Menschlichere Inhalte und ihre Bedeutung für das Content Marketing

Mit der rasanten Entwicklung der Generativen KI ist es heute so einfach, schnell und kostengünstig wie nie zuvor, Inhalte zu produzieren. Wir stehen vor einer weiteren gigantischen Welle der Content-Schwemme, die das Internet seit Jahren überflutet. Um mit den eigenen Inhalten nicht unterzugehen, braucht es eine Alternative zur keywordoptimierten Massenware: Menschlichere Inhalte könnten ein Ausweg aus dem Dilemma sein. Falk Hedemann erklärt in diesem Artikel, warum menschlichere Inhalte den Unterschied machen können und was genau sie ausmacht.

(Foto: © Milkos, depositphotos.com)

Der trügerische Reiz von KI-Content

Wenn sich Unternehmen mit dem Thema Content Marketing beschäftigen, gibt es unterschiedliche Motivationen, Herangehensweisen und Kriterien für die Umsetzung. Sie wollen sichtbar sein, über Suchmaschinen gefunden werden, sich als Thought Leader positionieren, Besucher zu Kunden machen, sich als attraktive Arbeitgebermarke präsentieren und vieles mehr. Dafür nutzen sie unterschiedliche Plattformen, beauftragen externe Dienstleister oder bilden (seltener) selbst Content Creators aus.

Die dafür notwendigen Ressourcen sind zum Teil enorm. Kein Wunder, dass Unternehmen genau darauf schauen, was ihnen diese Investitionen am Ende bringen. Leider gehört der Return on Investment (ROI) nicht zu den Rechengrößen, die sich im Content Marketing einfach und direkt ermitteln lassen. Vielmehr geht es um indirekte Werte wie Vertrauen, Glaubwürdigkeit oder Sympathie, die wiederum Einfluss auf harte ökonomische Werte haben. Wer kauft schon Produkte einer Marke, der er nicht vertraut, die er nicht für glaubwürdig hält und die ihm unsympathisch erscheint?

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Und genau hier beginnt das eigentliche Dilemma. Zu großer ökonomischer Druck führt dazu, dass an den falschen Stellschrauben gedreht wird. Es werden Kompromisse eingegangen und Kürzungen legitimiert, um die Investitionen in Inhalte gering zu halten. Dies alles nur, um die nicht ausreichend nachweisbaren Erfolge durch geringere Ausgaben schönzurechnen. 

In der Folge entstehen manchmal sogar mehr Inhalte, denen es aber häufig an der notwendigen Klarheit, Tiefe und Substanz mangelt. Kurz: Die Qualität der Inhalte ist insgesamt unzureichend. Die Inhalte bleiben beliebig und können sich nicht wesentlich von den Inhalten der Marktbegleiter abheben. Teilweise wird dies durch Quantität kompensiert, langfristig entsteht jedoch eine sich selbst verstärkende Abwärtsspirale:

Wer mehr Inhalte produziert, um qualitative Schwächen auszugleichen, wird in Zukunft immer mehr Inhalte benötigen, um die gleiche Aufmerksamkeit zu erzielen.

Mit jedem Inhalt, der genauso auch bei Marktbegleitern erscheinen könnte oder dort sogar schon in ähnlicher Form existiert, vergibt ein Unternehmen die Chance, sich nachhaltig in den Köpfen potenzieller Kunden zu verankern. Dabei muss der Inhalt an sich nicht schlecht sein. Es fehlt nur der Teil, der den Inhalt besonders macht und die Marke wiedererkennbar werden lässt.

Wir kennen das Phänomen aus der Werbung: Gute TV-Spots bleiben uns inhaltlich im Gedächtnis, aber wenn wir sagen sollen, welche Marke der Absender war, können wir keine Antwort geben. Der Spot war gut, aber es fehlte der Markenbezug. In der Werbung lässt sich das relativ einfach beheben, indem man die Marke oder das Produkt etwas mehr in den Vordergrund rückt. Beim Content Marketing, dem strategischen Gegenstück zur Werbung, ist das ungleich schwieriger. Wer hier das Produkt oder die Marke zu sehr in den Vordergrund stellt, erzeugt einen werblichen Eindruck. Dieser entspricht dann nicht den Erwartungen der Besucherinnen und Besucher.

