Wenn Artikel und Blogposts bei Lesern nicht so gut ankommen, muss das gar nicht allein mit den Inhalten zu tun haben: Viele Websites vernachlässigen die lesefreundliche Gestaltung ihrer Beiträge. Manchmal spielen interne Zwänge dabei eine Rolle. Manchmal ist das Bewusstsein einfach nicht da. Jan Tißler gibt Ihnen in diesem Artikel einige (hoffentlich gut leserliche) Tipps.
Inhaltsverzeichnis
Warum ist das eigentlich wichtig?
„Webdesign ist zu 95% Typografie“ – Oliver Reichenstein, Information Architects (Quelle)
Beim UPLOAD Magazin versuchen wir, unsere Beiträge so lesefreundlich wie möglich zu gestalten. Wir sind da sicher nicht perfekt. Aber Sie haben hoffentlich den Eindruck, dass sich dieser Text auf dieser Website gut lesen lässt.
Und das ist wichtig, denn Leser sind online fast immer in irgendeiner Form auf dem Sprung. Entweder haben sie eigentlich gar keine Zeit, den Beitrag zu lesen. Sie haben ihn vielleicht zufällig im Social Web entdeckt, während sie mit etwas anderem beschäftigt waren. Oder sie sind grundsätzlich erst einmal skeptisch, ob sich die Mühe überhaupt lohnt.
Zudem ist die nächste Ablenkung nur einen Klick entfernt. Manchmal braucht es nicht einmal einen Klick, wenn eine neue Benachrichtigung reinkommt oder der Kollege etwas will. Schon ist die Aufmerksamkeit dahin.
Insofern kämpfen Sie mit jedem Satz, mit jedem Absatz, mit jedem Text-Element um die Aufmersamkeit Ihrer Leserinnen und Leser. Klappt das nicht, dann haben die Ihren Beitrag zwar aufgerufen, wodurch Sie sich einen Seitenabruf gutschreiben können. Aber diese Nutzer werden eventuell nicht wie erhofft den Newsletter abonnieren, ein Whitepaper herunterladen oder Ihren Post im Social Web empfehlen.
Im Folgenden schauen wir uns nun an, wie Sie allein schon durch lesefreundliche Gestaltung dafür sorgen können, dass Ihre Inhalte gern gelesen werden und rundherum erfolgreicher sind.
Im Grunde ist dieser Beitrag bei alldem der dritte Teil einer inoffiziellen Serie. Denn ich habe an anderer Stelle bereits erklärt, was gute Onlinetexte ausmacht. Und ich habe darüber geschrieben, warum Sie Ihre Web-Inhalte „fließend“ und „modular“ anlegen sollten. Als vierten Teil könnten Sie dann meinen Beitrag dazu ansehen, wie Sie den Erfolg Ihrer Inhalte messen können.
Genug der Vorrede:
Punkt 1: Leserlichkeit verbessern
Kontrast
Ein Grund, warum sich Texte bisweilen nur mühsam lesen lassen, ist fehlender Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund. Das sollte Sie allerdings im Gegenzug nicht dazu verleiten, auf ein volles Schwarz und ein reines Weiß zu setzen. Das ist dann zu viel des Guten. Entsprechend setzen viele Seiten auf eine dunkelgraue Schrift und manchmal auch auf einen ganz leicht hellgrauen Hintergrund. Das liest sich gut und sieht auch noch elegant aus. Wer es noch genauer wissen möchte, kann hier ein Dokument der W3C auf English dazu lesen.
Beachten Sie bei diesen und weiteren Tipps: Nicht jeder sieht Ihre Website so wie Sie. Ihre Nutzer haben andere Geräte, andere Displays. Und die Unterschiede können hier oftmals enorm sein. Planen Sie also immer einen gewissen Spielraum dafür ein.
Schriftgröße, Zeilenabstand, Zeilenlänge, Satz
Wenn Ihr Designer alles richtig gemacht hat, sollte die Schriftgröße durch den Nutzer individuell anpassbar sein und sich am Bildschirm ausrichten. Deshalb sollte die Standardgröße der Schrift aber trotzdem so gewählt sein, dass die meisten Menschen sie sofort als angenehm empfinden. 16 Pixel werden hier häufig als Ausgangspunkt genommen.
