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Ausgepresst? Saftblog nach Abmahnung auf der Kippe

Die Abbildung der olympischen Ringe und die Nutzung des Begriffs „Olympiade“ in einer Überschrift können möglicherweise einen Streitwert von 150.000 Euro bedeuten. Dieser Ansicht sind vermutlich die Anwälte des Deutschen Olympischen Sportbund e.V. Sie schickten dem Saftblog von Walther’s Obstsäfte ein entsprechendes Abmahnschreiben. Die Blogger sind nun so frustriert, dass sie am liebsten alles hinschmeißen wollen. Und wieder einmal zeigt sich: Wer eine Internetseite startet, steht schon mit einem Bein vor der Pleite – Abmahnwahn sei Dank.

Dass Inhaber von Marken- und Urheberrechten diese auch durchsetzen, ist absolut nachvollziehbar. Warum aber wird so häufig mit Kanonen auf Spatzen geschossen?

Dieser und dieser Blogbeitrag sollen ernstlich 150.000 Euro Schaden verursachen? Zugegeben: Ich bin juristischer Laie. Aber selbst nach intensivem Nachdenken ist mir die Logik dahinter nicht klar.

Aus Schwerin kenne ich einen ähnlich skurrilen Fall: Hier musste die Gaststätte „Olympia“ die fünf Ringe über dem Eingang überkleben. Ob es auch hier eine Abmahnung gegeben hat, ist mir nicht bekannt.

Die Saftblogger jedenfalls sind geschockt und frustriert. In ihrer ersten Reaktion möchten sie am liebsten sofort alles hinschmeißen: „Wir sind weder in der Lage, jeden Eintrag vor Veröffentlichung juristisch prüfen zu lassen, noch die Kosten die mit einer Verpflichtungserklärung verbunden sind, finanziell zu tragen. So viel Geld verdienen wir nun auch nicht mit dem bißchen Saft“, schreibt Geschäftsführerin Kirstin Walther.

Aber sie bekommt sofort Schützenhilfe von anderen Bloggern, darunter auch Fachleute. Der Lawblogger Udo Vetter schreibt beispielsweise:

Bis auf die Veröffentlichung der olympischen Ringe ist es wirklich schwer zu erkennen, wo in diesen harmlosen, für den olympischen Gedanken sicher auch nicht schädlichen Artikeln die Rechte des mir bislang unbekannten Sportbundes, dem wahrscheinlich alles rund um Olympia und die Olympischen Spiele gehört, verletzt sein sollten. Ich jedenfalls kann nichts Großartiges finden und schon gar nichts, wofür man Anwälte losschicken müsste.

Der genaue Wortlaut der offenbar 17-seitigen Abmahnung ist nicht bekannt. Kirstin Walther erkundigt sich gerade, ob eine Veröffentlichung erlaubt ist. Anwälte mutmaßen allerdings, dass sich das Schreiben auf das „Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen (OlympSchG)“ stützt.

Unklar bleibt allerdings, warum ein Verein, der sich dem olympischen Gedanken verschreibt, Anwälte gegen zwei Blogeinträge ins Feld schickt. Der Schaden für den Ruf des Vereins und der von ihm vertretenen Sache dürfte in den nächsten Tagen groß werden, sofern nicht schnell eine Kehrtwendung erfolgt.

Dieser Fall erinnert doch sehr an ähnliche Vorgänge vor gut einem Jahr. Ich erinnere nur an die Fälle Shopblogger vs. Sozialgericht Bremen und Werbeblogger vs. Klum. Siehe dazu auch meinen Artikel: Wie Unternehmen Kritik im Internet entdecken und abwehren können.

Für Blogger gilt: Die Nennung von Firmen- und insbesondere Markennamen und erst recht die Verwendung von Bildmarken ist mit einem hohen Risiko verbunden. Und wie die obigen Beispiele zeigen, kann das schon in harmlosesten Fällen richtig teuer werden. Man braucht also nicht einmal einen bösen Beitrag zu schreiben, um böse in die Falle zu tappen…

A N Z E I G E

BMA - Business Management Akademie

 

12 Gedanken zu „Ausgepresst? Saftblog nach Abmahnung auf der Kippe

  1. Wir brauchen dringend ein neues Urheberrecht. Eines, das an unsere Zeit angemessen ist. Welches vielleicht sogar auf europäischer Ebene umgesetzt wird. Evtl. kommt ja aus dieser (piratenpartei.de) Richtung ein frischer Wind? Klar ist jedenfalls, sollte sich nichts zu Gunsten der Verbraucher – in diesem Fall der Nutzer des Internets – ändern, stehen wir vor großen Problemen die letztendlich allen schaden werden.

  2. Was ich auf der Seite der Piratenpartei gelesen habe, finde ich interessant, aber leider etwas platt und an der Wirklichkeit vorbei. Aber das kann sich ja noch ändern.

