Digitale Transformation: 10 Digital Leader in mittelständischen Unternehmen

Die digitale Transformation ist im deutschen Mittelstand angekommen. Wie genau, erklärt Christiane Brandes-Visbeck in diesem Artikel, für den sie zehn Führungskräfte befragt hat. Eingangs erklärt sie, was es mit viel genutzten, dennoch nur selten genauer definierten Begriffen wie „Digital Leadership“ und „Digitale Transformation“ überhaupt auf sich hat, und warum die Veränderungen oftmals im Verborgenen passieren.

Foto vom Digitalfestival „Year of the Goat“ in Hamburg (Foto: Christiane Brandes-Visbeck)

Wenn ich in mittelständischen Unternehmen das Konzept von der „Digital Leadership“ vorstelle, werde ich oft gefragt: „Wenn ich ein Digital Leader werden will, muss ich dann ein LinkedIn-Profil anlegen und ganz viel twittern?“

Nun ja. Bei der Digitalisierung geht es hauptsächlich um Vernetzung. Knotenpunkte, sogenannte Hubs, werden zum superschnellen Datenaustausch verbunden. Manche Hubs sind wichtiger als andere. Das liegt daran, mit wie vielen anderen Punkten verbunden sind, und wie viele Informationen sie durchleiten. Je besser die Vernetzung, desto größer der Erfolg.

Wenn Unternehmen Prozesse digitalisieren, geht es vor allem darum, schneller zu werden. In der Produktion werden zum Beispiel möglichst alle Produktionsmittel miteinander digital vernetzt, damit sie schneller und variabler Dinge herstellen können. Im modernen Content-Marketing wiederum werden auf der Basis von Customer Journeys die digitalen Kommunikationswege zu Interessenten und Kunden optimiert. Beispielsweise, damit die Crowd schneller Feedback für die Produktentwicklung geben kann, sich für das Produkt begeistert und es letztendlich kauft. Das nennt sich Social Selling.

Wenn Unternehmen Prozesse digitalisieren, geht es vor allem darum, schneller zu werden.

Im Endeffekt geht es darum, die gesamte Wertschöpfungskette schlanker, schneller und damit effektiver zu gestalten. Alles das ist nur möglich, wenn die Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten oder sein Umfeld mitgestalten, sich möglichst aktiv austauschen. Ohne Informationen, Feedback und Verortungen entstehen keine neuen Ideen und Strategien. So läuft das heute.

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Im Mittelpunkt steht der Kulturwandel

Gesteuert werden diese alles verändernden Digitalisierungsprozesse mit Digital Leadership. Dem Begriff begegnete ich erstmalig Ende 2014 auf einer englischsprachigen Website. Er gehört zu diesen Wortschöpfungen, die deshalb so wunderbar als Buzzwort funktionieren, weil sich jeder etwas darunter vorstellen kann. Der Wortsinn ist so liquide, dass er mühelos aus dem Internet in Blogposts, Fachbücher und Kongress-Titel rüberschwappt.

Als Digital Leadership noch neu war, dachten viele, dass derjenige ein Digital Leader ist, der mit digitalen Tools führen kann. Man nahm an, dass jeder, der eine Führungsposition innehat und Offline-Meetings durch Videocalls ersetzt, der über Messenger schreibt und keine Faxe mehr verschickt oder Waren online bestellt und nicht mehr im Laden um die Ecke einkauft, ein Digital Leader ist. Diese Interpretation hat sich überlebt.

Bei der Digitalen Transformation geht es um den Fortbestand und das Wachstum von Unternehmen.

Wer sich heute mit Führung im digitalen Zeitalter auseinandersetzt, wer Paneldiskussionen auf Digitalkonferenzen folgt, Meet-ups über Alternative Leadership Styles besucht oder aktuelle Artikel über Digital Leadership liest, dem wird eines klar: Es geht nicht nur um das Schnelle, Digitale. Im Mittelpunkt steht der Kulturwandel. Das nennen wir Digitale Transformation.

Auch im deutschen Mittelstand ist die Erkenntnis gereift, dass es bei der Digitalen Transformation um nichts Geringes geht als um den Fortbestand und das Wachstum von Unternehmen.

In Zeiten hoher Veränderungsdynamiken, die rasante Digitalisierungsfortschritte wie 3D-Druck, AR, Robotik und automatisierte Kommunikation ermöglichen, müssen alle Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten neu gedacht werden. „Neu denken“ bedeutet radikales Handeln. Wenn Produktlinien und Produktionsprozesse auf den Prüfstand gestellt werden, heißt dies konsequenterweise: Jede betriebliche Maßnahme, jeder Personaleinsatz, jeder Stellenbeschreibung und jedes Reporting muss angepasst oder ohne Zögern abgeschafft werden. Die Frage lautet: „Ist das schnell und vernetzt, oder kann das weg?“

Transformation ist nicht nur Veränderung

Und was genau heißt jetzt Transformation? Die meisten Quellen definieren den Begriff nach semantischen Zusammenhängen. Also in etwa so: In der Statistik steht Transformation für die Umformung von Variablen. In der Medizin u. a. für eine Art, wie DNA in Zellen verwandelt werden. In der Militärwissenschaft für einen grundlegenden Wandel in der Strategie. Und in der Esoterik für den Prozess der individuellen Bewusstseinserweiterung.

Welcher Definition man auch immer folgen mag: Es geht immer um etwas Drastisches, um Umwandlung, nicht nur Veränderung. Auch der Umwandlungsprozess, das Umdenken lernen, den Menschen während der Digitalen Transformation eines Unternehmens durchlaufen, stellt allerhöchste Anforderungen an sie – unabhängig von der Hierarchiestufe, in der sie tätig sind.

Je weiter weg ein Mensch von den Prinzipien des Digitalen Seins entfernt ist, desto aufwändiger gestaltet sich diese Umwandlung, desto größer sind die Hürden. Wer es gewohnt ist, in klassischen Hierarchien zu denken, wird nicht sofort ein demokratischer, transformationaler Leader werden. Wer erlebt hat, dass Fehler bestraft werden und deshalb aus Angst versucht, diese zu vermeiden, wird nicht so schnell Freude am Experimentieren entwickeln. Und wer sein Leben lang Arbeit zugeteilt bekommen hat, der wird selbstorganisiertes Arbeiten anstrengend finden.

Und doch: In allen Unternehmen gibt es diese Digital Natives, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Die altersbedingt gar nicht wissen können, wie schlimm es ist, wenn teure technische Geräte wegen eine Bedienungsfehlers repariert werden müssen oder die betrieblich genutzte Software wegen einer unbedachten Tastenkombination abstürzt. Dazu gibt es Digital Immigrants, die zwar nicht mit diesem Internet groß geworden sind, aber die neuen Möglichkeiten so faszinierend finden, dass sie freiwillig umdenken und sich in die digitale Welt einarbeiten. Und dann gibt es noch ganz andere, diese Kollegen aus der Hölle, die wollen, das alles so bleibt wie es ist. Da ist ein Clash der Kulturen vorprogrammiert. Oder?

Brücke vom Netzwerk zur Hierarchie

Aus meiner Sicht ist eine vornehmliche Aufgabe eines Digital Leaders, diese unterschiedlichen digitalen Kompetenzen innerhalb seines Teams zu erkennen und beim Digitalen Wandel einzupreisen. Er ist quasi die Brücke vom Netzwerk zur Hierarchie. Was einen Digital Leader auszeichnet, habe ich in dem Artikel „Fünf Denkanstöße für eine moderne Führungskultur“ hier im UPLOAD Magazin beschrieben. Die wichtigsten Leadership-Eigenschaften, um den digitalen Wandel zu gestalten, sind laut einer C-Level-Umfrage der Personalberatung Russel Reynolds: disruptiv, innovativ, mutig in der Führung, sozial hoch kompetent und entschlossen.

Und welche Felder hat ein Digital Leader während der Digitalen Transformation eines Unternehmen zu bewerkstelligen? So ziemlich jedes, wie die Deloitte-Analyse „10 Human Capital Trends 2017“ sehr anschaulich zeigt. Einige der Stichworte hier lauten: Reorganisation für Geschwindigkeit, Agilität und Anpassungsfähigkeit. Ich möchte noch hinzufügen: Kultur.

Netzwerk schlägt Hierarchie ist die Kultur für alle, die ihr berufliches (und privates) Leben im Zeitalter der Digitalen Revolution auch weiterhin selbst gestalten wollen. Für alle, die den digital getriebenen Umbau von Unternehmen, Organisationen, ja unserer Gesellschaft mitgestalten und in ihrem Sinne steuern. Sie alle sind größere oder kleinere Hubs in ihrer Welt, die nur einen klitzekleinen Ausschnitt von dieser riesig großen, global vernetzten Welt liefern können.

Menschen, die ihre Umwelt und damit ihre Zukunft gestalten wollen, bezeichne ich als Digital Leader.

Wer in seinen Netzwerken und Filterbubbles genau hinhört, weiß: Es ist höchste Zeit für diesen digitalen Wandel. Alle Menschen, die ihre Umwelt und damit ihre Zukunft gestalten wollen, bezeichne ich als Digital Leader. Sie führen sich selbst, in dem sie ihre eigenen Interessen und Wünsche mit der sich ständig verändernden Realität abgleichen und das Mögliche möglich machen. Sie führen andere, in dem sie schauen, was diese brauchen, um am digitalen Wandel mitzuwirken. Und sie gestalten Geschäfte und Prozesse, die sich an den Unternehmenswerten und dem wünschenswerten Digitalisierungsgrad orientieren.

Nicht mehr der Held der Arbeit sein

Über meine Arbeit zum Thema Digital Leadership lerne ich viele wunderbare Menschen kennen, die ganz aktiv den digitalen Wandel in ihren Unternehmen vorantreiben. Die an sich arbeiten, um die vielfältigen Anforderungen an einen Digital Leader zu erfüllen. Die ihre Arbeitsbedingungen optimieren, damit ihre Mitarbeiter und Kollegen Lust bekommen, den notwendigen Transformationsprozess aktiv zu begleiten. Klar, dass zu diesem Umdenken auch das schnelle Arbeiten mit digitalen Tools gehört. Aber es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass ein Digital Leader nicht programmieren lernen muss. Er muss auch kein Automatisierungsexperte werden oder einen Scrum-Prozess aufsetzen können. Beim Digital Leadership geht es eher um das Mindset und eine innere Haltung, die zur digitalen Zeit passen.

