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Wie du mit deinen Texten die Tonalität deiner Zielgruppe triffst: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung

Die Effektivität von Marketingkampagnen steht und fällt mit einem zielgruppengerechten Wording. Herauszufinden, wen du wie ansprechen musst, ist deshalb essenziell. Dieser Beitrag von Juliane Becker zeigt dir, wie das gelingt.

(Illustration: © vladwel, depositphotos.com)

Einführung

Du kannst noch so viel Zeit und Geld in die Konzeption einer perfekten Kampagne stecken: Wenn dich deine Zielgruppe nicht versteht, verpuffen deine Anstrengungen einfach. Im schlimmsten Fall machst du dich mit einem unpassenden Wording sogar lächerlich. Das zeigen Beispiele aus der Werbung um 2016, als der damals gehypte Netzjargon mit dem Namen Vong auf einmal überall zu sehen war – auch in einigen Social-Media-Posts der Sparkasse. Diese warben damit für eine geplante Vorsorge-Kampagne.

Sparkassen-Post auf Facebook mit dem Text "1 gute Vorsorge ist einfach. Wenn man 1 gute Bank am haven ist."
Witzig oder peinlich? Die Reichweite dieses Posts ist sicher beachtlich. Ob er fürs Image der Sparkasse nun förderlich war oder nicht, steht auf einem anderen Blatt.

Man habe schon im Vorhinein ein gewisses Momentum für die Botschaft kreieren wollen, erklärte Till Eckel, Geschäftsführer Kreation bei Jung von Matt/Spree, gegenüber Horizont.net. Das hat sicherlich vong Reichweite her, Verzeihung, angesichts der damit erzielten Reichweite gut funktioniert. Aber es ist ein gefährlicher Drahtseilakt: 42 Prozent der Deutschen haben schon einmal ein Produkt nicht gekauft, weil sie die dafür verwendeten Werbeslogans als nervig oder unlustig empfunden haben. Das beweist die YouGov Studie „Internetsprache in der Werbung“. 

Dies ist ein Video von YouTube. Um es ansehen zu können, musst du eine der Schaltflächen unten anklicken. Bitte beachte, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

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Bevor du also beherzt ins Fettnäpfchen-Fass trittst und deine Zielgruppen nicht so ansprichst, wie sie es gerne hätten, machst du dich am besten mit den folgenden drei Schritten vertraut. Die Hinweise in diesem Artikel beziehen sich insgesamt auf die Tonalität, mit der dein Unternehmen sich in Marketingtexten an seine Zielgruppen wendet.

1. Finde heraus, wen du eigentlich ansprichst

Sie ist absoluter Standard im Marketing, wird aber allzu oft „so nebenbei“ erledigt: die Zielgruppenanalyse. Nimm dir die Zeit, die Menschen, die dein Produkt oder deine Dienstleistung kaufen (sollen), so detailliert wie möglich kennenzulernen. Das kann durchaus einige Wochen in Anspruch nehmen und mehr Budget fressen, als es dir oder deinen Vorgesetzten eigentlich lieb wäre. Unterm Strich ermöglicht dir der erhöhte Aufwand zu Beginn aber ein viel genaueres Targeting und senkt damit mittel- und langfristig die Kosten für deine gesamten Marketingbemühungen. 

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Wenn dein Produkt oder Service bereits erwerbbar ist, kannst du für die folgenden Schritte die Daten deiner realen Kunden nutzen. Steht der Launch noch an, musst du zumindest vorerst auf Daten aus der Marktforschung bzw. von Konkurrenten setzen. 

  1. Demografische Merkmale: Sammle Informationen über demografische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildungsniveau und Familienstand. 
  2. Psychografische Merkmale: Sammle auch Informationen über die Persönlichkeit, das Verhalten und die Einstellungen deiner Zielgruppen. Diese Informationen können durch Umfragen, Interviews oder Fokusgruppen gewonnen werden. Hierbei kannst du zum Beispiel herausfinden, welche Hobbys und Interessen deine Zielgruppen haben, welche Werte und Überzeugungen sie teilen oder welche Herausforderungen sie im Alltag bewältigen müssen.
  3. Bedürfnisse und Motivationen: Laut einer Studie von Nielsen haben Verbraucher eine positive Einstellung gegenüber Unternehmen, die ihre Interessen und Bedürfnisse verstehen und ansprechen. Analysiere, welche Probleme deine Zielgruppen haben und wie dein Produkt oder deine Dienstleistung dazu beitragen kann, diese zu lösen. 
  4. Zielgruppensegmentierung: Schließlich solltest du deine Zielgruppen segmentieren, um gezielt auf die verschiedenen Bedürfnisse und Interessen eingehen zu können. Hierbei kannst du sie in Gruppen einteilen, die sich durch bestimmte Merkmale unterscheiden, und passende Marketingmaßnahmen für jede Gruppe entwickeln.

