UX Writing ist ein noch relativ junges Feld im digitalen Werkzeugkasten von Unternehmen. Dabei geht es darum, Texte für digitale Angebote so zu gestalten, dass sie die Bedürfnisse der Nutzer:innen in den Mittelpunkt stellen. Doch welchen konkreten Einfluss hat UX Writing auf den Erfolg? Das neue Whitepaper von appmotion und Breuninger liefert dazu erstmals konkrete Zahlen. Sebastian Kopp stellt die interessantesten Erkenntnisse daraus hier vor.

Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
- UX Writing ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg digitaler Produkte, der Micro Conversions und Umsatz steigern kann.
- Eine Studie von Breuninger und appmotion zeigt, dass optimiertes UX Writing Micro Conversions um bis zu 34% steigern kann.
- Erfolgreiches UX Writing fokussiert sich auf konkrete Nutzervorteile, wählt Begriffe sorgfältig und passt sich dem Kontext an.
- Es berücksichtigt die Gefühle, Bedürfnisse und Ziele der Nutzer:innen in jeder Situation.
- UX Writing ist ein kosteneffizienter Weg, um die User Experience zu verbessern und Unternehmensziele zu erreichen.
- Regelmäßiges Testen und datenbasierte Optimierung sind entscheidend für den Erfolg.
UX Writing findet überall dort Anwendung, wo digitale Produkte und Dienstleistungen auf Nutzer:innen treffen. Sei es in Apps, Web- und Softwareanwendungen oder im Online-Shop – überall unterstützt UX Writing dabei, Funktionen schnell zu verstehen und effizient zu nutzen. Schließlich ist im E-Commerce jedes Wort entscheidend und gut durchdachtes UX Writing kann z.B. die Klickraten auf Call-to-Action-Buttons erhöhen oder Abbruchraten im Checkout-Prozess senken. Das führt letztlich zu höheren Conversion Rates, Micro Conversions und einem gesteigerten Umsatz.
Bereits 2018 haben wir den Beruf des UX Writers erklärt. In ihrem Artikel berichtet Lynsey Vallandingham über ihre Erfahrungen als UX-Texterin bei HubSpot – einer der ersten Artikel zum Thema in deutscher Sprache. Die Informationen darin sind auch heute noch aktuell und zutreffend.
Die entscheidende Rolle von Micro Conversions im E-Commerce
Micro Conversions sind die alles entscheidenden Indikatoren für den Gesamterfolg eines Online-Shops. Diese kleinen, aber bedeutsamen Interaktionen – wie das Klicken auf einen Produktlink, das Hinzufügen eines Artikels zum Warenkorb oder das Aufrufen des Größenberaters – bilden die Grundlage für die finale Kaufentscheidung.
Jede dieser Micro Conversions ist ein Schritt auf der Customer Journey und beeinflusst direkt die gesamte Conversion-Rate und damit den Umsatz. UX Writing spielt hierbei eine zentrale Rolle: Durch präzise, nutzerorientierte Formulierungen kann es Unsicherheiten abbauen, Vertrauen schaffen und Nutzer:innen gezielt durch den Kaufprozess leiten. Ein gut platzierter Call-to-Action, eine klare Produktbeschreibung oder ein überzeugender Vorteilstext können den entscheidenden Unterschied machen. UX Writing optimiert diese Micro Conversions und trägt damit wesentlich zur Verbesserung der gesamten User Experience bei – und steigert letztendlich die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Kaufabschlusses.
Endlich belegbare Zahlen für die Wirkung von UX Writing
Doch wie lässt sich die Wirksamkeit von UX Writing konkret belegen? Genau dieser Frage sind Isabelle von Moeller, Senior UX Writer bei Breuninger, und ich selbst (Sebastian Kopp, Senior Expert UX Text & Voice bei appmotion), in unserer gemeinsamen Studie nachgegangen. Über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr führten wir sorgfältig konzipierte A/B/n-Tests im Breuninger Online-Shop durch. Dabei wurden verschiedene digitale Assets ausgewählt und mehrere Textalternativen für jedes Asset erstellt. Diese wurden dann echten Kund:innen ausgespielt und die Ergebnisse sorgfältig analysiert.