Der Zeilenabstand wiederum bestimmt ganz wesentlich mit, wie leicht das Auge beim Lesen die nächste Zeile findet. Ist er zu eng, kann man leicht verrutschen und ist dann irritiert. Zudem wirkt der Text dann wie die berühmte Bleiwüste und so mancher wird vielleicht schon aussteigen, bevor Ihr Artikel überhaupt eine Chance bekommen hat. Ist der Abstand zu weit, ist es unbewusst ebenfalls mühsam und sieht auch schlichtweg nicht gut aus.
Als Faustregel gilt hier: Zeilenabstand = Schriftgröße x 1,5. Damit haben Sie ein gutes Maß für den Fließtext gefunden. Allerdings kann dieser Wert je nach Schriftart auch variieren! Er wird meist zwischen 1,2x und 1,8x liegen. Eine andere Faustregel hierfür: Stellen Sie ein „E“ auf ein anderes, sollte es in den Zwischenraum zur Zeile darüber passen.
Für Absätze, Zwischenüberschriften und andere Elemente gelten andere Regeln: Die sollten idealerweise mehr Freiraum bekommen, um bei der optischen Gliederung des Textes zu unterstützen. Achten Sie hier gleichzeitig darauf, dass der Zusammenhang noch deutlich wird: Eine Zwischenüberschrift soll ja in der Regel den nächsten Textabschnitt kennzeichnen. Entsprechend sollte sie etwas dichter am folgenden Text sein und etwas mehr Abstand nach oben halten.
Eine weitere häufig genannte Stellschraube ist die Zeilenlänge. Björn Rohles schreibt dazu in seinem Standardwerk „Grundkurs Gutes Webdesign“ (Affiliate-Link):
Bei zu kurzen Zeilenlängen, wie man sie häufig in Boulevard-Zeitungen findet, springt unser Auge ständig hin und her – es kommt keine Leseruhe auf. Eine optimale Zeile fasst zwischen 50 und 80 Zeichen. Eine gute Faustformel ist auch, von etwa zehn Wörtern pro Zeile auszugehen. In zu langen Zeilen verliert das Auge beim Lesen schnell den Halt, das Lese-Erlebnis wird schlechter.
Zu bedenken ist hier noch, dass sich auch die Zeilenlänge je nach Bildschirmgröße des Geräts anpasst.
Beim „Satz“ des Textes wird digital in der Regel der „linksbündige Flattersatz“ gewählt. Sprich: Die Zeilen fangen links alle an derselben Stelle an, die rechte Seite aber ist ungleichmäßig. Im Buchdruck und generell in Print wird oft der „Blocksatz“ genutzt. Da sind sowohl linker als auch rechter Rand gleichmäßig. Das sieht schöner aus, kann aber online zu Problemen führen. Denn vor allem wenn lange Wörter nicht automatisch getrennt werden, entstehen stattdessen große Lücken zwischen den Wörtern. Diese Löcher sehen dann nicht nur unschön aus, sondern erschweren zugleich das Lesen.
Dieses Problem gilt gerade für deutschsprachige Texte mit ihren bisweilen extralangen Wörtern…
Schriftart
Eine andere wichtige Wahl ist die Schriftart. Sie finden im Netz heutzutage eine Vielzahl kostenlos nutzbarer Schriften, die Sie auf Ihrer Website einbinden und verwenden können. Das kann Ihrer Seite ein unverwechselbares Gesicht geben. Allerdings können Sie hier auch sehr schnell danebengreifen.
Denn Schriften sind oftmals für bestimmte Einsatzfelder gedacht. Manche eignen sich für Plakate und Überschriften. Andere für Fließtexte. Wieder andere für Fußnoten. Manche sind für den Papierdruck optimiert, andere für den Bildschirm. Und all diese Unterschiede haben ganz konkrete Auswirkungen.
Achtung: Wenn von einer „Display-Schrift“ die Rede ist, ist damit kein Monitor gemeint. Das sind Schriftarten oder Schriftvarianten für große Überschriften und Plakate!