Führungskräfte lernen, anders zu denken, sich anders zu verhalten und auch anders zu reagieren als bisher. Digitale Führung heißt vor allem, sich in einem Umfeld sich zu bewegen, das komplex und daher oft unvorhersehbar ist. Es geht nicht mehr darum, alles besser zu wissen oder der Held der Arbeit zu sein. Wichtiger sind Führen auf Augenhöhe, Freude am Experimentieren und Lernen sowie agil, inspirierend und motivierend zu sein.

Menschen nehmen nur dann neue Herausforderungen an, wenn sie ihnen etwas bringen. Was muss ein Digital Leader tun, um Menschen im verwöhnten „Made in Germany“-Land dazu zu bewegen, Status und Sicherheit gegen Disruption und Innovation einzutauschen? Entweder muss der Druck so hoch sein, dass es keinen anderen Ausweg mehr gibt, oder er muss überzeugen können. Deshalb werden beim Digital Leadership all die Register gezogen, die auch ein Entrepreneur oder Startup-Gründer ziehen muss: inspirierende Visionen, bewundernswerte Werte, knackige Ziele und bezaubernd mutige Leader – für eine bessere (Arbeits-)welt.

Mittelstand und Digital-Gedöns

Nun tun sich gerade kleine und mittelständische Unternehmen mit diesem „Digital-Gedöns“ recht schwer. Bernd Preuschoff, Vice President Digital Transformation beim mittelständischen Unternehmen Schwan-Stabilo Cosmetics sagt dazu:

Der Mittelstand in Deutschland ist unwahrscheinlich bodenständig, extrem professionell in seinen Prozessen und von klassischer Kaufmanns- bzw. Unternehmerhaltung geleitet – Dinge, die wir in der Startup-Kultur oft vermissen und an denen diese auch oft scheitern. Genau hier liegt die große Chance des Mittelstandes, die Chancen der digitalen Welt nicht nur zu nutzen, sondern profund und nachhaltig umzusetzen. Wenngleich Aussagen wie „Transform or die“ oder „The Winner takes it all“ durchaus hilfreich sind, um ein erstes Wachrütteln zu erzeugen, sind sie nicht hilfreich, um Menschen im Change-Prozess dort abzuholen, wo sie sind. Ich denke, dass es enorm wichtig ist, die teilweise doch zur Selbstverliebtheit neigenden Aussagen der „Digitalen“ für die Menschen allgemein und die Mitarbeiter im Mittelstand im Besonderen zu „erden“. Ich glaube, dass man dazu den Mittelstand einfach nur an seine Stärken erinnern und die Sprache der „Digitalen“ übersetzen muss – dann weckt man auch den Erfinder- und Innovationsgeist, der diesem Bereich historisch eingeprägt ist und ihn so weit gebracht hat.

Dieser Erfinder- und Innovationsgeist ist genau das, was auch heute Manager im Mittelstand für den digitalen Wandel begeistern lässt. Diese engagierten Menschen – wir nennen sie hier Hidden Champions – sind überall in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu finden. Doch wer sind sie? Was tun sie im Alltag? Was treibt sie an? Für diesen Artikel habe ich mich in den vergangenen Wochen und Monaten in meinem Umfeld umgesehen, meine Fans und Follower in den sozialen Netzwerken befragt und eine Liste von Menschen zusammengestellt, die aus meiner Sicht eine oder mehrere Facetten von Digital Leadership leben.

Hier kommen nur die Hidden Champions zu Wort, die die Erlaubnis für ein Interview bekommen haben (was bei nicht längst allen ist der Fall war), die nicht auf Geschäftsführer-, Gesellschafter- oder Aufsichtsratsebene beschäftigt sind und deren Arbeitgeber im deutschsprachigen Raum gegründet worden ist.

Fazit

Mein Fazit für diesen Beitrag lautet: Die digitale Transformation ist im deutschen Mittelstand angekommen. Überall, oft im Verborgenen, passiert sehr viel. Die Motivation dieser Digital Leader ist sehr unterschiedlich: Einige von ihnen transformieren im Auftrag ihrer Arbeitgeber. Andere, weil Neugier, Experimentieren und Werteorientierung zu ihrer Persönlichkeitsstruktur passt. Und ganz andere sind einfach nur praktisch und nutzen das moderne Leadership-Konzept, weil sie es können – ganz bewusst als persönlichen Karriereturbo.

Zum Schluss komme ich auf die häufig gestellte Frage zurück: Muss ich als Digital Leader ein Profil auf LinkedIn anlegen und twittern? Ich würde mal sagen: Ja. Vernetzung ist ein Karrierebooster. Ein Businessprofil auf LinkedIn oder Xing gehören für jeden Leader als digitale Visitenkarte einfach dazu. Twitter ist das Tool für die Mächtigen. Die mittelständischen US-Unternehmer Elon Musk und Donald Trump sind nicht umsonst so einflussreich: Sie haben mit Twitter die kommunikative Pole Position erobert.

Also, lieber deutscher Mittelstand, gebt weiterhin Gas – geht auf die Überholspur mit Digital Leadership!

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7 Fragen an 10 Digital Leader (in alphabetischer Reihenfolge)

Franziska Angerer: „Ich sehe mich als Gestalterin und Ermöglicherin der Transformationsprozesse“

Bereichsleiterin People & Culture, UNITO Versand & Dienstleistungen GmbH (Otto Group), Graz. Alter: 37

Franziska, was zeichnet dich als Digital Leader aus?

(Foto: Otto Group)

Ich stelle Themen und Prozesse, Vorgehensweisen und Traditionen gerne in Frage. Wir kommen aus einem sehr klassischen Verständnis von Hierarchie. Mein Bereich war das „Lohnbüro“. Wir wurden nur aufgesucht, wenn es um Schwierigkeiten ging, und man hat uns nicht als kundenorientierte Serviceeinheit gesehen. Eine Anfrage bei uns zu stellen wurde, soweit es ging, vermieden. Dieses Image war mir vom ersten Tag meiner Aufgabe bei UNITO ein Dorn im Auge. So habe ich Elemente, die für mich zu einer modernen, digitalen Unternehmenskultur gehören, eingebracht, gestärkt und multipliziert.

Mein Schwerpunkt als Digital Leader ist Kommunikation und Vernetzung. Das sind die Werte, die für mich zum Erfolg führen, Unternehmenskultur prägen und gestalten und nicht zu Stillstand sondern Entwicklung führen. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Führen über Werte. Dazu gehört darüber zu sprechen, welche Werte für einen selbst wichtig sind und wie diese im Alltag zum Leben erweckt werden können. Ich spreche offen darüber, wenn es mir nicht gut geht, ich gerade keinen Kopf für ein spezielles Thema habe oder mir die Ressourcen fehlen, etwas zu tun. Offenheit und Transparenz über die aktuellen Aufgaben, die Ziele und auch die Vision gehören für mich dazu.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Ich führe meine Kollegen nicht im klassischen Sinn. Ich habe auch keine Mitarbeiter mehr. Wir sind alles Kollegen. Das zeigt, dass wir alle gleich viel wert sind, wir auf Augenhöhe kommunizieren können und über ein gemeinsames Verständnis von Werten unsere Themen vorantreiben. Ich habe vor einiger Zeit Einzel-Jour-Fixes mit meinem Team abgeschafft. Wir treffen uns regelmäßig in so genannten Brain Sessions, in denen wir uns über aktuelle Themen austauschen, eine Retro über die vergangene Woche durchführen sowie über Schwierigkeiten und Hindernisse sprechen. Gemeinsam finden wir dann Lösungen, wie wir weitermachen wollen.

Wenn es zu gröberen Meinungsverschiedenheiten kommt, ist es nur noch in ganz seltenen Fällen so, dass ich als „Schiedsrichter“ oder – auch sehr selten – als Entscheider „einschreiten“ muss. Auch das ist eine Art der Führung, sie ist weniger direktional als entwickelnd. Ansonsten ist meine Tür immer offen, jeder kann kommen wann er will. Wir essen fast jeden Tag zusammen zu Mittag und tauschen uns auch privat aus. Jeder agiert nach seinem Bedürfnis. Wer sich nicht beteiligen möchte kann sich ausklinken. Einige der Kollegen arbeiten im Flex-Office bzw. Home-Office. Ich bevorzuge es, im Büro ansprechbar zu sein, nehme mir aber auch genügend Raum für Weiterbildungen 

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch voran? 

Die Geschäftsführer bieten den Rahmen, die Vision und die Ziele. Sie schaffen überhaupt die Möglichkeit, den Spirit und die Haltung. Treiben tun den digitalen Wandel alle, die das möchten. Viele Tools und Methoden werden von Seiten der Personalentwicklung entwickelt, wir enabeln und ermöglichen. Tun muss jeder selbst.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Durch meine aktive Rolle im Kulturwandel-Team der Otto Group konnte ich bei uns im Unternehmen den Transformationsprozess von Anfang an aktiv begleiten. Ich initiiere mit meinem Team vielfältige Aktivitäten für alle Ebenen im Unternehmen und sehe mich als Gestalterin und Ermöglicherin der Transformationsprozesse.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Ich habe volle Unterstützung seitens der Geschäftsführung, es werden ausreichend Ressourcen wie Budget, Kollegen und Zeit für die Transformation zur Verfügung gestellt.

Wie lässt sich dein Erfolg als Digital Leader messen?

Im 360° Feedback sowie in der regelmäßig stattfindenden Mitarbeiterbefragung „Feedbacktime“ habe ich gute Resonanz für meine Führungsinitiativen und meine Haltung bekommen. Zudem bekomme ich regelmäßig persönliches Feedback aus meinem Team, anderen Bereichen und der Geschäftsführung. Die Anerkennung besteht für mich darin, weitere spannende Themen umsetzen zu können und den Freiraum dafür zu bekommen, das zu tun.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„Franziska treibt mit uns die digitale Transformation aktiv voran. Dabei schafft sie uns eine gute Basis, um den ständigen Wandel zu meistern. Für uns hat sie eine wichtige Vorbildwirkung, weil sie selbst sehr offen für neue Tools und Techniken ist und uns viele Dinge ausprobieren lässt. Sie führt uns zur stärkeren Selbstverantwortung und ermöglicht uns, unsere Stärken zu nutzen.“ (Sabine Uray, Personalentwicklerin in meinem Team)

Anne-Dorothee Feuß: „Mal bin ich Coach, mal Lernhelfer, mal Motivator oder Konfliktlöser, einmal im Monat bin ich Eventmanager und täglich Moderator“

Agile Master, Hamburger Privatbank. Alter: 30

Anne, was zeichnet dich als Digital Leader aus? 