Auf Basis der Zielgruppenanalyse und der anschließenden Segmentierung kannst du auch mehrere Buyer Personas entwickeln. Den Unterschied erklären wir in einem eigenen UPLOAD-Artikel

Es lohnt sich, Zielgruppenanalysen regelmäßig zu wiederholen. Kundenbedürfnisse verändern sich ständig, und du solltest über die neu entstehenden Wünsche deiner Zielgruppen frühestmöglich Bescheid wissen. 

2. Recherchiere, wie deine Zielgruppen angesprochen werden möchten

Wie wichtig das Anpassen der Sprache an die jeweilige Zielgruppe wirklich ist, wurde mehrfach wissenschaftlich belegt. Oftmals referenziert wird beispielsweise eine Studie von Sandra L. Edwards und Michael J. Kennedy aus dem Jahr 2008, die in der Fachzeitschrift Journal of Advertising erschien. In einer Umfrage unter 500 US-Amerikanern untersuchten die Autoren, wie Marketingbotschaften bei Empfängern unterschiedlicher Hintergründe ankommen. Das wenig überraschende Ergebnis: Die Wahrnehmung von Marketingbotschaften unterscheidet sich zwischen Altersgruppen, Geschlechtern, Bildungsständen und weiteren Faktoren teils massiv. 

Mit einer Akademiker-Zielgruppe in der Altersspanne 50+ auf jeden Fall in der Sie-Form und ohne einen Funken Humor kommunizieren zu wollen, ist trotzdem nicht die Lösung. Ebenso wenig ist es ratsam, die Gen Z immer mit gerade trendigen Begriffen aus der Jugendsprache anzusprechen. Diese schablonenartigen Assoziationen sind naheliegend und funktionieren oft auch gut – aber wie schon erwähnt, ist das Fettnäpfchen-Potenzial riesig. Und vielleicht springen deine Zielgruppen genau dann auf dein Angebot an, wenn ausnahmsweise mal mit einem anderen Wording an sie herangetreten wird als üblicherweise. 

Übrigens: Ein weiterer wichtiger Faktor für ein zielgruppengerechtes Wording ist es, die Verwendung von Fachjargon zu minimieren. Laut einer 2015 erschienenen Studie im Journal of Consumer Marketing können zu viele Fachbegriffe oder unverständliche Ausdrücke dazu führen, dass sich Verbraucher überfordert fühlen und das Interesse an einem Produkt oder einer Dienstleistung verlieren [„Too many or too few features in new products? A re-inquiry by controlled variation“, Maheshwari und Ganesh, Journal of Consumer Marketing, 2015]. Untersuche, welche Terminologie deine Zielgruppe versteht – hier gibt es gerade zwischen B2B und B2C massive Unterschiede. 

Aber wie genau recherchierst du, auf welche Weise deine Zielgruppen angesprochen werden möchten?

2.1 Der Königsweg: Primäre Marktforschung betreiben (lassen) 

Optimalerweise findest du auf Basis von primärer Marktforschung heraus, welches Wording bei deinen Zielgruppen wirklich gut ankommt. Primäre Marktforschung kannst du entweder selbst durchführen, etwa mithilfe von Online-Tools, oder bei Marktforschungsinstituten in Auftrag geben. 

Primäre Marktforschung heißt: Du übernimmst das Recherchieren und Analysieren von qualitativen und quantitativen Daten über deine Zielgruppe selbst und greifst nicht auf bereits vorhandene Daten zurück. Das ist ein zeit- und kostenintensives Unterfangen, weshalb es zugegebenermaßen für die meisten Unternehmen unrealistisch ist, primäre Marktforschung allein für die optimale Tonalität von Marketingtexten durchführen zu wollen. Wenn du allerdings sowieso eine Marktrecherche planst, kannst du den Punkt „Wording“ einfach auf deine To-do-Liste setzen.

Der Unterschied zwischen qualitativen und quantitativen Daten

Qualitative Daten sind beschreibende und interpretative Daten, die sich auf die Qualität oder Merkmale eines Phänomens oder Ereignisses beziehen. Sie liefern Informationen zu Motivationen, Einstellungen, Meinungen, Empfindungen oder anderen subjektiven Aspekten, die schwer quantifizierbar sind. 

Quantitative Daten hingegen sind numerische Daten, die auf Messungen oder Zählungen beruhen und statistisch ausgewertet werden können. Sie beziehen sich auf die Häufigkeit, die Menge, die Größe oder andere objektive Aspekte eines Phänomens oder Ereignisses. 

