Während dein Content-Team akribisch den Redaktionskalender pflegt und jeden Dienstag pünktlich einen neuen Blogbeitrag veröffentlicht, könnte diese gut gemeinte Disziplin deiner SEO-Performance im Weg stehen. Ryan Brock, Content-Stratege und Co-Autor des Buches „Pillar-Based Marketing“, stellt in einer Präsentation eine provokante These auf: Der gute alte Redaktionskalender hat als strategisches Werkzeug für SEO ausgedient. Was er damit meint und was es mit Pillars und Clustern auf sich hat, erklärt dir Jan Tißler in diesem Artikel.

Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
- Google bewertet nicht die Veröffentlichungsfrequenz, sondern die thematische Autorität von Websites.
- Content Pillars sind 15 bis 16 zusammenhängende Inhalte zu einem Themenkomplex, die du gebündelt veröffentlichst.
- Sie ersetzen oder ergänzen den traditionellen Redaktionsplan mit seinen wiederkehrenden Contentplätzen.
- Fallstudien zeigen, dass dieser Ansatz zu deutlich schnelleren Ranking-Verbesserungen führt als regelmäßig isolierte Inhalte zu veröffentlichen.
- Die Themendefinition erfolgt idealerweise anhand von Google-Signalen wie „People also ask“-Boxen und verwandten Suchanfragen.
- Eine durchdachte Verlinkungsstruktur zwischen Hauptartikel und Unterartikeln ist für den Erfolg entscheidend.
- Der Fokus verlagert sich letztlich von regelmäßigen Veröffentlichungen hin zu thematischer Tiefe und kontinuierlicher Aktualisierung bestehender Inhalte.
Der größte Nachteil des Redaktionskalenders
Laut HubSpot setzen 76,6 Prozent aller Marketer auf redaktionelle Kalender. Sie planen damit akribisch, an welchem Tag welcher Content veröffentlicht wird, und halten eisern an diesen Zeitplänen fest. Warum? „Es hilft, das Team fokussiert zu halten“, ist die meist genannte Begründung. Doch steckt hinter dieser weit verbreiteten Praxis mehr Gewohnheit als messbare Wirksamkeit?
Die wahre Problematik zeigt sich, wenn der Kalender die Publishing-Strategie diktiert. Frei nach dem Motto: „Wir müssen am Dienstag etwas veröffentlichen – egal was!“ Dieser Druck führt dazu, dass Teams verzweifelt nach Themen suchen, um Lücken im Kalender zu füllen. Die Qualität und strategische Ausrichtung der Inhalte rückt dabei zugleich in den Hintergrund. Die Einhaltung des Zeitplans wird zum Selbstzweck.
Was Google wirklich interessiert
Während jahrelang das Mantra „Veröffentliche regelmäßig, um bei Google zu punkten“ die Runde machte, zeigen aktuelle Erkenntnisse ein anderes Bild. Der bemerkenswerte Google-Algorithmus-Leak von 2023 hat hier deutlich mehr Klarheit gebracht.
Das überraschende Ergebnis: Im gesamten Leak findet sich kein einziger Hinweis darauf, dass die Regelmäßigkeit von Veröffentlichungen ein Ranking-Faktor ist. Nicht ein einziger.
Was stattdessen deutlich hervortritt, ist der Fokus auf thematische Autorität. So heißt es im Leak:
„Jede Seite, die du veröffentlichst, wird gegen die Identität gemessen, die Google für deine Website erstellt hat – die thematische Identität.“
Noch aufschlussreicher ist diese Erkenntnis:
„Klicks oder Impressionen werden aggregiert und auf thematischer Basis angewendet. Du solltest mehr Content schreiben, der mehr Impressionen und Klicks erzielen kann.“
Mit anderen Worten: Google bewertet deine Expertise nicht anhand deiner Veröffentlichungsfrequenz, sondern auf Basis der thematischen Tiefe und Breite deiner Inhalte.
Content Pillars: Der strategische Gegenentwurf zum Redaktionskalender
Seit einigen Jahren setzen fortschrittliche Content-Teams auf einen alternativen Ansatz: Content Pillars oder Topic Cluster, wie wir sie im UPLOAD Magazin übrigens bereits 2018 vorgestellt haben. Inken Kuhlmann von HubSpot hat es darin als Alternative zur Keyword-fokussierten Inhaltserstellung präsentiert.
Willst du solche Artikel in Zukunft nicht mehr verpassen, empfehlen wir dir das Update am Montag. Darin findest du immer den neuesten Beitrag der Woche sowie andere nützliche Tipps und Hinweise rund ums Thema Content-Marketing.
Der entscheidende Unterschied der Content Pillars zum traditionellen Redaktionskalender-Ansatz: Statt wöchentlich einzelne, isolierte Inhalte zu veröffentlichen, erstellst du umfassende Themenkomplexe.