Im klassischen Buchdruck werden oft Schriften mit „Serifen“ genutzt. Dann haben die Buchstaben kleine Schmuckelemente am Ende der Linien, die zugleich die Lesbarkeit erhöhen sollen. Wir hier bei UPLOAD nutzen eine solche Serifenschrift, weil uns der klassische Look gefällt und wir optisch an gedruckte Magazine und Bücher erinnern möchten.
Im Web werden allerdings eher serifenlose Schriften eingesetzt, da die auf Monitoren oftmals besser dargestellt werden. Die kleinen Serifen waren zumindest früher oft verschwommen, weil die Displays so unscharf waren. Das hat sich inzwischen gewandelt und die Auflösungen werden immer höher und damit das Bild immer schärfer.
Generell wird empfohlen, nicht mehr als drei Schriftarten auf einmal zu nutzen. Und auch diese sollten aufeinander abgestimmt sein. Ansonsten wirkt Ihre Seite allein schon dadurch unprofessionell und unruhig. Der oben bereits zitierte Björn Rohles („Grundkurs Gutes Webdesign“) sieht zwei als ausreichend an und rät: „Abwechslung können Sie durch verschiedene Varianten einer Schrift erzeugen, z.B. kursive oder unterschiedlich fette Schriftschnitte.“
Im Web gibt es einen weiteren Grund, sich bei der Zahl der Schriften zu beschränken: Sie müssen erst geladen werden. Geschieht das von einer externen Stelle, kann das die Ladezeit Ihrer Seite verlängern. Und hier zählt bekanntlich jede (Mikro-)Sekunde. In anderen Fällen kann es passieren, dass die Seite bereits angezeigt wird, aber die Schriften noch nicht geladen sind. Stattdessen wird eine der Standardschriften verwendet.
Ohne zu tief ins Thema Ladezeiten einzusteigen: Nicht nur die Zahl der Schriftarten, auch die Zahl der Varianten derselben Schriftart haben eine deutliche Auswirkung.
Schräggestellte Schriften sehen übrigens je nach Typ gut aus, wenn sie denn tatsächlich als „italic“ entworfen sind. Lange Texte lesen sich darin aber oftmals eher schwer. Wir nutzen das bspw. für den Text in unseren Infoboxen, um sie noch klarer vom Rest des Beitrags abzuheben. Da die Texte in diesen Kästen in der Regel nur kurz sind, geht die schräggestellte Schrift meist in Ordnung. Es gibt allerdings immer mal wieder Grenzfälle.
Textelemente
Zur Lesbarkeit gehört auch dazu, dass verschiedene Textelemente klar erkennbar sind und der Bezug zueinander eindeutig ist. Konkret betrifft das beispielsweise die Überschrift und die Zwischenüberschriften.
Die Schlagzeile sollte sich allein schon durch ihre Größe klar abheben. Die Zwischenzeilen wiederum dienen dazu, den Text zu gliedern. Entsprechend sollten sie noch immer deutlich größer als der Text sein, aber auch sichtbar kleiner als die Hauptüberschrift.
Denken Sie daran, dass außerdem das „Gewicht“ der Schrift eine Rolle dabei spielt, als wie gewichtig wir sie wahrnehmen: Eine gefettete Zwischenüberschrift fällt deutlich schneller ins Auge als eine in einem schlanken (leichten) Schriftschnitt. Arbeiten Sie mit beiden Mitteln, um die Hierarchie der Zwischenüberschriftsgrößen untereinander deutlich zu machen. So kann der Unterschied zwischen der h2 und der h3 zum Beispiel vor allem das Schriftgewicht sein, während die h4 dann deutlich kleiner ist.
Eine Besonderheit unserer Seite ist es noch, das wir den ersten Absatz mit einer größeren Schrift hervorheben. Wir nutzen diesen Anfang als etwas, was in Journalistenkreisen als „Lead“, „Anreißer“ oder „Vorspann“ bekannt ist. Auch das ist ein Element, das wir aus gedruckten Magazinen übernehmen. Dieser Absatz gibt Ihnen einen Überblick zum Thema des Beitrags und soll idealerweise auf ihn neugierig machen. Da er separat vom restlichen Text zu lesen ist, wird er durch die Schriftgröße hervorgehoben und außerdem durch das Artikelbild abgetrennt.