Der Unterschied zwischen qualitativen und quantitativen Daten besteht also darin, dass qualitatives Feedback beschreibend und interpretativ ist, während quantitatives Feedback numerisch und statistisch auswertbar ist. Beide Arten von Daten sind in der Marktforschung wichtig und können für unterschiedliche Zwecke genutzt werden, je nachdem, welche Fragen du beantworten möchtest und welche Informationen du benötigst.

Es gibt drei Methoden der primären Marktforschung, die du nutzen kannst, um das präferierte Wording deiner Zielgruppe herauszufinden:

  1. Umfragen: Umfragen liefern quantitative Daten zu einer Zielgruppe. Sie sind recht kostengünstig durchzuführen, weil sie ohne großen Aufwand an zahlreiche Menschen ausgegeben werden können. Bevor du jedoch deine Fragen entwickelst, solltest du genau wissen, welche Art von Daten du sammeln möchtest. Und du solltest vorab mit Probanden testen, ob deine Fragen eindeutig verständlich sind. Einfach abzufragen sind beispielsweise Präferenzen à la „Welche dieser beiden Aussagen bevorzugen Sie?“.
  2. Interviews: Durch Interviews kannst du deine Zielgruppe im direkten Kontakt kennenlernen und gleichzeitig qualitative Daten sammeln. Auch hier ist es wichtig, vorher zu planen, was du mit deinen Fragen erreichen möchtest. Interviews sind oft zeitaufwendig, und der Interviewende sollte in den gängigen Wahrnehmungsfehlern (Englisch: biases) geschult sein, um diese zu vermeiden. Dazu gehören unter anderem der primacy bias, der implicit bias und der false consensus bias.
  3. Fokusgruppen: Fokusgruppen ähneln Interviews, allerdings werden hier mehrere Personen gleichzeitig befragt. Das macht sie günstiger als 1-on-1-Interviews, allerdings ist die durchschnittliche Sprechzeit auch geringer, was eine vertiefte Analyse erschwert.

2.2 Die günstige Alternative: Sekundäre Marktforschung

Weitaus günstiger ist es, auf sekundäre Marktforschung zu setzen, also Marktinformationen aus bereits vorhandenen Quellen zu extrahieren. Das können beispielsweise repräsentative Studien sein wie die schon erwähnte YouGov-Studie, die dir verrät, dass du als Bank oder Versicherung besser Abstand von Werbung in Jugendsprache nimmst. 

Aber auch Wording-Analysen von Wettbewerbern sind eine Möglichkeit, sich an die von deinen Zielkunden präferierte Tonalität anzunähern. Wenn eine deiner Zielgruppen zum Beispiel Parallelen zu einer der Zielgruppen von IKEA aufweist – junge Paare, Singles und Familien mit kleinen Kindern, die kosteneffiziente Produkte bevorzugen –, solltest du herausfinden, ob es Analysen zum Wording von IKEA gibt. Spoiler: gibt es. 

Mit sekundärer Marktforschung erhältst du zwar nicht den umfassenden Einblick in deine Zielgruppen, den dir die Primärforschung bietet, dafür ist sie sehr niedrigschwellig umsetzbar; im Englischen wird sie deshalb passenderweise auch als „desk research” bezeichnet. Außerdem erhältst du innerhalb kürzester Zeit Ergebnisse, da die meisten Quellen für die Sekundärforschung online abrufbar sind.  

Du wirst allerdings selten Daten finden, die genau zu deiner Fragestellung bzw. deinen Zielgruppen passen. Das solltest du bei deinen Schlussfolgerungen im Hinterkopf behalten. Außerdem sind viele Untersuchungen zum Thema Zielgruppenansprache mittlerweile recht alt, und ihre Anwendbarkeit ist in der schnelllebigen Welt des Marketings nicht immer gegeben. Außerdem: Nicht jede Erhebung, die du online findest, wurde sauber durchgeführt. Prüfe immer, wer Studien abgewickelt bzw. beauftragt hat und welche Methoden dafür verwendet wurden. 

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3. Halte den inneren und äußeren Lesewiderstand möglichst gering

Mit Schritt 1 und 2 weißt du nun in der Theorie, wie du optimal mit deinen Zielgruppen kommunizierst. In Schritt 3 geht es an die Umsetzung. 

Dein übergeordnetes Ziel sollte es grundsätzlich sein, den sogenannten Lesewiderstand in deinen Marketingtexten so gering wie möglich zu halten. Gleichzeitig ist das der Punkt, den du in deinen Kampagnen auf jeden Fall beherzigen solltest. Wenn du keine Ressourcen für Zielgruppenanalysen und Marktforschung hast, sorge wenigstens für einen möglichst geringen Lesewiderstand. 

