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Hintergründe zu „DOSB vs. Saftblog“

Wussten Sie schon, dass Sie die olympischen Ringe viel Geld kosten können? Das Symbol für Fairplay, Völkerverständigung und den Amateursport ist eine eingetragene Marke und durch ein umstrittenes Sondergesetz geschützt. Der Deutsche Olympische Sportbund verteidigt seine Rechte an den olympischen Symbolen mithilfe von Anwälten und Abmahnungen. Jüngstes Opfer ist das „Saftblog“ der Firma Walther’s. Diese Aktion machte aber eine Welle, die in die klassischen Medien zu schwappen drohte. Ein Lehrstück über das Unwesen der Abmahnung und die Macht der Blogs.

Eine 17-seitige Abmahnung hatten die Macher des Saftblogs erhalten. Der Grund dafür waren dieser und dieser Artikel. Für einen Unkundigen erschließt sich auch auf den dritten Blick nicht, was an diesen Artikeln abmahnfähig sein sollte. Das zeigt, welche Fallen auf einen Blogger und andere Websitebetreiber heute lauern. Jeder kann heute seine Online-Unternehmung und sein Internet-Medienimperium gründen. Die damit verbundenen rechtlichen Pflichten aber sind kaum bekannt. Beim korrekten Impressum fängt es an, geht über die Verwendung urheberrechtlich geschützter Texte und Bilder bis eben hin zur Nutzung von Marken ohne Zustimmung.

Zwei Artikel = 150.000 Euro

Bei den olympischen Ringen handelt es sich um eine solche Marke. Genau genommen ist es sogar eine Super-Marke, denn es gibt ein eigenes Gesetz dafür. Erlassen wurde es im Vorfeld der Bewerbung Leipzigs um Olympia. Denn wenn in einem Land kein solches Gesetz existiert, hat es kaum Chancen, die olympischen Spiele zu bekommen, wie beispielsweise in den Kommentaren beim Law-Blogger zu lesen ist.

Der Deutsche Olympische Sportbund kümmert sich intensiv um den Schutz der olympischen Symbole. Wer sie verwendet, muss sich künftig warm anziehen – und sein Sparbuch plündern. Auf 150.000 Euro war im Abmahnschreiben an das Saftblog der Wert festgelegt. 150.000 Euro für zwei Artikel, die sich mit den olympischen Spielen beschäftgen, das Wort „Olympia“ in der Überschrift und die olympischen Ringe als Illustration im Text verwenden? Mit dem olympischen Gedanken und den damit verbundenen Werten ist es weit gekommen.

Abmahnungen als Routine?

Inzwischen versucht der DOSB offenbar zurückzurudern und den Schaden zu begrenzen. Das Schreiben von Pressesprecher Michael Schirp klingt nach Versöhnung, hinterlässt aber bei mir den Eindruck, dass die Abmahnung für den DOSB eine Routineangelegenheit ist. In der Vergangeheit habe es „viele Fälle“ gegeben, in denen die Abmahnkosten gesenkt wurden, erklärt Schirp beispielsweise. Persönlich kenne ich selbst aus Schwerin einen entsprechenden Fall. Der Höhepunkt der Absurdität ist aber nach meinem Empfinden sein Hinweis, der direkte Weg sei manchmal der Bessere. Das könnte sich der DOSB gern selbst auf die Fahnen oder die Stirn schreiben.

DOSB: das nächste StudiVZ?

Die Antwort von Michael Schirp kommt dabei nicht von ungefähr. Schnell hatten andere Blogger die Vorgeschichte des DOSB ausgegraben. So ist das Schutzgesetz für die olympischen Ringe höchst umstritten und möglicherweise nicht verfassungskonform. Zum Glück für den DOSB wird darüber öffentlich derzeit nicht diskutiert. Die Macht der Blogs könnte das ändern, denn mehr als einmal schwappte eine Diskussion aus Weblogs in die großen Medien wie den Spiegel. Man denke nur an den Fall StudiVZ.

Aber nicht nur das Verhalten des Deutschen Olympischen Sportbundes und seines Pressesprechers ist bedauerlich und irritierend.

Forderung: mehr Schutz vor Abmahnungen

Zum einen muss dringend erneut darüber diskutiert werden, warum solche Abmahnungen überhaupt möglich sind. Pressesprecher Michael Schirp hat für mich in seinen Äußerungen den Eindruck hinterlassen, dass sich die Anwälte des DOSB vor der Abmahnung nicht mit dem betroffenen Unternehmen beschäftigen. Erst hinterher wird klar, ob man einen multinationalen Konzern oder einen Safthersteller abgemahnt hat. Für mich klingt das nach Fließbandabmahnung. Dieser Form der Abmahnung muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden. In Zeiten des Internets ist das nicht mehr tragbar, weil es mit einer einfachen Suchabfrage ein leichtes ist, eine Liste von Kandidaten zu generieren und der Reihe nach abzumahnen. Das geht so leicht, dass es zum Geschäftsmodell taugt und auf vielfache Weise missbraucht werden kann. Hier muss der Grundsatz gelten, dass zunächst nur eine Änderung des abzumahnenden Verhaltens gefordert werden kann, ohne dass sofort horrende Kosten entstehen. Erst wenn der Betreffende dann nicht reagiert, sollte eine entsprechende Abmahnung möglich sein. Das würde das einfordern, was DOSB-Pressesprecher Michael Schirp ja so messerscharf erkannt hat: „…manchmal ist der direkte Weg der Bessere.“ Er sollte gesetzlich zur Pflicht werden. Erst fragen, dann schießen.

Zum anderen brauchen Blogger offenbar soetwas wie eine eigene Rechtschutzversichrung oder eine gemeinsame Kasse, aus der solche Dinge bezahlt werden können. Es geht mir hier nicht um Leute, die bewusst gegen Gesetze verstoßen und dafür zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Es geht mir um Fälle wie diesen, in denen ein Goliath meint, mit dem vermeintlichen David ein leichtes Spiel zu haben.

Links zum Thema

Saftblog von Walther’s
Artikel im Saftblog mit der ersten Information über die Abmahnung durch den DOSB
Stellungnahme des DOSB
Gesetz zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen
Beitrag und Diskussion in Udo Vetters Law-Blog zum Thema
Ausführlicher Artikel zu den rechtlichen Hintergründen bei Law-Blog.de
Robert Basic spekuliert über die Rollen einiger Blogger und weitere Hintergründe in diesem Fall

Es ist an der Zeit, Anwälte wie sie der DOSB, die Daimler-Chrysler-Bank oder der Media Markt beschäftigt und beauftragt als das zu titulieren, was sie nach meiner Meinung im Rahmen unserer derzeitigen Gesellschaftsverfassung sind: eine parasitäre Schande ihres Berufsstands.

Quelle: Thomas Knüwer (Handelsblatt)

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4 Gedanken zu „Hintergründe zu „DOSB vs. Saftblog“

  1. Was ist aus der Petition gegen das höchst einseitige „Olympiaschutzgesetz“ geworden ?

    Ich bin als Verantwortlicher -Stand 11.08.2010- mit einem 59-seitigen Anwaltsschreiben und einer 5-stelligen Kostennote wegen der Verwendung von „olympiaähnlichen“ Begriffen und Zeichen abgemahnt worden.

    Olympia und die Olympiade wollten wir nicht neu erfinden oder nachmachen, aber an der Namensähnlichkeit „Budolympics“ und einer IOC-ähnlichen Struktur sind wir für eine Zusammenballung von Budo-Kampfsportarten nicht vorbeigekommen. Das Olympiaschutzgesetz war uns leider nicht bekannt.

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