    Beispiel: Da wird immer das Bild des armen Konsumenten gezeichnet, der machtlos den weltweiten Großkonzernen gegenübersteht, beispielsweise der Musikindustrie. Das Internet eröffnet aber schon heute ganz andere Möglichkeiten. Autoren und Künstler können an den eingetretenen Vertriebspfaden vorbei ihre Werke direkt an ihre Hörer und Leser bringen. Das Problem ist, dass die meisten Leute einfach zu bequem sind, um wirklich selbst auf Entdeckungstour zu gehen. Die wollen die Werke, die durch die Marktmacht der großen Konzerne in aller Munde sind, haben – das dann aber bitteschön kostenlos oder aber viel billiger als heute. Wären die Konsumenten anders, wäre die Musikindustrie in kürzester Zeit platt. Es gibt genügend Portale wie bspw. myownmusic.de. Aber dort etwas zu finden, ist natürlich anstrengender.

    Nach meinem Eindruck werden die armen Künstler, die angeblich so unter den großen Konzernen leiden, meist vorgeschoben, um die eigenen Interessen zu verschleiern.

    Aber das wird dort nicht gesehen oder ich habe es übersehen. Wenn man das Urheberrecht abschafft, muss man auch bedenken, was mit all den vielen Einzelkünstlern passiert, die es selbst schaffen. Für die ist das Urheberrecht absolut überlebensnotwendig.

    Na, mal schauen, wie sich die Diskussion weiterentwickelt. Vielleicht gibt es ja einen neuen Ansatz, der allen weiterhilft.

  3. Hallo und danke für die Aufmerksamkeit. ;)

    Nein – wir gehen nicht von einem unmündigen Konsumenten aus. Und auch das Urheberrecht soll nicht völlig abgeschafft werden – eben nur eine Privatkopie erlaubt sein (das ist etwas anderes – Künstler behalten das alleinige Verkaufsrecht gegen Entgeld).

    Ausserdem möglich: Kulturflatrate (etwa 3 Euro/Monat für alles).

    ….und nicht alleinige Themen bei uns. Wir haben auch irgendwo eine Liste von freier Musik im Wiki.

    Grüsse
    ALOA

  4. Die Idee der Kulturflatrate ist zumindest mal etwas Neues. Aber verstehe ich das richtig: 3 Euro pro Monat und alle bisher illegalen Downloads sind legal? Wenn das die Idee ist, wird sie sich hoffentlich nie durchsetzen.

    1. 3 Euro/Monat sind ein Witz für die Menge an geschützten Werken, die ich mir in dieser Zeit herunterladen kann. Selbst die genannten 5 Euro sind albern, dafür bekomme ich nicht einmal eine Drittel CD.

    2. Das Legalisieren wird dazu führen, dass weite Teile der Bevölkerung zu Downloadern werden, entsprechend spezialisierte Angebote und Software werden das schon heute immense Volumen explodieren lassen. Warum sollte ich mir auch nur eine CD kaufen, wenn ich mir für 3 Euro hunderte und tausende CDs herunterladen kann? Bei Filmen genauso. Glück haben nur Zeitungen, Zeitschriften und Bücher: Die müsste man ja erst ausdrucken oder am Bildschirm lesen. Das macht vielleicht nicht jeder. Aber eine heruntergeladene CD oder DVD ist im Konsum von einer gekauften nicht zu unterscheiden, evtl. in der Qualität aber nicht in der Nutzung.

    Aber vielleicht habe ich das ja auch nur falsch verstanden. Könntest Du mich aufklären?

    Mal eine andere Frage: Ist irgendjemand in der Piratenpartei, der mit urheberrechtlich geschützten Werken seinen Lebensunterhalt verdient?

  5. @kulturflatrate: diese idee ist (meiner meinung nach zu recht) auch in der partei umstritten.

    @frage: ich wuerde eher fragen, ob in der partei jemand ist, der nicht mit urheberrechtlich geschuetzten werken seinen lebensunterhalt verdient.

  6. Das Urheberrecht abschaffen würde bedeuten den Schutz auf geistiges Eigentum zu verlieren – keine gute Idee. Wir leben leider nicht im Star Trek Universum wo alles kostenlos ist und trotzdem alle glücklich sind :) Meine Meinung: man sollte es (UrhG) reformieren, einfach moderner gestalten und dabei sollte auf jeden Fall die Möglichkeit von Privatkopien enthalten sein. Von einer Kulturflatrate, wie sie hier beschrieben wurde und wie ich sie verstehe, halte ich persönlich nichts, da sie letztendlich nicht die Kosten (ja, auch der Künstler braucht Geld zum Leben und Arbeiten) der Produktion und Umsetzung des endgültigen Produktes decken kann.
    PS: ich bin nicht in der PP, finde die Diskussionsansätze aber sehr interessant :)

  7. Grundsätzlich finde ich das auch interessant und wichtig. Was den Kopierschutz angeht, finde ich einen anderen Ansatz intelligent: Die Dateien können frei kopiert werden, sind aber alle mit einem digitalen Wasserzeichen versehen, das sich nicht entfernen lässt (zumindest in der Theorie). Über das Wasserzeichen lässt sich im Fall des Falles nachvollziehen, von wem die Datei ursprünglich stammt. Möglich ist das auch für Audio-Dateien. Damit gibt man den Menschen die Verantwortung für ihr Tun und lässt sich doch die Möglichkeit offen, sie bei Vergehen dafür zu belangen.