Und die Erwartungen und das Nutzungsverhalten ändern sich ständig. Large Language Models (LLM) wie ChatGPT gewinnen dabei zunehmend an Einfluss.

Generative KI verändert die Sicht auf Inhalte wie nie zuvor

Bei den Entwicklungen im Bereich Content geht es nicht nur um die Inhalte selbst, ihre Produktion und die technischen Möglichkeiten digitaler Formate. Stets spielen auch externe Faktoren eine wesentliche Rolle, die einerseits von Marktentwicklungen und andererseits von den Menschen ausgehen, die die Inhalte abrufen. Das Spannungsverhältnis hat sich im Laufe der Jahre verändert. Zu Beginn ging es lange um die Frage, ob gedruckte oder digitale Inhalte wichtiger sind. Dann verlagerte sich die Diskussion auf den Ort der Inhalte: Social Media oder eigene Plattform? Aktuell entsteht eine neue Diskussion rund um die Generative KI. Denn mit den Werkzeugen der Künstlichen Intelligenz verändert sich nicht nur die Erstellung von Inhalten so massiv wie nie zuvor, sondern auch die Art und Weise, wie wir Inhalte in Zukunft konsumieren werden.

Jan Tißler stellt in seiner Kolumne daher zu Recht die Frage, was passiert, wenn die heutigen Konsumenten unserer Inhalte ebenfalls ChatGPT & Co. nutzen, um komplexe und direkte Antworten auf ihre Fragen zu erhalten? Das Nutzungserlebnis, das sie dabei haben, spricht schon jetzt für ein solches Szenario.

Die Auswirkungen auf das Content Marketing werden also auf mehreren Ebenen massiv sein. Es droht eine neue und viel massivere Content-Schwemme, weil der Zugang zur Content-Produktion stark vereinfacht wird. Darüber hinaus ist die Sichtbarkeit und Wirkung der produzierten Inhalte selbst bedroht, weil sie zunehmend als Teil von KI-Antworten genutzt werden. Selbst wenn in Zukunft Quellenangaben in die KI-Texte integriert werden, dürfte der Verlust an Webseitenbesuchen spürbar sein.

Der seit Jahren steigende Anteil von Zero-Click-Suchen bei Google zeigt bereits ein neues Nutzungsverhalten und eine veränderte Erwartungshaltung. Die Suchenden wollen möglichst direkte Antworten auf ihre Fragen und sich nicht mehr durch Linklisten kämpfen. Google zeigt daher bei vielen Suchanfragen bereits Frageboxen zum Suchbegriff an. Hier sollen die Suchenden direkt auf der Suchergebnisseite die Information finden. Sprachmodelle verstärken diesen Trend, indem sie wie in einem Dialog zu jeder Frage eine passende Antwort anbieten. Im Gegensatz zu Suchmaschinen spielt es für sie keine Rolle, ob die Frage bereits mehrfach gestellt wurde. Sie generieren adhoc einen passenden Antwortdialog.

Was bedeutet das nun für das Content Marketing?

Die neuen Möglichkeiten zur ressourcenschonenden Produktion von Inhalten für das Content Marketing könnten Goldgräberstimmung auslösen – wäre da nicht die eben skizzierte Kehrseite des Nuggets: Wenn KI-Tools oder KI-basierte Suchmaschinen die Anliegen der Suchenden direkt bedienen, ohne sie auf die Websites von Unternehmen und Marken zu schicken, brauchen wir dann überhaupt noch Content Marketing?

Nun könnte man hoffen, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis diese Entwicklung operativ wirksam wird. Denkbar wäre auch, dass KI-Anbieter zur Quellenangabe verpflichtet werden. Dann könnten wir hoffen, dass die Links auf unsere Seiten führen. Aber Hoffnung war noch nie eine effektive, zielführende Strategie. Vielmehr stellt sich die Frage, wie eine angemessene Reaktion auf die anstehenden Veränderungen aussehen könnte. Klar ist, dass Inhalte in Zukunft anders gestaltet werden müssen als bisher. So werden Websites, deren Inhalte nur auf Keywords optimiert sind, um ein gutes Suchmaschinen-Ranking zu erzielen, kaum mehr erfolgreich sein können.