Dass dieses Artikelbild auch eine schlechte Idee sein kann, beschreibe ich weiter unten noch.
Barrierefreiheit
Bei all Ihren Entscheidungen sollten Sie auch die Barriefreiheit Ihrer Textgestaltung bedenken. Nutzer sollten beispielsweise auch deshalb die Schriftgröße selbst anpassen können, denn das ist für Menschen mit Sehbehinderungen wichtig. Ein hoher Kontrast hilft ebenfalls.
Verlassen Sie sich darüber hinaus nicht zu sehr auf Farbwirkung, um farbenblinde Menschen nicht zu benachteiligen. So hat es sich beispielsweise eingebürgert, Linktexte nicht mehr zu unterstreichen. Das sieht tatsächlich schöner aus, aber zugleich sind die Links dadurch nicht immer schnell erkennbar.
Wir hier bei UPLOAD haben uns ebenfalls dafür entschieden, die Unterstreichungen wegzulassen und stattdessen auf unser „UPLOAD-Grün“ als Linkfarbe zu setzen. Man kann sich das damit schönreden, dass Betroffene durch Browser-Zusätze die Links wieder hervorheben können.
Sie sollten sich bei solchen Entscheidungen nur stets bewusst sein, welche Auswirkungen sie haben. Und wenn Sie dazu jetzt noch mehr erfahren möchten, lesen Sie doch diesen Artikel zu Accessibility und Barrierefreiheit!
Punkt 2: Ablenkungen vermeiden
Wie am Anfang schon erwähnt: Bei den meisten Leserinnen und Lesern reicht eine kurze Irritation, um sie aus dem Text zu reißen. Deshalb sollten Sie Ablenkungen und Störungen so weit es nur geht vermeiden.
Sidebars
Wie Sie links und rechts neben diesem Text auf der Website sehen, sehen Sie: nichts. Wir verzichten ganz bewusst auf Seitenleisten („Sidebars“). Vor einigen Jahren hatten wir rechter Hand eine Spalte, die z.B. auf unsere Social-Media-Kanäle aufmerksam gemacht hat, außerdem auf den Newsletter, die neue Ausgabe, neueste Beiträge, neue Kommentare und, und, und…
Viele Nutzer haben sich inzwischen angewöhnt, diese Seitenleisten zu ignorieren. Sie haben mit der Zeit gelernt, dass sie nichts mit dem Artikelinhalt zu tun haben. Insofern kann man nur davor warnen, dort wichtige Informationen wie eine Navigation unterzubringen!
Dieses Ignorieren erfordert aber eine gewisse geistige Anstrengung, die dem Lesen des Textes verloren geht. Dadurch haben Sie die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Person abspringt. Zudem kann es eben doch passieren, dass bei einem kurzen Blick in die Seitenleiste etwas Interessantes entdeckt wird – schon hat der Nutzer weggeklickt. Aber war das wirklich Ihr Ziel?
Natürlich sind wir da in der luxuriösen und seltenen Position, dass wir die Zufriedenheit unserer Leserinnen und Leser als wichtigstes Ziel ansehen können. Wir brauchen die Seitenleiste bspw. nicht, um dort Werbung zu platzieren, denn wir verdienen unser Geld vor allem durch unser Abo.
Aber auch wir haben auf etwas verzichtet: Nachdem wir unsere rechte Spalte mit dem Redesign entfernt haben, ist die Zahl der Klicks pro Besuch zunächst deutlich zurückgegangen. Wir experimentieren zum Ausgleich mit anderen Elementen, z.B. unter den Beitragen. Und generell haben wir mit dieser Website eine sehr langfristige Sicht. Da nehmen wir kurz- und mittelfristig auch Nachteile in Kauf.
Animationen und Werbung
Ein anderes Problem sitzt ganz tief in einem der ältesten Teile unseres Gehirns: Wir Menschen sind darauf konditioniert, Bewegungen zu erkennen und darauf zu reagieren. Und das gerade aus dem Augenwinkel heraus! Während das früher nützlich war, um den heranschleichenden Säbelzahntiger zu entdecken, entdecken wir damit im Web heute vor allem eines: Werbung.
