtig sind
Entwicklung 1: Professionalisiertes Content Marketing rückt wieder in den Fokus
Die Entwicklung eines Themenfelds wie dem Content Marketing findet nicht nur von innen heraus statt, sondern wird auch maßgeblich von externen Rahmenbedingungen beeinflusst. Die zunehmend steigenden Erwartungen der Nutzenden sorgen beispielsweise seit einigen Jahren für eine Professionalisierung bei der nicht-werblichen, inhaltsbasierten Unternehmenskommunikation.
In vielen Unternehmen entstanden neue Zuständigkeiten, es wurden neue Stellen ausgeschrieben und im Idealfall gleich besetzt. Zudem gab es erste Ansätze für eine langfristige Umverteilung der Budgets: Weniger Geld für Werbung, mehr Geld für nützliche Inhalte. Bei großen Marken und Unternehmen wurden mitunter gleich komplett neue Budgets aufgestellt, da sie große Hoffnungen und Erwartungen in ihre langfristig ausgerichteten Content-Marketingaktivitäten setzten.
Diese aus Sicht der Nutzenden positive Entwicklung wurde mit Beginn der Corona-Pandemie größtenteils abgewürgt. Die große wirtschaftliche Unsicherheit, die von Shutdowns, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und Lieferengpässen ausging, hatte massive Auswirkungen auf die Marketingaktivitäten. Ganze Branchen fürchteten um ihre Existenz und setzten folglich alle Aktivitäten aus, die keinen unmittelbaren Umsatz einbringen.
Das Content Marketing als strategische Kommunikationsform, die darauf abzielt, Kunden durch hochwertige und relevante Inhalte anzuziehen und zu binden, gehörte zu den Aktivitäten, die zum Teil sehr abrupt eingestellt wurden. Zunächst ging es noch darum, möglichst keine unpassenden Inhalte zu veröffentlichen. Die Reisebranche konnte beispielsweise viele bereits produzierte und eingeplante Inhalte nicht veröffentlichen, weil Reisen durch den Lockdown schlicht nicht mehr möglich war.
Neue Projekte wurden zudem pausiert und deren Budgets eingespart. Aber selbst gut eingeführte Content-Marketing-Projekte wurden stark reduziert, weil die Budgets eingefroren wurden. Wer keinen unmittelbaren thematischen Bezug zur Pandemie hatte, stellte häufig die komplette Content-Produktion zumindest vorübergehend ein.
Nachdem sich der erste Schock des Lockdowns langsam gelegt hatte, folgte eine neue strategische Ausrichtung in der Kommunikation. Statt auf nutzwertige Inhalte zu setzen, die indirekt und langfristig Erfolge versprechen, wurden reduzierte Budgets eher in Richtung kurzfristig wirksamer Taktiken verschoben: PR und Werbung, die meist darauf ausgelegt sind, Kunden durch den Einsatz von Verkaufsargumenten und Lockangeboten zu einem Kauf zu bewegen, sollten es richten.
Machen wir einen Sprung in die Gegenwart: Wir leben 2023 in einer postpandemischen Welt, in der mehrere Krisen die öffentlichen Diskussionen dominieren: Krieg in der Ukraine, Klimawandel, Inflation, weiterhin gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel. Auch wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krisen auf verschiedene Branchen ebenfalls enorm sind, scheint die allgegenwärtige Ohnmacht des Pandemie-Schocks dennoch überwunden zu sein.
Die Nachfrage nach Content-Dienstleistungen hat jedenfalls deutlich zugenommen, wie auch an der wieder sehr hohen Zahl der offenen Content-Stellen bei Unternehmen und Agenturen zu erkennen ist. Wir können also davon ausgehen, dass die mit Beginn der Pandemie ins Stocken geratene Professionalisierung im Content Marketing wieder in den Fokus rückt.
Beispiel: Energieversorger
Dazu kommen neue externe Anforderungen an bestimmte Branchen, bei denen die inhaltsbasierte Kommunikation bislang wenig Beachtung gefunden hat. Das Paradebeispiel ist die Energiebranche. Die anhaltende Energiekrise sorgt in Kombination mit dem Klimawandel für ein hohes Kundeninteresse an Energiethemen, die von den Energieversorgern bislang eher halbherzig umgesetzt wurden. Sie wollen wissen, wie es um die energetische Zukunft bestellt ist und welche Rolle die Versorger dabei einnehmen.
Die massiven Veränderungen auf dem Energiemarkt, der schon in wenigen Jahren nicht mehr über zentrale Großkraftwerke, sondern über sehr viele Kleinerzeuger gesteuert werden muss, macht aus eine vormals reinen Kundenbeziehung eine Partnerschaft: Die Kunden der Energieversorger werden durch erneuerbare Energien immer häufiger auch zu Lieferanten. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die inhaltliche Gestaltung der Webpräsenzen der Versorger. Die Inhalte müssen jetzt verschiedene Perspektiven abdecken.