(Foto: Carlos Arias)

Als Digital Leader nehme ich verschiedene Rollen ein: Mal bin ich Coach, mal Lernhelfer, mal Motivator oder Konfliktlöser. Einmal im Monat bin ich Eventmanager und täglich Moderator. Ab und zu muss ich auch Provokateur sein.

Ich habe Rollen, die ich gerne einnehme und Rollen, bei denen ich noch lernen kann. Die unterschiedlichen Rollen sind jedoch wichtig, um den verschiedenen Bedürfnisse meines Teams in einem dynamischen Umfeld gerecht zu werden und sie dabei zu unterstützen, jeden Tag etwas besser zu werden und etwas Wertstiftendes für das Unternehmen oder sich selbst umzusetzen.

Oft steht dabei das Zusammenbringen von verschiedenen Experten im Mittelpunkt. Zusammen können diese Experten voneinander lernen und das bestmögliche Stück Software produzieren oder Lösungskonzept entwickeln. Dafür benötigen sie Raum und Zeit, was in einer dynamischen Umgebung nicht selbstverständlich ist. Als Digital Leader muss ich dem Team diese Freiräume geben oder dafür sorgen, dass sie diese erhalten. Dafür kann es erforderlich werden, Dritten das Thema Agilität und den Umgang mit Komplexität zu erklären und Verständnis für neue Arbeitsweisen zu schaffen.

Eine weitere bedeutsame Eigenschaft als Digital Leader ist für mich das Hinterfragen, Reflektieren und Experimentieren. Oft wird in Unternehmen ein schwergewichtiger Prozess mit „Das war schon immer so“ oder „Das weiß ich nicht, aber mein Vorgesetzter will das so/etc.“ begründet. Diese Aussagen begegnen uns in Unternehmen öfter als in unserem Alltag. Wenn uns in unserem Privatleben etwas als wertlos oder zeitraubend vorkommt, sorgen wir dafür, dass sich etwas ändert, damit der Wert wieder erkennbar ist. Anders ist es im Unternehmen, wobei es dort häufig um Zahlen, Effizienz und Gewinne geht. Dennoch werden wertlose Prozesse fortgeführt und bei Veränderungen bedarf es vieler Entscheidungsinstanzen. Diesen Angang scheuen Mitarbeiter, die die wertlosen oder zeitraubende Prozesse ertragen, weil es Zeit und Erklärungsaufwand kostet, die Probleme aufzuzeigen und eine Veränderung herbeizuführen.

Als Digital Leader hinterfrage und reflektiere ich sehr gern. Das ist nicht immer einfach, aber im Ergebnis entstehen dadurch neue Ideen und oft Verbesserungen. Manchmal helfen schon Experimente, die in kleinen Gruppen oder für einen begrenzten Zeitraum von zwei Wochen ausprobiert werden, Dinge wieder wertstiftender zu gestalten. Als Digital Leader hinterfrage ich auch mein eigenes Handeln, reflektiere es aus verschiedenen Perspektiven und passe mein Verhalten an.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Ich möchte an dieser Stelle lieber von meinen Kollegen oder meinem Team sprechen. Ich begegne Ihnen auf Augenhöhe und bin ihnen als laterale Führungskraft (führen ohne formale Führungsfunktion, Anm. der Redaktion) nicht weisungsbefugt. Ich führe indem ich unterstütze, motiviere und fördere. Ein paar Beispiele sollen dies verdeutlichen: Unterstützen kann ich mit Hilfe strukturierter und lösungsfokussierter Moderation von Meetings, in denen ich dem Team bspw. mit Fragen dabei helfe, selbst eine Lösung zu einem Problem zu erstellen und die Ergebnisse zusammenfasse. Die Unterstützung kann auch das Vermitteln neuer Methoden sein, die Entscheidungsprozesse verändern (bspw. Delegation Poker nach Juergen Appelo).

Ich versuche, meine Kollegen zu motivieren und ihnen Mut zu machen neue Dinge auszuprobieren, indem ich ihnen Feedback gebe und mit ihnen die Arbeit oder Probleme reflektiere und wir zusammen Experimente angehen. Ich fördere Kollegen in dem ich in unserer täglichen Zusammenarbeit versuche zu erkennen, was ihnen helfen kann oder wo sie Freude dran haben ihr Wissen auszubauen. Dann kann ich entweder selbst Wissen weitergeben und Veranstaltungen empfehlen oder das benötigte Wissen von außen in das Team bringen lassen.

Wir kommunizieren auf Augenhöhe, täglich, sehr viel persönlich, manches über Gruppenchats und möglichst wenig per Mail.

Das Thema New Work ist bei uns weniger präsent. Im Fokus steht, die agilen Werte und Arbeitsweisen zu verstehen und zu etablieren. New Work wäre meines Erachtens der notwendige nächste Schritt.

Unsere Fehlerkultur verändert sich gerade. Es geht mehr darum Lösungen abzuleiten statt Ursachen zu erforschen oder Beteiligte zu identifizieren. In einer komplexen Umgebung ist die Ursachenforschung kaum möglich und wenig hilfreich. Nicht immer finden wir sofort die passende Lösung und manchmal sorgen Abhängigkeiten zu anderen Teams dafür, dass Lösungen lange für die Umsetzung benötigen. Als Digital Leader muss ich dann auch dafür sorgen, dass Abhängigkeiten künftig keine negativen Auswirkungen mehr auf das Team und unsere Prozesse haben.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen? 

Zurückzuführen ist die Notwendigkeit u.a. auf die verstärkte Wettbewerbssituation und zum anderen auf die gestiegenen Kundenbedürfnisse. Die Transformation selbst wird von Teilen des Managements und von Teilen der Mitarbeiter getrieben. Es ist ein Zusammenspiel, das den Prozess beschleunigt.

Als Digital Leader finde ich disruptives Vorgehen hilfreich und notwendig. Doch auch die Retrospektive, also das kurze Innehalten und Reflektieren und ggf. neu zu justieren ist wichtig. Ich bin der Überzeugung, dass bei der Transformation der Weg das Ziel ist. Schließlich wird sich die Welt weiter und schneller verändern, weshalb starre Strukturen oder feste Ziele sich jederzeit selbst überholen können.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Ich bin als Agile Master in zwei Teams tätig und gestalte zusammen mit anderen Agile Mastern unsere Community of Practice. Die Rolle Agile Master ist eine von drei lateralen Führungsrollen in jedem Team. Die drei Rollen agieren als Triade, wobei der Agile Master für die Prozessverbesserung verantwortlich ist. Die Rollen ergänzen sich und können sich gegenseitig unterstützen.

Für mich als Agile Master besteht der Vorteil, dass ich mich auf einen Verantwortungsbereich konzentrieren kann. Im Rahmen der Community of Practice diskutieren wir Themen, die im Rahmen des Transitionsprozesses Veränderungen in unsere Teams bringen. Wir agieren hier auch als Filter, indem wir Ideen oder Anforderungen der Managementebene aufarbeiten und im Sinne der agilen Werte und Arbeitsweisen in die Teams tragen. Dabei steht für uns die Weiterentwicklung und die Motivation der Teams im Vordergrund. Als Agile Master sind die Teams unsere wichtigsten Kunden und erst danach das Management. Dies sollte auch im Sinne des Unternehmens sein, denn als Agile Master kennen wir das Verbesserungspotenzial der Teams. Das gilt es auszuschöpfen und zu fördern.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement? Werden Ressourcen zur Verfügung gestellt?

Meine direkten Vorgesetzten fördern und fordern die Transition. Ressourcen werden sowohl in Zeit als auch in Budget zur Verfügung gestellt. Dabei tragen wir mit Verantwortung dafür, dass diese Ressourcen zielführend und wertstiftend eingesetzt werden. Als Digital Leader geht es mir dabei nicht nur um das eigene Team oder mich selbst, sondern auch um die ganze Organisation.

Eine wichtige Investition war beispielsweise der Aufbau und die Verbesserung unseres Wissensmanagementsystems. Jedes Team stellt sein Wissen darin zur Verfügung  – sofern keine unternehmensinternen oder externen Richtlinien dagegen sprechen. Damit erreichen wir eine hohe Transparenz und eine gute Basis für die Zusammenarbeit.

Jede Community of Practice verfügt über einen eigenen Auftritt, so dass sich Interessierte informieren können und Ansprechpartner kennen. Zudem sind andere Systeme, die die Teams nutzen, an das Wissensmanagementsystem angebunden, wodurch viele Prozesse digitalisiert und automatisiert werden konnten.

Die Nutzung kostet uns Mitarbeitern manchmal Disziplin, aber wir gewinnen dabei alle, weil so Wissensmanagement und Kollaboration unternehmensweit gefördert werden.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Ich persönliche messe meinen Nutzen an dem Feedback der Kollegen und der Weiterentwicklung im Team hinsichtlich Zusammenarbeit, schlanker Prozesse, schneller Feedbackzyklen und kontinuierlicher Verbesserung. Dafür gibt es auch Anerkennung.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„Anne ist eine tolle Führungskraft und Kollegin, weil sie ein hohes Maß an Konfliktbereitschaft und persönliches Engagement mitbringt. Diese Eigenschaften sind aus meiner Sicht für das Führen im Rahmen einer Transformation unabdinglich, um fortlaufend vorhandene Strukturen oder festgefahrene Denkmuster zu hinterfragen, aufzulösen und anschließend Neues mit dem Team zu gestalten. Dabei sind Annes Methodenkompetenz bzgl. agiler Methoden und ihr agiles Mindset sehr hilfreich. In der Anfangsphase einer Transformation ist es wichtig, das Zielbild mit der bestehenden Organisation zu arrangieren. Anne überrascht uns dabei häufig mit neuen Ideen. Damit erreicht sie, dass wir den langwierigen Prozess der Transformation positiv erleben.“ (Kollege Markus Waschke, Product Owner, IT-Productteam Finance & Reporting)

Ralf Imbery: „Mein Team und ich sind die Treiber des Transformationsprozesses“

Director Design, Digitalization & Innovation Management, Continental BU Benecke – Hornschuch Surface Group, Stuttgart. Alter: 55

Ralf, was zeichnet dich als Digital Leader aus?

(Foto: privat)

Erstmal ist das schon in meiner Funktion als „Director Design, Digitalization & Innovation Management“ per se so! In einem Unternehmen mit weltweit 12 Standorten muss man mit viel Überzeugungskraft den Wandel erzwingen.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Wir haben einen lockeren und freundschaftlichen Umgang und duzen uns alle. Raum und Zeit sind für uns nicht wichtig. Unsere Standorte sind rund um den Globus und 24 Stunden aktiv. Wir müssen nicht vor Ort sein um zu führen oder Entscheidungen zu treffen. Über Webex, Skype und andere neue technische Möglichkeiten kann man auch so eng vernetzt sein.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen?