Vielleicht haben Sie das selbst auch schon erlebt, dass Sie eigentlich einen Artikel lesen wollten, aber dieses eine blinkende, zuckende, animierte Element irgendwo anders auf der Seite (oder sogar mitten im Text!) machte Ihnen das nahezu unmöglich. Ich persönlich habe solche Anzeigen schon mit der Hand abdecken müssen…
Natürlich kann es sein, dass Ihre Seite ohne solche nervigen Anzeigen nicht überleben kann. Sie sollten sich im Gegenzug aber auch nicht wundern, wenn die Zahl der Adblocker-Nutzer ebenso steigt wie die Absprungrate.
Und über automatisch abspielende und losplärrende Videos brauchen wir an dieser Stelle sicher gar nichts mehr zu sagen. Dass die eine Pest sind, sollte soweit klar sein. Manche Browser deaktivieren sie inzwischen standardmäßig.
Eine andere Mode-Erscheinung sind kleine Hinweise, die am unteren Rand ins Browser-Fenster geflogen kommen, wenn wir uns dem Ende des Textes nähern. Da ist es dem Website-Betreiber dann offensichtlich wichtiger, dass wir dort klicken, als dass wir den Artikel zu Ende lesen. Denn unsere Konzentration ist natürlich gestört und der Lesefluss unterbrochen.
Aber es muss sich gar nicht bewegen, um uns zu stören und das Lese-Erlebnis runterzureißen: Vollflächige Werbeformate sind selbst auf inhaltlich hochwertigen Seiten zu finden. Da wird der gesamte Hintergrund eines Beitrags als Werbefläche missbraucht. Schreiende Farben, dringende Aufforderungen zur Aktion, hübsche Gesichter: Das mag alles Ihrem Werbekunden helfen, aber nicht Ihrem Artikel.
Overlays
Eine weitere Unsitte des Webs sind Elemente, die sich über den Text legen. Manchmal tun sie das gleich, wenn man die Seite aufruft. Andere sind fieser: Sie warten erst, bis man mit dem Lesen angefangen hat, um sich in den Vordergrund zu drängen.
Weil ein einfaches Overlay-Fenster offenbar nicht schlimm genug ist, blenden manche Seiten den kompletten Beitrag aus! In dem Moment ist man nicht nur aus dem Zusammenhang gerissen, es ist oftmals gar nicht klar, was überhaupt passiert ist. Hat man aus Versehen einen Link geklickt? Ist man auf einer Scam-Seite gelandet, die einem Schadsoftware unterschieben will? Ist der Browser kaputt?
Und weil es diesen Seitenbetreibern nur um die eigenen Erfolgszahlen geht und nicht um die Nutzer ihrer Seite, kommen darüber hinaus „Dark Pattern“ im Design zum Einsatz: Es wird bewusst verschleiert, wie man das Overlay wieder los wird, ohne die gewünschte Aktion auszuführen. Das „X“ zum Schließen wird dann möglichst klein und unauffällig außerhalb des Sichtfelds platziert. Oder man muss auf einen passiv-aggressiven Link klicken à la: „Nein danke, ich will nicht erfolgreicher sein als meine Konkurrenz“.
„Funktionieren“ diese Overlays und die Dark Pattern im Design? Sicherlich. Sogar große Vorbilder wie Amazon nutzen sie auf ihrer Seite. Sind sie lesefreundlich? Positionieren Sie sich damit als hochwertiger Anbieter? Steigt Ihr Ansehen bei den Leserinnen und Lesern? Sicherlich nicht.
Punkt 3: Lesefluss optimieren
Aber selbst wenn Sie ein perfekt lesbares Layout haben und Ablenkungen komplett vermeiden, ist die Gefahr noch nicht gebannt. Es gibt weitere Elemente, die zu jedem Text gehören und zu einem Absprung führen können.
Fotos und Illustrationen
Man kann dem UPLOAD Magazin sicherlich vorwerfen, dass es bisweilen zu schmucklos ist und sehr textlastig. Man schaue sich nur diesen Beitrag an! Aber das hat durchaus seine Bewandnis: Denn jedes Bild, jede Illustration kann einen Leser aus dem Zusammenhang des Textes reißen. Insofern verzichten wir vollkommen auf Schmuckbilder, die keine inhaltliche Relevanz haben. Einzige Ausnahme ist hier das tragende Artikelbild.