Das gilt übrigens auch, wenn man den aktuellen KI-Hype einmal außer Acht lässt. Denn wie bereits erwähnt, verändert sich die Websuche schon seit geraumer Zeit. Auch (noch) ohne KI wandeln sich Google & Co. immer mehr von Such- zu Antwortmaschinen. Und das nicht ohne Grund, denn niemand kennt die Bedürfnisse der Suchenden besser als die Suchmaschinen. So haben sie längst erkannt, dass die reine Anzeige von Suchergebnislisten nicht mehr den Erwartungen der Nutzer entspricht. In der Konsequenz bedeutet dies, dass auch das Ranking von Inhalten langfristig an Bedeutung verlieren wird.

Vielmehr müssen wir unsere Content-Strategien an die Entwicklungen und veränderten Nutzungserwartungen anpassen. Dazu ist ein tieferes Verständnis der Zielgruppen unabdingbar. Wir müssen noch besser analysieren und verstehen, welche Fragen potenzielle Kunden beantwortet haben wollen und unsere Inhalte danach ausrichten. Keyword-Analysen und daraus abgeleitete Themenideen treten dagegen zunehmend in den Hintergrund. 

In Zukunft wird sich die Balance zwischen Quantität und Qualität weiter verschieben. Dabei werden Qualitätskriterien wie die Relevanz der Inhalte noch wichtiger. Denn in Zukunft sind vor allem Inhalte gefragt, die sich von der Masse abheben. Eine strategisch sinnvolle Antwort auf die KI-gestützte Massenproduktion sind solche Inhalte, die etwas enthalten, was Sprachmodelle (noch) nicht können: eine menschliche Seite zeigen.

Was macht Inhalte menschlicher?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Inhalte mit einer menschlichen Komponente anzureichern und sie dadurch außergewöhnlich zu machen. So gibt es zum Beispiel verschiedene Content-Formate, die den menschlichen Aspekt betonen.

Unabhängig vom Format und der Plattform können die folgenden Aspekte Inhalten ein menschliches Gesicht geben:

Persönlichkeit zeigen

Inhalte von Unternehmen wirken oft beliebig und austauschbar, weil sie keine persönliche Komponente enthalten. Das fängt schon beim Verzicht auf den Autorennamen an. Wenn überhaupt, füllt ein Sammelbegriff wie „Redaktion“ oder „Content-Team“ die Lücke, oft fehlt aber auch das. Menschen kommunizieren aber lieber mit Menschen als mit anonymen Platzhaltern.

Insofern unterstützen Autorennamen auch die Bemühungen vieler Unternehmen und Marken, Thought Leader aufzubauen.

Schickt „Redaktion“ in den Ruhestand und gebt den Autor:innen wieder Namen und Gesicht. Ein attraktives Autorenprofil zeigt nicht nur, mit welchen Themen und Aufgaben sich eine Person beschäftigt, sondern erhöht auch die Chance, auf ältere Inhalte zuzugreifen.

Zudem bietet der thematische Überblick einen eleganten Weg, um die Expertise der Autor:innen zu zeigen. Auch hier ist das Stichwort „Thought Leader“.

Erfahrungen teilen

Erfahrungen sind oft sehr persönlich. Wir selbst machen sie täglich in den unterschiedlichsten Situationen und sie können für uns positiv oder negativ sein. Besonders wertvolle Erfahrungen entstehen, wenn jemand sein persönliches Wissen in die Praxis umsetzt. Aus solchen Fällen können wir selbst viel lernen und uns persönlich weiterentwickeln.

Wir können diese persönlichen Erfahrungen aber auch mit anderen teilen, um ihnen ebenfalls Lerneffekte zu ermöglichen. Inhaltlich können dies einfache Berichte, aber auch komplexere Anleitungen oder Use Cases sein. Besonders geeignet sind Erfahrungen, die zu überraschenden Erkenntnissen geführt haben.

Dazu ein persönliches Beispiel, über das ich an dieser Stelle schon einmal berichtet habe: Vor einigen Jahren, also lange vor dem aktuellen Hype um das Thema, habe ich für mich experimentell die 4-Tage-Woche eingeführt. Meine überraschende Erkenntnis: Ich bin in meinem Job besser geworden, obwohl ich einen Tag pro Woche weniger arbeite.