Mein Team und ich sind die Treiber, aber auch der Vorstand sieht die Notwendigkeit.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Mit einem motivierten Team führen wir den Transformationsprozess!

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Ja, wir werden voll unterstützt. Ressourcen werden in allen Standorten geschaffen.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Es gibt klare Ziele und Vorgaben!

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„I first met Ralf while he was creating our design department at Hornschuch. He managed to build and grow his team and activity with agility and dedication. Ralf developed our design strategy, crafted our communications tools, coordinated branding efforts within our international group, and energized a multi-cultural team to grow fruitful relationships with industrials and design products partners across the globe. Ralf Imbery achieved creating a high level of awareness both on our products and corporate brands at a global level, from US to the Europe, above and beyond what was expected. Ralf combines analytical and great creative skills with business oriented mindset. Brilliant and careful colleague, it has been a lot of fun working with him.”

Christin Latk: „Ich ermutige Mitarbeiter zu neuen Ideen und gebe ihnen viel Raum für Experimente“

Senior-Produktmanagerin, Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft GmbH, Überlingen (am Bodensee). Alter: 50

Christin, was zeichnet dich als Digital Leader aus?

(Foto: Georg Plass)

Stillstand und Routine mag ich nicht. Ich bin neugierig und in einem kontinuierlichen Zustand konstruktiver Unzufriedenheit. Was wir haben ist gut – was kann man jetzt noch besser machen, um den Kunden noch besser zu „dienen“, um sie zu überraschen um sie „glücklich zu machen“? Und ich ermutige Mitarbeiter zu neuen Ideen und gebe ihnen viel Raum für Experimente. Ich begeistere sie dafür, neue Wege auszuprobieren und ihren Leidenschaften zu folgen. Und: netzwerken, netzwerken, netzwerken! Ich bringe auch gerne Leute zusammen, damit neue Ideen dazukommen und neue Kooperationen und Synergien entstehen können.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Ich führe sie durch wertschätzendes Begleiten. Ich vertraue zutiefst darauf, dass jeder gern gute Arbeit leisten will – also: machen lassen! Ich versuche spürbar zu machen, dass ich an ihre Kompetenz und Kreativität glaube. Und ich unterstütze sie, wo es nötig ist. Freiheit ist mir wichtig – wenn Mitarbeiter sich kontrolliert oder eingeengt fühlen, schränkt das unwillkürlich die Kreativität ein. Kommunikation findet über alle Kanäle statt, auch WhatsApp und private Kanäle, denn ich bevorzuge eine freundschaftliche Beziehung zu Kollegen und Mitarbeitern. Interesse am Menschen schließt ihn/sie immer als Ganzes ein – nicht nur der schmale Ausschnitt am Schreibtisch. Deshalb ist New Work bei uns ganz selbstverständlich. Ein Konzept arbeitet sich am besten zu Hause aus – oder abends. Das ist für jeden anders. Um der Kreativität und Qualität willen, darf das dann auch so sein. Natürlich passieren Fehler. Aber die sind ja spannend: Was lernen wir daraus, woran haben wir bisher nicht gedacht, was sind Alternativen, wie geht es besser?

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen?

Das bin vor allem ich – ich bin chronisch neugierig und wild auf (fast) alles Neue. Ich teile sehr gern mit, was ich erlebt und versucht habe, und diskutiere mit allen, ob das für unsere Zusammenarbeit intern oder für unsere Kunden einen Mehrwert haben könnte.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Ich bin ein Early Adopter und eine Treiberin. Ich probiere viel Neues aus, bin ich mit allen Bereichen des Unternehmens ständig in Kontakt. Es ist keine gezielte Strategie, aber auf diese Weise breche ich auch gerne mal „stille“ Regeln.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Ja, meine Geschäftsführerin ermutigt mich, meine Neugier und meinen Vorwärtsdrang auszuleben. Das mit den Ressourcen ist ausbaufähig! Aber das sehen beide Seiten so und wir arbeiten daran.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Das ist ein heikles Thema, denn ich ecke auch oft an. Weil ich so unruhig bin und mir mehr Tempo wünsche. Aktuell arbeite ich daran, mir ein dickeres Fell anzueignen. Dabei hilft mir eine Strategie, die sich bewährt hat: Ich konzentriere mich auf die, die sich begeistern lassen, die beitragen wollen. Anerkennung kommt schon, wird aber nicht immer ausgesprochen. Es lohnt sich also, sich selbst die eigenen Erfolge bewusst zu machen.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„Christin hat viele neue Ideen, auch für die Bereiche im Unternehmen, die sie nicht direkt betreffen. Diese Ideen werden mit den Kollegen gerne geteilt und diskutiert. Man merkt, dass sie das Unternehmen wirklich voranbringen möchte. Sie probiert neue Wege aus und geht weg vom „so haben wir das immer schon gemacht“. Sie begeistert Kollegen mit Ihrem Ehrgeiz, Dinge noch besser und dadurch Kunden noch glücklicher zu machen. Sie ist sehr lernwillig, bildet sich ständig mit Online Online-Seminaren etc. weiter und ist daher immer auf dem neusten Stand in den unterschiedlichsten Bereichen. Christin lässt „Debütanten“ Dinge ausprobieren und gibt hilfreiche Tipps. Man muss sich nicht scheuen erneut zu fragen, wenn Aufgabenstellungen nicht verstanden wurden. Sie hilft immer gerne weiter.“ (Pauline Parent, Assistentin im Produktmanagement)

Barbara Maas: „Digital Leadership hat sehr viel mit Führung durch Beispiel und Selbstführung zu tun“

News Leader, Berliner Zeitung, Berliner Newsroom GmbH (Dumont Mediengruppe). Alter: 36

Was zeichnet dich als Digital Leader aus?

(Foto: Thomas Heyse)

Als ich 2013 beim Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag in meine erste Führungsposition – in einer Onlineredaktion, also einem digitalen Umfeld – gesprungen bin, wusste ich anfangs nur eins: Mir geht es im Beruf nicht um Macht, ich will mit einem Team gestalten. Dabei helfen mir meine eigenen, journalistischen Werte. Und die sind: Freiheit, Neugier, Empathie. Natürlich bin ich Digital-Enthusiastin. Ich glaube daran, dass Technologie die Arbeitswelt revolutioniert. Ob zum Guten, liegt an uns.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Ich bin davon überzeugt, dass Digital Leadership sehr viel mit Führung durch Beispiel und damit auch mit Selbstführung zu tun hat. Ob man nun disziplinarische oder fachliche Führungsverantwortung hat oder als Teil eines Teams zum gemeinsamen Erfolg führt, ist dabei für mich zweitrangig. Dazu gehört auch, viele Fragen zu stellen, um Themen ganz neu zu denken. Und in Konferenzen und Meetings auch mal einen bewusst abseitigen Vorschlag zu machen, damit sich daraus eine Debatte entwickeln kann – ohne Angst vor einem möglichen Gesichtsverlust. Damit lässt sich übrigens auch ganz gut testen, wie es eigentlich um die Kultur im Team bestellt ist. Entspannte oder hämische Lacher, Weiterspinnen, irritierte Blicke, eisiges oder betretenes Schweigen: Diese Reaktionen habe ich alle schon erlebt. Auf Dauer verbessert sich dadurch aber die Diskussionskultur.

New Work im strengen Sinne habe ich in regionalen Medienhäusern, die ich kenne, offen gesagt wenig erlebt, sondern eher klassische Strukturen. Eine gewisse Grundversorgung mit Hierarchien und Autoritäten halte ich in bestimmten Organisationen und in bestimmten Situationen für arbeitserleichternd, weil sie schnelle Entscheidungen ermöglichen.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen?

Im Jahr 2017 haben die meisten Menschen, die in Medienunternehmen arbeiten, zwar verstanden, dass das Internet nicht wieder verschwindet. Treiber für den digitalen Wandel sind aber immer noch Menschen, die – wie ich – selbstverständlich im Netz leben und arbeiten, die experimentieren wollen und verstehen, was unsere Leser und Rezipienten von uns erwarten. Und diese Menschen arbeiten in ganz unterschiedlichen Funktionen.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Ich bin mittendrin, weil ich an unserem integrierten Newsdesk von Berliner Zeitung und Berliner Kurier arbeite. Und ich habe verschiedene Rollen: Mediatorin und Übersetzerin, zum Beispiel von KPIs. Analystin und Spielkind. Es ist wichtig, anhand von Beispielen immer wieder zu zeigen, was funktioniert und welcher Schritt zu welchem Ergebnis führt. Ohne diese Entschlossenheit, Liebe und Mut zum Experiment ist die digitale Transformation verloren.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Ja. Es gibt gerade nach dem Neuaufbau eine wachsende Offenheit im Berliner Verlag.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Das Praktische an den eingangs erwähnten Werten ist: Ich kann sie selbst ziemlich einfach überprüfen und sie sind unabhängig von Lob von außen oder einem fixen Ziel. Ich kann mich fragen: Wo bin ich meinen Werten gerecht geworden? Wo nicht? Waren wir neugierig im besten Sinne des Wortes oder haben wir gearbeitet wie immer? Habe ich mir die Freiheit genommen und experimentiert? Habe ich diese Freiheit den Kollegen ermöglicht? Was haben wir gelernt und wie können wir von diesem Wissen profitieren?

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

Als ich beim sh:z gekündigt hatte, um nach Berlin zu gehen, bekam ich im vergangenen Winter viel positives Feedback. Das Schönste kam von einer direkten Kollegin aus der Onlineredaktion, die mir beim Mittagessen sagte: „Du bist ein authentischer Leader.“ Das wollte ich immer sein: Ich selbst. Und in Führung.

Steffen Pelz: „Ein guter Weg durch ein Netz von Möglichkeiten und Herausforderungen ist der, den ein Mensch selbst findet“

IT-Projektmanager, Otto GmbH & Co. KG, Hamburg. Alter: 40

Steffen, was zeichnet dich als Digital Leader aus? 