Generell wird zudem empfohlen, den Text nicht durch Bilder zu unterbrechen. Wie wir es beispielsweise am Anfang eines Beitrags handhaben, ist demnach falsch. Wir machen das aber aus anderen Gründen trotzdem: Zum einen möchten wir den „Anreißer“ vom Rest des Textes optisch abtrennen. Zum anderen wollen wir einen schönen ersten Eindruck vermitteln.
Manche Seiten treiben das mit dem ersten Eindruck so weit, dass man nur das Artikelbild und die Überschrift sieht und für den eigentlichen Text erst herunterscrollen muss. Das kann schön aussehen, wenn man denn wirklich schöne Abbildungen hat. Das kann Nutzer aber durchaus irritieren und entmutigen. Hat man dann noch eine auffällige Werbung oberhalb dieses Elements wird das Ganze oftmals zum Suchspiel: Wo ist denn der Artikel, den ich eigentlich aufrufen wollte…?
Wenn wir bei UPLOAD Abbildungen im Text haben, sind die oft spaltenbreit. Wir achten hier allerdings darauf, dass die Bilder dort platziert werden, wo sie inhaltlich Sinn ergeben. Idealerweise leitet der Text selbst sogar auf das Foto oder die Illustration über. Dadurch wird dieses Element zu einem Teil des Gesamtbeitrags und ist kein Fremdkörper, der den Lesefluss unterbricht.
Trotzdem will ich nicht verheimlichen: Der erste Eindruck eines Artikels ist oftmals wichtig. Und wenn man dann sehr viel Text und kaum Abbildungen sieht, wird das manchen Leser abschrecken. Insofern verlieren wir sicherlich Potenzial, weil wir hier sehr minimalistisch gestalten.
Andererseits werden unsere Beiträge anders gelesen als andere. Unsere Abonnenten können sich beispielsweise die Ausgaben in drei E-Book-Formaten herunterladen und dann auf einem Gerät ihrer Wahl lesen. Auch sonst gehen wir davon aus, dass unsere Artikel in Diensten wie Pocket gespeichert werden, um sie später in Ruhe zu lesen. 2.000 Wörter und mehr liest man soweiso selten mal eben zwischen zwei Klicks.
Textgestaltung
Ich habe an dieser Stelle eine schlechte Nachricht für Sie: Die allerwenigsten Nutzer lesen Ihre Texte tatsächlich Wort für Wort wie einen Roman. Das mag jetzt Ihren Stolz verletzen. Aber Sie sollten das trotzdem bedenken. Übrigens lesen viele Menschen nicht einmal Romane wie Romane und überspringen langweilige oder irrelevant scheinenden Abschnitte…
Und das betrifft noch mehr Nutzer als Sie vielleicht denken: Denn viele haben es sich bei längeren Beiträgen zur Angewohnheit gemacht, das „Gesamtwerk“ einmal vorab zu überfliegen. Anhand dieses ersten, flüchtigen Eindrucks wird entschieden, ob sich die Mühe lohnt.
Dazu scannen sie den Text nach interessanten Elementen:
- Zwischenüberschriften,
- Bildunterschriften,
- Texthervorhebungen,
- die ersten paar Wörter der Absätze
- und die Links.
Sie alle sollten den Inhalt des Beitrags ebenso vermitteln, wie der Beitrag selbst – eben in komprimierter Form für eilige Leser. Sie alle sollten zudem dazu anregen, in den Text einzusteigen. Das kann an Ort und Stelle sein oder vielleicht ist es so überzeugend, dass die Person doch nach oben scrollt und am Anfang anfängt.
Selbstverständlich ist das aber nicht.
Achten Sie also darauf, dass Zwischenüberschriften etwas darüber verraten, worum es geht. Bedenken Sie zugleich, dass eine Zwischenzeile nicht Teil des Fließtextes ist. Sie dienen der Orientierung, werden aber nicht zwingend mitgelesen. Unklare Überschriften, die sich erst nach dem Lesen des Textes erschließen, können interessant sein. Da kommt es ganz auf Ihre Leserschaft an und was Sie vermitteln möchten. Bei einem Ratgeber-Beitrag sollten Sie es eher wie eine Gliederung sehen und nicht als Element Ihrer künstlerisch-intellektuellen Selbstverwirklichung.