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Meinungen und Einschätzungen

Menschen suchen nicht nur Sachinformationen, sondern auch Orientierung. Gerade bei aktuellen Themen, die sich noch in der Entwicklung befinden, bieten sich daher Themenübersichten an, die eine persönliche Meinung oder Einschätzung enthalten. 

Wichtig ist dabei die Verbindung zwischen gesicherten Fakten und daraus abgeleiteten Einschätzungen. Je besser diese Verknüpfung gelingt, desto mehr Orientierung bieten solche Inhalte.

Aber Vorsicht: Meinungsstarke Inhalte können einem Unternehmen auf die Füße fallen, wenn sie unbewiesene Behauptungen enthalten, die die Leserinnen und Leser nicht nachvollziehen können. 

Wenn ein Inhalt persönliche Komponenten enthält, sollte dies klar erkennbar sein.

Dialogbereitschaft signalisieren und leben

Menschen kommunizieren lieber mit Menschen als mit Marken. Dazu gehört auch die Bereitschaft, zuzuhören und auf Fragen, Kommentare und Kritik einzugehen. Auch weniger menschlich gestaltete Inhalte können so eine menschliche Komponente erhalten. Im Gegensatz dazu wirken Unternehmen, die lediglich Inhalte veröffentlichen und über Social Media verbreiten, ohne auf Interaktionen zu reagieren, distanziert, reserviert und nicht dialogbereit.

Der Dialog mit den Kunden birgt jedoch viele Vorteile:

  • Aufbau einer Community
  • Abgleich der strategisch definierten Zielgruppe mit den tatsächlich erreichten Personen
  • Qualitativer Indikator für die Contentqualität
  • Themenfindung
  • positive Verstärkung der Verbreitung über Social Media (Interaktionen als Trigger für Algorithmen)

Outtakes

Versprecher im Podcast oder beim Videodreh, kuriose Tippfehler in Textinhalten oder etwas verunglückte Sprachbilder – bei der Erstellung von Content passieren vor der Veröffentlichung regelmäßig Fehler, über die intern gerne gelacht wird. Aber warum nur intern?

Outtakes kennen wir aus der Welt der Filme und Serien. Das sind Szenen, die so grandios schief gegangen sind, dass sie zwar herausgeschnitten wurden, aber dennoch so unterhaltsam waren, dass sie einen Platz am Ende bekommen haben. Nicht selten sind sie sogar das Beste an der ganzen Produktion und deshalb beim Publikum sehr beliebt.

Das können wir auch im Content-Bereich nutzen. Generell macht es Marken nahbarer und sympathischer, wenn sie sich selbst nicht zu ernst nehmen und sogar über sich selbst lachen können.

Warum nicht über Fehler reden?

Auch über Fehler zu sprechen gehört dazu. Nicht jedes Produkt, jede Dienstleistung, jede Idee kann ein Erfolg werden. Kein Unternehmen ist absolut perfekt und agiert in jeder Hinsicht fehlerfrei, dennoch wird die Außendarstellung fast ausschließlich auf Hochglanz poliert. Warum eigentlich, wo uns doch allen klar ist, dass Fehler zum menschlichen Leben dazugehören?

In jedem Fehler stecken viele Erkenntnisse, aus denen wir lernen können. Das in Inhalte einfließen zu lassen, macht sie nicht nur einzigartig, sondern auch zutiefst menschlich und wertvoll.

Fazit: Das ursprüngliche Bloggen als Vorbild

Menschliche Content-Komponenten machen Inhalte nicht nur besonders und heben sie von der Masse ab, sie erzeugen auch wichtige Werte wie Vertrauen, Authentizität, Glaubwürdigkeit und Transparenz.

Das alles gab es schon einmal. Die Verbreitung persönlicher Inhalte kennen wir noch aus den Anfängen des Bloggens. In persönlichen Blogs tauschten sich Menschen über ihre Themen aus und diskutierten diese über die Grenzen des eigenen Blogs hinaus. Sie kommunizierten als Menschen für Menschen, nicht für Suchmaschinen, Algorithmen, Performance-Metriken oder aus monetären Gründen. Erfolgreich waren die Bloggerinnen und Blogger, die außergewöhnliche Inhalte schufen, die es sonst nirgendwo zu lesen gab.

Genau das gilt zunehmend auch für die Inhalte von Unternehmen.


Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 108

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