Experte Ryan Brock bezeichnet diesen Veröffentlichungsansatz in einer Präsentation (siehe unten) bildlich als „Boa Constrictor-Methode“: Statt jede Woche einen kleinen Happen zu servieren, veröffentlichst du auf einmal 15 bis 16 zusammenhängende Inhalte zu einem spezifischen Thema. Diese Inhalte decken verschiedene Aspekte eines Themenkomplexes ab und sind sinnvoll miteinander verlinkt.
Der wesentliche Vorteil: Du baust schneller thematische Autorität auf und gibst Google ein umfassenderes Bild deiner Expertise zu einem bestimmten Thema.
Fallbeispiele: Wie der Pillar-Ansatz Ergebnisse beschleunigt
Die Daten sprechen für sich. Ryan teilt drei aufschlussreiche Fallbeispiele:
Fall 1: Employee Onboarding
Ein Unternehmen veröffentlichte gleichzeitig 16 vernetzte Inhalte zum Thema „Employee Onboarding“. Statt diese über Monate zu verteilen, wurden sie gemeinsam online gestellt. Das Ergebnis: Innerhalb weniger Monate erreichten sie zahlreiche Seite-1-Rankings. Im Laufe der Zeit wuchs der Content-Korpus auf 87 Stücke an, was die Autorität weiter stärkte.
Fall 2: Workflow Software
Ähnlich sah es bei einem Unternehmen aus, das 16 Inhalte zum Thema „Workflow Software“ veröffentlichte. Innerhalb weniger Wochen (von April bis Mai) verzeichneten sie einen dramatischen Anstieg ihrer Sichtbarkeit, der unmöglich gewesen wäre, wenn sie die Inhalte über Monate verteilt hätten.
Fall 3: Cybersecurity Alert Fatigue
Besonders interessant: Ein Unternehmen, das noch nie über „Cybersecurity Alert Fatigue“ geschrieben hatte, veröffentlichte nur fünf neue Inhalte zu diesem Thema und innerhalb eines Tages begannen sie, Traffic für diese Keywords zu generieren. Ein Ergebnis, das mit einem wöchentlichen Publishing-Rhythmus Monate gedauert hätte.
Noch interessanter: Als sie die neuen Inhalte mit einem bereits bestehenden Themenkomplex verlinkten, stieg auch dessen Performance sprunghaft an.
Praktische Umsetzung: Vom Redaktionskalender zu Content Pillars
Wie kannst du diesen Ansatz in deiner Content-Strategie umsetzen? Hier sind konkrete Schritte:
1. Themen objektiv definieren
Statt nach einzelnen Keywords zu suchen, identifiziere vollständige Themenkomplexe, die für deine Zielgruppe relevant sind. Nutze dabei die Daten und Signale, die Google selbst liefert, um zu verstehen, welche Inhalte in einem Themenkomplex zusammengehören. Das funktioniert so:
- Analysiere die „People also ask“-Boxen: Diese Fragen zeigen dir, welche verwandten Aspekte Google mit deinem Hauptthema verbindet.
- Betrachte die „Related searches“: Am Ende jeder Suchergebnisseite zeigt Google thematisch verbundene Suchbegriffe, die wertvolle Hinweise auf weitere Inhalte für deinen Content-Cluster liefern.
- Untersuche die Top-Rankings: Sieh dir die bestplatzierten Inhalte zu deinem Thema an und analysiere, welche Aspekte sie abdecken und wie sie strukturiert sind.
- Beobachte Auto-Suggest-Vorschläge: Die automatischen Vervollständigungen in der Suchleiste offenbaren, welche Fragen und Aspekte häufig mit deinem Thema verknüpft werden.
- Nutze die Google Search Console: Hier siehst du, für welche verwandten Begriffe deine bestehenden Inhalte bereits gefunden werden.
Diese Daten helfen dir, eine „thematische Landkarte“ zu erstellen, die zeigt, welche Inhalte Google als zusammengehörig betrachtet. So kannst du sicherstellen, dass dein Content-Cluster genau die Themenaspekte abdeckt, die Google und deine Zielgruppe als relevant erachten.
Erstelle eine visuelle Darstellung deines Themenkomplexes mit einem Hauptthema in der Mitte und allen Unterthemen darum herum. Identifiziere dabei, welche etwa 200 Keywords aus einem Themenfeld mit potenziell 2.000 verwandten Begriffen den größten Traffic bringen könnten. Auf diese solltest du dich fokussieren.