Absätze wiederum dienen ebenfalls dazu, die Inhalte zu gliedern. Man macht eine gedankliche Pause, wenn ein neuer Absatz kommt. Und er dient wie erwähnt zugleich als potenzieller Einstiegspunkt.
Da die Aufmerksamkeitsspanne heutzutage angeblich so kurz ist, geht mancher dazu über, jeden Satz in einen eigenen Absatz zu gliedern. Das mag als Stilmittel ab und an ganz interessant sein. Und es gibt sicherlich Textformen, Themen und Zielgruppen, wo das gut funktioniert. Generell halte ich das aber für deutlich zu extrem.
Eine verwandte Form ist die Liste – geordnet mit Zahlen oder ungeordnet mit neutralen Listenpunkten. Sie dienen beispielsweise dazu, mehrere Punkte geordnet zu erklären. Sie können auch Arbeitsschritte enthalten. Oder es lassen sich damit Begriffe erklären und vergleichen.
Auch Listen sind sehr auffällig und werden beim Überfliegen des Textes beachtet. Sie sind meistens eingerückt und haben etwas Abstand nach oben und unten, um sich vom restlichen Text abzugrenzen.
Bleiben noch Hervorhebungen. Das Wort „Hervorhebungen“ im vorherigen Satz ist beispielsweise „gefettet“, damit es auch beim Überfliegen auffällt. Und es signalisiert Ihnen als Leser gleichzeitig, dass ein neues Thema folgt.
Eine andere Hervorhebung ist schräggestellt, das in der Regel für Betonungen genutzt wird. Manche setzen es ein, um Fachbegriffe oder Fremdwörter zu kennzeichnen.
Orientieren Sie sich idealerweise daran, wie andere Medien in Ihrem Bereich das handhaben.
Unterstreichungen sind eher nicht als Hervorhebung geeignet, weil damit doch noch immer „Link“ in Verbindung gebracht wird, auch wenn das heute kaum noch vorkommt.
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Links
Apropos Links: Sie sind ein grundlegendes Element des WWW. Sie liefern zusätzliche Informationen, verknüpfen Inhalte und sind sowohl für die Nutzer als auch Suchmaschinen sehr entscheidend.
Zugleich muss man sich bewusst sein, dass jeder Link ein potenzieller Absprungpunkt ist. Sobald ein Link auftaucht, muss die Leserin oder der Leser in dem Moment entscheiden, ob er geklickt werden soll oder nicht. Dazu muss unter anderem klar sein, was sich hinter dem Link eigentlich verbirgt: Wo lande ich nach dem Klick und was erfahre ich dort?
Erst dann lässt sich entscheiden, ob sich der Klick jetzt lohnt, ob man später dazu zurückkehrt oder ob man den Link ganz ignoriert. Diese Entscheidung spielt sich zwar in Sekundenbruchteilen ab. Aber sie lenkt uns natürlich vom Lesen ab. Sie unterbricht unseren Lesefluss. Und das kann dazu führen, dass man den inneren Zusammenhang des Textes verliert, den man gerade gelesen hat – und eventuell diesen Moment zum Anlass nimmt, das Browserfenster zu schließen. Oder man klickt auf den Link und vergisst vollkommen, was man eigentlich lesen wollte…
Es gibt dabei die Unart im Netz, einzelne Wörter zu verlinken, ohne dass der Sinn oder das Ziel des Links klar würden. Manchmal geschieht das aus Unwissenheit. Manchmal finden die Autoren das witzig oder smart – denn nach dem Klick versteht man dann (hoffentlich), was damit gemeint war.
Das kann tatsächlich interessant sein und unterhaltsam oder einen komplett verwirren und nerven. Ich bevorzuge generell Klarheit wo es nur geht. Das hängt aber sicher auch vom Stil der Seite und der angestrebten Leserschaft ab.
Bedenken Sie außerdem, dass viele Nutzer wie bereits erwähnt Ihre Artikel nur überfliegen! Einzeln verlinkte Wörter fallen dann zwar ins Auge, geben einem aber keinerlei Hilfe zum Inhalt.