Die Resultate der Studie sind bemerkenswert:
In einigen Fällen konnte durch optimiertes UX Writing eine Steigerung der Micro Conversion von bis zu 34% erreicht werden – und das bei vielen Millionen von Views. Die Studienergebnisse liefern wertvolle Erkenntnisse zur effektiven Gestaltung von UX Writing. Sie beweisen, dass Texte, die einen konkreten Nutzen für die User:innen herausstellen, deutlich besser performten als Varianten ohne klaren Vorteil. Auch die bewusste Wahl von Begriffen und Formulierungen hat einen großen Einfluss.
Was macht gutes UX Writing aus?
Die Studienergebnisse zeigen dabei, dass es oft die scheinbar kleinen Dinge sind, die einen großen Unterschied machen. So konnte beispielsweise durch die Optimierung des Textlinks zum Größenberater auf den Produktdetailseiten die Klickrate um fast 30% gesteigert werden. Entgegen der Annahme, dass kürzere Texte besser funktionieren, erzielte hier der längste Textentwurf die beste Performance.

Auch die Fokussierung auf konkrete Vorteile für die User:innen erwies sich als erfolgversprechende Strategie: Varianten, die den konkreten Nutzen für die User:innen herausstellten, erzielten deutlich höhere Klickraten. Auch die Wahl der Begriffe spielt eine wichtige Rolle. So klingt „Größenberatung“ unverbindlicher als „Größenberater“, was für manche Nutzer:innen weniger „abschreckend“ sein kann.
Bei Fragestellungen ist es zudem wichtig, die wahrscheinliche Antwort der User:innen mitzudenken. Wenn der Text fragt „Welche Größe passt mir?“, könnten viele innerlich antworten: „Das weiß ich doch selbst.“
UX Writing im Checkout-Prozess
Ein weiteres Beispiel ist der Teaser für die Breuninger Card im Checkout-Prozess. Durch die Umbenennung der Headline in „Später bezahlen“ und die Konzentration auf den Hauptvorteil im Zahlungskontext konnte nicht nur die Klickrate um fast 34% gesteigert werden. Die Idee: Bei komplexen Produkten mit vielen Vorteilen sollte der Fokus auf den Hauptvorteil im jeweiligen Kontext – das Grundbedürfnis nach finanzieller Freiheit – liegen.

Und die optimierte Variante wirkte noch nachhaltiger: Auch die nachfolgende Micro Conversion im Beantragungsprozess („Video Ident“) konnte um 8,57% gesteigert werden. Komplexe Begriffe wie „Teilzahlung“ wurden dabei durch verständliche Beispiele erklärt und sollen künftig durch umgangssprachlichere Alternativen wie „Ratenzahlung“ ersetzt werden.
Auch durch Hervorhebungen wie Fettungen lassen sich wichtige Informationen besser scannen und verstehen. Außerdem zeigt sich, dass es oft effektiver ist, statt des Produktnamens das stärkste Verkaufsargument in den Vordergrund zu stellen.
Stelle Dir diese Fragen, um Deine User:innen besser zu verstehen
Wie es der Name schon sagt, ist es für ein erfolgreiches UX Writing unverzichtbar, sich in die Nutzer:innen hineinzuversetzen. Drei zentrale Fragen können dabei helfen, deren Bedürfnisse und Ziele besser zu verstehen – und mit Worten gezielt abzuholen.
1. Wie fühlt sich die Nutzerin oder der Nutzer gerade?
Nutzer:innen durchlaufen beim Interagieren mit digitalen Produkten verschiedene emotionale Zustände. Stell Dir vor, Du landest auf einer Fehlerseite – ein Moment, der oft mit Frustration oder Verwirrung verbunden ist. Gutes UX Writing nimmt diese Gefühle ernst und begegnet ihnen mit Empathie und konkreten Lösungen. Ein einfühlsamer Text kann in solchen Momenten entscheidend dazu beitragen, dass Nutzer:innen nicht abspringen, sondern sich unterstützt fühlen.
An dieser Stelle kann Customer Journey Mapping ein hilfreiches Instrument sein.