(Foto: cooperation5)

Wenn es um digitales Miteinander geht, denke ich in Netzen. Eines der wesentlichen Merkmale von Netzen ist im Gegensatz zu klassisch-hierarchischen Organisationsformen der Wirtschaft des 19. und 20. Jahrhunderts, dass es keine Hierarchien gibt: Es gibt Knoten, auch zentrale Knotenpunkte, die einen großen Einfluss auf den Lauf von Informationen haben können. Ziel einer Netzstruktur ist es wiederum, Ausfallsicherheiten zu gewährleisten und vielfältige Wege zu ermöglichen, um zum Ziel zu kommen. Das kennzeichnet im Wesentlichen auch meine Überzeugung: Ein guter Weg durch ein Netz von Möglichkeiten und Herausforderungen ist der, den ein Mensch selbst findet.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Als IT-Koordinator für eines der vielfältigen Zukunftsthemen im Unternehmen befinde ich mich auf Augenhöhe mit denen, die die tatsächliche Umsetzung des Projektes in all seinen Facetten vorantreiben. Entsprechend der individuellen Vorerfahrungen im Team gibt es auch eine unterschiedliche Sprache miteinander: Der Einsteiger im Team versucht, sich zurechtzufinden und für sich zu evaluieren, an welchen Stellen er sich wie sehr vertieft; die Fragen sind eher vorsichtig und konservativ. Erfahrene Kolleg*innen sind aus teils langer klassischer Arbeit gewohnt, Vorgaben oder Entscheidungen zu bekommen, statt sie selbst zu treffen. Die Entschlossenheit zum Einsatz neuer Verfahren und Technologien ist bei innovativen Quereinsteiger*innen sehr ausgeprägt. Und hinter allem steckt ein Satz unterschiedlichster Erfahrungen, je nach Charakter der jeweiligen Personen: experimentierfreudig, zurückhaltend, überlegt, spontan, von guten wie schlechten Erfahrungen im persönlichen und beruflichen Umfeld geprägt. Folglich ist die Kommunikation extrem individuell – und die Schwere und Häufigkeit von Fehlern, die sich jede/r zutraut, schwankt im gleichen extrem von Mensch zu Mensch. In diesem heterogenen Feld, in einem Unternehmen, das aus einer klassischen hierarchischen Strukturierung kommt und gerade einen grundlegenden Wandel durchläuft, begegne ich allen im Grundsatz auf Augenhöhe – nicht nur den direkten Kolleg*innen im Projekt, sondern auch allen Vertretern der nach wie vor existenten Hierarchieebenen. Und ich verwende bewusst nicht das Wort Führen: Mein Ziel ist es, die intrinsische Motivation zu kitzeln, die Kolleg*innen von sich heraus zu einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu bewegen und damit auch das Einfordern der gleichwürdigen Auseinandersetzung miteinander zu ermöglichen.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen?

Die Treiber des digitalen Wandels sitzen quer im ganzen Unternehmen verteilt – über die jungen Kolleg*innen der Generationen Y und Z bis hin zu den Vorständ*innen, vom Einkauf über die IT bis zum Marketing: Es gibt zwar eine organisatorische Heimat für den „Kulturwandel 4.0“ für die gesamte Unternehmensgruppe, diese dient aber mehr der Koordination und der Initiierung von Wandlungen und ist nicht als Sammelkorb für von oben herabregnende Änderungsvorgaben zu verstehen. Zudem: Die Umstände der jeweiligen Konzernfirmen unterscheiden sich auch zum Teil sehr voneinander: Der Logistikdienstleister steht vor anderen Herausforderungen als klassische Versandhändler, die Neugründungen wie about you oder Finanzdienstleister. Was uns alle verbindet, ist die gemeinsame Basis, die die Gründungsfamilie legte, die Werte, die sie auch heute in der Öffentlichkeit leben und vertreten. Diese Grundlage ist denn auch Quelle der vielfältigen Änderungsmöglichkeiten, die wir an allen möglichen Stellen im Unternehmen wahrnehmen.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Ich nehme im Unternehmen mehrere Rollen wahr, die mir ermöglichen, die Vielfältigkeit meiner Interessen und Fähigkeiten einzubringen: Der Ausbildungsherkunft nach bin ich ein Wirtschaftsinformatiker, der als IT-Projektleiter vor acht Jahren im Unternehmen einstieg, zwischenzeitlich in die Rolle des Scrum Masters fand und inzwischen auch die Koordination mehrerer Teams untereinander für Neu- und Weiterentwicklungsprojekte wahrnimmt. Auf dieser Ebene versuche ich, sowohl inhaltlich die Arbeit miteinander und aufeinander aufbauend zu ermöglichen, als auch die Vereinbarkeit mit dem individuellen, privaten Umfeld zu ermöglichen. Heißt im Klartext: Teilzeit, ehrenamtliche Engagements und persönliche Lebensgestaltung sind keine Ausschlusskriterien für mich, um in den wichtigen Projekten des Unternehmens eine Rolle zu spielen.

In einer weiteren Funktion koordiniere ich die Ausbildung in den IT-Berufen im Unternehmen, im Schwerpunkt für die Anwendungsentwickler*innen. Das Ganze erfolgt im engen Schulterschluss mit dem die Azubis betreuenden Personalbereich. Das zwischenzeitliche Engagement in der Berufsschule stellte ich zugunsten unseres noch recht jungen Nachwuchses (vorerst) wieder ein – auch das gehört dazu. Gerade die nachfolgenden Generationen sind innovationstreibend, inhaltlich wie im gesellschaftlichen Miteinander. Und wenn es um die Ausgestaltung der Berufsbilder bzw. der Ausbildungsinhalte geht, dann stehen neben dem recht starren staatlichen Rahmen für die Berufe vor allem die Interessen und Fähigkeiten der nachfolgenden Generationen im Vordergrund. Die Inhalte werden aktiv von den Azubis gestaltet – und zum Teil auch schon während der Ausbildung selbst weiter vermittelt. So, wie sie es selbst für richtig halten. Und nicht zuletzt durch die Mitarbeit im Betriebsrat – in den Schwerpunkten Technologie, Soziales und Jugendarbeit – habe ich noch auf einem weiteren Feld die Möglichkeit, Augenhöhe und Wertschätzung weitreichend in der Organisation zu leben und zu transportieren.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement? 

Als ich hier anfing, war ich erstaunt darüber, wie lange viele meiner neuen Kolleg*innen bereits hier arbeiteten. Inzwischen kann ich es nach bald acht Jahren hier nachvollziehen. Tatsächlich erfahre ich umfassende Unterstützung auf meinem individuellen Entwicklungsweg. Und der ist beileibe keine reine Fachkarriere oder eine konsequente Entwicklung in eine andere Richtung. In all der Vielfältigkeit, den unterschiedlichen Lebensumständen und persönlichen Situationen ist es mir noch immer ermöglicht worden, mich so individuell zu entfalten, wie es meiner Natur entspricht. Benötige ich Unterstützung – egal ob Arbeitskraft, einen persönlichen Rat oder Material – steht es zur Verfügung. Und falls nicht, dann habe ich die Gewissheit, dass es bald so ist.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Der Erfolg dessen, was ich gern fördern und stärken möchte (über alle drei Betätigungsfelder hinweg) – die individuelle, intrinsische Motivation der Kolleg*innen – stellt sich für mich sehr subjektiv dar: Die Kolleg*innen sind erfolgreich für das Unternehmen unterwegs, sie sind/bleiben intrinsisch motiviert, kritik- und gestaltungsfreudig und offen gegenüber Änderungen. In meinen Augen ist es das, was digital getriebene Unternehmen für die Zukunft benötigen: keine Soldaten, sondern Menschen mit Spaß und Überzeugung an dem, was sie in eigener Verantwortung tun. Die Anerkennung kommt in der gleichen Vielfalt, wie die Charaktere der Menschen sind – und das macht mich einfach nur zufrieden.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„Ich habe Steffen als Kollegen in drei Rollen erlebt: Betreuer von Azubis, als Projektleiter und als Scrum-Master eines agilen Entwicklungs-Teams. In allen drei Rollen stellt Steffen sich immer auf eine Stufe mit seinen Kollegen. Jede Meinung zählt, und jeder soll die Möglichkeit haben, glücklich und zufrieden zu sein mit dem was er macht. Steffen setzt sich auch dafür ein, dass sein Team die erwarteten Aufgaben bestmöglich erfüllt. Aber was wird genau erwartet, und was ist bestmöglich? Die Klärung der Erwartung bedarf mitunter einen regen Austausch aller beteiligten Parteien – auf Augenhöhe. Die Antwort zur zweiten Frage kann wohl das Team selbst geben. Dabei geht es nicht um die Arbeitsweise und Vorgehen, sondern auch um Technologien und Werkzeuge. Und wenn sich herausstellt, dass etwas, was es in dem Unternehmen vorher noch nicht so gab, besser ist als die herkömmlich eingesetzten Technologien und/oder Arbeitsweisen, dann lässt sich Steffen vor allem nicht von „Das haben wir immer schon so gemacht“- oder „Das ist neu, wir wissen nicht wie es funktioniert“-Sätzen davon abhalten, diese auch zu verwenden. All diese Eigenschaften machen Steffen zu einem tollen Digital Leader :)“ (Statement eines Kollegen und Ex-Azubis, der mittlerweile selbst zum Betreuer von Azubis und zum digitalen Wandler geworden ist.)

Bernd Preuschoff: „Ich glaube, dass gerade Mitarbeiter im Digital-Bereich eine Vision bzw. Mission haben müssen, die sie vereint“

Vice President Digital Transformation, Schwan-Stabilo Cosmetics GmbH & Co. KG, Heroldsberg (bei Nürnberg). Alter: 44

Bernd, was zeichnet dich als Digital Leader aus?

(Foto: Nikolas Hagele)

In einer Zeit, in der es inflationär geworden ist, in seinem LinkedIn-Profil „Evangelist“ anzugeben, tue ich mich ehrlicherweise schwer, mir selbst die Bezeichnung „Digital Leader“ zu verleihen. Ich hatte das Glück, seit 17 Jahren in diesem Umfeld tätig zu sein und alle Wellen mitzuerleben, sowohl als Berater, als Lösungsanbieter, aber auch auf Kundenseite – von daher glaube ich, alle Seiten mit ihren Herausforderungen recht gut einschätzen und verstehen zu können. Wenn „Digital Leader“ bedeutet, diesen drei Seiten gemeinsame Wege aufzuzeigen und eine Bewegung zu formen, sie zu einem größeren Ganzen zu coachen und dabei auch ungewohnte Wege zu gehen, dann bin ich das gerne.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Mein treibender Satz in der Mitarbeiterführung ist: „Wenn Du möchtest, dass Menschen Schiffe bauen, lehre sie nicht, wie man Holz schneidet, sondern lehr sie die Sehnsucht nach dem Meer.“ Ich glaube, dass gerade Mitarbeiter im Digital-Bereich eine Vision bzw. Mission haben müssen, die sie vereint – hier geht es ihnen nicht anders als den Nutzern draußen, die aktuell auch immer mehr nach Authentizität und Sinn suchen. In einer Zeit, in der gerade junge Talente auch Angebote von allen Seiten erhalten, bleiben sie nicht wegen Geld oder Arbeitgebermarke – sie bleiben wegen der Menschen und für den Sinn.

