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Erfolgsfaktoren für Community Management in der Krise

Vom Bäcker bis zum Zoo, vom Großkonzern bis zum Kleingärtnerverein: Jede Organisation und jedes Unternehmen muss sich mit der Kritik im Netz und dem massenhaften Aufkommen von Kommentaren beschäftigen. Auslöser können kritische Kund*innen oder gezielte Kampagnen sein. Und gerade in der Krise kommt es auf das Community Management an. Stefan Evertz gibt in diesem Beitrag einen Überblick, worauf schon beim Aufbau der Community geachtet werden sollte, wie man mit Kritik in der Community umgeht und wie das Community Management krisentauglich gemacht werden kann.

(Illustration: © cienpies, depositphotos.com)

Zusammenfassung

Die wichtigsten Punkte auf einen Blick …
  • Community Management ist entscheidend in Krisenzeiten und erfordert eine klare Vorbereitung und Kenntnis der Community.
  • Krisen-Playbooks dienen als Handlungsleitfäden und sollten sowohl vorbereitete Sprachregelungen als auch Rollen und Verantwortlichkeiten im Krisenfall enthalten.
  • Eine klare Unterscheidung zwischen Kommunikationskrisen und echten Krisen ist wichtig; beides kann die Reputation und den Betrieb gefährden.
  • Frühwarnsysteme und eine kontinuierliche Moderation durch Community Manager helfen, Krisen frühzeitig zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.
  • Im Krisenfall sollte kein Informationsvakuum entstehen; stattdessen ist eine transparente, fortlaufende Kommunikation erforderlich.
  • Die Organisation muss auch in der Krise aufrechterhalten werden; dies erfordert ein angepasstes Monitoring und die Vernetzung von Community Management und Krisenstab.
  • Nach einer Krise ist es wichtig, aus Erfahrungen zu lernen und das Krisenmanagement für zukünftige Fälle zu verbessern.

Einführung ins Thema Communitys

Als Community wird in der Regel eine Gruppe von Menschen bezeichnet, die miteinander kommunizieren und interagieren. Im soziologischen Sinne sind die Mitglieder einer solchen Gemeinschaft durch ein starkes Wir-Gefühl eng miteinander verbunden.

Die zentralen Teile einer Community (Themen, Akteure & Gruppen, Motivationen & Prozesse) spielen schon beim Community Building eine Rolle und sind sowohl in der Aufbau- als auch der Wachstumsphase in der Vorbereitung und Bewältigung von Krisen elementar. 

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Besondere Bedeutung kommt den Communitys im digitalen Raum zu. Hier können die Mitglieder einer Community auf Basis einer gemeinsamen technischen Grundlage Informationen, Erfahrungen und Meinungen austauschen.

Technisch gesehen wird hierbei in der Regel zwischen Social-Media- oder On-Domain-Communitys unterschieden. Damit sind einerseits die Nutzer von Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter/X gemeint, die sich primär auf der jeweiligen Plattform auf der Seite einer Organisation oder Gruppen austauschen oder in eigenständigen Plattformen zu einem Thema oder betrieben von einer Organisation austauschen. Da diese auf einer eigenen Domain realisiert werden, spricht man eben von „On-Domain-Communitys“.

Auch innerhalb von Unternehmen und Organisationen können Communitys entstehen. Hier gibt es oftmals ein Social Intranet oder eigene Veranstaltungsformate als gemeinsame Plattform für die Community.

Überall dort, wo Menschen miteinander kommunizieren, kann es zu Missverständnissen und Kommunikationsproblemen kommen. Dabei spielt die Form der Community zunächst keine Rolle.

In Communitys mit einer klaren Netiquette und einer konstruktiven Diskussionskultur haben es kommunikative Krisen meist deutlich schwieriger. Und Community-Mitglieder können im Krisenfall wichtige Verbündete und Multiplikator*innen sein.

Krisenkommunikation vs. Kommunikationskrisen

Im Juni 2023 hat ein Beitrag auf dem Instagramkanal der ARD innerhalb weniger Stunden mehrere tausend Kommentare bekommen. Normalerweise gibt es eine zweistellige Zahl von Kommentaren, deutlich weniger also. In dem Beitrag wurde die rechtsextreme Verwendung verschiedener Emojis erklärt. Ein heikles Thema – und Auslöser für das, was viele immer noch einen Shitstorm nennen würden.