Der Lesewiderstand ist ein Begriff aus der Verständlichkeitsforschung. Hier wird untersucht, weshalb Menschen das Lesen eines Textes abbrechen oder dessen Aussagen als falsch oder irrelevant ablehnen.

  1. Der innere Lesewiderstand ist umso höher, je weiter sich die Sprache in einem Text von der natürlichen Sprache entfernt.
  2. Der äußere Lesewiderstand ist umso höher, je störender Typografie, Layout, Satz und Farben eines Textes auf den Leser wirken. Auch Textwüsten erhöhen den äußeren Lesewiderstand.

Um den äußeren Lesewiderstand zu minimieren und ein angenehmes Leseerlebnis zu kreieren, arbeitest du am besten eng mit Grafikern und Webdesignern zusammen und liest dich in die Basics des UX-Designs ein.

Etwas, aber nicht viel komplizierter wird es beim Reduzieren des inneren Lesewiderstands. Hier gilt die Faustregel: Schreibe immer nur so kompliziert, wie es unbedingt erforderlich ist. Mixe Haupt- und Nebensätze, sodass ein angenehmer Textfluss entsteht, setze Nominalisierungen sparsam ein und arbeite mit bildhafter Sprache. 

Veranschaulichen wir das anhand eines fiktiven Produkttextes, der in einem Online-Shop einen Herrenrasierer bewirbt:

Unser exklusiver, innovativer Herrenrasierer zeichnet sich durch eine Vielzahl von Funktionen aus, die eine perfekte Rasur ermöglichen. Mit einem hochmodernen Schersystem, das aus speziell entwickelten Klingen und einem effizienten Motor besteht, werden selbst die härtesten und widerspenstigsten Bartstoppeln mühelos abgeschnitten. Dank des fortschrittlichen Rotationsmechanismus und der integrierten Schalltechnologie erzeugt der Rasierer eine optimale Leistung und sorgt für eine sanfte, präzise und gründliche Rasur, ohne Hautirritationen oder Rötungen zu verursachen. Darüber hinaus verfügt der Rasierer über eine smarte Konturenverfolgung, die sich perfekt an die individuellen Gesichtskonturen des Benutzers anpasst, um eine gleichmäßige Rasur und einen perfekten Look zu gewährleisten. Das ergonomische Design und der rutschfeste Griff sorgen für eine sichere und komfortable Handhabung, auch in feuchten oder nassen Umgebungen.

Diverse Häkchen auf der Negativ-Checkliste: Lange Sätze, viele Nominalisierungen, keine direkte Leseransprache (innerer Lesewiderstand) plus Textwüste, fehlende Hervorhebungen und eine Schriftart, die den Lesefluss stört (äußerer Lesewiderstand). 

Besser geht’s so:

Dieser Nass- und Trockenrasierer ermöglicht dir durch seine zahlreichen innovativen Funktionen ein perfektes Rasurergebnis. Das hochmoderne Schersystem besteht aus speziell entwickelten Klingen und einem effizienten Motor. Damit rückst du selbst den härtesten und widerspenstigsten Bartstoppeln zu Leibe, ohne deine Haut unnötig zu reizen. Für eine sanfte und trotzdem gleichmäßige Rasur!

Die Highlights im Überblick:

  • Fortschrittlicher Rotationsmechanismus
  • Integrierte Schalltechnologie
  • Smarte Konturenverfolgung
  • Ergonomisches Design
  • Rutschfester Griff

Je nach den in Schritt 1 und 2 ermittelten Details kannst du diesen Text natürlich noch genauer auf den anzusprechenden Kundenkreis abstimmen. Haben deine Recherchen beispielsweise ergeben, dass deine Zielgruppe Anglizismen nicht sonderlich mag, kannst du Wörter wie Highlights und smart entsprechend ersetzen. Das ist quasi das fine-tuning, Zwinkersmiley. 

Fazit

(Möglichst) genau zu wissen, wer eigentlich angesprochen werden soll, ist die Grundlage für effektive Marketingtexte. Hast du weder Zeit noch Budget für Zielgruppenanalysen oder Marktforschung, kannst du trotzdem an ein paar Schrauben drehen: Sorge für einen minimalen Lesewiderstand, indem du klare und verständliche Texte schreibst. Und präsentiere diese so, dass es möglichst einfach und anregend ist, sie zu lesen. Dann lautet das Urteil zu deinen Marketingbemühungen definitiv: Smash. 


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 108

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