Was Fehlerkultur angeht, so ist mein Credo „Don’t ask for permission, ask for forgiveness“. Das ist zunächst leichter gesagt als getan, denn es setzt natürlich trotzdem voraus, dass die Mitarbeiter ein hohes Maß an Professionalität und Handwerk mitbringen. Aber generell ist das Signal, dass sie ihre Themen weitgehend autark vorantreiben sollen – was Fehler inkludiert, aber Schnelligkeit sicherstellt. Ich vergleiche das gerne mit der Armada, die aus einem Schlachtschiff und vielen Schnellbooten besteht – solange Funkkontakt besteht, ist alles gut und Erobern der Weltmeere ist möglich. Wir kommunizieren dementsprechend viel auf digitalen kurzen Wegen, wie z.B. WhatsApp. Fehler können und müssen passieren, denn sonst ist Lernen nicht möglich – Lernen bedeutet aber auch, denselben Fehler nicht zweimal zu machen.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen? 

Der Wandel wird bei uns direkt durch den CEO getrieben, an den meine Rolle auch berichtet. Dies ist auch in der Umsetzung sichtbar, in der wir in sehr kurzer Zeit wichtige Rahmenbedingungen wie Budget, eigene Organisation, eigener Auftritt, Hiring etc. entschieden und abgeschlossen haben. Darüber hinaus haben wir viele Mitarbeiter im Unternehmen, die das Thema begeistert aufnehmen, und die wir natürlich mit der Digital-Organisation entsprechend einbinden und unterstützen, um ihnen Impact zu geben.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Ich berichte als VP direkt an den CEO und bin im Gesamtunternehmen seit dem 1.1.2017 für dieses Thema global verantwortlich. Meine Rolle ist es, das Thema „Digital“ für das Unternehmen inhaltlich zu definieren und dementsprechend Organisation, Rollen, Prozesse etc. aufzusetzen – in diesem Moment bin ich auch der „Storyteller“, der den Rest des Unternehmens nach und nach „anzünden“ und begeistern darf.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Wie beschrieben, hat Digital die volle Unterstützung der Geschäftsführung allgemein und des CEO im Besonderen. Der Bereich Digital hat ein signifikantes Budget erhalten, das eigenständiges Vorantreiben ermöglicht; zudem nimmt der Bereich im Vergleich zum Restunternehmen in großem Umfang Neuanstellungen vor. Ich kann glücklicherweise sagen, dass ich bei Schwan-STABILO Cosmetics auf ein sehr offenes Umfeld getroffen bin, in dem auch diejenigen, die noch nicht genau wussten, was Digital genau sein wird, mir ihre volle Unterstützung haben zukommen lassen

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Eine Erfolgsmessung im Sinne von Umsatzzahlen gibt es bei uns nicht derzeit, weil das Thema Digital hier bewusst als Entwicklungsbereich deklariert wurde, um auch Ruhe zu schaffen für den Aufbau. Der Erfolg lässt sich m.E. gut messen an der Resonanz bzw. Nachfrage der Kunden und Partner einerseits und dem Interesse der Mitarbeiter andererseits. Nach noch nicht einmal einem halben Jahr fragen große Kunden Kooperation an, und wir können bereits eine Reihe spannender Projekte mit World-Class-Partnern vorweisen. Der größte sichtbare Erfolg waren sicherlich die Keynote neben Google auf der MakeUp, der größten Fachmesse Europas, und unser „Beautython“, der erste Hackathon in der Beauty-Industrie. Beide haben große Resonanz in der Tech-, Startup- und Beauty-Szene gefunden. Auf der anderen Seite: Die „Brown-Bag-Sessions“, bei denen sich Mitarbeiter in zwangloser Atmosphäre zu einzelnen Themen der Digitalisierung informieren können, sind regelmäßig ausgebucht. Und die Anfragen aus den Fachbereichen zu Initiativen, die sie starten wollen, nehmen permanent zu, ebenso die Bewerbungen von Azubis nach dem Ende der Lehrzeit, was immer ein gutes Zeichen ist.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

Hier zitiere ich mal von meiner LinkedIn-Page:

„Working with Bernd Preuschoff during the last two years has been a great time. Bernd is not just a manager who achieves strong results (which he does), he is a true leader by guiding his people to personal growth. He is driven by passion not only by numbers and remains calm when it gets stormy… Most importantly you will find in Bernd someone who respects that we all work to live not live to work. I wish him the very best in his future endeavors!” (Bernd Kramer)

“Bernd is a real original – never met a guy whose authenticity and emotional intelligence was greater. Besides his exceptional knowledge about digitizing whole industries – Bernd has the absolute ability to motivate and (this is sometimes a challenge) passionate people. This is truly awesome, driving digitization and getting people involved into his own dedication. Bernd is able to establish a leadership, or better a coaching culture that is unprecedented and this in a very short amount of time. I have worked with Bernd in several roles, shaping deals and clients future, projects and as a direct reportee. All three touchpoints were learning and development points for me, because Bernd shares his knowledge, experience and passion in a way, that it sparked a fire in my eyes. Moreover, Bernd is a people guy – if you have the chance to work with him, this will always be a success point. Because our business is a people business and its always the case that people will buy people – I would always buy Bernd and consider this as a recommendation.” (Conrad Rentsch)

“I have rarely worked with someone as passionate, prepared and truly dedicated as Bernd – dedicated to transforming businesses and mindsets, dedicated to providing excellence to clients. I had the pleasure of working with Bernd on several engagements and witnessed his natural leadership skills first hand – calm and confident, with a crystal clear vision that cuts through the unnecessary. Commitment, vision and honesty are the traits that come to mind when I think of Bernd – lucky team at Schwan Stabilo!” (Julia Saini)

Ilseken Roscher: „Alte Zöpfe, die unseren Zielen nicht entsprechen, schneiden wir mutig ab“

Geschäftsbereichsleiterin Strategie und Kommunikation, Industrie- und Handelskammer zu Kiel. Alter: 39

Ilseken, was zeichnet dich als Digital Leader aus? 

(Foto: Andreas Tamme)

Im Rahmen unseres strategischen Veränderungsprozesses stellt die Entwicklung einer modernen Unternehmens- und Führungskultur die zentrale Basis für alle Modernisierungsmaßnahmen, Produkt- und Themenentwicklungen dar. Der Aufbau neuer Rahmenbedingungen für die gemeinsame Arbeit über Abteilungsgrenzen hinweg und die Einführung neuer Arbeitsweisen und -Methoden sind eine Herausforderung für die Organisation. Die strategische Entwicklung des Hauses liegt in meinen Händen. Ich treibe mit meinem Team den beschriebenen Kulturwandel aktiv mit einer Vielzahl von Maßnahmen voran. Die hierzu notwendige Offenheit und Weiterentwicklung des Führungsverhaltens muss unserer Führungsmannschaft gelingen. Den Herausforderungen bei der Entwicklung der Führungskräfte hin zum Digital Leader begegnen wir umfänglich mit Workshops und individuellen Coachings. Da ich mit dem Prozess maßgeblich verbunden werde, heißt Digital Leadership für mich auch, dass ich täglich als Vorbild für meine Kolleginnen und Kollegen vorangehen muss.

Mein Team und ich zeigen täglich, dass sich Vertrauen und Augenhöhe in der Zusammenarbeit lohnen. Dabei setze ich persönlich auf große Eigenverantwortung bei meinen Leuten. Ich lebe flache Hierarchien im Team und habe die unterschiedlichen Positionen in meiner Abteilung bewusst auf gleicher Ebene geplant. Jeder einzelne trägt hohe Verantwortung für seinen Aufgabenbereich. Eine Basta-Kultur haben wir nicht. Alte Zöpfe, die unseren Zielen nicht entsprechen, schneiden wir mutig ab. Fehler passieren dabei. Das wissen und billigen wir gemeinsam.

Dass nicht alle Abteilungen unseres Hauses diese Denkweisen voll verinnerlicht haben und danach agieren, ist normal in einem so umfangreichen Veränderungsprozess. Ich versuche, mein Team in dem, was ihnen zum Teil noch an Frustration und Ablehnung begegnet, zu unterstützen und ihnen den Rücken zu stärken. Die im Beitrag skizzierten Schwerpunkte von Digital Leadership bestimmen täglich meine Arbeit als Führungskraft.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Vieles habe ich ja schon beschrieben. Ich führe mein Team kooperativ. Ich nehme meine Rolle als Führungskraft sicherlich an, sehe mich intern aber vor allem als Teammitglied und Sparringspartner für jeden Einzelnen. Jeder Kollege benötigt individuelle Führung und Unterstützung, um sich bei der Arbeit wohlzufühlen und seine Aufgaben zu bewältigen. Jeder benötigt individuellen Kontakt und Austausch. Ich versuche dies stets zu berücksichtigen, auch wenn die Zeit manchmal knapp ist. Führung wird nie etwas sein, das ich kann oder nicht kann. Ich muss jeden Tag auf’s Neue zum Lernen bereit sein. Ich werde mit Methoden, die ich sinnvoll finde, scheitern und mich immer wieder individuell auf jeden Einzelnen einstellen müssen.

Wir kommunizieren meistens sehr direkt, sei es über schnelle, kurze Meetings, E-Mail oder über WhatsApp und gegebenenfalls Skype. Natürlich telefonieren wir auch, haben ein wöchentliches Abteilungsmeeting und führen gerade Jour Fixe ein. Anfangs stand immer meine Tür offen. Das hat sich beispielsweise nicht bewährt. Inzwischen haben wir uns individuelle Strukturen gegeben, in denen wir effizient arbeiten können. Auch ich.

In einer neu gegründeten Abteilung wie meiner, die neue Themen vorantreibt, neue Strukturen entwickelt und mit neuen Methoden neue Inhalte produziert, sind Fehler normal und notwendig. „Alles neu“ kann nicht immer fehlerfrei gehen. Wir lernen bestenfalls gemeinsam aus Fehlern und optimieren unsere Prozesse auf diese Weise ständig. Ich finde, das ist im besten Sinn eine Fehlerkultur, auch wenn uns eine gemeinsame Haltung noch nicht immer gelingt und noch nicht in allen Herzen des Hauses angekommen ist.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen? 