Auch eine Reaktion oder eine Aussage, die als Fehlverhalten wahrgenommen wird, kann eine solche Kommunikationskrise auslösen. Entscheidend ist dabei eben nicht die Intention der Aussage, sondern deren Wirkung.

Solche Kommunikationskrisen werden durch Zögern, Hinhalten und Salamitaktik weiter verstärkt. Sie finden in der Regel aber nur auf der Kommunikationsebene statt, wo sie zwar negative Folgen für die Reputation nach sich ziehen können, aber eben keine direkte Gefahr für den Geschäftsbetrieb darstellen.

Anders verhält es sich bei tatsächlichen Krisen und Katastrophen. Hier besteht eine Gefahr für den Geschäftsbetrieb und im schlimmsten Fall sogar für Leib und Leben von Betroffenen. Auch reale Krisenereignisse können zu einer Kommunikationskrise führen, wenn rund um das Krisenereignis beispielsweise nicht angemessen kommuniziert und reagiert wird. Die Grenzen zwischen realer und kommunikativer Krise verlaufen dann oft fließend.

Aus kommunikativer Sicht macht es dabei zunächst keinen Unterschied, ob es sich um eine reine Kommunikationskrise oder ein tatsächliches Krisenereignis handelt. Entscheidet für den Eintritt einer Krise ist immer die individuelle Einschätzung, dass ein Ereignis eingetreten ist, das die vorhandenen Prozesse und Strukturen an die Grenzen und darüber hinausbringt und deshalb eine andere Form der Organisation erfordert.

Ein kritischer Kommentar ist in der Regel kein Auslöser für eine Krise, aber eine ungewöhnliche Häufung von Kritik und ein paar Dutzend negative Kommentare – egal ob berechtigt oder unberechtigt – kann gerade für kleine Organisationen bereits zur Herausforderung werden.

Die Rolle des Community Managements in der Krise

Dem Community Management kommt in jedem Fall eine besondere Bedeutung für die Krisenkommunikation zu: Community Manager*innen sind die Gradmesser der Stimmung in einer Community. Deshalb sind Community Manager*innen das Frühwarnsystem jeder Community.

Durch die kontinuierliche Begleitung und Moderation kennen sie den allgemeinen Umgangston in der Community genauso gut wie die Mitglieder, die die Community stützen, und eben auch die Störenfriede. Diese Erfahrung hilft sowohl bei der Früherkennung als auch bei der Bewältigung einer Krisensituation.

Darüber hinaus sind Community Manager*innen immer eine wertvolle Schnittstelle von der Community in die Organisation und umgekehrt. Sie übersetzen und vermitteln in beide Richtungen und tragen maßgeblich dazu bei, Vertrauen in die Kommunikation auf- und auszubauen und das Wissen und die Erfahrungen aus der Community auch in die Organisation hineinzutragen.

Kenne die neuen Feinde …

Nun leben wir in interessanten Zeiten und sehen uns deshalb einer Vielzahl neuer Herausforderungen im digitalen Dialog gegenüber. Ob Hasskommentare oder gezielte Desinformation – auch dies sind Herausforderungen für das Community Management.

Einerseits geht es darum, entsprechende Kommentare und Beiträge schnell einzudämmen und zu verhindern, dass sie sich negativ auf das gesamte Diskussionsklima in der Community auswirken. Andererseits führen diese böswillig veröffentlichten Inhalte auch zu einer enormen Belastung für Community Manager*innen.

Schilderungen von Gewalttaten, Aufnahmen aus Kriegsgebieten, Hetze und Drohungen – all das kann zu einer sekundären Traumatisierung führen und Community Manager*innen krank machen.