Hier bei UPLOAD versuchen wir, möglichst alle Links zu „sprechenden Links“ zu machen: Selbst wenn man nur flüchtig draufschaut, sollten Sinn und Ziel des Links deutlich werden. Das gelingt nicht immer. Aber das ist unser Anspruch.
Infoboxen
In Fachbüchern findet man oft Kästen im Text oder auch neben dem Text, die Tipps geben, Begriffe erklären oder eine Anekdote parat halten. Das lockert den Text auf und liefert interessante Informationsfetzen beim schnellen Durchblättern.
Bücher haben es da allerdings ein wenig einfacher als Onlinetexte: Wir kaufen sie uns in der Regel bewusst und nehmen sie auch bewusst zur Hand. Einen Artikel im Web aber haben wir vielleicht nur zufällig entdeckt. Insofern kommt hier wieder zum Tragen, was schon mehrfach erwähnt wurde: Solche Infokästen können zum Absprung der Leser führen.
Insofern entscheiden Sie sich gezielt dafür, welche Informationen Sie auf diese Weise vermitteln wollen. Sie sollten zum Verständnis des Fließtextes nicht notwendig sein. Zudem sollten diese Kästen so gestaltet sein, dass ihr Charakter deutlich wird. In dem Moment kann man sich als Leser schnell entscheiden, ob man der Box Beachtung schenkt oder sie ignoriert und überspringt.
Wir nutzen solche Boxen beispielsweise, um auf unseren Newsletter aufmerksam zu machen. Für uns ist das ein Kompromiss: Wir wissen, dass wir damit den Lesefluss unterbrechen. Vielleicht wird mancher sogar denken, der Beitrag sei bereits zu Ende. Dieses Risiko gehen wir ein, weil es uns wichtig ist, eine Leserschaft für unseren montäglichen Rundbrief zu gewinnen.
Zugleich ist uns der Newsletter aber nicht wichtig genug, um unsere Nutzer mit einem Overlay zu nerven.
Schlusswort
Wie eingangs erwähnt, sind wir bei UPLOAD in vielerlei Hinsicht in einer besonderen Situation. Wir haben viele Zwänge nicht, die andere Seiten haben. So verzichten wir bewusst auf klassische Onlinereklame. Das gibt uns sehr viele Freiheiten bei der Gestaltung der Seite und das verringert zugleich die Zahl der Ablenkungen enorm.
Natürlich geht es anderen anders. Da muss über Werbung Geld reinkommen. Oder jeder im Unternehmen möchte seine Angebote in der Seitenleiste platzieren, die als absolut unverzichtbar erscheint.
Da gilt es dann einen Kompromiss zu finden. Und wie in diesem Beitrag erwähnt: Auch wir sind nicht frei davon. Es sollte nur allen Beteiligten klar sein, dass viele zusätzliche Elemente einen Preis haben. Und den zahlt der Beitrag auf der Seite.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 72
Design ist nicht etwa Schmuck, sondern entscheidet ganz grundlegend mit, wie erfolgreich ein Angebot ist. In dieser Ausgabe lernen Sie deshalb wichtige Gestaltungsregeln für das Web kennen. Wir schauen uns außerdem an, was eine gelungene Startseite ausmacht. Sie erfahren ausführlich, welche fünf Elemente über den Erfolg einer Landingpage entscheiden. Und wir zeigen auf, wie Sie Onlinetexte besonders lesefreundlich gestalten. Plus Bonus-Artikel zum Thema SEO: Wie Sie die interne Verlinkung Ihrer Website verbessern.
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Jan hat mehr als 20 Jahre Berufserfahrung als Online-Journalist und Digitalpublizist. 2006 hat er das UPLOAD Magazin aus der Taufe gehoben. Seit 2015 hilft er als CONTENTMEISTER® Unternehmen, mit Inhalten die richtigen Kunden zu begeistern. Und gemeinsam mit Falk Hedemann bietet er bei UPLOAD Publishing Leistungen entlang der gesamten Content-Marketing-Prozesskette an. Der gebürtige Hamburger lebt in Santa Fe, New Mexico.