Die Notwendigkeit für den digitalen Wandel ist in der ganzen Organisation spürbar und über alle Hierarchien hinweg im Bewusstsein. Gerade jüngere Kollegen sind als Treiber spürbar, aber auch unser Hauptgeschäftsführer fühlt sich diesem Thema besonders verpflichtet. Für die Kommunikation und erfolgreiche Arbeit meiner Abteilung ist das Thema „lebensnotwendig“. Wir sehen uns deshalb natürlich ebenfalls als Treiber.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Die Verantwortung für unseren Veränderungsprozess liegt in meiner Abteilung. Seine Entwicklung, Vorschläge zur Ausgestaltung, die operative Durchführung und die begleitenden Kommunikationsmaßnahmen entwickeln mein Team und ich zusammen mit den Kollegen in Projektgruppen, aber auch mit Coaches, Beratungen und Agenturen. Bislang bin vor allem ich als Person im Haus mit dem Prozess verknüpft. Das versuche ich aber sukzessive zu verändern.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Ja. Unser Veränderungsprozess wird sowohl von der Hauptgeschäftsführung als auch unserem Präsidium maßgeblich unterstützt. Seien wir ehrlich, ohne das hätten wir wenig Aussichten auf Erfolg. Der Veränderungsprozess ist ständiges Thema auf der Tagesordnung des Präsidiums und der Vollversammlung, und es gibt inzwischen auch im Alltag einen höheren Vernetzungsgrad zu unserem Präsidenten und seinen Vertretern. Mein stärkster Sparringspartner ist sicherlich unser Hauptgeschäftsführer. Wir besprechen uns quasi täglich offen zu unserem Prozess und denken viel gemeinsam nach und weiter. Dass wir für die Arbeit nach innen Budgets zur Verfügung haben, um neue Kommunikationswege und -formen zu etablieren, und dass ich die Stelle eines Referenten für Unternehmenskultur einrichten konnte, nehme ich genauso wenig als selbstverständlich wahr wie die Tatsache, dass ich seit einem Jahr auf die Unterstützung einer Agentur für Unternehmenskommunikation zurückgreifen darf. Auch, dass unser Haus Workshops und Coachings zu moderner Führung in Anspruch nimmt und wir uns in Projektgruppen über alle Bereiche hinweg nicht nur den Rahmen für eine neue Führungs- und Unternehmenskultur geben, sondern auch neue Schwerpunkte und Produkte entwickeln, finde ich innovativ und mutig.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Wir sind in einem frühen Projektstadium. Ich bekomme Anerkennung und Rückendeckung von meinem Chef und unserem Ehrenamt, das mir sehr den Rücken stärkt. Im Haus höre ich, dass die Reise richtig und notwendig ist, auch wenn Frustrationsgrad und Unsicherheit noch groß sind. Vor allem sind es aber meine eigenen Leute, die mir jeden Tag auf ihre Weise Anerkennung zeigen. Durch ihr Zusammenwachsen als Team, eine offene Zusammenarbeit, Vertrauen in mich und mein Können, persönlichen Austausch und auch mal gemeinsames lautes Lachen, wenn es gerade besonders schön oder schrecklich ist. Ich verlasse mich sehr auf mein Team und freue mich darüber, dass wir zunehmend unsere gemeinsame Identität verändern und neue Möglichkeiten leben. Das ist ein großer Erfolg.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„Eines meiner Lieblingszitate von Peter Brandl ist Wer fliegt das Flugzeug? Der Pilot oder der Besitzer?. Bei uns kann ich mit Freude sagen, dass es der Pilot ist. Also der, der dafür ausgebildet wurde und die Berufserfahrung hat. Mir gefällt es sehr, dass ich für „meine Themen“ die Verantwortung übernehme und eigene Entscheidung treffe. Der Führungsstil von Ilseken Roscher ist Motor, Mutmacher und Inspiration für unsere Abteilung und darüber hinaus. Sie ist ein wichtiger Grund, warum ich jeden Morgen motiviert zur Arbeit komme und nicht nach acht Stunden „der Stift fällt“. ;)“ (Kathrin Ivens, Kommunikation und Unternehmenskultur)

„Die offene und lösungsorientierte Zusammenarbeit in unserem Team motiviert mich und macht mir Freude. Ilseken Roscher ermöglicht uns durch ihren Führungsstil diese Zusammenarbeit. Sie kommuniziert mit uns auf Augenhöhe und hat unser Ziel immer fest im Blick. Für mich ist dabei von besonderer Bedeutung, dass sie mir den Rücken stärkt und für meinen Bereich Verantwortung überträgt. Mir gefällt, dass wir uns ehrliches und konstruktives Feedback geben und uns so immer weiterentwickeln.“ (Anne Steinbacher, Referentin Strategische Entwicklung)

Sven Vulp: „Eine Digitale Transformation ist kein Sprint, sondern vielmehr ein Marathon“

Software- und Hardware-Konstrukteur, Universelle Engineering U.N.I. GmbH (Körber Konzern), Hamburg . Alter: 31

Sven, was zeichnet dich als Digital Leader aus? 

(Foto: Inga Sommer)

Als Ingenieur der Informations- und Elektrotechnik mit der Vertiefungsrichtung Automatisierungstechnik kenne ich mich mit den Technologien des digitalen Wandels aus. Ob IoT, Big Data, KI – die technischen Gegebenheiten sind mir vertraut. Ich kann mir daher gut vorstellen, was bei uns im Haus für den Wandel benötigt wird und welche Ressourcen gebraucht werden. In einer Vorlesung meines berufsbegleitenden Studiums habe ich viel über das Konzept der Digital Leadership gelernt. Einen Digital Leader zeichnet das Teilen von Verantwortung mit dem Team und das Wirken als Coach und Mediator aus. Er ist einer, der seinem Team die benötigten Freiräume schafft und die Arbeitsatmosphäre so gestaltet, dass die Motivation der Mitarbeiter erhöht werden kann. Weil ich an den Erfolg von Digital Leadership glaube, habe ich in mehreren Meetings und Workshops Führungskräfte in meinem Unternehmen und im Konzern über das Prinzip des Digital Leadership informiert.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Ich habe aktuell keine Mitarbeiterverantwortung. In unserem Unternehmen leben wir jedoch das Projektmanagement nach Scrum und leben eine Corporate Culture, die zum Digital Leadership passt. Unsere Unternehmenswerte fokussieren sich auf Kundenzufriedenheit, Innovation, Zukunftsorientierung, Menschen und Wissen zu vernetzen und auf Verantwortung. Diese Werte passen zur Digital Leadership.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen?

In unserem Unternehmen und besonders im Körber Konzern bekommt die Digitalisierung eine große Aufmerksamkeit. Es werden zahlreiche Projekte gestartet und Gelder zur Verfügung gestellt. Viele Projekte sind bereits abgeschlossen, und die Kunden sind von den innovativen Lösungen begeistert. Natürlich ist unsere Transformation noch lange nicht abgeschlossen. Eine Digitale Transformation ist kein Sprint, sondern vielmehr ein Marathon. Eine Art neuer Dauerzustand. In unserem Unternehmen werden neue Stellen geschaffen, um den Wandel aktiv zu gestalten. So wurde beispielsweise die strategische Position des Head of Digitalization geschaffen, eine Position auf höchster Managementebene, die losgelöst ist von den hierarchischen Strukturen im Unternehmen. Nur so kann Digital Leadership die geforderte Priorität eingeräumt werden.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Ich bin Entwicklungsingenieur und nutze einen berufsbegleitenden Master of Business Administration, um mich auf unterschiedlichen Gebieten der Digitalisierung weiterzubilden. Digital Leadership spielt für mich eine besondere Rolle. Ich vernetzte mich aktiv mit verschiedenen Stakeholdern auf unterschiedlichen Ebenen. Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Head of Digitalization kann ich mein Know-how aus dem Studium direkt in die berufliche Praxis transferieren.

Ich versuche aktiv, die verschiedenen theoretischen Grundlagen der Digital Leadership und auch anderer digitalen Themen in strategisch wichtige Unternehmensbereiche zu übertragen. Nur gemeinsam sind wir in der Lage, den Digitalisierungsprozess langfristig und nachhaltig zu meistern und neuen Nutzen und Mehrwert für unsere internationalen Kunden zu schaffen.

Ich finde es besonders wichtig, Mitarbeiter auf allen Ebenen zu befähigen, die digitalen und Leadership Skills aufzubauen. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, die Notwendigkeit für den Veränderungsprozess und die damit verbundenen Vorteile in den Köpfen aller Mitarbeiter zu verankern. Alle müssen motiviert sein, unsere Wettbewerbsfähigkeit als digital aufgestelltes Unternehmen zu erhöhen und mit vollem Elan und Tatendrang begeistert mitzugestalten. Dazu ist wichtig, intern einen breiten und verständlichen Informationsfluss zu bilden. In unserem Konzern wurde hier schon viel erreicht.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement? 

Meine Studien für den MBA wird vom Unternehmen sehr gut unterstützt. Bisher waren alle, mit denen ich mich austauschen konnte, von den Inhalten begeistert.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Dass ich an mehreren Meetings und Workshops in meinem Unternehmen und im Konzern über die Digital Transformation teilnehmen und mein Wissen über verschiedene Bereiche der Digitalisierung einbringen durfte, empfinde ich als große Anerkennung.

Carolin Willich: „Die Dynamik des Marktumfelds lässt keine unzähligen Feedbackschleifen mehr zu, so dass mein Team zunehmend autark agiert“

Head of Strategy and Innovation, Hermes Germany GmbH, Hamburg. Alter: 39

Carolin, was zeichnet dich als Digital Leader aus? 

(Foto: Ann Kristin Krings)

Begeisterungsfähigkeit, Leidenschaft für Innovation, ein gutes Maß an Empathie sowie eine Portion Mut sind Grundvoraussetzung für meinen Job. Mir ist wichtig, meinen Mitarbeitern viel Freiraum für eigenverantwortliches Handeln zu geben. Leitplanken dafür sind möglichst konkrete Ziele, die wir am Anfang des Geschäftsjahres vereinbaren, gemeinsam nachhalten und ggf. anpassen.

Wie führst du deine Mitarbeiter?

Wir haben ein offenes, konstruktives und vertrauensvolles Miteinander im Team. In der klassischen Betrachtung ist mein Führungsstil wohl ein Mix aus motivierend und partizipierend. Bedeutet konkret: Ich gebe meinem Team viele Freiräume. Das Team steht im Vordergrund. Die Dynamik des Marktumfelds lässt keine unzähligen Feedbackschleifen mehr zu, so dass mein Team zunehmend autark agiert. Als Team unterstützen wir uns gegenseitig und profitieren von den Fähig- und Fertigkeiten der Anderen (Sparring & Support). Die Entscheidungskompetenzen sowie die Verantwortung liegen in erster Linie bei dem jeweiligen Teammitglied. Das klassische „Abnicken“ weicht einem agilen Austausch zu den wichtigsten Eckpfeilern/Meilensteinen von Projekten.