… und die alten Feinde

Dabei gibt es weiterhin die klassische Kritik: Verärgerte Kund*innen, unzufriedene Besucher*innen, enttäuschte Fans – sie alle machen ihrem Unmut Luft und hinterlassen kritische Kommentare. Generell kann es immer auch Gruppen geben, deren Engagement sehr spontan, dynamisch und eben oft auch schwer kontrollierbar die Situation beeinflussen kann. So positiv dies sein kann (wie z. B. die vielen ehrenamtlichen Helfer, die überwiegend selbst koordiniert nach der Flut im Ahrtal geholfen haben), so problematisch kann dies werden, wenn teilweise „Laien“ Fehler bei der Koordination machen.

Auch Gruppen aus dem politischen und aktivistischen Umfeld nutzen digitale Kanäle, um Unternehmen und Organisationen öffentlich zu kritisieren. Durch ihre Reichweite können sie Kritik gezielt lenken und häufig verstärken.

Und zu guter Letzt gibt es natürlich auch weiterhin jene Menschen, die sich einen Spaß daraus machen, anonym im Netz herumzutrollen und anderen den Tag zu vermiesen.

Auch mit dieser Art von Kritik und negativen Kommentaren müssen Community Manager*innen tagtäglich umgehen. Selbst wenn es sich hierbei meist noch nicht um eine Krisenkommunikation handelt, ist ein angemessener Umgang mit Kritik die erste Stufe, um ein Ausufern und Überschwappen kritischer Kommentare in andere Kanäle zu verhindern.

Was also tun? Gute Vorbereitung ist das A und O für jede Krise. Darauf kann die Kommunikation in der Krise aufbauen. Und aus jeder Krise lässt sich für die Zukunft lernen.

Das A und O für die Krise ist die Vorbereitung

Krisen sind in der Regel einzigartig und unerwartet. Doch überraschend viele Krisenereignisse lassen sich antizipieren, wenn man sich einmal vorab die Zeit dafür nimmt, genau hinzuschauen.

Häufige Probleme mit Produkten, wiederkehrende Kritik am Service, mögliche Schadensereignisse, die eintreten und den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen können – all das sind mögliche Issues (engl., „Probleme, Krisenthemen, Krisenauslöser“), aus denen Krisen entstehen können.

Diese Issues lassen sich mit etwas Erfahrung in der eigenen Organisation meist sehr schnell identifizieren. Wer einmal anfängt, wird vermutlich sehr bald überall mögliche Issues und Kritikpunkte identifizieren.

Das Ziel sollte aber zunächst sein, die häufigsten Kritikpunkte und Probleme zu identifiziere und zu sammeln. Hier kann das Community Management einen wertvollen Beitrag leisten, weil das Wissen über wiederkehrende Kritik bereits vorhanden ist.

Darüber hinaus empfiehlt es sich bei der Auswertung potenzieller Kritik- und Krisenherde, auch einen Blick auf den Wettbewerb zu werfen. Welche Themen sorgen hier für Kritik? Und welche dieser Themen könnten auch das eigene Unternehmen treffen, eventuell sogar unfreiwillig durch Verwechslungen? 

Für die identifizierten Kritikpunkte und Issuethemen lassen sich dann im nächsten Schritt Sprachregelungen vorbereiten. Es empfiehlt sich hier, meist eher stichpunktartig die Kernbotschaften zusammenzufassen. Dies gibt insbesondere den Community Manager*innen die Möglichkeit, Aussagen für die Community und auf den jeweiligen Kommentar angepasst zu verfassen, anstatt den immer gleichen Textbaustein zu verwenden.

Mit einer solchen Vorbereitung auf mögliche Issues und den dazugehörigen Sprachregelungen ist man zumindest auf erwartbare Krisen bereits vorbereitet. Darüber hinaus lässt sich dieses Material im Krisenfall aber oft auch für jene Fälle adaptieren, die einen zum ersten Mal treffen oder die man nicht hat kommen sehen.

Das ist das Minimum an Krisenvorbereitung, dem man sich widmen sollte – insbesondere auch, damit das Community Management effektiv funktionieren kann.

Das Krisen-Playbook

Wir empfehlen Unternehmen und Organisation, sogar noch einen Schritt weiterzugehen und ein Krisen-Playbook zu erstellen. Ein solches Playbook ist ein Handlungsleitfaden und bietet eine leicht verständliche Anleitung, was im Krisenfall wann zu tun ist und wer für was verantwortlich ist.