2. Was muss die Nutzerin oder der Nutzer in diesem Moment wissen?
In entscheidenden Momenten, wie z.B. beim Abschluss eines Online-Kaufs, ist es wichtig, dass die richtigen Informationen klar und präzise vermittelt werden. Nutzer:innen möchten sicherstellen, dass ihre Daten geschützt sind und wissen, was als nächstes passiert. Gutes UX Writing antizipiert diese Bedürfnisse und liefert die notwendigen Informationen genau dann, wenn sie gebraucht werden – ohne Verwirrung oder unnötige Ablenkungen.
Falls du zu diesem Punkt mehr erfahren möchtest, lies in einem eigenen Beitrag, wie du das Vertrauen stärken und deine Interessenten in die richtige Richtung lenken kannst.
3. Was soll durch die Ansprache erreicht werden?
Jeder Text in einem digitalen Produkt hat ein Ziel. Ob es darum geht, Nutzer:innen zum Weiterlesen zu motivieren, eine App-Funktion zu erklären oder sie für einen Newsletter zu gewinnen – gutes UX Writing führt sie sanft, aber bestimmt dorthin, wo sie hin möchten. Ein klar formuliertes Ziel hilft dabei, den Text fokussiert und wirkungsvoll zu gestalten.
UX Writing als Schlüssel zum digitalen Erfolg – heute und in Zukunft
Vor allem im Hinblick auf neue Technologien und sich verändernde Nutzerbedürfnisse gewinnt UX Writing weiter an Relevanz: Studien zeigen, dass die menschliche Aufmerksamkeitsspanne im Zuge neuer Technologien, Plattformen und Devices immer weiter sinkt. Durch die vielen digitalen Ablenkungen wird es umso wichtiger, prägnante und zielgerichtete Texte zu verfassen.
Auch neue Technologien wie Spatial Design – und Endgeräte wie die Apple Vision Pro – stellen Schreibende zukünftig vor ganz neue Aufgaben: Spätestens wenn die Sprache und Schrift direkt ins Sichtfeld und auf die Ohren der Nutzer:innen projiziert werden, müssen die Texte präzise sein und eine zuverlässige Führung bieten.
Entwicklungen wie diese zeigen, dass UX Writing künftig noch strategischer und interdisziplinärer gedacht werden muss. Es geht nicht mehr nur darum, gute Texte zu schreiben, sondern darum, das gesamte Nutzererlebnis zu gestalten. Dabei muss stets der Mensch mit seinen Bedürfnissen und Erwartungen im Mittelpunkt stehen. Nur so kann UX Writing sein volles Potenzial entfalten und zum Erfolg digitaler Produkte beitragen.
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Fazit: UX Writing ist ein wichtiger, strategischer Erfolgsfaktor
Das Whitepaper von Breuninger und appmotion unterstreicht die große Bedeutung von UX Writing für den Erfolg digitaler Produkte. Die Studienergebnisse zeigen, dass selbst kleine Textänderungen signifikante Auswirkungen auf die Micro Conversion und die User Experience haben können.
Durch einen strategischen und iterativen Ansatz trägt UX Writing nachhaltig dazu bei, Nutzer:innen effektiv zu führen, die User Experience zu verbessern und letztlich auch Umsatzziele zu erreichen. Mit vergleichsweise geringem Ressourcenaufwand lassen sich Texte testen und optimieren – oft mit einem deutlich größeren Impact als aufwendige Design-Anpassungen oder neue Features.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt unterstreichen zudem die Wichtigkeit des Testens auch für UX Writer:innen selbst. Selbst erfahrene Expert:innen können nicht immer vorhersagen, wie Nutzer:innen auf bestimmte Formulierungen reagieren. Umso wichtiger ist es, Texte vor dem Go-live zu testen und datenbasiert zu optimieren.
Insgesamt zeigt das Whitepaper, dass UX Writing weit mehr ist als nur eine Teildisziplin der User Experience. Es ist ein strategischer Erfolgsfaktor, der maßgeblich dazu beiträgt, die Nutzerbedürfnisse zu erfüllen und die Ziele des Unternehmens zu erreichen.
Dieser Artikel gehört zu: UPLOAD Magazin 116
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Seit mehr als 20 Jahren gestaltet Sebastian die Sprache von namhaften digitalen Produkten und Dienstleistungen in Deutschland aktiv mit. Heute begleitet er als „Senior Expert UX Text & Voice” von appmotion Kunden dabei, ihre Markenstimme zu finden und für die Arbeit mit der Generativen KI nutzbar zu machen.
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