Wir nutzen diverse Kommunikation-Formate zum Abbau von Informationsmonopolen, wie beispielsweise TeamUps, Jour-Fixe Termine, digitaler Austausch über Office 365, Skype mit externen Kooperationspartnern, Messenger usw. Zusätzlich haben wir uns gerade in diesem Jahr gemeinsam zu den Themen Programmierung (z.B. von Mockups) und Sketchnotes weitergebildet.

Unsere Fehlerkultur: Im Innovationskontext gibt es keine wirklichen Fehler. Vielmehr geht es um eine Lernkurve, die nur durch trial and error nach oben geht. Jedes Pilotprojekt ist explizit darauf ausgelegt, Erkenntnisse zu gewinnen. Funktioniert ein neues Projekt nicht wie gewünscht, ist es kein Misserfolg, sondern die Erkenntnis, dass der Ansatz nicht funktioniert. Dieser wird dann entweder verworfen oder genutzt, um eine aufbauende Iterationsstufe zu entwickeln.

Wer treibt den digitalen Wandel bei euch im Unternehmen? 

Wir haben das Thema Veränderung/Kultur in unserer Unternehmensstrategie verankert. Das zeigt seinen hohen Stellenwert. Im Rahmen eines umfangreichen Kulturwandelprogramms können alle Mitarbeiter aller Ebenen unter dem Motto #wirsindhermes den Wandel aktiv mitgestalten. Ein so genanntes Regie-Team sowie eine Querdenkergruppe fördern und begleiten diesen Wandel. Getrieben wird die Initiative von den Bereichen Strategy Innovation & CR , HR sowie Corporate Communication. Zusätzlich gibt es Teams und Bereiche, die mit New-Work-Ansätzen den digitalen Wandel vorantreiben. Dazu gehört u.a. das Hermes Digi-Lab, unsere Scrum-Master in der IT, und wir als Innovation-Team und einige andere Bereiche. Und wir haben diverse Bottum-up Aktivitäten, die direkt von Kollegen initiiert worden sind, um die Vernetzung und den Austausch zu stärken. Dazu gehören zum Beispiel der Social Feierabend oder Barcamps.

Welche Rolle hast du in dem unternehmensweiten Transformationsprozess?

Als verantwortliches Team für Strategy & Innovation bei Hermes haben wir in gewissermaßen eine natürliche Rolle in diesem Transformationsprozess. Es gehört zu unserem Selbstverständnis, den Transformationsprozess zu unterstützen und mitzugestalten. Jeder Prototyp, jedes Pilotprojekt treibt den Prozess voran. Wichtig ist es, mit Augenmaß zu agieren, empathisch zu sein – um alle auf diese Reise mitzunehmen. Wenn wir es schaffen, dass jeder Fachbereich Lust auf Innovation hat, haben wir viel gewonnen. Dies fördern wir, indem wir Methodenkompetenz (Design Thinking, Lean Startup, Planning Poker etc.) vermitteln und so unseren Beitrag für das Unternehmen weiter steigern. Zusätzlich bin ich fester Bestandteil der Digitalen Agenda, einem Team, das es sich zum Ziel gesetzt hat, das Digi Lab als Know-how-Partner im gesamten Unternehmen zu verankern und die digitalen Themen zu identifizieren, die das Lab aufgreift und vorantreibt.

Unterstützt die Chefetage dein Engagement?

Wir haben bereits 2015 in unserer Unternehmensstrategie die Menschen und Kultur als einen der strategischen Eckpfeiler definiert. Dies mit einem Programm zu fördern, war unserer Geschäftsführung sehr wichtig. Denn vor allem in Veränderungssituationen ist eine gute Führung entscheidend. Unsere Geschäftsführung unterstützt jede Art von Initiativen, die auf dieses Ziel einzahlen. Mein direkter Chef ist ebenfalls ein großer Befürworter, ist selber im Rahmen der Regiegruppe des Kulturwandels aktiv und unterstützt mich sehr.

Wie lassen sich deine Erfolge als Digital Leader messen?

Mein größter Erfolg ist vielleicht gar nicht messbar: ein hochmotiviertes, gut auf einander eingespieltes heterogenes Team in dem wir jeden Tag viel miteinander Lachen können.

Was sagt ein Mitarbeiter oder Kollege über dich als Digital Leader?

„Carolin bringt die Facetten ihrer Persönlichkeit als Mensch, Kollegin und Führungskraft gewinnbringend in unser Team mit ein und trägt damit einen entscheidenden Anteil zu der guten Stimmung im Team bei. Sie teilt mit uns Ihre Begeisterungsfähigkeit für Innovationen und neue Geschäftsmodelle. Dabei führt sie aus dem Team heraus und nicht über die Köpfe des Teams hinweg. Digitale Transformation, agile Methoden sowie iterative Entwicklungszyklen werden möglich, da sie auf traditionelle Führungsansätze verzichtet und uns einerseits den entsprechenden Handlungsspielraum gibt, um einerseits proaktiv neue Themen zu treiben und auf der anderen Seite uns den Rücken stärkt, wenn wir MVPs (Minimum Viable Product) bzw. 80%-Lösungen im Live-Betrieb testen.“ (Martin Andresen, Senior Strategy Manager)

Buchtipp

buchcover digital leadershipChristiane Brandes-Visbeck und Ines Gensinger: „Netzwerk schlägt Hierarchie – Neue Führung mit Digital Leadership“

Beschreibung des Verlags:

Die digitale Transformation ist in fast allen Unternehmen angekommen. In den Managementabteilungen wurde sie jedoch noch viel zu oft ignoriert, wie ein Strohfeuer abgefackelt oder mit Digitalisierung verwechselt. Dabei hat gerade Digital Leadership nichts damit zu tun, wie digital oder analog man unterwegs sind. Sie ist nichts weniger als eine neue Art der Führung. Doch was macht einen Digital Leader aus? Was sind die neuen Anforderungen?

Nicht mehr Bosse oder „Chefs der Hölle“ sind gefragt, sondern sozial kompetente Führungskräfte, die eine Brücke zwischen Hierarchie und Netzwerkorganisation bauen. Diese packen Probleme an, lösen sie im Team und lassen sich an den gemeinsam erreichten Ergebnissen messen. Ein Digital Leader führt nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe, und er pflegt eine positive Fehlerkultur.

In den Führungsetagen sind daher Umdenken und neue Fähigkeiten gefragt. Die Autorinnen zeigen, was digitale Führung ausmacht – mit konkreten Tipps, mit vielen Praxisbeispielen, O-Tönen von Top-Führungskräften und einer Leadership-Roadmap, mit der jeder seine eigene Führungsstrategie festlegen kann.

Das Buch gibt es gedruckt und digital direkt beim Verlag.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 51

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2 Gedanken zu „Digitale Transformation: 10 Digital Leader in mittelständischen Unternehmen

  1. Der Irrtum der Digitalisierung bedeutet Schnelligkeit durch Verschlankung. Offenkundig wird der Irrtum aber erst mit dem Platzen der Blase. Die Kosten uebernimmt dann wie bei der letzten Blase der Steuerzahler. Der Idee der Verlangsamung von Prozessen – die die Buereaukratie fuer die Kontrolle der Prozesse braucht – ist Gut. Doch sie kostet Geld und Nerven. Schnelligkeit allein ist kein Wert und die Vorleistung des Vertrauens wird durch Kontrolle verstetigt oder durch Misstrauen aufgezehrt. Digital Leadership ist eine Isomorphie, sie imitiert Elektronische Prozesse indem sie elektronische Geraete zwischen sich und zu fuehrenden platziert. Das hat z.B. Dazu gefuehrt, dass die Taliban den elektronisch gefuehrten Elitesoldaten und ihren Datenbrillen und Rundumsicht Sensoren die Haelse trotzdem durchgeschnitten haben und ihr Fuehrer auf einem Esel entfliehen konnte. Vernetzung schafft Kontrollverluste und wer alles an Daten bekommt sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. ES BRAUCHT FILTER. Digitale Fuehrung erlebt der Mitarbeiter wenn der Chef per Handy Anweisungen gibt, wenns brennt, er aber wegen Funkloch oder weil er im ICE sitzt gerade nicht erreichbar ist. Luhmann praegte den Begriff der Partizipationsbuerokratie. Hier verspricht die Digitalisierung eine technische Loesung, die so krachend gescheitert ist, wie das Wissensmanagement, dass die Wissensweitergabe nicht belohnte. Wenn durch Schnelligkeit und sich steuernde und elektronisch kommunizierende – staendig always on – in Echtzeit – sich beobachtende Beobachter – dieser Prozess hat begonnen – zum Universalmonitor fuehren ist die Paradoxie der Aufklaerung – das weisse Rauschen – die logische Folge. Versuchen Sie mal charismatisch bei einer skype Konferenz oder am Telefon zu sein, ohne auch nur eine Sekunde nicht daran zu denken, ob wirklich alle zu hoeren. Digitalisierung und Vernetzung nagt an der Bindungskraft , sie kann lediglich Parasoziales Vertrauen als Phantasma aller ueber alle hervorbringen, doch die Volksgemeinschaft im Fernsehraum, die dieses Vertrauen in elektronische Fuehrung durch Tele – Kommunikation hervorbrachte existiert auch kaum noch. Was bleibt als Moeglichkeit eines mit Macht ausgestatteten Leaders um diese individualisierte Vorteilsgemeinschaft zu motivieren das zu tun was die Stakeholder oder der Markt will? Blockchain Leadership waere die paradoxe digitaltechnische Antwort. Ein Digitalleader, der alles transparent macht was er tut und tun wird, damit immer fuer alle nachvollziehbar ist, wer entschieden hat, was entschieden wurde. Doch gerade daran hat eine moderne Gesellschaft kein Interesse. Entscheidungen werden auf Hinterbuehnen verlegt. In Ausschuessen getroffen, wo man immer ueberstimmt werden kann. Oder die Entscheidung an Menschen weiter gegeben wird, ueber die man als Vorgesetzter kein Weisungsrecht hat, z.B. im oeffentlichen Dienst und konkret ein Schuleiter einer Berufsschule gegenueber dem Kollegium, dessen Fuehrungsmoeglichkeiten ich in Leitfaden gestuetzten Interviews zur Organisationspaedagogischen Fuehrung selbst erforscht habe. An diesen Strukturen prallt die Digitalisierung genauso ab wie eine Talkshowanfrage an die Bundeskanzlerin sich an einer Runde zu beteiligen.

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