Das Krisen-Playbook baut auf der Analyse von Issues auf. Für die einzelnen Issues lassen sich dann Eskalationsstufen identifizieren. Hier lässt sich beispielsweise die Shitstorm-Skala von Daniel Graf und Barbara Schwede als Gradmesser verwenden bzw. für eigene Issues adaptieren.

Generell lässt sich dabei unterscheiden zwischen:

  • Normalbetrieb, z. B. wenn keine oder nur vereinzelte kritische Kommentare oder Beiträge erscheinen, das Community Management aber alle Kommentare gut beantworten kann
  • Leichtes Krisenpotenzial, z. B. wenn vermehrt kritische Kommentare erscheinen und diese auch aus der Community heraus verstärkt werden. Hier empfiehlt es sich, zusätzlich zum Community Management die Beobachtung der auftretenden Issues zu starten.
  • Erhöhtes Krisenpotenzial liegt in der Regel vor, wenn die Kritik andauert und in andere Kanäle überschwappt. Ab dieser Stufe besteht zumindest die Gefahr für eine Kommunikationskrise. Die Reaktionen des Community Managements sollten deshalb abgestimmt mit anderen Kommunikationsmaßnahmen erfolgen. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, die Kapazitäten für das Community Management langsam hochzufahren und eigene Inhalte erst einmal zu pausieren.
  • Krisenkommunikation wird notwendig, wenn die Kritik weitergehenden Protest anzieht, sich die Berichterstattung in anderen Kanälen intensiviert oder tatsächlich ein Krisenereignis eintritt. Hier ist eine Abstimmung mit Unternehmenskommunikation, PR etc. und ein koordiniertes Vorgehen notwendig. Das Community Management sollte in jedem Fall in die Entwicklung von Sprachregelungen einbezogen und über kontinuierlich über neue Entwicklungen im Krisenfall informiert werden.

Abhängig vom konkreten Issue können natürlich einzelne Eskalationsstufen übersprungen werden.

Zusätzlich bietet sich die Analyse der Community bzw. potenzieller Stakeholder an, die sich in der Vergangenheit bereits zu konkreten Issues geäußert haben oder bei denen davon auszugehen ist, dass sie dies in Zukunft tun. So lassen sich potenzielle Kritiker*innen und anderen Nutzer*innen erkennen und kategorisieren. Aus diesen Kategorien lassen sich wiederum Anspruchsgruppen für die Krisenkommunikation und mögliche Personas ableiten.

Hier ist es beispielsweise sinnvoll, auf die Einstellung bestimmter Gruppen gegenüber dem jeweiligen Issue einzugehen: Handelt es sich um potenzielle Unterstützer*innen oder doch um Kritiker*innen?

Auch die Reichweite der Absender*innen spielt für den Umgang in der Krise natürlich eine Rolle: Ein anonymer Social-Media-Account ohne nennenswerte eigene Reichweite oder ein neues Mitglied einer On-Domain-Community haben keinen Einfluss auf die Entwicklung einer Krise. Hingegen können Influencer und sehr aktive Community-Mitglieder maßgeblich zur Eskalation einer Krise beitragen – und natürlich auch zur Deeskalation.

Community Manager*innen können relevante Akteure meist bereits benennen. Sie sollten in die Analyse in jedem Fall einbezogen werden. Hat man Issues und die dazugehörigen Personas analysiert, lassen sich daraus Indikatoren für einzelne Eskalationsstufen ableiten. Außerdem kann man auf dieser Basis Abläufe für die Kommunikation entwickeln und festlegen.

So definiert das Playbook dann Taktiken für den Umgang mit kritischen Beiträgen – themenübergreifend ebenso wie issue- und absenderbezogen. Darüber hinaus werden für konkrete Issue-Szenarien Handlungsoptionen und Sprachregelungen übersichtlich zusammengefasst. Auch Verhaltensregeln für das Community Management und gegebenenfalls andere Kommunikationsbereiche werden hier zusammengefasst.

Das Playbook legt dabei darüber hinaus fest, bei welchen Themen und ab welchem Krisenpotenzial andere Organisationsbereiche, z. B. PR oder die Rechtsabteilung, hinzugezogen werden müssen. 