2. Umfassendes Content-Set erstellen
Anstatt jeden Dienstag einen neuen Blogbeitrag zu verfassen, entwickle ein zusammenhängendes Set von 15-16 Inhalten, die verschiedene Aspekte deines Themas abdecken. Diese könnten umfassen:
- Einen umfassenden Pillar-Artikel als Anker, der das Gesamtthema überblicksartig behandelt (z.B. „Der komplette Guide zu Content-Marketing-Strategien 2025“)
- Spezialisierte Unterartikel zu einzelnen Aspekten (z.B. „Content-Distribution auf LinkedIn: Best Practices“)
- FAQ-Inhalte, die direkte Antworten auf häufige Fragen liefern
- Case Studies, die konkrete Anwendungsbeispiele zeigen
- Anleitungen und How-Tos mit praktischen Schritt-für-Schritt-Anleitungen
In Inken Kuhlmanns UPLOAD-Artikel findest du weitere Hinweise zur praktischen Umsetzung von Topic Clustern und Content Pillars.
3. Gemeinsame Veröffentlichung
Der entscheidende Unterschied zum Redaktionskalender-Ansatz: Veröffentliche diesen Content-Cluster auf einmal oder innerhalb weniger Tage. Laut Ryan Brocks Daten entwickelt sich die Sichtbarkeit viel schneller, wenn Google auf einen Schlag einen umfassenden Themenkomplex erkennen kann.
Wenn dir die Ressourcen für eine gleichzeitige Veröffentlichung von 15+ Inhalten fehlen, teile den Prozess in zwei bis drei Schritte auf, die du innerhalb von ein bis zwei Wochen veröffentlichst, aber nicht über Monate gestreckt, wie es beim traditionellen Redaktionskalender der Fall wäre.
4. Intelligente Verlinkung
Die Verlinkungsstruktur ist entscheidend für den Erfolg deines Content-Clusters:
- Jeder Unterartikel sollte auf den Pillar-Inhalt verlinken
- Der Pillar-Inhalt sollte auf alle thematisch relevanten Unterseiten verlinken
- Verlinke auch thematisch zusammenhängende Unterartikel miteinander
- Verwende aussagekräftige Anchor-Texte, die den thematischen Zusammenhang verdeutlichen
Siehe dazu oben auch die schematische Darstellung.
5. Pflege statt Neuproduktion
Statt ständig neue Inhalte zu erstellen, um den Kalender zu füllen, investiere Zeit in die Aktualisierung und Erweiterung deiner bestehenden Content-Cluster:
- Aktualisiere Statistiken und Fakten
- Ergänze neue Entwicklungen und Erkenntnisse
- Füge neue Medienformate wie Infografiken oder Videos hinzu
- Verbessere Inhalte, die noch nicht die gewünschte Performance zeigen
- Ergänze den Cluster bei Bedarf mit neuen Unterthemen
Fokus auf Topic Authority statt Veröffentlichungsfrequenz
Ryan Brock arbeitet mittlerweile an einem „Topic Authority Score“, einem Bewertungssystem, das auf einer Skala von 0 bis 100 misst, wie viel Autorität eine Website in den Augen von Google zu einem bestimmten Thema besitzt.
Dieser Ansatz verlagert den Fokus von der Frage „Wie häufig veröffentlichen wir?“ zu „Wie umfassend decken wir ein Thema ab?“ Die entscheidenden Erfolgsfaktoren sind:
- Themenabdeckung: Wie vollständig behandelst du ein Thema in all seinen relevanten Aspekten?
- Inhaltliche Tiefe: Wie detailliert und wertvoll sind deine Informationen?
- Thematische Vernetzung: Wie gut sind deine Inhalte untereinander verknüpft?
- Kontinuierliche Aktualisierung: Wie aktuell hältst du deine bestehenden Inhalte?
Fazit: Zeit für ein Umdenken
Der Redaktionskalender hat als Organisationswerkzeug durchaus seine Berechtigung. Das gilt besonders dann, wenn es darum geht, verschiedene Marketing-Kanäle zu koordinieren und Teams zu organisieren. Als treibende Kraft für deine SEO-Strategie scheint er aber überholt.
Insofern ist es vielleicht an der Zeit, deinen Redaktionskalender nicht zu verwerfen, sondern umzudenken: Vom wöchentlichen Publishing-Plan zum themenbasierten Content-Cluster-Plan.
In einer Welt, in der Google die thematische Expertise über die Publishing-Frequenz stellt, könnten Content Pillars der Schlüssel zu schnelleren und nachhaltigeren SEO-Erfolgen sein.
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Ansehen: Ryan Brock über Content Pillars
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 120
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Jan hat mehr als 20 Jahre Berufserfahrung als Online-Journalist und Digitalpublizist. 2006 hat er das UPLOAD Magazin aus der Taufe gehoben. Seit 2015 hilft er als CONTENTMEISTER® Unternehmen, mit Inhalten die richtigen Kunden zu begeistern. Und gemeinsam mit Falk Hedemann bietet er bei UPLOAD Publishing Leistungen entlang der gesamten Content-Marketing-Prozesskette an. Der gebürtige Hamburger lebt in Santa Fe, New Mexico.