Entwicklung 2: Community Building über Content
Der Aufbau verlässlicher und nachhaltiger Beziehungen zu den Zielgruppen ist ebenfalls ein Trend, der sich mit Beginn der Pandemie aus einer lange bestehenden Nische heraus entwickelt hat. Plötzlich waren ganz andere Themen wichtig und einige Marken gingen mit Hilfsangeboten direkt auf die Zielgruppen zu, statt weiterhin die eigenen Produkte mit Verkaufsabsicht in den Mittelpunkt der Kommunikation zu stellen.
Über diese neue Art der Kommunikation in einer gesellschaftlichen Krisensituation sind sie näher an ihre Zielgruppen gerückt. Sie haben nicht mehr nur versucht, ihre Zielgruppen mit Inhalten anzusprechen, sondern sie haben mit ihnen gesprochen. Dabei haben sie erkannt, dass sie über Communitys die Möglichkeit bekommen, engere Beziehungen zu den Kunden aufzubauen und ganz nebenbei deren Loyalität und Markenbindung zu stärken.
Gleichzeitig haben die Zielgruppen ebenfalls eine Wandlung vollzogen. Sie schauen heute bewusster auf die Kommunikation von Marken, auf deren Themen, deren Haltung und wie sie mit ihnen interagieren können. Daraus sind neue Anforderungen entstanden, auf die die Unternehmenskommunikation wiederum reagieren muss. Über eine regelmäßige Interaktion und den Austausch von Meinungen, Ideen und Themen können Marken letztlich nicht nur engere Beziehungen aufbauen, sondern auch dichter an ihrer Zielgruppen rücken. Beide Seiten lernen sich besser kennen und profitieren gegenseitig von dieser Beziehung.
Folgende Fragen sollten Unternehmen beantworten, wenn sie ihr Content Marketing über den Aufbau von Communitys unterstützen wollen:
- Wie können die Zielpersonen besser in die Kommunikation eingebunden werden?
- Wie gelingt es, die Bedürfnisse und Präferenzen der Zielpersonen auf einem aktuellen Stand zu halten?
- Wie lassen sich Rückmeldungen aus den Zielgruppen zur Verbesserung der bereitgestellten Angebote (Produkte und Inhalte) einsetzen?
- Mit welchen Tools lassen sich die Interaktionen und Rückmeldungen entsprechend sinnvoll analysieren?
- Welche Themen wünscht sich die Zielgruppe?
- Wie müssen sie aufbereitet werden, damit sie eine Dialogbereitschaft signalisieren?
- Mit welchen Formaten, Social Networks und technischen Funktionalitäten können Interaktionen gefördert werden?
Eigene Audience aufbauen
Für den Aufbau einer Community ist es für Unternehmen verführerisch einfach, dafür auf eine bestehende soziale Plattform zu setzen. Dass das eine zeitlich begrenzte Option sein kann, hat nicht zuletzt das plötzliche Aus der Gruppen-Funktion bei Xing gezeigt. Auch andere Social Networks wie Facebook, Twitter und LinkedIn verändern ihre Nutzungsregeln regelmäßig. Nicht immer sind diese Änderungen im Sinne der Unternehmen, denn die Plattform-Betreiber verfolgen in erster Linie ihre eigenen Geschäftsinteressen. Besser ist es also, das Publikum (auch) über eigene Mittel wie etwa Newsletter anzusprechen.
Entwicklung 3: Nachhaltigkeit und Unternehmenskultur thematisieren
Gutes Content Marketing transportiert nicht nur inhaltliche Aspekte, sondern gibt zudem vertiefte Einblicke in die Unternehmenskultur. Mit Beginn der Pandemie war es interessant zu sehen, wie sich Unternehmen in Hinblick auf Themen wie Schutz der Mitarbeitenden, Hilfsangebote für die Betreuung von Kindern der Mitarbeitenden oder Präsenzkultur vs. Remote Work positioniert haben.
Einige dieser Themen sind auch 2023 noch von Bedeutung. Beispielsweise wird die gezeigte Arbeitskultur überdauernd wichtig bleiben. Das gilt insbesondere für den Fall, dass Content Marketing das Recruiting unterstützen soll, indem es das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber präsentiert. Hier werden moderne Arbeitsmodelle mit hybriden Strukturen für die Positionierung immer wichtiger.
Aus Sicht der Zielgruppen hat sich in den letzten Monaten mit dem Übergang von einer zur nächsten Krise ein weiteres Thema besonders hervorgetan: Nachhaltigkeit. In Zeiten, in denen wir als Gesellschaft Energie sparen müssen, weil ein Krieg für eine Verknappung der fossilen Ressourcen sorgt und der Klimawandel im gleichen Zuge eine starke Reduzierung von CO₂-Emissionen verlangt, wird genauer auf das Verhalten von Unternehmen geblickt.