Ein solches Playbook ist damit eine Art Krisenhandbuch speziell für die Kommunikation mit der Community. Im Krisenfall bietet es schnelle Orientierung und Hilfe für konkrete Szenarien. Und selbst, wenn gänzlich neue Kritik auftaucht, bietet das Playbook meist vergleichbare Themen, so dass sich Eskalationsstufen und geeignete Handlungsoptionen kurzfristig adaptieren lassen. Im Krisenfall kann dies bei neuen Themen und Ereignissen erheblich Zeit sparen.

Ebenfalls nicht vergessen: Gibt es alternative Strukturen? Denn was passiert, wenn die Infrastruktur selbst betroffen ist (Hacker etc.) und keine Telefonbücher bzw. -anlage oder Internetzugänge verfügbar sind? Und es soll schon vorgekommen sein, dass kein physischer Zugriff auf Daten z. B. in Aktenordnern gab, weil der Zutritt zu den Firmenräumen z. B. nach Starkregenereignissen nicht möglich war. Dann nutzen eben auch ausgedruckte Telefonlisten wenig. Dabei geht es nicht darum, sich auf jedes denkbare Problem vorzubereiten, aber es schadet eben auch nicht, zumindest über einen Plan B nachzudenken. 

Das Krisen-Playbook ist dabei kein in sich geschlossenes Dokument, sondern sollte fortlaufend erweitert und weiterentwickelt werden – z. B. weil neue Kanäle bespielt werden oder neue Issues auftauchen. In jedem Fall sollte nach einer Krise geschaut werden, was sich daraus für zukünftige Krisen lernen lässt. Aber dazu gleich noch einmal mehr.

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Wer die Werkzeuge zeitig schärft, kann sie im Krisenfall gut einsetzen

Das Krisen-Playbook ist nur ein Werkzeug, das bei der Bewältigung einer Krise helfen kann. Für eine effektive Krisenkommunikation ist ebenso ein funktionierendes Monitoring und andere Methoden zur Früherkennung erforderlich.

Hier ist es insbesondere sinnvoll, Prozesse zu entwickeln, wie potenzielle Issues schnell erkannt und an die entsprechenden Stellen eskaliert werden können. Ein entsprechendes Monitoring sollte, wenn es nicht dauerhaft eingesetzt wird, schnell hochgefahren und individuell für das jeweils eintretende Szenario angepasst werden können.

Generell sollten Community Manager*innen auch in die Entwicklung eines organisationsweiten Krisenhandbuchs einbezogen werden. Mit ihrer Erfahrung und Expertise können sie wichtige Aspekte des digitalen Kommunikationsverhaltens einbringen und so die Krisenkommunikation insgesamt auf eine solidere Basis stellen.

Rollen und Abläufe für den Krisenfall werden häufig in speziellen Krisenübungen und Simulationen geübt und verfeinert. Dies dient auch dazu, die Schnittstelle zwischen Krisenstab und Kommunikationsabteilung zu testen. Auch hier sollten die Community Manager*innen frühzeitig involviert und die Zusammenarbeit im Krisenfall geprobt werden.

Ob als Teil einer umfassenden Krisenübung, als Planspiel für die Krisenkommunikation oder in einer speziellen Shitstorm-Simulation: Übung macht auch vor und in der Krise den Meister. In jedem Fall sollten Social-Media- und Community-Management bei der Krisenkommunikation gleichbedeutend mit allen anderen Kanälen behandelt werden.

Das bedeutet zudem, dass gegebenenfalls zusätzliche Kräfte für den Kriseneinsatz im Community Management geschult werden sollten. Wer erst in der Krise auf mögliche personelle Engpässe reagiert, wird große Probleme haben, das Community Management am Laufen zu halten. Eine Ressourcenplanung ist hierfür genauso wichtig wie die Einarbeitung zusätzlicher Personen, z. B. auch Unternehmenssprecher*innen, für die Unterstützung des Community Managements in der Krise.

Schulungen und Trainings sollten zudem regelmäßig stattfinden und wiederholt werden. Denn die Reaktionsfähigkeit in der Krise ist wie ein Muskel: Wird er regelmäßig trainiert, funktioniert die Krisenkommunikation deutlich besser.