  8. beim „nachvollziehen“ stellt sich nur das Problem, dass jeder Nutzer (Käufer) irgendwie registriert werden muss. Mit diesen Daten lassen sich widerrum Profile erstellen die von bestimmten Gruppen genutzt werden können. Es besteht also mehr oder weniger das Problem des „gläsernen Kunden“ und des schwindenen Datenschutzes. Hier müßten also Regeln geschaffen werden, die den Datenschutz größtmöglich gewährleisten. Alles schwierig :)

  9. 3 Euro für alles – das ist ein von mir für die Berechnung benutzter Wert. Ich nehme es mit Zahlen eher genau und habe mein Bestmögliches getan, um eine realistische Zahl zu ermitteln.

    Man überschätzt den Wert. Es soll auch nicht alles über die Flatrate (ich bevorzuge „Datenflatrate“) finanziert werden, sondern nur den Teil, den z.B. Künstler erhalten.

    Berechnungsgrundlage sind eine Flatrate für jeden Telefon/DSL-Anschluss gestaffelt von 0,50-5 Euro/mtl. je nach Art (Schnitt 3 Euro). Das ergibt rd. 2Mrd Euro.
    1/3 der 2Mrd machen ebenfalls 1/3 der Umsätze der Musikindustrie aus (der grösste Umsatzbringer bei „geistigem Eigentum“). Die Künstler würden über ein unveräusserliches Recht also in etwa das erhalten, was sie derzeit von der MI bekommen.

    Das restliche Geld bekämen Softwarehersteller (Privatbereich), Filmhersteller sowie Printmedien (Foto,Bücher,Verlage). Imho reicht das locker aus.

    Die Industrien können weiterhin alleinig CD´s u.ä. veräussern und so die restlichen 2/3 mit diesem Mehrwert erwirtschaften (das ist imho leicht zu machen – CD´s mit Cover u.ä.).

    So viel zu diesem Thema ;)

    Ansonsten hier:
    http://wiki.piratenpartei.de/index.php/Kulturflatrate

    Grüsse
    ALOA

  10. Wie gesagt: Würde dieses Tun legalisiert, gäbe es in kürzester Zeit spezialisierte Angebote, Webseiten und Software, die das „Saugen“ für Jedermann möglich machen. iTunes zum Klauen, sozusagen. Außer ein paar Intellektuellen und Leuten ohne Breitbandanschluss wird praktisch niemand mehr eine CD oder DVD kaufen. Das ist keine Schwarzmalerei, sondern einfach aus dem abgeleitet, was heute in dem Bereich schon passiert, obwohl es illegal und nicht gerade komfortabel ist.

    Dass es neben den Künstlern auch noch andere Leute gibt, die an der Entstehung von Musik und anderen Werken beteiligt sind und ebenfalls davon leben wollen, ist aber sicher auch klar, oder?

    3 Euro/Monat sind und bleiben in meinen Augen ein Witz. Absolut indiskutabel.

  11. „Man überschätzt den Wert. Es soll auch nicht alles über die Flatrate (ich bevorzuge “Datenflatrate”) finanziert werden, sondern nur den Teil, den z.B. Künstler erhalten.“
    hier verdienen also „nur“ die Künstler? Ok. Wer von diesen Käufern, die diese Flatrate nutzen, beansprucht dann noch diesen Teil:
    „Die Industrien können weiterhin alleinig CD´s u.ä. veräussern und so die restlichen 2/3 mit diesem Mehrwert erwirtschaften (das ist imho leicht zu machen – CD´s mit Cover u.ä.).“

    ?

  12. Ihr werft da einiges in den Raum.

    Ein paar Dinge dazu:
    – die „Filesharer“ sind die besten Kunden der Musikindustrie. Dazu gibt es Studien der Musikindustrie in Kanada selbst (und die Empirik sollte das ebenso nachweisen).

    – das noch weitere an Entstehung von Musik beteiligten ist klar. Wo ist das Problem ? Das ist derzeit auch so. Derjenige, welcher die Rechte anmeldet muss entweder alle Teilrechte besitzen oder kann einen Verteilerschlüssel hinterlegen (Texter, Musiker etc.). Kosten der Aufnahmestudios etc. sind wie bisher das Problem der Musiker selbst. Nur können so unbekanntere mit wenig Mitteln auch ohne Label-Tausende („Garagenmusiker“) direkt zu Geld kommen.

    Das mit der „medienlosen Zeit“ kommt so oder so. Glaubt Ihr, das es in 50 Jahren noch CD´s gibt ? Oder in 100 Jahren ? Was will man dann machen ? Preise gleich lassen, nur weil es keine CD´s mehr gibt und die MI auch gerne etwas hätte ? Dieses Problem haben diese so oder so in den nächsten Jahren.

    Grüsse
    ALOA

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