Während innovative Ideen zur Energie- und CO₂-Einsparung auf Unternehmensseite plötzlich spannende Themenideen geworden sind, können allzu unbedachte Inhalte ebenso schnell kritische Reaktionen verursachen. Gut gemeinte Erfahrungsberichte über den Besuch einer Messe in Übersee, zu dem ein ganzes Team mit dem Flugzeug gereist ist, werden heute unter Umständen nicht mehr alleine inhaltlich beurteilt. Wer selbst ein Event veranstaltet und dafür keine digitale Teilnahme anbietet, könnte heute ebenfalls kritischer gesehen werden als noch vor zwei Jahren.
Diese veränderten Anforderungen der Zielgruppen haben daher Auswirkungen auf die Content-Planung und das Themen-Setting. Der Themenplan sollte entsprechend überprüft und kritische Themen sollten gestrichen werden. Zudem können Nachhaltigkeitsthemen ebenso eine gute Ergänzung darstellen, wie Themen rund um die veränderte Arbeitswelt.
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Trends, die sich erst noch entwickeln müssen
Fehlt das Metaverse nicht als Trend?
Das Metaverse wird in den nächsten Jahren ganz sicher ein wichtiger Trend für das Content Marketing werden, denn nützliche Inhalte sollten immer dort verfügbar sein, wo sich die Zielgruppe aufhält. Die Metaverse-Entwicklung ist derzeit aber noch ziemlich am Anfang und noch kann niemand genau sagen, wann dort die verschiedenen Zielgruppen aktiv sein werden. Da wir zudem noch nicht konkret sagen können, wie genau das Metaverse aussehen und funktionieren wird, wären Aktivitäten aktuell eher experimenteller Natur.
Es spricht nichts dagegen, sich schon heute mit dieser digitalen Zukunft zu beschäftigen. Wir können uns beispielsweise fragen, ob wir neue Fähigkeiten im Content-Team benötigen und diese eventuell schon in die langfristige Planung aufnehmen. Wirklich dringende Aufgaben gibt es aber aktuell noch nicht. Es gibt definitiv keinen Grund zur Panik.
In einem eigenen Artikel kannst du genauer nachlesen, was du als Content-Profi heute über das Metaverse wissen solltest …
Und was ist mit KI-Texten?
Mit der Veröffentlichung des dialogbasierten Sprachmodells ChatGPT durch OpenAI haben maschinell erzeugte Texte ohne Frage eine neue Qualitätsstufe erreicht. Viele Online-Marketer fragen sich nach ersten Tests bereits, ob sie ihre Inhalte künftig nicht einfach komplett über solche Tools erstellen lassen sollten.
So verständlich diese Frage auch ist, so eindeutig kann man sie aktuell noch mit einem „Nein!“ beantworten.
Einige Gründe in Kurzform:
- KI-Inhalten fehlt die nötige Authentizität.
- Sie sind nicht frei von faktischen Fehlern.
- Sie sind nicht auf die Zielgruppe abgestimmt.
- Sie enthalten keine Erfahrungen, Einordnungen, Quellen und Verweise, was den Großteil des erwünschten inhaltlichen Nutzwerts ausmacht.
- Die rechtlichen Aspekte der Verwendung von KI-Inhalten sind noch nicht ausreichend geklärt.
Ähnlich wie beim Metaverse gilt auch hier: Es ist eine gute Idee, auf dem Laufenden zu bleiben über die aktuelle Entwicklung. Es müssen deshalb aber nicht sofort alle Pläne über den Haufen geworfen werden.
In einer Kolumne von Olaf Kopp bekommst du eine Einschätzung dazu, wie sich KI-Tools auf die Texterstellung auswirken werden …
Schlusswort: 2023 kann eine große Chance für das Content Marketing sein
Die aufgezeigten Entwicklungen mögen sich nicht so bahnbrechend anhören wie der von mir relativierte Hype rund um ChatGPT. Dafür gehen sie in eine Richtung, die das Content Marketing wirklich nach vorne bringen könnte. Wenn wir diese Entwicklungen, die direkt aus den Zielgruppen kommen, annehmen und richtig umsetzen, kann die inhaltsbasierte Kommunikation letztlich gestärkt aus der pandemiebedingten Krise hervorgehen.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 106
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Falk ist Freier Journalist und Blogger und berät zudem Unternehmen bei ihrer digitalen Kommunikation, der Content Strategie und der Distribution von Inhalten im Social Web. Online zu finden ist er auf seinem privaten Blog, bei Twitter und LinkedIn.