Die Grundlagen für das Community Management in der Krise

Zwei Aspekte sind entscheidend für eine erfolgreiche Kommunikation in der Krise:

Erstens: Lass kein Informationsvakuum entstehen.

Das bedeutet, dass ihr als Organisation fortlaufend kommunizieren müsst. Kommt es zu einer Krise – unabhängig vom Auslöser – solltest du dies zunächst anerkennen und transparent über den Status informieren. Nur so kannst du deine Kommunikationshoheit sichern und vermeiden, dass andere Akteure oder Kanäle die Unsicherheit einer Krisensituation nutzen, um deiner Organisation weiter zu schaden.

Dies gilt übrigens sowohl für Krisenereignisse als auch für kommunikative Krisen. Denn auch, wenn es verstärkt zu Kritik an der Organisation kommt, ist ein erster Schritt, diese Kritik anzuerkennen. Auch, wenn du noch keine Sprachregelung für eine öffentliche Reaktion hast, solltest du kommunizieren, dass dir das Problem bewusst ist und du bzw. die Organisation sich schnellstmöglich um die Lösung kümmern wird.

Nutzt die Organisation Social-Media-Accounts, sollten diese auf jeden Fall eine entsprechende Info veröffentlichen. Vergiss in der Krisensituation nicht, die eigenen Kanäle zu bespielen.

Um unabhängig von Plattformen zu bleiben, solltest du immer auch die eigenen Kanäle (Website und, wenn vorhanden, Blog) nutzen, um im Krisenfall eine eindeutige Anlaufstelle für alle Informationen zur aktuellen Krise zu liefern. Selbst wenn es hierfür keine geeigneten Webauftritte gibt, kann es sinnvoll sein, solche Auftritte „getarnt“ vorzubereiten, so dass bei größeren Krisen in sehr kurzer Zeit ein Blog oder eine Landingpage mit vorbereiteten Informationen live geschaltet werden kann.

Hier kannst du jeweils den aktuellen Wissensstand als Statement veröffentlichen und häufig gestellte Fragen kompakt beantworten. Nutze das Monitoring und das Community Management, um diese Fragen zu identifizieren.

Zweitens: Erhalte die Organisation aufrecht.

In der Krise funktionieren viele Abläufe nicht wie gewohnt. Umso wichtiger ist es, die Organisation aufrechtzuerhalten. Die wichtigsten Schritte hierfür sind:

Monitoring nutzen: Fahre das Monitoring hoch oder erweitere das bestehende Monitoring für den konkreten Krisenfall. Auch ein Monitoring der Social-Media- und Community-Kanäle sowie der eingehenden Meldungen gehört dazu.

Community Management und Krisenstab vernetzen: Bei größeren Krisen tritt in der Regel der Krisenstab der Organisation zusammen. Wichtig ist, dass die Informationen aus dem Community Management, die für eine Bewältigung der Krise relevant sind, entsprechend an den Krisenstab weitergeleitet werden. Und natürlich müssen die Entscheidungen des Krisenstabs zeitnah in die Kommunikationsabteilung und an das Community Management weitergeleitet werden.

Das Modell des Krisenstabs ist dabei im Bevölkerungsschutz seit langem etabliert und hilft, alle relevanten Akteure an einen Tisch zu bringen. Idealerweise sitzt dabei sogar das Community Management direkt mit am Tisch und kann zusammen mit den Menschen für Presse und Social Media als „S 5“ das Krisenmanagement unterstützen.

Einen direkten Draht zur Community schaffen: Im Krisenfall bietet es sich an, dass du eine zentrale Anlaufstelle über einen eigenständigen Beitrag zum Krisenereignis schaffst. Unter diesem Beitrag kannst du Fragen von Betroffenen sammeln – und so zumindest die Wahrscheinlichkeit verringern, dass z. B. negative Kommentare zu einem Produkt unter allen Beiträgen des Unternehmens erscheinen.

Ein solcher Beitrag dient also einerseits dazu, das Krisenpotenzial zu begrenzen, weil sich alle kritischen Kommentare unter diesem Beitrag sammeln können. Gleichzeitig hast du darüber eine gute Möglichkeit geschaffen, um häufige Fragen von Betroffenen zu identifizieren – und diese in der Erstellung von FAQs einfließen zu lassen.

Team aufstocken: Achte im Krisenfall auf ausreichenden Support für das Community Management. Ob du das Team mit internen Kräften aufstockst oder durch externen Support unterstützen lässt – mit guter Vorbereitung und Dokumentation ist ein Aufstocken in den meisten Fällen auch kurzfristig möglich.

Insbesondere bei gezielten Shitstorms und Hasskampagnen gegen die eigene Organisation solltest du zusätzlichen Support für Community Manager*innen bereitstellen. Austauschrunden können hier ebenso hilfreich sein wie psychologische Unterstützung. Wichtig sind gerade in diesen Fällen regelmäßige Pausen, eine Begrenzung der Arbeitszeit und ein entsprechender Ausgleich in der Freizeit – denn am Ende geht es immer auch um die Gesundheit der Community Manager*innen.

In der Krise top-down: In einer Krisensituation müssen Entscheidungen schnell getroffen werden. Gerade Organisationen mit ansonsten flachen Hierarchien kann dies vor eine Herausforderung stellen. Denn ein Ausdiskutieren möglicher Lösungen funktioniert in der Krise nur bedingt. Hier muss schnell entschieden und entsprechend gehandelt werden.

Aus der Krise lernen

Krisen verlaufen in unterschiedlichen Zyklen:

  • Eine plötzliche Krise ist schlecht vorhersehbar. Sie taucht aus dem Nichts auf, ist meist aber auch schnell wieder vorbei.
  • Eine schleichende Krise entwickelt sich zunächst langsam. Erste kritische Beiträge tauchen gelegentlich auf, verstärken sich mit der Zeit aber zunehmend, bis die Krise eskaliert.
  • Eine zyklische oder periodische Krise verläuft wellenförmig. Dabei ist die nächste Welle meist etwas stärker als die vorangegangene.

Ein erstes Abebben der Kritik kann also auf das Ende einer Krise hindeuten (Variante 1) – aber ebenso gut auch nur eine kurze Verschnaufpause sein, ehe die Krise wieder eskaliert (Variante 3).

Solche Pausen eignen sich, um alle unmittelbaren Erfahrungen und Erkenntnisse festzuhalten. Auch direkt nach Ende lohnt es sich, wenn alle Beteiligten ihre noch frischen Eindrücke von der Krise schon einmal notieren: Was hat gut funktioniert? Wo gab es unvorhergesehene Entwicklungen? Wo hat es im Krisenkommunikationsprozess geknirscht?

Für eine umfängliche Retrospektive ist es direkt nach Abebben oder Ende einer Krise aber noch zu früh. Erst einmal gilt es, Stress und Arbeitszeit wieder zu reduzieren und zu den normalen Abläufen in der Kommunikation und im Community Management zurückzukehren.

Mit etwas Abstand sollte die Krise aber auf jeden Fall aufgearbeitet werden. Das gilt insbesondere für Themen und Ereignisse, die jederzeit wieder zu einer Krise führen können. Denn: Wer zweimal den gleichen Shitstorm erntet, ist selber schuld.

Dabei geht es bei einer Retrospektive nicht darum, jemanden für die Krise verantwortlich zu machen. Ganz im Gegenteil. Grundvoraussetzung einer Retro ist die Einstellung, dass alle während der Krise stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Auf dieser Basis lassen sich Schwachstellen im Krisenkommunikationsablauf und Verbesserungen für das künftige Community Management identifizieren.

Die Erkenntnisse aus so einer Rückschau sollten dann natürlich in das Krisen-Playbook, Abläufe und den Tool-Werkzeugkasten einfließen. Mitunter ergibt sich aus der Nachbetrachtung auch konkreter Handlungsbedarf für weitere oder zusätzliche Schulungen für das Team.

Und zu guter Letzt gilt nach der Krise vor allen Dingen: Schätze die Arbeit der Menschen wert, die in der Krise den Kontakt zu Deinen Kund*innen, Stakeholdern und anderen Zielgruppen betreut und gemeistert haben – und sage den Community Manager*innen Danke!


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 111

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